Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077 HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG .

16. Jahrgang

Dienstag, 29. Dezember 1936

Hitler vor schweren Entscheidungen

Demarche der Westmächte wegen Spaniens

Neue Verstärkungen für Franco oder Abbruch des Abenteuers? Sonntag haben der britische Botschafter Sir Osten verbindlichen Pakt nach den Wünschen Eric. Phipps und der französische Fran- Englands trud Frankreichs abschließe. Man be­cois Boucet im Auswärtigen Amt in Ber - tont, daß Amerika mit den Westmächten minde­lin dem Chef des Rechtsdepartements Ga u stens sympathifiere.

eine Note überreicht, in der die Westmächte wegen Da General Franco zur selben Zeit neue der Entsendung von Freiwilligen" nach Spa- deutsche Verstärkungen anspricht, die er noch ein­nien Einspruch erheben und auf die Dringlichkeit sehen möchte, ehe die nächste große Offensive be­einer raschen Antwort hinweisen. Ein gleicher ginnt, befindet sich Hitler in einer überaus Schritt ist auch in Lissabon , Rom und Moslaufchwierigen Lage. In Berchtesgaden foll ein wich. unternommen worden, doch legen die offiziösen tiger Kronrat" stattgefunden haben, der aller­Kommentare in London und Paris größten Wert dings offiziell dementiert wird. auf die Feststellung, daß es den Westmächten vor Besonders kompliziert wird die Lage da­allem darum gehe, Deutschland zu einer durch, daß neuerlich ein deutsches Schiff Palos " flaren Stellungnahme zu bewegen. von spanischen Regierungs- Schiffen angehalten

Man dementiert im Westen energisch, daß und nach Bilbao abgeschleppt wurde. Laut Anga­man Deutschland für den Fall, daß es seine Trup- ben der baskischen Nationalregierung hatte es ven aus Spanien zurückziehe, Bugeständnisse Konterbande an Bord. Deutschland verlangt die wirtschaftlicher Art machen wolle. Solche Zuge- Freigabe des Dampfers. ständnisse vor allem Mohstoffiredite, dir Die Westmächte scheinen entschloffen zu sein, Deutschland dringend braucht- kämen nur in keine weiteren Provokationen Hitlers mehr zu Frage, wenn Berlin die Politik der Aufrüstung dulden und Italien scheint seinerseits so gut wie beendet und einen allgemeinen, auch für den entschlossen, Hitler allein zu lassen.

Generalsstrelt In China belgelegt

Tschangkaischek wieder frei

Der Streit der chinesischen Marfchälle, der kurz vor Weihnachten einen Krieg im Fernen Often zu entfeffeln drohte, ist während der Weih­nachtstage auf echt chinesische, der übrigen Welt schwer durchsichtige Weise rasch beigelegt worden. Der Marschall Tschangfüeliang hat dem Marschall Tschangkaischek die Freiheit wiedergege­ben und ist mit ihm gemeinsam im Flugzeug nach Nanking abgeflogen. Was der rebellifche Mar­schall weiter tun wird, scheint noch nicht festzu­stchen. Nach der einen Version wird er-ent sprechend versorgt nach Europa in freiwillige Verbannung gehen, nach der andern aber weiter in den Diensten des chinesischen Reiches bleiben. Die Popularität des Marschalls Tschang faischek soll nach der Gefangenschaft ungeheuer gestiegen sein. Andererseits heißt es, er werde die Ministerpräsidentschaft niederlegen.

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Der Indische Kongreẞ

erklärt

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can en Steungsfeierlichteiten nicht tell­nehmen werde, versichert aber, daß dies teine Kundgebung der Feindschaft oder Mangel an Höflichkeit gegenüber der Person des Königs Georg VI. bedeutet.

Deterding hilft Hitler

( ie) Zum Berchtesgadener Kronrat" findet| densfühler in London und Paris betrifft, f gegen die Verfassung man in der ernsten Weltpresse Kommentare, die, scheint man in Paris und auch in London darüber Faizpur.( Reuter.) Der Indische National­bei aller Vorsicht gegenüber Sensationen, doch er- sehr vorsichtig zu urteilen. Sehr interessant in kongreß nahm eine Resolution an, in welcher die tennen lassen, daß in Deutschland etwas Wichtiges diefer pinsicht ist die Korrespondenz des Mariser neue indische Verfassung abgelehnt wird. In vorgeht. In Berchtesgaden ſollte vor allem über Mitarbeiters der ebone be beche you die Richtung der deutſchen Außenpolitik in der habe die franzöſiſche Megierung die deutſche daß er spanischen Frage entschieden werden. Als Aus- derung betreffend die Rückgabe der Kolonien in gangspunkt dient der Bericht des deutschen Ge- Erwägung gezogen. Frankreichs Position tanu schäftsträgers, General Faupel, über die folgendermaßen formuliert werden: Frankreich se: Kriegschancen von Franco . Diese Kriegschancen nur in dem Falle bereit, Opfer auf tolonialem sollen sehr schlecht stehen. Nach Faupels Ansicht Gebiete zu bringen, falls Deutschland bereit wäre. stehe den spanischen Faschisten eine Niederlage einen Vertrag abzuschließen, der die Organisie sicher bevor, falls sie nicht von befreundeten" rung eines allgemeinen, soliden und dauerhaften Mächten eine wesentliche Unterstüßung erhalten. europäischen Friedens gewährleisten könnte. Auch Haag. Der Petroleummagnat Deterding Andererseits sollen, nach Informationen der Pari- in London ist man lediglich dann entschlossen, hat laut Reuter beschlossen, mehrere Millionen ser Rechtskreise, zwischen den deutschen Bera- die deutschen Kolonialforderungen in Erwägung holländische Gulden zur Finanzierung des An­tern" und der faschistischen Generalität ernste zu ziehen, falls Deutschland seinerseits einen Bei- faufes holländischer landwirtschaftlicher Produkte Meinungsverschiedenheiten bestehen. Die spani- trag zur europäischen Friedensorganisation leisten zu leihen, welche nach Deutschland ausgeführt schen Generäle seien sich nicht ganz klar darüber. würde. twas e eigentlich die Deutschen wollen und man wisse auch nicht, ob die deutschen Truppen in Spanien nur solange bleiben werden, als es den spanischen Faschisten genehm sein werde. Eine Richtung in Berlin ist über die Mißerfolge von Franco sehr enttäuscht und möchte je eher deste lieber aus dem spanischen Abenteuer herauskom men. Die andere radikale Nichtung hat jetzt

werden.

Blutige Weihnachten vor Madrid

Neue Kämpfe um die Manzanares- Brücken Alle Stürme abgeschlagen

briber Front führt die Flugwaffe der Republi­faner Erkundigungsflüge durch. An der Nord­front stießen drei Jagdflugzeuge der Regierung auf fieben feindliche Flugzeuge, welche die Flucht ergriffen. An der Südfront führten die Flugzeuge der Regierung ein erfolgreiches Bombardement der Artillerie und des Arsenals in Cadiz durch. Strelt im Hause Zamora

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( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 301

Arbeit für den Frieden

Nach einem gefährlichen Krisenjahr haben sich zu Weihnachten die Wolfen über Europa und über unserer Heimat verzogen und der Himmel über uns ist ein wenig aufgehellt.

Die Befriedigung darüber, daß das Jahr 1936 verheißungsvoller endet als es begonnen hat, kommt in der schönen Weihnachtsbotschaft des Staatspräsidenten, die Tausende mit Genug­tuung und freudiger Zustimmung gelesen haben, zum Ausdruck. Dr. Beneš konnte in der flaren, instruktiven Botschaft, in der er eine Analyse der politischen Situation Europas gibt, darauf hin weisen, daß sich wirtschaftlich und außenpolitisch die Situation für die Tschechoslowakei und ihre Bewohner gebessert hat. Wirtschaftlich können wir heuer zum erstenmale nach langen bangen Jah­ren eine stärkere Abnahme der Arbeitslosigkeit feststellen, Behntausende von Arbeitern, die zum Christfest des Vorjahres arbeitslos waren, haben heuer Arbeit und konnten Frau und Kindern am Weihnachtsabend eine kleine Freude bereiten. Aber noch immer haben Tausende arbeitslos und hoffnungslos die Feiertage verbracht und deshalb ist es Aufgabe der Regierung, tatkräftig dahin zu arbeiten, daß Weihnachten 1937 wieder um zehntausende Menschen mehr Arbeit haben und glücklicher find als heuer.

Der Präsident ist sich aber auch der Zustim mung der weitaus überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung sicher, wenn er den Frieden zwischen den Völkern dieses Staates und den Weltfrieden anstrebt. Die beharrliche Folgerichtigkeit, mit der

das gewählte Staatsoberhaupt ſich um die fung der, wie er sagt, schwierigsten innerpoliti­fchen Fragen" bemüht, wird die Unterſtüßung aller jener Sudetendeutschen finden, die den Frieden und nicht den Krieg wollen. Nach der Rückkehr des Regierungschefs von seinem Ge­sundheitsurlaub wird hoffentlich der Weg vom Wort zur Tat beschritten werden.

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Mit großem Interesse haben wir auch alles gelesen, was der Präsident über die Kriegsgefahr gesagt hat. Er hat uns vor Augen geführt, daß wir ein Jahr hinter uns haben, in welchem leicht ein europäischer Krieg hätte ausbrechen tönnen. Der Bürgerkrieg in Spanien schien ein Auftakt zu einem neuen Weltkrieg. Auch da ist durch den jüngsten Mittelmeerpakt die ärgste Ge fahr, wenn auch nicht alle Gefahr vorüber. Der Präsident glaubt an die Möglichkeit der Erhal­tung des europäischen Friedens und an die Ver­meidbarfeit des Krieges. Wir glauben es mit ihm und wollen mit ihm daran arbeiten, das Unglück von Europa abzuwenden. Wir begrüßen leiden­schaftlichen Herzens die Parole des Präsidenten hier in Mitteleuropa die Fahne der Freibeit, des Friedens und der Toleranz hochzuhalten, die Fahne des guten Willens und des Glaubens an den politischen und sozialen Fortschritt, die Fahne des Glaubens an einen stärkeren und moralisch beſſeren Menschen".

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Unterstützung durch den Bericht des eben aus Während der Weihnachtstage wurde an| Stadt gelegene feindliche Artillerie fort. Hiebei Spanien zurückgekehrten General Faupel erhal- fämtlichen spanischen Fronten, vor allem aber wurden zwei Flugzeuge abgefchoffen; ein Flugzeug ten, der auf der Sendung von mindestens zwei vor Madrid heftig gekämpft. Die Lage der Ne- der Regierung erlitt eine Havarie. An der Ma­regulären Divifionen nach Spanien begierung ist überall günstig. Die wichtigen Po­steht. Der Befehlshaber der Hochseeflotte, Admiral fitionen konnten gehalten werden, an einzelnen Förster, hat seine Entlassung eingereicht, wei er grundsäßlich gegen die Einmischung ist. Die Stellen vermochten die Milizen vorzubringen. französische Preſſe glaubt, daß Hitler nun direkt Sonntag und Montag fetten besonders heftige darauf ausgehe, im Rücken Frankreichs eine Posi- Angriffe ein, die sich wiederum gegen die Brücken tion zu schaffen, von der aus alle Bemühunger des Manzanares richteten. Auch diese Angriffe Die letzten Tage des Jahres bringen aber neben Kundgebungen der Hoffnung, des Frie­Frankreichs zur Sicherung des Friedens in Mit wurden sämtlich abgeschlagen. denswillens und den üblichen Weihnachtsbetrach tel- und Osteuropa oder die französische Hilfe zu- Madrid.( Habas.) Der Ausschuß für gunsten der Bundesgenossen paralysiert werden die Berteidigung Madrids teilt mit: Der heftige tungen auch einige greifbare und praktische Errun­tönnte. Sowohl in Frankreich als in England Angriff der Aufständischen an der Madrider Front Bvei Söhne des ehemaligen Präsidenten genschaften. Die Verständigung Englands und gibt man ſich keinen Illusionen hin und weiß ist im ganzen Umfang gescheitert. Der feinblicke von Spanien , Alcala Bamora, der 24jährige Italiens über die Mittelmeerfragen fann von bak Berlin fich lediglich durch Gewalt imponieren Ansturm war im Abschnitt Casa del Campo be- Luis und der 23jährige José Bamora, sind nach weitreichender Bedeutung sein. Sie entspannt die läßt. Bemerkenswert von diesem Standpunkt iſt fonders heftig, doch zwangen die Republikaner den Spanien zurückgekehrt und in die republikanische Lage in einer der stärksten Gefahrenzonen der die Auslaſſung des Londoner " Daily Expreß ", Feind zum Rückzug. Beim Eintritt der Däm- Armee eingetreten. Zamora - Vater veröffent- europäischen Politik und sie durchkreuzt die gro= Falle eines Angriffes auf die Tschechoslow a Feinde gefäubert und die Berbindung mit unfe- seine beiden Söhne seien betrogen und nach Mussolini mit der bombastischen Allerheiligen Deutschland müßte klar gemacht werden, daß ini merung wurde der Weg nach La Coruña vom licht in französischen Rechtsblättern Erklärungen, Ben Bläne, die Hitler an sein Zuſammengehen mit Mussolini geknüpft hatte. Es erweist sich, daß kei, Rußland und Frankreich in ein paar Tagen ren Pofitionen bei Pozuelo und Humera wieder- Spanien gelockt worden, wo man sie in die Armee eine Armee von fünf Millionen Soldaten aufstel hergestellt. Der Feind erlitt große Verluste. Wir gepreßt habe. Die beiden jungen Bamora ant- rede und mit der Hinwendung zu Deutschland Ten würden. Was die angeblichen deutschen Frie- bemächtigten uns 20 Panzerautomobile. In der worten von Barcelona aus, daß sie aus eigenem auf England, sich die Freundschaft Italiens zu doch nichts anderes bezweckt hat als einen Druck Front bei Guadalajara haben wir zwei Gemeinden Entschluß zurückgekehrt seien. Sie hätten sich im ertaufen. Das scheint nun geschehen zu sein. Die Gegenteil gegen den Druck wehren müſſen, der sie Gegenbedingung Englands aber war, daß Muſſo­zurückhalten wollte. Tini sich aus dem spanischen Abenteuer zu= rückzieht.

Befinden des Papstes

neuerlich verschlechtert Die letzten Meldungen aus dem Batikan be­fagen, daß fim im Befinden Bius XI. nach vor­übergehender Befferung von neuem eine Ver­schlechterung gezeigt hat. Der Papst leidet unter fehr schmerzhaften Krampfadern und die Blut sirkulation gestört ist. Es treten gelegentlich Schwächezustände auf. Der Leibarzt besucht den Papst mehrere Male am Tage. Der Papst emp­fängt nur die bringenästen Besuche, d. h. in erster Linie den Kardinalstaatssekretär Pacelli .

Lefett.

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Valencia. ( Fabra.) An.verschie benen Abschnitten der Madrider Front entwickelte fich ein heftiges Gewehr- und Maschinengewehr­feuer, doch blieben die Bofitionen im ganzen un­verändert, Dei per incerta. Brüde rüdten die Regierungsabteilungen vor. An einem anderen Frontabschnitt bemächtigten fie fich eines Teiles der vorderen feindlichen Linien und fügten den Aufständischen bedeutende Berlufte zu. An ben von Madrid weiter entfernten Abschnitten herrschte verhältnismäßige Nuhe.

An der Teruelafront seven die Flieger der Regierung ihre Angriffe gegen die nördlich dieser

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Arbeitslager in Spanien

Die nächste Folge der Entspannung zwischen Balencia. Im Amtsblatt wurde ein Rom und London und der Zusagen, die Mussolini Megierungsbelret verlautbart, wodurch Arbeits- für seine weitere Politit gegenüber Spanien geben lager errichtet werden. In diese Arbeitslager mußte, ist eine gesteigerte Aktivität werden Personen entfendet werden, die wegen der We st mächte gerade in der spani Teilnahme an dem Aufstand und wegen umftürz. fchen Frage. Eine neue Demarche der britis Terischer Agitation gegen das republikanische Ne- schen und der französischen Diplomatie, die zu aime verurteilt wurden. Sie werden bei Arbeiten gleich in Berlin , Rom , Moskau und Lissabon ers im Interesse des Allgemeinwohls beschäftigt folgt ist, deren Ton aber zweifellos in Berlin werden. liegt, soll nur den Auftakt zu verschärfter Ston