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Donnerstag, 10. November 1030
Nr. 200
geführt, über dessen Gefangennahme zunächst leine genauen Berichte Vorlagen. Zinn hat auch die Kammer nach einer glänzenden Verteidigungsrede Blums Salengro von jeder Schuld freigesprochen. Aber gerade während dieser Sitzung kam es zu wüsten Szenen, wie sie die Pariser Kammer bisher laum jemals erlebt hatte. Die Rechte gab den Kampf nicht auf, dachte nicht daran, sich dem Urteil der Armee, der Kammer, irgendeines Gerichtes zu unteriverfen. Salengro war verhasst, weil er die«Ligen" unerbittlich bekämpfte, weil er dem Faschismus den Weg versperr t e, wo immer die Herren eine neue Hintertür suchten, weil er während der Streik» nie aufgehört hat, Sozialist, Arheitervertreter zu sein, weil er in jedem Arbeiter nur den Kampfgenossen sah. Al« den exponiertesten Kämpfer gegen den Faschismus hat die französische Rechte Salengro gehabt und verfolgt. Ihre Kampagne
Prag . Dienstag abends kam in der Budgetdebatte Abgeordneter Genosie Falsch zu Worte und präzisierte den Standpunkt der deutschen Sozialdemokraten zu den Kapiteln Landwirtschaft, Handel und öffentliche Arbeiten. Unsere Landwirtschaft, so führte Falsch aus. befindet sich in einem ausgezeichneten Zustand. Ihre Produktion-Probleme sind vielfach in mustergllltiger Weise gelöst. Nurmehr bedürfen auch die landwtrt- lchoftlichen Absatzprobleme einer durchgreifenden Lösung. Die Ernährungsverhältnisse in unseren Jn- diistriegebieten liegen noch immer unter dem euro päischen Durchschnitt. Man sieht in Nordböhmen und Nordmähren-Schlesien noch Immer den Arbeiter mit der Kaffeekanne in die Fabrik gehen. Malzkasfee und Brot sind die Hauptnahrung dieser Jndnftrie- proleten. In den westlichen und nordischen Ländern ist e» eine Selbstverständlichkeit, dass der Arbeiter täglich Fleisch itzt und sich beim Konsum von Zucker. Milch und Fett keine Einschränlung auferlegt. Dagegen ist bei unseren Arbeiterfamilien da» Fleisch nach wie vor ein SonntagSgerichi. Da» Problem der landwirtschaftlichen Ueberpro- duktion ist daher nur durch die Mobilisierung der brachliegenden Kaufkraft in den Industriegebieten zu bewältigen. Die Lage der Landwirtschaft hat sich durch verschiedene staatliche Massnahmen bedeutend gebessert. Eine landwirtschaftliche Konjunktur kann aber keine Agrarpolitik künstlich herbeifllhren. Ihre Voraussetzung ist eine neue Konjunktur de» Indu- st r i e s e 11 o r r. ES ist daher notwendig, bei den Landwirten den Irrtum zu bekämpfen, dass ihre Wünsche ohne Rücksicht auf die Verbraucherkreise befriedigt werden können. Wenn-die-Landwiri^.woll»u,. dah die Arbeiter weniger Margarine und mehr Butter essen, so mögen sie uns helfen, der Arbeiterschaft bessere Beschäftigung und höhere Löhne zu erringen. Vor allem soll man den Butterkonsum auch bei der bäuerlichen Bevölkerung propagieren. Er geht nicht an, dass d i e L a n d- wirte selb st Margarine kaufen und dah er aus. der anderen Seite schlecht bezahlten Ar- beitem unmöglich gemacht wird, ihren Bedarf an billigen Fettsorten zu decken. Der Vorschlag der Abg. Bros. B r'd l l k, dar Kilo Margarine um 5 Ki durch Steuererhöhung zu verteuern und dafür durch Steuersenkung den Zucker zu verbilligen, lehnen wir ab. Wir wollen den Zucker auf Kosten der Profite der Zuckerfabriken und de» Zuckerkartell» verbilligt haben. Mit Rücksicht auf die bisherigen Erfahrungen erklären wir mit Nachdruck, dah die Kontingentierung der Margarineerzeugung zu keinem Auinahmereglme
hat das Opfer zur Strecke gebracht: in anderer Weife, als man es vielleicht erhofft hatte. S a- lcngros Ehre ist g« r« ttet? Sa« lengrorLebeni st verloren. Für Frankreich ist die Tragödie Salengro» ein WamungSfignal. So fing es auch in Deutsch land an. Bon solchem Selbstmord eine» Manne », zum Selb st mord einer Republik ist nur ein Schritt. Blum hat in jüngster Zeit bewiesen, daß er nicht kapitulieren will. Er hat den Kampf gegen die reaktionäre und korrupte Presse aufgenomtnen. Aber der Fall Salengro zeigt, dah hente auch scharfe Mahtmhmen noch zu milde, dah gegen den Faschismus nurdiestärksten Waffen wir Hs am sind. Die Sozialisten Europas haben da» Vertrauen zu Löon Blum, dah er der französischen Demokratie das Schicksal der Weimarer Republik ersparen wird, so fatal die Parallele zlvischen dem Tod ErzbergerS oder Eberts»nd der Tragödie Salengro» ist!
gegen die bedürftigsten Berbraucherkreise werden darf. Die Sozialdemokrafie hat Verständnis dafür, dah die Landwirtschaft für ihre Produkte gesicherte Preise haben will, Diese Preispolitik darf.aber nicht zu einer Abdrosselung de» Verbrauche» führen, wie ei leider bei Zucker, Mahlprodukten und zuletzt hei gettswffen der Fall war. So lange die Agrarpolitik nicht tritt einer zielbewussten Berbrauchifteigerung bei den wichtigsten Nahrungsmitteln verbunden ist, ist da» ganze Stzstem der landwirtschaftlichen Festpreise auf Sand, gebaut.. In seinen weiteren Ausführungen urgierie Genosse Falsch wiederum die Reform der Landebkultur» täie und sprach sich für die Erhaltung der deutschen Sektionen in Böhmen und Mähren au». Der Pächterschutz bedarf, einer Ergänzung durch einen wirksamen Kündigungsschutz. Redner empfiehlt eine gesetzliche Neuregelung, welche die Verpachtung der Wemeindegründe nach sozialen Gesichtspunkten sicherstellt. Bon der Staatsgüterverwaltung verlangte Genosse Falsch eine bessere Rücksichtnahme auf die Interessen der einheimischen Bevölkerung. ES darf nicht Vorkommen, dah bei Verpachtungen, wie z. B. in Eleonorenhain, die Wünsche der Grenzler- organisatjonen den Ausschlag geben. Ferner ersuchte Genosse Falsch den LandwirischastSminister, eine verbindliche Weisung an die^staatlichen Forstverwal- tungen ergehen zu lassen, dah die Beamten keinen Einfluh auf die Organisationszugehörigkeit der Arbeiter nehmen und Lohnfragen in demokratischer Weise mit den zuständigen Gewerkschasten lösen. Weiter urgierie unser Redner die Parzellierung lebensunfähiger Restgüter und die Aufnahme deutscher Angestellter bei der staatlichen Forstverwaltung. ' Zu den'Klagen de» EdP-Abgeordneien Ho-, d i n a über llrbeiterinangel in der Landwirtschaft—: er will da» Problem durch Schulungslager lösen— konstatierte Genosse Falsch, dah in den Dörfern genug arbeitswillige Menschen vorhanden sind. Notwendig ist jedoch eine Besserung der sozialen und kulturellen Leben»bedingungen der Landproletariat» und die endliche generelle Einreihung der Land- und Forstarbeiter in die Unfallversicherung. Vom HandelSressort. erwarten wir praktische Schritte zu einer grossangelegten Exportoffenflve, namentlich für G l a», Porzellan. Textil, Zellulose usw., und die zielbewuhte Förderung der exportierenden H a u S i n d u st r i e n. Redner spricht sich in diesem Zusammenhänge auch für die finanzielle Sicherstellung der Tätigkeit de» Ex- portinstitute- au», welche» der Wirtschaft gute Dienste leistet. Da» gemeinschädliche Treiben
der Kartelle— z. B. der Handel mit Erzeugungsquoten und die Prämiierung von Stillegungen — erfordern die beschleunigte Novellierung de» Kartellgesetzes.' Bei Erörterung de» Kapstel»»Arbeitenministerium" setzte sich Genosse Falsch für«Ine Remedur bei der Vergabe der öffentlichen Arbeiten ein. ik» ist imerträglich, bä- bei In-
Prag . Im Budgetausschuss de» Akgevrd- netenhause» brachte Generalberichterstatter R e- m e b am Btittwoch einige Vorfälle auS dem Bereich des Arbeitenministeriums zur Sprache- die auf die Administrative in diesem Ressort rin sehr schiefe» Licht werfen-»nd»war nicht de» Minister, den SiemeS ausdrücklich von jedem Verschulden ausnahm, wohl aber-den Generaldirektor der staatlichen Berg,»nd Hüttenwerke stark belasten, von dem RemeS auSdrnücklich sagte, dass seine Aufklärungen in dem Fall der Raffinerie in Du- bovä in der Slowakei »nicht der Wahr-' heit entsprochen" hätten. Diese scharfe Kritik ist um so bemerkenswerter, als Rente» in diesem Falle ausdrücklich, im Austrag de» parsa- mentartschen Spar-«nd KontrollauSschiiffeö sprach, der sich mit der Angelegenheit bereits a«S- führlich befass hat. Er handelt sich um den Bau einer st a a t- licheu Mineralölraffinerie in D u b o v ä in der Slowakei , bet dem da» Ministerium gegen da» Parlament in einer Weise börge- gangen fei, die sich kein Parlament der Welt gefallen lassen würde. Die Sparkommlssion erfuhr erst au» den Z e i t u n g e n von dem Bau dieser illaffinerie, und auf Anfrage beftäfigte da» Ministerium für öffentliche Arbeiten, dah der Bau au» Gründen der Staat-Verteidigung und auf a u S d r ü ck l i ch e n Wunsch de» Verleid i g u ngsministeriumr erfolge. ES stellte sich heraus, dah die Behauptungen des ArbeitenministeriumS, bzw. der Generaldirektors der staatlichen Berg- und Hüttenwerke sich mit derWirklichkeitnichtdeckten und der Wahrheitnichtentfp rachen. Man hatte dem BerteidiaungSministertmn den Dm« offeriert und gefragt, ob e» daran kein Interesse habe. Der Bau wurde schon 1988 begonnen, aber in den Budgets für 1988 und 1988 findet man nicht .einenHeller. Wir haben stcherqestellt, erklärte Steint», dah weder der Generalberichterstatter über da- Budget noch der Referent Eber das Budget der Arbeitenminssterium, noch die Präsidien der beiden Kammern, ja nicht einmal der früher« Minister verständigt wurden, der für das Ressort verantwortlich war. Redner weih nicht, inwieweit -die:Herren den.gegenwärtigen Arbcittnminister ein- geweiht haben; immerhin könne der Minister nicht von allem wissen und müsse sich zu 99 Prozent auf seine Beamten verlassen. So dürfe man aber mit dem Parlament nicht umgehen. Man sagt«, es seien Staat-Notwendigkeiten gewesen und deshalb habe man auch privat niemandem etwas gesagt. Dabei waren aber die Pläne dieser ProiekteS bei allen Gemeindeämtern der betreffenden Gegenden öfient- lich auSgehängt und jeder konnte sie sich dort abzeichnen; aber da» Parlament und seine Organe dürften davon nicht» wissen. Im Fahre 1988 wurden die Gelder für den Bau, zwei anderen Dudgetvosten entnommen, Iva» sich noch, obwohl eine bewusste Absicht vorliegt, so halbwegs decken liehe. 1986 war da» aber schon ander». Dort sind auf Seite 84 der betreffenden De»
vesfitionen In den Notstandsgebiet«« bi« einheimischen Arbeitslosen zuschauen müssen, wie auswärtige Firmen ihr« eigenen Arbeitskräfte mit- brlngen. Mit besonderer Wärme setzte sich unser Redner abschliessend für erhähten Gesundheitsschutz der JvachimSthalerBerg- a r b e i t e r«In, in deren Reihen noch immer der Lungenkrebs wükek.
tailbudget» siebenPosten unter ganz anderer Bezeichnung aufgeführt, die zusammen 18,6 Millionen ausmachen. Davon wurde kein Heller für die ausgewiesenen Zwecke verwendet, sondern alle» für den Bau der Raffinerie. Hier wurde da» Parlament hMterggngen, wurde ihm ganz unrichtige» Material vorgelrgt und absichtlich damit gerechnet, dass die bewilligten Gelber zu einem anberenZweck verwendet«erden al» für den, dem da» Parlament seine Zustimmung gegeben bat. Da» könne sich da» Parlament nicht gefalle« lassen! Remet betont, dass er tm Auftrag de» SvaranS- schusse« spricht, der diesen Fall nicht für erledigt hält. Der Aufwand für die Raffinerie wird mindesten» 60 Millionen betragen, erst im Budget für 1981 finden wir für diesen Zweck 83 Millionen eingereiht. Dabei wurden in Wirklichkeit einschliesslich dieser Summe bereit» 41,8 Millionen auSge» geben! Als die Sparkvmmlssion dieser Sach« nachgina, erschien plötzlich in einer slowakischen Zeitung em vehementer Angriff gegen die Sparkommlssion, die darin verdächtigt wird, sie habe sich im Interesse de» von politischen Fakwren unterstützten Prlvatkapi» tal» gegen die Interessen der Staate» und der Vervollkommnung seiner Verteidigung missbrauchen lassen. Das übersteige, sagt Sterne», schon alle Grenzen der Dreistigkeit. Er wisse überdies ganz gut, wer der Herr„S p e e 1 a t o r" sei, der die» geschrieben habe. Lin Musterbetrieb Die Errichtung der Raffinerie soll anscheinend eine Hilfe für die staatlichen Eisenwerke in P od- b r e z o v L sein, die im Fahre 1985 ein Defizit von 16,6 Millionen auftviesen, Tine Revision der Brückenabteilmig dieser Werke durch einen Fachmann habe ergeben, dass die technische Kanzlei von einem nicht nur unerfahrenen, sondern hauptsächlich auch unfähigen und jedem sachlichen Rat unzulänglichen Personal geleitet werde. Hier lägen die Quellen der ungeheueren Schäden, die durch fehlerhafte Materialbestellung und fehlerhafte Vergebung der Montagegerüste und sonstigen Montagehilfsmittel verursacht würden. Die Kalkulation für Offerte sterb«. einfach nach den Richtpreisen privater Firmen zusammengestellt; so habe Mäst' auf ein« Strassenbrücke bei V i d ö'v'ä im Gewicht von 669 Zentnern 200.0QO K£ draufgezahlt, da» sind volle 190 Prozent. Er stellte sich heran», dah bei Verwendung von qualifizierten Arbeitskräften die Montage von Brücken für den Preis von 80.50 Kc pro Zentner durchgeführt werden konnte, während die eigene» Monteure de» Werke» dafür' 98 AL pro Zentner erhielten. Da» find Dinge, die man nicht ruhig hinnehmen könne. Reme» gibt zu, dah der Minister zu diesen Dingen unschuldig dazukomme; er verlangt jedoch, dass der Minister Remedur sch a f f e, soweit die» in seiner Macht liege. *•* Ausserdem hatte RemeS noch auf ein krasse» Beispiel für die DIätenschiuderei in gewissen Ressort» hingewiesen. Zu den Kursen für Hufschmiede, die
Landwirtschaft und Verbraucher Genosse 3aksch über die Aufgaben der Agrarpolitik
Wie die Bürokratie das Parlament Schwere Anklagen Im BudgetausschuB mißachtet
Das Kaffeehaus in der Seitengasse Roman von Fritz Rosenfeld
li Al» Gerleliner kam, in einem grauen Rock, der blanke Nähte hatte, di? Krawatte in der Hand, da» Hemd offen, sprang Burger auf. Er machte den Professor mit Vaal bekannt, nach zehn Minuten stand das Schachbrett auf dem Tisch. Feiertag blickte von seinem Fensterplatz herüber, mit der sauren Miene eines Schuljungen, der seinen besten Freund mit fremden Kindern spielen sieht und sich au». Langweile in seinen Zorn verbeisst. Er verfolgte die Hände, die die Figuren schoben, aber er war zu stolz, um seinen Platz zu verlassen und den Ablauf der Partie an Baal» Tisch zu verfolgen. Mittelmeier sah schon drüben«nd starrte auf da» Brett. Professor Äerleitner pfiff beim Spielen, da» konnte Mittelmeier nicht vertragen, pfeifen war eine ordinäre Angewohnheit, der Baron Silbermann hat in seinem ganzen Leben nicht ein einziges Mal gepfiffen; aber ein guter Spieker war der Professor, und da Baal ihm gewachsen zu sein schien, versprach Mittelmeier sich eine aufregende Partie.- Feiertag ries, auffallend kaut,„Zahlen!" „So früh?" fragte Pelikan.„Es ist doch erst neun Uhr, Herr Feiertag". „Ich bin müde, ich leg mich schlafen", sagte Feiertag. Stumm schlich er auf die Strah«. Der Fahrplan war in Unordnung geraten, eine Stunde war übrig geblieben, mit der er nichts anzufangen wusste. Er wollte schon zurückgehen, und Siädtlein um ein Buch Bitten;. Städtlein
schleppte immer eine Tasche mit Büchern herum, er la» zu Hause alle Neuerscheinungen, er kannte seinen Kunden und muht« auch die Bücher kennen, die er ihnen verkaufte. Wer Feiertag war zu stolz, aun umzukehren und dem Cafö Finsterbusch das entwürdigende Schauspiel seiner Rückkunft zu bieten: Ein Mann, ein Entschluss, sagte er sich, ein Feldherr, der eine Schlacht verloren hat, stürzt sich iw sein Schwert. Er ging dreimal um den Häuserblock, die Zeltgasse hinauf, durch die Hauersteinstrahe, und dann durch die Liliengaffe wieder zurück. Dreimal kam er am Casö Finsterbusch vorbei, er gjng auf der anderen Seite der Strasse, man sollte ihn nicht erkennen; aus der offenen Tür drang ein Fetzen Musik zu ihm, ein verhallender Mord begleitete ihn, bis an sein Haustor, die Treppen hinauf, in sein Zimmer. In Ehina zerriss in dieser Stunde, ein Strom seine Däistme, fünfzehn Dörfer wurden weggespült, tote Tiere trieben in den Fluten, Kinder jammerten vor eingestürzten Häusern am Rand der überschwemmten Strassen. In Arozina sprengten Banditen eine Eisenbahnbrücke in die Luft, ein zer- spellter Zug hing im Gestäyge, zermalmte Menschen tropften in den jagenden Bergfluh. In Pa ris schleppten die Arbeitslosen Gartenbände und Mülleimer herbei und bauten Barrikaden; Maschinengewehre hämmerten, ein« Frau, di« vorüberging, schrie auf, warf die Arme in die Luft, sank um, schwieg. Ueber einer Steppe sauste,«in Sternenpfeil,' mit gebrochenen Tragflächen brennend ein Flugzeug zu Boden und bohrte sich metertief in die heisse, verdurstet« Erde . Herr Feiertag lag mit geschlossenen Augen, wach, in seinem Bett und grollte. Ein Mann war gekommen, schlank, hager, grau an den Schläfen, und hatte an den Grundfesten der Erde gerüttelt. Er hatte sich zu Professor Gerkettntr an da» Schachbrett gefetzt, und der Himmel wankte; auch Mit», telmeier ivar hinübergegangen,' und Dunkel stürzte über die Welt.
VH. Drei Tage liess sich da» Schicksal Zeit, dann rächte es Lucas Feiertag und seinen Kummer. An der Strassenecke schrillte di« Bremse eines. Autos auf, ein spitzer Schrei zuckte empor, Stimmen schluckten ihn, trugen ihn weiter,«in Kind weinte. Di« Pfeife eines Schutzmannes rollte, Menschen liefen vorüber. Feiertag schob den Vorhand zur Seite. Ein kleine» Auto stand quer über den Fusssteig, in dem Auto sah Herr Baal Zwei Männer trugen einen Knaben, sieben oder acht Lahre alt, am Fenster vorbei, in das Task, betteten ihn auf einer Bank. Vom Knie des Jungen rann Blut. Der Schutzmann sprach mit Baal und schrieb in sein Notizbuch. Dann lenkte Baal dm Wagen auf die Fahrbahn, vor das Last. Der Schutzmann fragte den-Jungen um Raine« und Wohnung. Der Junge hört« zu Heulen auf, murmelte seine Adresse, seinen. Namen, weinte weiter. Professor Gerleitner untersuchte dav Bein. Er liess eine Waschschüssel bringen, Tücher; Betz- bandzeug. «Es ist nur eine Schramnie", sagte er. „Ganz harmlos". Der Junge horchte auf, sah Gerleitner einen AugeMick gross an,' dann heulte er wieder. Gerleitner strich ihm das Haar aus der Stjrn. „Nimm dich doch zusammen", sagte er,„In einer halben. Stunde tüt'ssticht mehr weh. Wir bringen dich nach Hause. Morgen kannst du wieder laufen.".' J■„.... Baal goss ein Glas Bier, hinunter. Der Schrecken fass ihm in all«» Gliedern. Frau Merten» sprach auf ihn«in.; Er soll« sich beruhigen, dem Jungen, sei nichts geschehen..Sie holte ihr Täschchen, kramte eine Täfel Schokolade hervor, die sie dem Jungest gab. Der.Junge packt« die Schokolade, biss hinein, lachte. „Na also, alle» ist wieder gut", sagte Ger « leitner. Pelikan trug'die Waschschüssel fort. Er sah Baal mitleidig an, wie«inen armen Sünder, der
beichten wollte und dem die Worte in oer Kehl « stecken blieben. Der Schuhmann barg sein Notizbuch umständlich in der Brusttasche. Dann salutierte«r und verschwand. Pelikan bracht« dem Jungen ein grosse» Glas Himbeerwasser Rnit einem Strohhalm. Der Junge schlürfte langsam, blies durch den Halm, dass das Wasser schäumte. Als er gehen wollte, rief Baal ihn zu sich und steckte ihm eine Banknote in.die Hosentasche. Der Junge zog die Note wieder- heraus, betrqcht-te sie genau, faltete sie sorgsam, barg sie in einer- kleinen Tasche der linken Hemdhälfte.„Danke", sagte er, und ging. Nun erst stürzte sich die Neugier auf Baal, ein hunderthändiges, gefrässiges. Gespenst mit- hohlen Ohren, die kein Ton erfüllte, mit leerem^ Herzen, da» keinen Widerhall gab. „Wie konnte das denn geschehen?" fragte Burger. «Wie kann man denn so unvorsichtig seist?" fragte Frau.Merten».. „Sir haben«in Auttz?" fragte FiststerbUsch. Baal liess die Fragen Hber sich Hinweggohen, sie sollten-sich in der Fern« nebeneinander aufstel- len, dann wollt«:«« wählen: die will ich beant-' Worten, jene nicht. Mer die Wort« zertrampelten' ihn, er lag unter, iihnen wehrlos wie«in' Hirt, über den dl« Büffelhecde himoegdonnert. Er- musst«-irgendeine der Fragen packest ustb sich an ihr au» der Wirrnis emporwinden. „Seit heute habe.' ich'«in Äütö",..sägte er. „Seit heute. vormittags". Fiststerbusch blickt»., durchs Fenster.'„Eist schöner. Wägest", sagte er. Als wäre«in Besqhl erteilt worden, wandten sich als« Gesichter zur. Strasse..Draussenstand da» Auto, ein kleiner, dunkelroter, staubbedeckter Wagen, die Lrderpalsttr waren abgeschabt, um den Türgriff war der Lack gesprungen,..die.Reifen schienen schost alle Strassen der. Welt zerfurcht zu haben. (Fortsetzung folgt.)