Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republi Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

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Redaktion und Verwaltung: Prag XII., Fochova 62 Telephon 53077 Herausgeber: Siegfried Taub - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag

17. Jahrgang

Sonntag, 24. Jänner 1937

Dr. Hodžas Rundfunkrede Wieder ein Schritt vorwärts

Heute um 12.02, deutsch um 12.40

Die heutige Rundfunkrede des Ministerprä­fidenten Dr. Hodža an die Bevölkerung beginnt, wie von der Leitung des Radiojournals be= glocken, das ist um 12 Uhr 2 Minuten.

Yanntgegeben wirb, mittage nad den mittags.

Die Rede wird in einer besonderen Relation des Tschechoslowakischen Pressebüros, die etwa um 12.40 Uhr beginnen wird, deutsch repro­buziert werden.

Ausfuhrerleichterungen für die Exportindustrie

Cinzelpreis 70 Heller( einschließl. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

..Geständnisse"

im Moskauer Prozess

Weshalb ein Arbeiter Selbstmord beging

Wirtschaft der Welt

Sozialversicherungs­

Herunter

Briefkasten

Nr. 21

mit dem Zuckerpreis!

Wir kämpfen um eine grundsätzliche Entscheidung

Prag . In der Sißung des Ministerrate von mäß zu refundieren. Gleichzeitig wird durch die Freitag, bem 22. Jänner wurden die Exporters Anwendung des Grundſabes, daß die Refundie Schon lange hat keine parlamentarische leichterungen für das Glas-, Porzellan- und Tex- rung nur an die organisierten In- Aktion in der breitesten Oeffentlichkeit einen so tilindustrie sowie für die Erzeugung von Bellus du striezweige erfolgt, eine Sicherung sympathischen Widerhall gefunden, wie der Vor­lose beschlossen. Damit ist einer der Forderungen gegen individuellen Mißbrauch erzielt und damit schlag des Subkomitees des Ernährungsauss Rechnung getragen, welche die deutsche sozial- gleichzeitig auch ein Stück Ordnung in unseren schusses, den Zuckerpreis um etwa 1.40 pro demokratische Partei zusammen mit den Gewerk- Export hineingebracht. Kilogramm herabzusetzen. Dieser Beschluß fam schaften in einem dem Ministerpräsidenten seiner- Das Finanzministerium gewährte schon bis auf Grund einer großen Zahl von wohlbegrün­zeit überreichten Memorandum aufgestellt hat her Erleichterungen in der Transport, Kohlen- deten Petitionen zustande, welche aus den vers und denen u. a. noch am vergangenen Montag und Umsatzsteuer, die auf exportierte Waren entschiedensten Bevölkerungskreisen dem Parlamente unsere Keramarbeiter auf ihrer machtvollen Mas fielen, und zwar der Zuckerindustrie, Glas-, Bor- unterbreitet worden sind. Das Petitionsrecht ist Deutsche Vorsprache nifestation in Karlsbad Ausdrud verlieben. zellan-, Zelluloseindustrie, dem Export von Malz. in der Verfassung veranfert und es gibt auch dem Mittwoch Nach der Devalvation im Oktober, nad, der Bichorie und Textilwaren in den Jahren 1931, einfachen Bürger die Möglichkeit, seine Wünsche Freigabe eines Teiles der Einfuhr im Dezember, 1932 und 1933. bor die geseßgebenden Körperschaften zu bringen. Sweds erhöhter Exportförderung wird die Freilich war es bisher selten der Fall, daß Pes Vertreter der Verständigungs- Partelen sind die Erleichterungen für die genannten Er­portindustrien der dritte Schritt auf der Regierung nunmehr die Refundation der Trans- titionen eine so eingehende Behandlung erfahren zu Dr Hodža Wege zur Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit portftener der Porzellan und Ton hätten. Vielfach handelt es sich um belanglose unserer Exportindustrie. warenindustrie, der Glasindustrie, der Eingaben, die in den zuständigen Parlaments Textilindustrie und der Emailblechinduſtrie, und zwar vom Jahre 1934 ab bis e in

Prag . Ueber Einladung des Ministerprä­fidenten Dr. Hodža haben die drei deutschen

Regierungsparteien ihre nationalpolitischen For­berungen in einem gemeinsamen Memorandum zufammengefaßt, welches als Grundlage einge­hender Verhandlungen dienen foll.

Nach gründlichen Borarbeiten durch die be­teiligten Parteien wurden die Vorschläge ver­einheitlicht und zur Ueberreichung fertiggestellt. Zu diesem Zwecke soll nächste Woche eine Vorsprache der Vertreter der drei deutschen Ver­ständigungs- Parteien beim Vorsitzenden der Me­gierung stattfinden. Entgegen anderslautenden Breffeberichten hören wir, daß diefer Empfans borausfchtlich Mittwoch stattfinden wird.

Madrider Arbeiterviertel bombardiert

Madrid . Samstag gegen Mittag wurde das Arbeiterviertel Puente Vallecias von der Ar­tillerie der Aufständischen eine Stunde lang un gewöhnlich heftig bombardiert. Das Bombarde­ment war der stärkste Artillerieangriff feit Be­ginn des Bürgerkrieges. In der Umgebung der Ballecas- Brücke wurden einige Häuser bem Erd­boden gleichgemacht. Bisher wurden fünf Tote und neun Verletzte gemeldet.

mit:

Das Marine- und Flugministerium teilt

Regierungsflugzeuge haben 24 Bomben auf bie Stellungen der Aufständischen bei Getafe abgeworfen, worauf fie elf Flugzeuge der Auf­ständischen auf dem Flugplay beschossen. Weiter wurden die Linien der Aufständischen bei Ter­ruel bombardiert. Republikanische zweimotorige Flugzeuge beschoffen Cadix, wo zahlreiche Schiffe der Aufständischen versammelt waren, von benen eins untergegangen ist. Sämt­liche Flugzeuge sind ohne Unfall nach ihrer Basis zurückgekehrt.

An der andalusischen Front bei Andujara herrscht Nuhe, die von den Republikanern zur Bes festigung ihrer Stellungen ausgenügt wird. Die Milizionäre erblickten an diesem Abschnitt am Samstag zum erstenmal Flugzeuge der Aufstan­dischen neuen Typs mithafentreuzen an den Flügeln.

Samstag vormittags unternahmen aufitän­dische Flugzeuge einen Anflug auf Malaga , wur den aber von Regierungsfliegern vertrieben. Auf der Flucht warfen sie Bomben ab, wobei einige Personen getötet wurden.

Die Maßnahmen der Regierung haben eine nicht geringe Bedeutung, insbesondere für die von Deutschen bewohnten Gebiete, da die Glas-, Porzellan- und Textilindustrie vorwiegend in die sen Landstrichen gelegen ist. Es ist zu hoffen, daß

fhließlich 1938 bewilligen.

malz und Zellulose nicht mehr mit ein Demnach werden jetzt 8uder, Zichorie,

die jüngsten Regierungsmaßnahmen zu einer Erden angeführten Induſtrien wird weiters höhung der Ausfuhr dieser Industrien und damit auf Grund der Gefehesbestimmungen über die zur Erhöhung der Beschäftigung und au weiterer Umsatz- und Luxussteuer auch die Ne fun Abnahme der Arbeitsit der ſudetendeutschen bation der Umfassteuer für die an­Arbeiter führen werden. geführte Periode bewilligt, wobei Rücksicht auf die Ermäßigungen von der Umfassteuer genommen werden muß, welche diesen Industrien bereits burch Befmluft ber Regierung vom 24. April 1988 bewilligt wurden.

Daß die Regierung diesen Beschluß gefaßt hat, ist ein Ergebnis der positiven Politit. it ber heutigen Sozialber motraten, die ihren Einfluß dazu verwenden, um die Lage der sudetendeutschen Arbeiter zu er leichtern, den Arbeitslosen Arbeit und damit Brot zu verschaffen, während die SdP auf den Lorbee­ren ihres Wahlsieges vom Jahre 1935 ruht und ihre Agitatoren in den Versammlungen Phrasen schmettern.

Die Refundierung der Handelssteuern wird durch Ermächtigung der Regierung dem Finanz­ministerium übertragen. Durch die Neuregelung wird es ermöglicht, den entfallenden Steuer­betrag im voraus zu bestimmen und fristge­

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ausschüssen rein formal verhandelt und zumeist dem zuständigen Miniſterium zur ebenso formalen

Erledigung zugewiesen werden. Im gegenständ wohlbegründetes Interesse der konsumierenden lichen Falle aber meldete sich ein elementares und Bevölkerung zu Wort, welche die schon mehrfach urgierte. Diesem verfassungsmäßigen Begehren des Zuckerpreises fonnte sich die unmittelbar apostrophierte Körper­fchaft, in diesem Falle der Ernährungsausschuß des Abgeordnetenhauses, nicht entziehen. Aus dieser Erwägung kam der Ernährungsausschu zum Entschluß, ein Subkomitee zur Prüfung des. Buderpreiſes einzuſeben.

versprochene Ermäßigung

Dieses Subtomitee hat in einer Meihe von Beratungen fleißige und gründliche Arbeit ge­Nach Auffaffung aller Fachleute besteht leistet. Der ziemlich umfangreiche und kompli teine Gefahr, daß diese Maßnahmen vom Aus- zierte Beratungsstoff wurde unter mehrere Spe land als Dumping aufgefaßt werden könnten, da zialreferenten aufgeteilt, die wiederum umfassende es sich nur darum handelt, die Kalkulation Erhebungen pflogen. Kalkulationen verglichen unferer Exportindustrie durch Mückvergütung der und durchrechneten, die Preise und die Ver­Handelssteuern auf dieselbe Basis zu bringen wie brauchsziffern des In- und Auslandes studierten. in den mit uns konkurrierenden Ländern, in denen Die Ergebnisse dieser umfassenden Prüfung des die Steuern, deren Refundierung beschlossen Problems wurden in Berichten niedergelegt, die wurde, zum Teil überhaupt nicht bestehen, zum sodann die Grundlage für die Schlußfolgerungen Teil schon längst ebenfalls wenn auch nicht des Ausschusses bildeten. Es fam auch), mit Aus­immer in derselben Form refundiert werden. nahme eines agrarischen Minoritätsantrages, ein einmütiger Beschluß zustande, was wohl der beste Beweis dafür ist, daß in dem Subfomitee teine demagogische Lizitation betrieben wurde.

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Die Gefährdung der Tschechoslowakei - die Hauptgefahr des Jahres 1937

Borausgesetzt, daß der am Mittwoch zusam­mentretende Ernährungsausschuß dem Beschluß des Subfomitees beitritt, woran faum zu zwei­feln ist, wird im Wege des Parlamentspräsidiums der Gesamtregierung und den zuständigen Ressort­ministern ein entsprechender Bericht zugeleitet werden. Selbstverständlich ist es Sache der zu­Ernährungsausschusses nachzuprüfen, aber wir sind überzeugt, daß sowohl der Standpunkt des Subfomitees, als auch die Referate, auf Grund deren er bezogen wurde, jeder objektiven Nach­prüfung standhalten werden.

rald", N. W. Ewer , schreibt in einem Artikel wendig. Der Außenpolitiker des Daily e- fem Falle, sagt er, ist Verzweiflung nicht not ständigen Regierungsfaktoren, die Auffassung des unter der Ueberschrift: Europa braucht nicht zu verzweifeln" u. a.:

,, Spanien ist nicht die einzige Gefahr. Es gibt andere. Die sichtbarste tatsächlich im Augenblick die einzig fichtbare Gefahr außer der Spanischen ist die Tf chechoslowakei. Deutschland spricht über dieses Land in einer Weise, die auf verdächtige Abfichten fchließen läßt. Wird Deutschland einen plötzlichen Coup rechtfertigen vielleicht einen Aufstand der Sudetendeutschen , der on Freiwilligen" aus Deutschland unterstützt werden foll? Oder wilt es Bündnis zu brechen versuchen? nur auf gewohnte Art das tschechisch- russische

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Auch die Baseler Natonal 3ei tung" befchäftigt sich unter dem Titel: Bol­schewistengefahr und Sudetenfrage" neuerlich an leitender Stelle mit der Hetze gegen die Tschecho- Auch ohne diese bereitwillig geleistete Vor­flowakei und kommt zu der Ansicht, daß diese Sete arbeit stünde die Gesamtregierung vor der Auf­gewiffe besondere Zwecke verfolgen müsse, als gave, zur Frage des Zuckerpreises endlich positiv welche man nur die Entfesselung eines Aufstandes Stellung zu nehmen. Ueber die Sache ist ja schon oder einen Ueberfall auf die Republik ansehen lange genug debattiert und geschrieben worden. könne. In diesem Zufammenhang wird insbeson- Den Zucker- Verbrauchern wurden seit eineinhalb dere auf eine eben in München erschienene Heh- Jahrzehnten die schwersten Opfer aufgebürder, broschüre: 200.000 Sudetendeutsche zu viel!" so daß sie ein unbestreitbares Recht besitzen, zu von Kurt Vorba ch hingewiesen. Dort wird be- erfahren, wem diese Opfer zugute kommen und ob hauptet, der tschechische Humanist" vom Hrad- sie unter den heutigen Umständen noch mit einer schin habe auf die Verföhnungsangebote Henleins volkswirtschaftlichen oder moralischen Berechtigung geantwortet: Bernichtet die Deutschen , fie find gefordert werden können. In dieser Hinsicht be= die Feinde des Friedens". Das Schweizer Blatt leuchteten einige Riffern den ungesunden Zustand spricht die Hoffnung aus, daß die Berliner unserer ganzen Zuckerwirtschaft. Von der Kam­Träume in der Tschechoslowakei so wenig reifen pagne 1929-30 wurden nicht ganz 40 Prozent werden wie in Valencia ober Perpignan. der Gesamterzeugung im Inlande verbraucht und ettva drei Fünftel der Erzeugung mußten erpor­Florenz. Der rumänische Kronpring tiert werden. In der Kampagne 1935-36 Mi cha e 1, der hier mit seiner Mutter, der Prin­drückte sich der Rückgang des Ausfuhranteiles da zessin Helene, zusammentraf, mußte sich an einer rin aus, daß der Inlandsverbrauch bereits 67.28 auf Montag verschoben hiesigen Klinit einer Blinddarm ope­Prozent der Erzeugung aufnahm. Dadurch sind Genf . Die Völkerbundratssitzung, die Sams- die Lasten, die dem Inlandsfonfumenten zur Def ration unterziehen. Es handelte sich um tag nachmittag stattfinden sollte, wurde auf Mon- kung der Exportverluste aufgebürdet worden sind. einen Fall schwerer Entzündung des Wurmfort lag vertagt. Inzwischen finden private Vefpre- zum guten Teil einfach dem Kartell und den ein­fakes mit beginnender Bauchfell. Ever vertritt die Ansicht, daß Europa die chungen über die zwei Hauptfragen statt, über die zelnen Ruckerfabriken in die Kassen geflossen. Nach entzündung. Der chirurgische Eingriff Arlesseefahr überwinden kann, wenn durch Wie noch kein Einvernehmen erzielt worden iſt. Del- einer Berechnung der tschechisch- nationalsoziali berherstellung der Völlerbundsverpflichtungen je bos und Eden beschäftigten sich heute vormittags stischen Abgeordneten Bátková, die dem Subs wurde unverzüglich und zur rechten Zeit vorgeber Angriff zu einem abfchreckenden Mifito für den mit der Danziger Frage Der franzöfifche Unters fomitee vorlag, betrug zuleßt der fährliche Ersatz nommen. Das Befinden des Patienten wurde am Angreifer wird und wenn durch Brüfung aller staatssekretär Biénot und der türkische Außenmis der Exportverluste in der Form inländischer Samstag abends als aufriedenstellend Beschwerben und Vorwürfe die internationale nifter Ruschdy Arras behandelten die Frage von leberpreise und der Steuerrefundierungen des bezeichnet. Atmoſphäre geklärt und beruhigt wird. In die Alexandrette Staates 850 Millionen. Die tatsächlich aus­

Der rumänische Kronprinz schwer erkrankt

unit, vielleicht ber auptgefahren Hier ist, deutlich genug, ein Gefahren puntt von 1937. Zunächst muß Deutschland wieber zu der Erfenntnis gebracht werden und zwar nicht erst in letter Stunde, sondern fofort -baß ein Angriff auf die Tschechoslowakei ein Unternehmen wäre, daß mit dem größten Nifiko für Deutschland verbunden ist und daß das Spiel ben Einsas nicht wert wäre. Zweitens müssen wir ernstlich versuchen, i ebe begründete Befower be ober Befürchtung der Deutschen abanstellen. Es wäre ganz falsch, weil

wir Sitler nicht lieben, alle Befchwerben der Deutfchen mit einer Handbewegung abzutun."

Ratssitzung