Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG .

16. Jahrgang

Mittwoch, 18. November 1936

Die Aufständischen in der Stadt

Kämpfe um das Madrider Universitätsviertel Heftige Flugangriffe

Die Nachrichten aus Madrid besagen, daß es den Fremdenlegionären und Marokkanern Francos nach heftigen Kämpfen gelungen ist, in das Universitätsviertel einzubringen. Der Angriff erfolgte mit Hilfe von Tanks nach heftiger Artillerievorbereitung und einigen Luft­angriffen. Die nationalistischen Truppen wurden ohne Rücksicht auf die schweren Verluste, die ihnen die Verteidiger zufügten, ins Feuer getrieben, da General Franco anscheinend alles auf die eine Karte der raschen Eroberung Madrids um jeden Preis gesetzt hat.

Die Verteidigungsjunta hat am Dienstag einen Bericht ausgegeben, demzufolge die bis zur philofophifchen Fakultät vorgedrungenen Aufstän­dischen eingeschloffen sind. Die Kämpfe dauerten während der ganzen Nacht auf den Dienstag mit unverminderter Heftigkeit. In deren Verlauf scheint es den Aufständischen gelungen zu fein, Verstärkungen in die Universitätsstadt zu bringen. Nach einem heftigen Kampf Mann für Mann

3ogen fich bie Berteibiger in ble Defeſtigten Reben. straßen zurück. Das Luftbombardement mit Brandbomben hat viele Feuersbrünste verursacht. Bei dem Bombardement wurden auch die rumä­nische und die französische Botschaft getroffen. Das diplomatische Korps hat aus diesem Grunde Madrid verlassen. Am Dienstag um 15 Uhr nach­mittags begannen die Aufständischen die Tele­phonzentrale zu beschießen. Dabei wurden viele Personen schwer verletzt.

Bestialitäten

der Marokkaner

Ossietzkis Enthaftung bestätigt

Endlich Kontrolle

der Waffenlieferungen? London.( Reuter.) Der vom Subkomitee des Nichteinmischungsausschusses ausgearbeitete Entwurf betreffend die Aufsicht über die Waffen­einfuhr in Spanien hat einen viel größeren Üm­fang und eine viel größere Reichweite als ur­sprünglich angenommen wurde. Es wird bean=

fragt: Unter dem Borbehalt, daß die beiben Streitparteien in Spanien hiezu ihre Zustim mung geben, werden neutrale Beobach= ter ernannt werden, die an 40 Stellen, das ist in den nordspanischen Häfen, in Spanisch­Marotto, auf den Balearen, an der spanischen Mittelmeerfüste, an der französisch- spanischen Grenze und der spanisch- portugiesischen Grenze die Kontrolle ausüben. Zur Durchführung dieses Vorschlages- witrden etwa 1000 Beobachter net

wendig sein. Eine Frage ist es auch, wer den Aufwand bezahlen soll. Es wird vorgeschlagen, daß dieser verhältnismäßig unter alle Mächte aufgeteilt wird, die zur Erhaltung des Völler­bundes beitragen. Die Flugattachés jener Staa­ten, die im Subkomitee vertreten sind, sind heute im britischen Außenministerium zusammenge

treten, um die Frage zu prüfen, ob die Aufsicht auch auf die Flugpläße in Spanien ausgedehnt werden soll.

Hilfskonferenz für Spanien Paris . In Paris hat sich soeben ein inter­nationaler Hilfsausschuß für die Frauen und Kinder der spanischen Republikaner gebildet. Dem Ausschuß gehören Persönlichkeiten aus zehn Staaten an. Der Ausschuß beschloß, in vierzehn Tagen eine internationale Konferenz nach Paris oder nach London einzuberufen.

NORD

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Pl.d.

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DEUTSCHE

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Nr. 268

aber mit Methode

Alle vernünftig denkenden und rechtlich empfindenden Deutschen entrüsten sich über den wüsten und schädlichen Unfug, den deutsche Hoch­schüler gegen Professor Selfen aufgeführt haben. Ihr wahres Gesicht enthüllt uns diese Affäre erſt. wenn wir sie neben andere Vorfälle der letzten Wochen stellen; denn da verwandelt sie sich plöß­lich aus der beklagenswerten, aber doch verein­zelten Aktion einiger stürmischen und verhetten Jünglinge in die Teilhandlung einer umfassen­den, folgerichtig ablaufenden Aktion.

Vor wenigen Wochen sind die Vertreter der SdP in Reichenberg gegen den dortigen Theater­GUINDALERA Direktor Barnah aufgetreten und haben schließ= lich verlangt, daß über seine Qualitäten das Ur­teil reichs deutscher Instanzen, insbeson­dere der Reichskulturkammer in Berlin einzu­holen sei. Auch darüber hat man sich entrüstet. Unerhört: wir Sudetendeutsche sollten unser Ur­teil in Dingen der Kunst von den Kulturdirigen= ten des Dritten Reichs bestimmen lassen, während doch ein großer Teil von uns gerade glücklich ist. dem Machtbereich jener Reichskulturkammer ent­8ogen zu sein. Aber auch über diesen Fall brau chen wir nicht groß zu erstaunen, auch er ist nur ein Schritt auf einem klar vorgezeichneten Wege.

Karte von Madrid mit den einzelnen Stadtteilen

Unter den Mauern von Madrid

Franco in Verlegenheit Mangel an Reserven Im Rebellenlager Zwist mit den Carlisten

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Kurz vor dem Staatsfeiertag haben Abge­amble her by hei dem Vorſtand der Bezirks­behörde in Teplit- Schönau sich dagegen perivahrt, daß der dortige deutsche Bezirksbildungsausschuß als Redner für die Feier des 28. Oktober den Sozialdemokraten Hergeth bestimmt hatte. Der sei für sie nicht tragbar. Einen Festredner aus den eigenen Reihen präsentierten sie nicht; wenn man auch an der Feier teilnimmt, kann man sich doch nicht derart exponieren; sie ersuch­ten den Bezirkshauptmann, selbst die deutsche Festrede zu halten.

Der Verteidiger Madrids , General Miaja, hat die Auslandsjournalisten zu sich geladen, um ihnen die verstümmelte Leiche eines Fliegers der Regierung zu zeigen, der lebend in die Hände der Aufständischen gefallen war und ein Opfer ihrer Rachsucht geworden ist. Der General teilte mit, Wir können überzeugt sein, daß die Fort­daß ein Flugzeug der Aufständischen über den febung dieser Reihe nicht lange auch sich warten Stellungen der Regierungstruppen mit Hilfe eines lassen wird. Die SdP, der die gewaltsame poli­Fallschirms ein verschnürtes Bündel herabgelaffen tische Gleichschaltung aller Sudetendeutschen hätte, welches, wie sich später herausstellte, die nicht gelungen und damit der erhoffte und ver­verstümmelte Leiche des Piloten sprochene durchschlagende politische Erfolg versagt enthielt, der bei einer Notlandung innerhalb der ( Ru) Es scheint, daß der Uebergang der um Madrid mit dem ähnlichen Kampf um Peiro- geblieben ist, diese SdP hat die Durchführung Pofitionen der Aufständischen gefangen genom- ganzen Regierungsgewalt in Madrid in die grad im Jahre 1919 oder noch besser mit der Be- ihres kulturellen Programms begonnen. Wenig men worden war. Hände des Verteidigungsausschusses mit General lagerung von Paris durch die Versailler Trup- stens kulturell sollen wir gleichgeschaltet werden. General Mia ja erklärte: Es handelt Ma ja an der Spike die Einigkeit in den Reihen pen im Jahre 1871 vergleichen. Der Kampf um 3mmer seltener, immer leiser sollen wir die fich um die unqualifizierbare Tat einer verder republikanischen Milizen außerordentlich ge- Madrid ist ein Teil eines großen Bürgerkrieges, Stimme des wahren, des elvigen Deutschtums tierten Horde. Nichtsbestoweniger bleibt fördert hat. Im Rebellenlager wachsen anschei- und nur von diesem Standpunkt lassen sich die auch bei uns zu hören bekommen; wir ſollen es meine vorgestrige Anweisung in Kraft, daß keinem nend die Uustimmigkeiten, die vor allem aus dem einzelnen Phasen dieses Kampfes erklären. Um endlich vergessen und so reif gemacht werden zur der aufständischen Piloten, wer immer er auch fet, sehr bunten Charakter der antirepublikaniſchen in die Stadt einzudringen, muß der Angreifer politischen Ernte Henleins. Das Kulturprogramm ein Haar gekrümmt werden darf, sobald er mit Armee entstehen. Die aufständischen Generale sich den Weg über die Straßenzüge der Groß- aus dem Deutschen Haus in Prag soll verwirk­seinem Flugzeug oder mittels Fallschirms in dem verfügen über große und wertvolle Offiziers stadt bahnen. Die Straßen sind jedoch verbarri- licht werden. Gelände niedergeht, welches sich in der Hand der kader, die der republikanischen Armee mangeln, fadiert, und hinter jeder Barrikade befinden sich Dieses Programm tvar ja nichts Neues und republikanischen Truppen befindet." aber die Franco und Llano haben mit Recht tein Maschinengewehre. Um diese zum Schweigen zu besonders die tschechische Deffentlichkeit wäre nicht Vertrauen zu der Soldatenmasse. Daher die son- bringen, müssen Geschüße herangeführt werden, so überrascht gewesen von Henleins Auffassung derbar anmutende Tatsache, daß mitten im erbit- und zwar manchmal auf eine Hundertmeter- Ent- deutscher Kulturarbeit, wenn sie schon Jahre vor­tertsten Kriege, da es wirklich auf jeden Solda- fernung. Dies ist jedoch ein sehr gefährliches Ma- her die Quellen beachtet hätte, aus denen er das ten antommt, die Hauptmasse der regulären növer, das im Mugelregen ausgeführt werden Wasser für seinen Neuaufguß genommen hat. Das Truppen von dem General Franco in der Stappe muß. Das Bombardement aus der Ferne oder aus war der Kreis der teils deutschnationalen, teils gehalten wird. In der ersten Phase des Krieges der Luft ist gleichfalls ein zweischneidiges Mit- nationalsozialistischen Kulturarbeiter um Profes­haben auf der anti- republikanischen Seite die tel, denn die so entstandenen Trümmer können for Dr. Gierach, Dr. Lehmann und Dok­" Carlisten" eine große Rolle gespielt, die über von den Verteidigern als ein neues Bollwerk be- for Lochner im Reichenberger Volksbildungs­eine alte und stramme Geheimorganisation mili- nußt werden. Unter diesen Umständen bleibt dem amt. In diesem Kreis wurden die gleichen Ge­tärischen Charakters verfügten. Später jedoch General Franco nichts anderes übrig, als zu dankengänge verfolgt, die auch dem reichsdeut­haben sich die Beziehungen zwischen den Natio- jener Methode zu greifen, die seinerzeit zur Er- schen Nationalsozialismus den ideologischen nalisten", die die Macht in eigenen Händen be- oberung von Paris durch die Versailler geführt Ueberbau abgeben: Wolfsbildung bedeutete nicht halten wollen, und den Karlisten, die eine Wie- hat. Mit anderen Worten: n: keine Versuche mehr, Bildung des Volks durch Erkenntnis und selb­derherstellung der Monarchie und die Einsetzung die Stadt im Sturm zu nehmen, sondern ein ständiges Urteil, sondern Bildung" der Volks­der älteren Bourbon- Linie erſtreben, gründlich allmähliches Eindringen in die Stadt, ein Durch gemeinschaft, der ständisch gegliederten, stramm verschlechtert. Man kann gegenwärtig bloß verein- sickern der einzelnen Stadtteile, ein Umzingeln ausgerichteten, vom Führer inappellabel geleite zelte Karlistenabteilungen an der Madrider Front wichtiger Zentren der Verteidigung, die von ein- ten Masse. Der verächtlichen international und feststellen, sonst haben sie sich im wesentlichen vom ander isoliert werden müssen. Aber Madrid ist pazifistisch eingestellten Asphaltliteratur" wurde Krieg zurückgezogen oder kämpfen auf eigene nicht Paris mit seinen breiten Boulevards, die die aus Blut und Boden entborene Heimatkunst Faust in den bastischen Provinzen, wo sie über der napoleonische Präfett Hausmann im lebten gegenübergestellt. Erziehung hieß nicht so sehr, eine zahlreiche ergebene Anhängerschaft verfü- Jahrzehnt des zweiten Kaiserreiches ausgebaut Kenntnisse vermitteln, als vielmehr den Willen gen. Die Madrid angreifende Armee besteht heute, hat und die die Barrikadenverteidigung der ausrichten auf völkische Hochziele. Oslo . Nachdem vor einer Woche der norve abgesehen von den militärisch wenig wertvollen Communards so schwierig gemacht haben. Madrid Dies alles war nicht nur in den Veröffent­gische Außenminister Koht aus dem Nobelfomi- Abteilungen der faschistischen Phalangisten" mit seinen alten, schmalen Gassen und fast un- lichungen Dr. Lehmanns und Dr. Lochners mehr tee des Storting bis zur Verteilung des bisheri- aus den Berufsfoldaten der Fremdenlegion und wegbaren Gäßchen ist für eine Verteidigung im ober. weniger verblümt ausgesprochen, es ward gen Friedenspreises zurückgetreten war, folgte aus den in Marokko geworbenen Mauren . Bürgerkrieg wie geschaffen. Vor allem jedoch ent- auch mit den ansehnlichen Mitteln des Reichen­nun der dem Komitee ebenfalls angehörende frit- Bei den Kämpfen vor Madrid handelt es behrt Franco der starken Reserven, die für eine berger Voltsbildungsamtes, solange man von der here Staatsminister Mo win de I dem Bei- sich, strategisch gesprochen, nicht um die klassische solche Methode unumgänglich sind. Auch scheint nationalsozialistischen Mehrheit der Reichenberger spiel des Außenminiſters. Ms Grund gab Mo- Belagerung einer Festung oder um die Erſtür der entsprechende Plan zu fehlen: man war in Stadtvertretung gestützt wurde, auf alle Weise windel an, daß er, wenn der Außenminister das mung eines Systems von Forts, wie man das aus Burgos mehr oder minder sicher, die revolutio- praktiziert. Alle anders gerichteten Bildungs­Komitee verließe, als Politiker ebenfalls dem dem letzten Weltkrieg tennt, sondern um etwas näre Hauptstadt im Sturm zu nehmen, und steht unternehmungen in der Stadt wurden zurückge­Ausschuß nicht mehr angehören könnte. ganz anderes. Am besten kann man den Kampf der neuen Aufgabe ziemlich ratlos gegenüber. drängt; Einzelvorträge und Vortragsreihen,

Berlin. ( Tsch. P.-B.) Die Haftüber­wachung über Carl von Officht ist dieser Tage aufgehoben worden.

Pari 8. Der Havas- Korrespondent in Berlin erfährt aus privater Quelle, daß sich der Schriftsteller Offiehki in einem Sanatorium in Mecklenburg befinden soll. Er soll an Tuberkulose erkrankt ſein. Sein Zustand ist, wie es heißt, fehr ernst.

Um den Friedenspreis für Ossletzki