Nr. 240

Sonntag, 25. Oftober 1936

Sudetendeutscfier Zeitspiegel

Eine..Straße"

quent vom Staatsbeitrag" sprechen, obwohl es seit der Novelle vom Jahre 1933 nur einen Staatszuschuẞ" gibt, legt den Verdacht nahe, daß Behörden die im 1933 No­

im westböhmischen Bäderdreieck bellierung des Gefebes im Jahre 1936 noch nicht

Der ,, Volts will e", unser Karls­ bader   Bruderblatt, veröffentlichte kürzlich an leitender Stelle drei, Bilder, die wir dem für Straßenbauten zuständigen Set­tionschef des Arbeitenministeriums gern bergrößert als würdigen Schmuck für sein Arbeitszimmer zur Verfügung stellen wür­den. Auch als Fremdenverkehrs­propagand a würden sie sich sehr gut eignen. Eines davon ist nebenstehend repro­duziert.

Es handelt sich nicht vielleicht um einen Dorfweg im entlegendsten Teil Karpatho­rußlands( früher pflegte man Gali­aien bei solchen Dingen als Vergleich heranzuziehen), sondern um den Ort Schönfeld im westböhmischen Bäder­dreieck, um ein Teilstück aus der einzigen Verbindungsstraße zwischen den Bezirken Elbogen   und Marienbad  . Ein Kommentar hiezu ist wohl fast überflüssig.

Wie sollen unsere westböhmischen Bäder je auf eine Steigerung des Fremdenver fehrs hoffen können, wenn die Straßen der Umgebung derart ausschauen? Dabei han= delt es sich um einen Teil der Höhenstraße, Karlsbader Semmering ge­nannt, deren landschaftliche Schönheit ruhig den Vergleich mit den schönsten Par­tien des österreichischen   Semmering   aus­halten kann. Kann man einem Fremden, der einmal mit seinem Auto auf einer österreichischen Hochalpenstraße gefahren ist, zumuten, seinen Wagen bei uns auf derartigen Straßen" zu ruinieren?

Wenn schon das Arbeitenministerium

nicht eingreift, um durch ein planmäßiges

Zusammenwirken der beteiligten Faktoren derartige Zustände möglichst rasch zu liquidieren, so sollte sich wenigstens die Fremdenverkehrssektion im Handelsministerium der Sache annehmen und einmal zeigen, was Initiative heißt und was sie im stande ist!

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Sebes über das Genter System zu drei Tagen

Arrest verdonnert hat.

Rückzug des Graslitzer Volksblatt" auf allen Linienfit ins Gesicht. Wenn die Behörde ſchon an­Dieses Strafertenntnis schlägt jedem Rechts­gefühl ins Gesicht. Wenn die Behörde schon an­Unser Parteivorstand hat im Feber 1936 nahm, daß ein Zwergvesiß wie der Wolfite den Knapp nach dem Erscheinen eines die deutsche Anspruch auf die Unterſtüßung ausschließt, fo

Sozialdemokratie schtver beleidigenden

"

im Graslizer Boltsblatt" gegen die ses die Pressetlage überreichen lassen, die am 22. Oktober mit der Verpflichtung des ge­nannten Blattes endigte, folgende Ehrener klärung zu veröffentlichen:

hätte sie doch zumindest den Paragraphen, den fie anwendet, richtig lesen müssen. Sie hätte dann erkannt, daß der objektiv widerrechtliche Bezug einer Unterstützung zur Bestrafung keineswegs ausreicht, sondern daß dazu auch das Betvußtsein der Widerrechtlichkeit gehört, da der§ 13 des Ge­Zu dem im Grasliter Volksblatt" vom feges über das Genter System die Bestrafung nur 18. Feber 1936 unter der Ueberschrift" Not- ienen androht, welche eine Arbeitslosenunter­

schreie" veröffentlichten Artikel erklärt die gefer. tigte Redaktion, daß sie es bedauert, daß ber

fozialdemokratische Partei in der Regierung und

Sak Seit rund zehn Jahren fitt bie beutfche An unsere Abonnenten hat wahrlich freu und ehrlich mitgeholfen, das und Kolporteure!

Elend der Arbeitslosen zu vergrößern" in diefen Artikel aufgenommen wurde.

Aus Anlaß des Staatsfeiertages am Mittwoch, den 28. Oktober, ent fällt die Donnerstagausgabe vom 29. Oktober, unseres Blattes.

Die Verwaltung.

zur Kenntnis genommen haben!

So paart sich unsoziales Verhalten mit einer faum glaublichen Oberflächlichkeit in der Hand­habung der Geseze. Wenn ein Staatsbürger von der Behörde etwas will, muß er sein Gesuch mit allen borgeschriebenen Dokumenten belegen, muß er alle Bedingungen des Gesetzes auf das letzte Pünktchen erfüllen. Aber die Behörden kümmern sich nicht um den Inhalt des Gesetzes, um die Entscheidungen der sachlich zuständigen Stelle, berurteilen einen Menschen, der nie etwas ver­heimlicht hat, wegen Vorspiegelung falscher Tat­sachen und lesen nicht einmal den Bescheid der Unterinstanz, den sie zu überprüfen haben! Was soll aus dem Rechtsbewußtsein der Bevölkerung werden, wenn Behörden so mit der Rechtssicher= heit spielen! Wie soll der Arbeitslose das Geset respektieren, wenn seine gesetzlichen Rechte so mit Füßen getreten werden!

Wir bringen diesen Tatbestand aber auch aus dem Grunde zur Kenntnis der Deffentlichkeit, weil wir an ihm zeigen können, wie die Fälle an­geblichen Mißbrauches der Arbeitslosenunter­stüßung ausschauen, die dann von der sozialen Reaktion zu einer Hebe gegen die sozialpolitischen Einrichtungen ausgenügt werden.

Von der Landesbehörde aber erwarten wir,

daß sie durch eine nicht nur zulässige, sondern im Interesse der Rechtssicherheit notwendige Wieder­aufnahme des Verfahrens von Amts wegen das schwere Unrecht behebt, das durch Bestrafung eines völlig unschuldigen armen Teufels begangen wor­den ist.

Mühlig- Union  

will 150 Arbeiter aussetzen

Durch die Preffe gingen in den letzten Tagen Nachrichten über ein Ansuchen der Mühlig- Union in Auffig um Stillegung des Betriebes. Wie wir erfahren, beruht die Meldung in dieser Form nicht auf Wahrheit.

Nichtig ist, daß der Betrieb eine Wanne stillegen will und daß infolgedessen 150 Arbeiter aussetzen müßten, wenn die Bezirksbehörde dem Antrag der Firma stattgäbe. Am kommenden Montag werden die Verhandlungen darüber statt­finden. Die freien Gewerkschaften sind bestrebt, die Aussetzung der Arbeiter zu verhindern.

Verfahren

gegen störende Studenten

,, Rechts"-Studenten

Seite 3

,, Wir sind die Blüte der Nation und wol­len einmal Richter und Staatsanwälte der de­mokratischen Republik werden."

Der Gerichtshof verurteilte den Angeklagten in absentia zu sieben Monaten

Ich we r en erfer 3, verschärft durch eine

Faste monatlich.

Mit dem Küchenmesser die Frau niedergestochen

Die Zukunft" meldet aus Staab: In den Vormittagsstunden des Dienstag stach der 35jährige Fabritarbeiter Wenzel Ja n= da, nach einem heftigen Streit mit seiner Frau, diese mit einem Küchenmesser nieder. Als der Mörder sah, daß sein Opfer noch nicht tot war, brachte er der Unglücklichen noch mehrere Stiche in die Brust und in das Herz bei und erst als er sich überzeugt hatte, daß seine Frau bereits tot war, ließ er von seinem Opfer ab. Der Mord wurde vom Bruder des Mörders entdeckt, der die Familie besuchen kam. Als er die Frau in der Blutlache liegen sah, rief er sofort Hilfe herbei und da Janda Anzeichen von Sinnesverwirrung cigte, wurde er in die Irrenanstalt nach Dobr­ zan   geschafft.

Die Mutterschulung

der Deutschen Jugendfürsorge

Die erste Mutterschulung fand am 24. Sepa Gegen die Störer der Kelsenvorlesungen tember in Ruppersdorf   bei Reichenberg statt. Ver­wurde ein Disziplinarverfahren anstalterin war die Deutsche   Bezirksjugendfür­eingeleitet, das sich auf die beteiligten Hörer aller forge Reichenberg- Land. Seither wurde die Mut­Fakultäten bezieht. Es liegt eine große Anzahl terschulung in folgenden Bezirken begonnen: Sto= Universität hat den tschechischen Hochschülern wegen Bezirken sind die Vorbereitungsarbeiten weit von Anzeigen vor. Der Rektor der tschechischen motau, Reichenberg  , Gablonz  , Braunau  , Warns­dorf, Plan, Schluckenau  , Saaz  . Auch in den übri gen ihres Eingreifens in den Konflikt auf dem Boden der deutschen Hochſchule ſeine Mißbilligung nächster Zeit. Bis zum Jahresende sind bei der gediehen, die Mutterschulung beginnt dort in ausgesprochen.

Früherer Bezirksgerichtsvorsteher: sleben Monate Kerker Wegen Unterschlagung von Waisengeldern

die

Zentrale, der Deutschen Landeskommission für Kinderschuß und Jugendfürsorge in Böhmen   in Steichenberg bereits weit über 400 Lehr­

Sie erklärt, daß fie der Veröffentlichung des burch den vorangeführten Satz der Deutschen  fozialdemokratischen Arbeiterpartei gemachten Vor­gänge angemeldet. Für diese Lehrgänge ist die wurfes felbft vollkommen fern stehe, daß fie die Besucherinnenzahl bereits sichergestellt. Sie be= Behauptung in teiner Richtung aufrecht wegt sich zwischen 20 und 35 Frauen und Mäd­erhalten könne, daß fie sie mit dem Aus. chen, so daß in den ersten drei Monaten des Be­brucke des Bebauerns zurückziehe stüßung erschleichen, und zwar, die das Ge­Brüg.rb Vor dem Brüger Kreisgericht stehens der Mutterschulung etwa 1 2.0 0 0 M i' t= und der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiter­ter und Mädchen erfaßt werden. Diese Zahl set ausdrücklich sagt, durch Vorspiegelung von fand- in Abwesenheit des Angeklagten partei hiedurch volle Genugtuung leiste. Tatsachen oder auf andere listige Weise. Wolfit Strafverhandlung gegen den früheren Katharina möge die Bedeutung und den Umfang der Die Redaktion hat nie etwas vorgespiegelt, nie List angewendet, berger Bezirksgerichtsvorsteher Dr. Anton neuen Aufgabe der Deutschen Jugendfürsorge ins Des ,, Grasliter Volksblatt". nie eine Unterstüßung erschlichen, sondern immer, Sena u er statt, der bereits vorher im Diszipli- rechte Licht seßen. Die Zahl der gemeldeten Schu­Ferner verpflichtete sich der Angeklagte, die im Bewußtsein seines guten Rechtes gehandelt. narweg aus dem Staatsdienst ohne Anspruch auf lungen steigt von Tag zu Tag, so daß heute für Kosten des Strafverfahrens, einschließlich der Die Bezirksbehörde hat sich aber nicht darum ge- Pension oder Abfertigung entlassen worden ist. das gesamte Wert nicht einmal eine ungefähre Kosten der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeis fümmert, daß jeder Bestrafung eine Schuld zu Gegenstand der Anklage bildet ein schweres dienst- Biffer mitgeteilt werden kann. Bisher hat die terpartei in der Tschechoslowakischen Republit, in grunde liegen muß und hat Wolfit in Strafe ge- liches Verbrechen. Im Jahre 1932 wurde von Deutsche Landeskommission für Kinderschutz und der Höhe der gerichtlichen Bestimmung zu be- nommen. De Berufung an die Landesbehörde einem Karlsbader Wohlfahrtsverein den Hinter- Jugendfürsorge in Böhmen   allein die Schulungen zahlen. Schließlich hat der Angeklagte zu den hatte keinen Erfolg. Der Referent der Landes- bliebenen des in Katharinaberg verstorbenen Post- durchgeführt. Nun aber werden sich auch die deut­Kosten der Veröffentlichung der Erklärung in behörde scheint zwar den§ 13 des Gesetzes über adjunkten Stich a rd Kolb das Sterbegeld von schen Landesstellen der übrigen Länder anschlie= einem sozialdemokratischen Blatte den Betrag von das Genter System gelesen zu haben, aber auch 1150 überwiesen, und zwar an die Adresse ßen, so daß vielleicht in wenigen Wochen schon 80. binnen 14 Tagen zu leisten. Alle diese die Landesbehörde hat nicht untersucht, ob diese der WaisentassedesKatharinaber das große und bedeutsame Wert der Mutterschu= Verpflichtungen wurden unter Eretutionsfolgen Gefeßesstelle auf den vorliegenden Tatbestand ger Bezirksgerichte 3. Die vier un- lung der Deutschen Jugendfürsorge geſamtstaat­eingegangen. paßt, sondern sie hat in ihrem Erkenntnis einfach versorgten Kinder des verstorbenen Postbeamten lich durchgeführt wird und jede Frau und jedes ausgesprochen, die Bezirksbehörde habe festgestellt, gelangten indessen lange Zeit nicht in den Besitz Mädchen unserer Volksgruppe, die guten Wil­daß Wolfit die Unterstüßung herausgelodi, des Sterbegeldes und als die Auszahlung urgiert lens sind, erfaßt. Wie eine Behörde habe. Aber die Bezirksbehörde hat eine Heraus- wurde, ergab es sich, daß der Verlassenschaftsakt Cs mit Arbeitslosen umspringt lodung nicht festgestellt, sie hätte sie nicht feststel- auf rätfelhafte Weise verschwunden war. len tönnen und in ihrem Erkenntnis steht auch wurde indessen nachgewiesen, daß Bezirksgerichts­Der Bauarbeiter Peter Wolfit in Ottawa   im von einem Herauslocken nicht ein einziges Wort. vorsteher Dr. Knauer den überwiesenen Betrag Bezirte Bischofteiniz befibt eine kleine Wirtschaft Wolfit ist aber nicht nur im guten Glarhan dem dortigen Postamt selbst übernommen hatte, von etwa zwei Heftar Ausmaß. Es ist selbstver- gewesen, er hat auch objektiv ein gutes Recht daß aber der Eingang dieser Summe in den Bü­ständlich, daß sie ihn nicht ernähren tann und im auf die Unterstübung gehabt. Das hat das nichern des Gerichtes nicht ausgewiesen war. Be­mer hat Wolfit daher in der Bausaison Lohn- fterium für soziale Fürsorge, also die für die zirksgerichtsvorsteher Knauer wurde zur Verant­arbeit verrichtet. In der Krise ist er auch während Durchführung des Gesetzes über die Arbeitslosen- wortung gezogen und diszipliniert. Außerdem er­der Saison vielfach arbeitslos gewesen und hat unterstüßun zuständige Behörde, in einem Be- hob die Brüger Staatsanwaltschaft die Antlage­als Mitglied des Keramarbeiterverbandes die scheide an den Keramarbeiterverband ausgespro- aber nicht wegen Amtsmißbrauches( der vor das Unterstüßung nach dem Genter System bezogen. chen, indem es feststellte, daß Wolfit der einfache Schwurgericht gehört), sondern wegen Verun­Nie hat er feinen kleinen Besitz verheimlicht, weder Staatszuschuß gebührt und daß es dieſen Ru- treuung. Knauer hatte es vorgezogen, nicht zu er­seinem Verband, noch den Behörden, immer hat schuß auch refundieren wird. Troßdem wurde scheinen, nachdem er vorher in einem aus Stei er die Arbeitslosenunterstüßung in dem guten Wolfit bestraft! Die politischen Behörden haben en berg   datierten Brief mitgeteilt hatte, er Glauben bezogen, daß sie ihm zusteht. Bis end sich um den Bescheid des Ministeriums einfach nicht sei durch Krankheit am persönlichen Erscheinen lich die Bezirtsbehörde in Bischofteiniz darauf ge getümmert, sie haben den§ 7, Absaß 3 des Ge- bei der Hauptverhandlung verhindert. Die Rei­tommen ist, daß Wolfit nicht nur teinen Anspruch iches ignoriert, wonach ein Arbeitsloser, der ein chenberger Polizei teilte auf Befragen des Gesamtlichen Daten stammen, insgesamt 8201. Be­auf Arbeitslosenunterstüßung habe, sondern daß anderes Einkommen in der Höhe des normalen richtes mit, daß der Angeklagte in Reichenberg er durch ihren Bezug sogar eine strafbare Hand- Lohnes bezieht, den einfachen Staatszuschuß er nicht auffindbar sei. Vielleicht hat er, wie so viele Tung begangen habe, und ihn nach§ 18 des Ge- hält, ja die Tatsache, daß beide Instanzen konfes andere, im Dritten Reich   ein Asyl gefunden.

Das deutsche Handelsschulwesen in der ČSR  

Eine der wichtigsten Gruppen unseres Fach­schultvesens sind jene Schulen, die der Heranbil­dung unseres taufmännischen Nachwuchses die­nen. Derzeit gibt es in der Tschechoslowakischen Republik zehn deutsche Handelsakademien mit 156 Klassen, 16 öffentliche Handelsschulen mit 78 Klassen und zwei einjährige Handelskurse. Neben diesen für die Heranbildung des kaufmän­nischen Nachwuchses wichtigen Anstalten bestehen noch 28 selbständige kaufmännische Fortbildungs­schulen mit 73 Klassen. Die Gesamtzahl der Schüler, welche alle diese Schulen besuchten, be= trug im Schuljahre 1984/85, aus dem die letzten merkenswert ist, daß von den Handelsakademien acht in Böhmen   ihren Siß haben und nur zivei in den übrigen Ländern anzutreffen sind.