Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG  .

16. Jahrgang

Freitag, 30. Oktober 1936=>

Kleine Entente   fester denn je!

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Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 252

der letzten Zusammenkunft der Außenminister der Kleinen Entente   in Bratislava   stizziert wurde, was die kommenden Verhandlungen der West­mächte anlangt; gleichzeitig wurde der gute Wille der drei Staaten zur 3 usammenarbeit Der Besuch des rumänischen Königs und seine politische Bedeutung Begeisterter Empfang In Prag   mit den Ländern des römischen Protokol Ie 3 und mit Deutschland  Reden der beiden Staatsoberhäupter Führwahr! Aus vollem Herzen unterschreibe in den mitteleuropäischen Fragen betont. Der ich, was Sie über die unerläßlichkeit in Bratislava   gefaßte Beschluß der drei Staaten ber Existenz und über die Vitalität der Kleinen Entente  , allen Versuchen nach Ein= ber kleinen Entente fagen. Die mischung in die inneren Angelegenheiten anderer heurigen Zusammenkünfte in Bukarest   und Bra- Staaten fernzubleiben und sich an den Kämpfen tislava haben von neuem diese Solidarität, die für zwischen den inneren Regimen der verschiedenen uns und für das internationale politische Leben Länder und an den ideologischen Kämpfen über­unerläßlich ist, bestätigt. Unsere Solidarität haupt nicht zu beteiligen, wurde neuerlich bez wurde weiters noch durch die Zusammenkünfte in stätigt. Genf   gestärkt, die durch die gleiche vertrauens­volle und trene Zuſammenarbeit ausgezeichnet

Prag  . Der Besuch des rumänischen Königs in der tschechoslowakischen Hauptstadt bot nicht nur Gelegenheit zur Aeußerung der freundschaftlichen Gefühle, welche die beiden Völker füreinander empfinden und sich in der begeisterten Begrüßung des Königs durch die Prager  Bevölkerung offenbarten; dieser Besuch ist viel mehr von großer aktueller politi. scher Bedeutung. Er beweist die Festigkeit der Kleinen Entente   und ans den Reden, die von den beiden Staatsoberhäuptern gewechselt wurden, geht hervor, daß das Bündnis der drei Staaten, das sich bisher bewährt hat, durch die politischen Ereignisse der letten Zeit cher gestärkt denn geschwächt wurde. Es ist kein Zweifel, daß die intimen politischen Gespräche, die in den Tischreden der Staatsoberhäupter angekündigt wurden, dazu führen werden, die Einigkeit der Kleinen Entente- Staaten noch weiter zu festigen. Beneš  :

Die Kleine Entente  

eine Festung

Bei dem Fe it essen auf der Prager Burg  , wechselten Staatspräsident Dr. Benes   und König Carol II. Trinksprüche.

Präsident Dr. Beneš   führ u. a. aus:

Die Tschechoslowakische Republik fann mit Recht ihrer Freude ob der Ankunft des Herrschere eines verbündeten Staates Ausdruck geben, der

mit solchem Berständnis unferen Nationalfeiertag zu einem Besuche bei uns gewählt hat.

Es ist dies sicherlich eine Gelegenheit, da wir in erster Reihe die Befriedigung über die Ergebnisse der gemeinsamen Politik der letzten Monate zum Ausdruck bringen und die politische Bedeutung der Bukarester Entrevue der drei höch­sten staatlichen Repräsentanten in Bukarest  , der jüngsten Konferenz der Außenmmister in Brati­ slava   und ihrer weiteren Zusammenfünfte in Genf   bei der Tagung des Völkerbundes hervor heben können, die Gelegenheit zur Beratung aller aktuellen Probleme und zur Festsetzung der Richt­linien unserer gemeinsamen Politik geboten haben.

Sicherlich wird es nicht überraschen, wenn ich die politische Bedeutung des Be­fuches Euer Majestät in Prag   hervorhebe. Seine Bedeutung liegt zunächst und vor allem in der dauernden Freundschaft unserer beiden Länder und gleichzeitig da Jugoslawien  , unfer teurer Verbündeter und Freund, in unseren Ge­danken immer bei uns anwesend ist in dem vollkommenen Zufammenhalt der drei Staaten

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Treu unseren Verbündeten, bereit, unsere Zusammenarbeit allen anzubieten, die sie Tohal erivibern, sind die Staaten der Kleinen Entente  getvillt, Hand in Hand und unauflöslich ver­bunden auch in Sinkunft den gleichen Weg und in dem gleichen Geiste fortzusehen, durch den sich bisher ihre gemeinsame Arbeit ausgezeichnet hat, in der Hoffnung, daß dem heutigen Chaos, troß allem, bessere Zeiten und ein naher Frieden folgen wird. Carol II.  :

Ein Feiertag

der Kleinen Entente  "

waren.

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In diesen Tagen, in denen sich das inter­nationale Leben so rapid entwickelt und so viele schwierige Probleme zur Lösung stellt, ist es die Pflicht der Kleinen Entente  , ihren Zusam men halt von neuem zu beſtät i gen und ich bin heute glücklich, dies durch meine Anwesenheit unter meinen teueren Ver­bündeten tun zu können. Wir sind eine Gemein schaft, die auf ihr Recht und ihre Stärke vertraut, wir sind eine Garantie der Ordnung, wir sind zähe Hüter unserer Rechte und unserer Einheit im nationalen Rahmen unserer unberleßlichen Grenzen und wir sind auch treue Hüter des Fries" dens und Freunde jeder loyalen Zusammenarbeit.

Ich schließe mich Ihnen, Herr Bräfident an, baß diefer Festag ein Feiertag der Wir haben für die gleiche Sache gefämpft in dem gleichen Glauben gefiegt. Dieser ganzen Kleinen Entente sei und Glaube wurde nach dem Kriege durch die Kleine daß unsere teneren jugoslawischen Verbündeten Entente gestärkt und in ihr konkretisiert. mit Herz und Sinn unter uns feien.

und

Wille zur Zusammenarbeit mit Rom   und Berlin  

Die ersten politischen Beratungen

Nach den Audienzen bei König Carol  , die Die erste Besprechung fand am 28. Oktober am Nachmittags des 28. Ottober stattfanden. Iud zwischen 17 und 19 Uhr am Hradschin statt. E3 Bräfident Dr. Benes den König und die wurden sämtliche Fragen der Außenpolitik beider Miniſter Antonescu   und Dr. Krofta Staaten, sowie auch die Hauptprobleme der Po­in seine Privatwohnung auf der Burg zu einem Tee ein, nach welchem eine politische Be- litik der Kleinen Entente   und der europäischen  ratung stattfand, welche 2 Stunden Politik durchberaten. Es wurde eine voll- dauerte. Nach ihrem Abschluß wurde folgendes om mene Uebereinstimmung der Kommuniqué ausgegeben:

Das Wert des systematischen Aufbaues des Kleinen Entente   wird ununterbrochen, aber in politischen und wirtschaftlichen Systems der Ruhe und in der Absicht, die Interessen der Staa­ten der Kleinen Entente   mit den Interessen des Friedens in Mitteleuropa   und in Europa   über­haupt entsprechend zu harmonisieren, fortgesetzt werden.

Die politischen Besprechungen zwischen Seiner Majestät König Carol II.   und dem Prä­fidenten der Republik   sowie zwischen den beiden Ministern für auswärtige Angelegenheiten, Nu­mäniens und der Tschechoslowakei  , werden in den weiteren Tagen während des Besuches Seiner Majestät in Prag   fortgesetzt werden.

Die Königsfahrt durch Prag  

Brag.( Eigenbericht.) Der Wilsona bahnhof   war in mehrtägiger Arbeit ganz ber ändert worden. Die ersten drei Geleise wurden überdeckt und mit einem Juteteppich belegt, die eiser­nen Säulen, welche das Dach tragen, in Stoff- und Blumendekorationen gehüllt und die Wände des Perrons mit Fahnen und Reisiggirlanden bedeckt. Der Eingang zum Salonwartesaal wurde mit tief= rotem Plüsch ausgeschlagen und mit einem weißen Baldachin ausgestattet, zu beiden Seiten des Eina gangs wurden zwei Meter hohe Plastiken postiert. Vom Salon bis zum Bahnhofsausgang führte eben­falls ein großer Baldachin.

Um 9 Uhr fam in einem offenen Wagen der tung des Ministerpräsidenten Dr. Hodža an. Der

Präsident der Republik Dr. Bene& in Beglei Präsident wurde vor dem Bahnhof von dem Mis nifter für nationale Berteidigung Ma ch ni l emp fangen und begab sich, nachdem er die Meldungen Ansichten in allen geprüften Fragen und das entgegengenommen hatte, in den Wartesalon, wo er Während des Befuches Seiner Maieität absolute Einvernehmen festgestellt, bon ben Miliedern der Regierung begrüßt wurde. der Kleinen Entente  , ein Zusammenhalt, der schon König Carol II.   in Prag   fanden politische Be- was die Politik, die in den nächsten Monaten von Dann schritt er die auf dem Perron poſtierte Ehren­rotte ab. durch seinen Bestand im Nachkriegseuropa eine sprechungen zwischen Seiner Majestät dem den beiden Ländern im engen und vollkommenen Ausnahmserscheinung ist. nig und dem Präsidenten der Republik Dr. Einvernehmen mit Jugoslawien   verfolgt werden Die Ankunft Sie ist eine Festung, ohne ein Gefängnis zu Beneš   statt. Die beiden Minister für aus- soll, anlangt. Es wurde die Notwendigkeit betont, Als der rumänische Sonderzug in die Bahn­sein, sie wurde für uns zu einem Dogma, ein wärtige Angelegenbeiten Antonescu   und im Einvernehmen mit allen Freunden und Verhofshalle einfuhr, intonierte die Militärmusik die Dogma aber, das nicht das Aufgeben unserer er ofta nahmen an diesen Besprechungen teil.bündeten die po..cische Linie fortzuseßen, die in Bernunft heiſcht und auch nicht die La­gesnotwendigkeiten des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebens aus dem Auge verliert. Die Kleine Entente   hat sich oft mehr als einer Kam­pagne gegenübergesehen und es erivarten sie sicherlich noch andere. Aber schließlich hat sie Schule gemacht, da sie sich in Europa   und in Genf  eine starke, geachtete und respektierte Position ge­schaffen hat.

Worin liegt der Grund dafür?

Weil wir eine politische Doktrin repräsen­tieren, welche unserer wechselseitigen geopolitischen Situation entspricht, weil wir gerechte, vernünf­tige und legitime Grundfäße vertreten, weil wir niemanden bedrohen, von niemandem etwas ver­

langen und nur u unser Recht auf Freiheit und Heimat verteidigen. Weil wir loyal alle unferen internationalen Berpflichtungen respektieren und weil wir der Welt bewiesen haben, daß wir unsere Freiheit verdienen, weil wir entfchloffen find. fie gemeinsam und um den Preis aller Opfer au verteidigen. Dafür gewähren wir Europa   bie Garantie einer ruhigen und stetig fortschreitenden politischen, fozialen und wirtschaftlichen Ent­widlung in einem Teil der Welt, in den uns das Schifal gestellt hat. Denn unsere brei Länder find und bleiben Länder ber Ordnung und der fozialen Disziplin, der politischen Freiheit und der Toleranz im Rahmen der strikten, rechtlichen und verfassungsmäßigen Loyalität.

König Carol   und der Präsident der Republik bei der Militärparade

Im Hintergrund die Regierung und das diplomatische Korps

rumänische Staatshymne, während eine in der Nähe des Bahnhofs beim Riegerpart aufgefahrene Bat­terie eine Ehrensalve von 21 Schüssen abgab. Auf dem Bahnsteig wurden der König und der Krons bring vom Präsidenten der Republik, von den Vor­fizenden der beiden Kammern der Nationalver­sammlung, dem Ministerpräsidenten und den Mini­stern für Aeußeres und für nationale Verteidigung ertvartet und empfangen. In deren Begleitung schritten dann die Gäste die Ehrenrotte ab. Die bei den Staatsoberhäupter und ihr Gefolge begaben sich dann in den Bahnhofssalon, wo Präsident Dr. Beneš   dem König alle dort Versammelten vorstellte. Vor dem Wilsonbahnhof

Um halb 10 Uhr erschien der König, geleitet vom Präsidenten der Republit, vor dem Gebäude, von lebhaften Burufen der dort Wartenden empfan­gen. Der Bahnhofsplatz war zu einem Ehrenhof ausgestaltet worden.

Die Spiße des Buges, der die Fahrt durch Prag  antrat, bildete eine Abteilung berittener Sicher heitswache, welcher das Auto des Polizeipräsidente: folgte. Unmittelbar vor dem offenen Auto des nigs und des Präsidenten ritt in Viererreihen ein Bug Dragoner, ein atveiter Bug folgte dem Wagen, in welchem der Kronprinz und Ministerpräsident Dr. Hooja Plat genommen hatten. Bei den Auto­mobilen bildeten Dragoneroffiziere Ehreneskorten. In den Straßen Prags  

Auch der Wenaelaplap war, wie alle übri­gen Straßen, durch die sich der Bug bewegte, festlich geschmückt. Sier war der Großteil der ausgerückten