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Mittwoch, 26. Mai 1937

Elf Hinrichtungen in Chabarowsk   Gemeinsame Reichsverteidigungs- Kasse

London  . Der Reuter- Korrespondent mel­det aus Moskau  , daß in Chabarowsk   in Ostsibi­rien elf Eisenbahnbeamte hingerichtet wurden, die beschuldigt wurden, Mitglieder einer Bande von Spionen, Saboteuren und Trotzkisten zu sein. Die Behörden erklären, daß die Verurteilten, die in japanischen Diensten standen, sich Sabotageatte auf der Eisenbahn im Fernen Oſten zuſchulden

tommen ließen.

zu werden. Wir gestatten uns zu bemerken, Herr Außenpolitikus, daß die Entwicklung der spani­ schen   Tragödie einen anderen Weg nimmt, als man sich in Berlin   vorstellte, daß die wirklich Großen in der Welt es langsam satt bekommen, sich ewig ins Bockshorn jagen zu lassen und daß Berlin   vielleicht cher als man denft, gezwungen sein wird, klein beizugeben, wohl zum Nachteile seiner Machthaber, aber sehr zum Vorteile des deutschen   Volkes. Dessen Heil liegt nicht in der Rolle des gefährlichen Narren, die Hitler ihm aufzwang, dessen Heil liegt in der Einordnung in die friedliche europäische   Wölfergemeinschaft, nicht im Strampf um Autartie, sondern im fried­lichen Warenaustausche in einer befriedeten Welt, so wie 1925 bis 1929 begonnen wurde. Damals

Ein australischer Vorschlag

London  . Die australische Delegation bei der letzten Sitzung der Reichskonferenz den Vor­der Britischen   Reichskonferenz, die mit ihrem schlag, das gesamte Verteidigungsprogramm Plan eines pazifistischen Nichtangriffspaktes Großbritanniens   aus einer gemeinfa­eigene Wege beschritten hat, tritt auch bei der men kaffa zu finanzieren, zu der jedes Do­Erörterung der Verteidigungsfragen mit felb- minion beizutragen habe. In den nächsten Sit­ständigen Ideen in den Vordergrund. Der austra- zungen wird die Neichskonferenz die Nüstungs­lische Verteidigungsminister Barkhill machte in programme der einzelnen Dominien erörtern.

Goebbels von Franco geschlagen In der Verdrehung der Wahrheit

Streik der Hafenarbeiter belgelegt

In einem amtlichen Kommuniqué Francos Paris. Der bereits zwei Tage dauernde heißt es: Die wiederholte Bombardierung der Streit der französischen   Hafenarbeiter wurde Bivilbevölkerung in der von der Kampffront ent- Dienstag abends nach einer Unterredung des fernten nationalistischen Zone, durch die in den Ministerpräsidenten BI um und des Unterstaats­letzten Tagen allein mehr als 300 Personen ge- sekretärs der Handelsmarine mit den Delegierten tötet und etwa 500 verletzt wurden, zwingt uns, der Streifenden beendet. Die Arbeitervertreter die energiſcheſten Bergeltungsbersprachen, daß sie das Arbitrageverfahren an­maßnahmen zu ergreifen.

Henkersarbelt in aller Stille Am Dienstag, den 25. Mai wurde, wie die hätte man z. B. das Geld für Heliumgasfüllung Union für Recht und Freiheit" erfährt, der 29­ohne Schwierigkeiten aufgebracht, erst das Er- jährige Otto Kropp aus Köln   wegen angeb= wachen" mußte kommen, um mehr als 60 Men- lichen Hochverrats hingerichtet. Seine Verurtei schen auf grauenvolle Art in den Todesschlaf zu schicken. Man spielt mit falschen Karten, wenn

man sich zu erklären erkühnt, für ein gutnachbar­liches Verhältnis zwischen dem Deutschen   Reiche

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lung, die am 15. Jänner erfolgte, ist ebenso, wie das gesamte Prozeßverfahren, der Deffentlichkeit nicht bekanntgegeben worden. Erst nachdem der von der Vollſtredung eines Tobesurteils, deſſen Henker sein Amt verrichtet hat, erfährt die Welt Fragwürdigkeit die Heimlichkeit des ganzen Ber­fahrens am Klarsten enthüllt.

Deutscher   Protest beim Vatikan?

Kreisen hört, hat Botschafter von Bergen wegen Berlin  . Wie man in hiesigen politischen

der

Mundelein in Chicago   im Auftrage der Reichs­Ausführungen des Kardinal- Erzbischofs regierung beim Vatikan   Vorstellungen erhoben.

Papen wleder in Wien Wien  

. Dienstag früh kehrte Botschafter von Papen nach Wien   zurück und übernahm die Lei­tung der deutschen   Gesandtschaft. Die Wiener Neuesten Nachrichten" behaupten, daß von Papen in den letzten Tagen mit Hitler in Berchtesgaden  Beratungen gepflogen hat. Es sei nicht wahr, daß Papen seine Demission angeboten habe.

und unserem Staate ſei die Erfüllung der SdP Forderungen Voraussetzung. Das kann die tſche chische Reaktion billiger haben. Sie müßte nur antibolschewvistische Politik machen, d. H. Ivie= der in gemeinverständliches Deutsch übersetzt die friedensfeindliche Politik des Faschismus, der wahrhaft internationalsten Erscheinung unserer Zeit. Dann wäre Berlin   das Schicksal des Sude­tendeutschtums ebenso Wurst wie das der Süd­ tiroler   und der polnischen Deutschen  . Kein Zwei­fel, daß solche Dinge den Herren Führungsrats­mitgliedern wohl bekannt sind und darum ist ihr Versuch, aus dem sudetendeutschen   Volke ein In­strument und ein Objekt der Berliner   Außenpoli tit zugleich zu machen, Volksverrat. Das Drittel Sudetendeutscher, das am 19. Mai 1935 nicht mitgemacht hat, wird dafür sorgen, daß di wahrhaft antinationalen Pläne der SdP scheis tern. Wir haben keine Lust, das nationale Schick sal unseres Volksstammes von der Stärke der Bajonette europäischer Machtgruppen abhängig zu machen. Wir wissen, daß wir uns trop dem Geschrei der Dynamiker" auf der richtigen Linie befinden. Nicht Lord Rothermere   in London  , des­sen antideutsche Greuelmärchen aus dem Kriege wir beispielsweise noch nicht vergessen haben. nicht die Gleichschalter Berlins  , nicht Franco, der Mörder ſeines eigenen Landes, nicht die Beherrs scher Italiens  , nicht die Schlachzizen Polens  , nicht die Gangſterbanden, die überall die großen Geier des Kapitalismus als Faschisten in aller leifarbigen Hemden ausstaffieren, werden das Antlitz der Zukunft formen. Das werden die gro ßen Demokratien der Welt tun, der Sozialist Léon Blum  , der Sozialreformer Roosevelt   und die englische Demokratie und die Sowjetunion   Santander. Das britische   Schiff Stan werden ein Wörtchen mitreden.. Unser Voll darf court" ist mit einer Lebensmittelladung in nicht die letzte Karte Berlins   werden, die der Santander eingetroffen. Das Schiff hat bereits Hasardeur immer bedenkenlos ausspielt, dafür ist zum dritten Male die Blockade durch­es uns zu gut! C. R. S.| brochen.

JUNGES WEIB

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VERONIKA

ROMAN VON MARIA GLEIT  

Prinz Pavle in Paris Paris  

. Der jugoslawische Prinzregent Pavle ist Dienstag abends, von London   tommend, in Paris   angekommen, wo er sich einige Tage auf­halten wird. Prinz Pavle wird in Abwesenheit des Außenministers Delbos mit Ministerpräsidenten Blum und führenden Persönlichkeiten des Außen­ministeriums sowie Repräsentanten des französi­schen politischen Lebens Unterredungen haben.

Auch eine Blockade"

eigentlich, daß ihm alles so gelang, so in den Schoß fiel? Daß er auftauchte aus dem Nichts, die Bahnen eines Anderen kreuzte und wieder zurückfant ins Vergessen, wenn er genug Unheil angestiftet hatte? Ich kenne ihn nun doch schon, seit ich denken tann", hatte Veronika damals ge= ſagt, ich bin mit ihm zuſammen aufgewachsen und nun ist er wiedergekommen..." Und nun ist er wiedergekommen. Das sollte alles erklären. Wiedergekommen. Und alles andere mußte zurück­weichen vor ihm...

nehmen und Mittwoch früh die Arbeit wieder aufnehmen werden. In Le Havre  , wvo 3000 Ar­beiter streiften, waren mehr als 50 Dampfer, in Marsaille 72 Schiffe, darunter auch drei große Ueberseedampfer, zur Untätigkeit verurteilt, Auch die Musiker streiklustig

und des Pariser Kreises beschlossen, Samstag Paris  . Die organisierten Musiker von Paris  mittags einen Generalstreik der Musiker in Arbeitenministerium nicht seine fürzliche Ent­Frankreich zu proklamieren, wenn bis dahin das schließung abändert, derzufolge ausländische Mu­siter in einige Orchester Frankreichs   im Verhält­nis von 30 bis 40 Prozent aufgenommen werden Dürfen. Der Standpunkt des Arbeitenministeriums gegenüber diesem Verhalten der organisierten Musiker iſt bisher nicht bekannt.

Lob der Freiheit und

Nr. 122

Verträglichkeit

Unter diesem Titel veröffentlicht Dr. Karel Křiž im Právo Lidu" einen Artikel im An­schluß an die Tagung der Agrarjugend in Prag  , zu der er einige interessante Bemerkungen macht:

Die erfolgreichen Kongresse und Umzüge der Katholiken, Legionäre, der sozialistischen   Parteien und der agrarischen Jugend find nichts anderes als ein Lob der Freiheit, aus welcher die Verträglich­feit erfließt. Das sind angenehme und segens= reiche Früchte des demokratischen Regimes bei uns. Die Rede des Vorsitzenden der Agrarpartei Beran, der sagte, daß die Agrarpartei den Weg der Demokratie gehen und daß jeder niedergeschla= gen werde, der auf die Grundsteine der demokra­tischen Freiheiten bei uns greifen würde, ebenso wie das Versprechen des Vorſizenden der agrari­schen Jugend Lednický, der Demokratie und Republit treu zu bleiben, haben stürmischen Bei­fall nicht nur bei den Manifestanten, sondern auch bei den Prager   Zuschauern gefunden. Ein be= zeichnender und lehrreicher Beifall

Daraus tann man die Erkenntnis folgern, daß Prag   jede Kundgebung, auch wenn sie die größten Anforderungen an ihre Gastfreundschaft stellt, freundlich aufnimmt, wenn es sich um eine rein demokratische, nicht agreſſive, versöhnliche Kundgebung handelt, und wenn sie eine Stärkung der Republik   bedeutet. Deswegen wurde der Um­den er errang. Es ist dies ein Beweis dafür, zug der agrarischen Jugend sympathisch begrüßt und deswegen wurde ihm der Erfolg gewünscht, gefunden politischen Verſtand hat. Gerade dess daß unsere Nation politische Fähigkeiten und einen wegen trifft sie es, sich zu regieren und versteht so gut das, was ihr von Nußen ist. Wir sind eine Nation, die weiß, daß ihre staatliche und natio­nale Freiheit auf Leben und Tod mit den Frei­heiten jedes ihrer Angehörigen verbunden ist. Nur jener, der der Freiheit wert ist, schäßt die Frei­heit der anderen, ohne welche die Nation nicht Nation sein könnte.

Tschechoslowakische Kanonen für Aegypten  ? Der Präsident der Republik   empfing am Der Korrespondent der Agence Havas in Kairo   Dienstag den rumänischen Minister für das Genos­teilt mit, daß das ägyptische Kriegsministerium senschaftswesen M. Ne g ur a, ferner den Deputier­bei der Vergebung seiner Waffenbestellungen, ten und ehemaligen Unterstaatssekretär im franzö insbesondere der Bestellungen für Geschüße und fischen Innenministerium A. Beauguitte und den Gewehre auf Schwierigkeiten stoße. Er teilt fer- Vorsitzenden der ner mit, daß die ägyptische Regierung, von der Gruppe in der französischen   Kammer A. Le Ball und französisch- tschechoslowakischen Tschechoslowakei ein Angebot auf die Lieferung hierauf den Vizepräsidenten des Außenausschusses von 600 Geschüßen nach britischem Muster erhalder französischen   Deputiertenkammer A. Pezet ten habe. Auch die Annahme dieses Offertes stoße und sodann den deutschen   Oberstjägermeister Scher­auf Schwierigkeiten, da Aegypten   nach dem bri- ping, den der deutsche   Gesandte Dr. Eisenlohr beim tisch  - ägyptischen Vertrag sein Kriegsmaterial aus Bräsidenten einführte. Schließlich empfing der Prä­schließlich in England einkaufen müsse. Das ägyp

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tische Kriegsministerium hat sich mit der briti- ſident eine Deputation der Zentrale der tschechoslo­schen Regierung ins Einvernehmen gesetzt und wakischen katholischen Studentenschaft und Vertreter des Vereins katholischer Akademiker ,, Moravan" in verhandelt über das tschechoslowakische Offert so­wie über einige fürzlich erfolgte Angebote fran- dent und seine Gemahlin für die Teilnehmer an der Brünn  . Nachmittags veranstalteten der Präsi zösischer Gesellschaften, welche verschiedene Waf­fenbestellungen ausführen wollten. Das ägyp- Tagung des Internationalen Jägerrates eine Garden tische Kriegsministerium beabsichtigt, für die Mi- Party im Schloßgarten ,, Na Valech", zu welcher eine litärluftfahrt einen Betrag von 14.000 Pfund Reihe von Ausländern, Diplomaten und tschechoslo­Sterling freizumachen. watischen Repräsentanten des Jagdwesens eingeladen

Es kriselt um Kaganowitsch. Aus Mostau wird gemeldet, daß der Stellvertreter des Eisen­bahnkommissars Alexander P o st nito v bon seiner Funktion abberufen und ihm ein anderes Ressort zugeteilt wurde. An seine Stelle wird wahrscheinlich der Direktor der Lokomotivabtei­lung Toropčew treten. Postnikov galt als die rechte Hand K a ganowitschs.

Ivaren.

Der jugoslawische Kriegsminister Armec­general Marič besichtigte mit dem Minister für Nationalberteidigung Machnik am Dienstag vormittags das Militärlager von Milovice  , wo er Uebungen zusah, an denen Infanterie, Artil­lerie, Flieger, Kavallerie und Stampfwagen teil­nahmen. Anwesend waren auch die führenden Ne­I präsentanten der tschechoslowakischen Armee.

fort...", sagte er. Erstaunt sah sie ihn an, denn| Hügelhaus hinaneilte. Sie hatte ihn in den Mie­sie begriff die Wandlung nicht, die in ihm vor- nen der Mutter gespürt und aus der unheilvollen gegangen war. Stille der Räume geahnt, mit lähmendem Entsetzen hatte sie ihn dann auf dem Schreibtisch liegen sehen und hatte ihn mit bebenden Händen aufgerissen.

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,, Und du? Du vergißt daß ich- je­dagetvesen bin, Camillo?" bat sie.

Er versuchte, ihren Blick in seine Augen zu zwingen, aber er merkte, wie unerreichbar sie war. Wie könnte ich das ie vergessen", sagte er da nur ,,, ich komme übrigens bald nach."

Sie wehrte auf eine gewaltsame Art Hell­wach geworden, diese Worte ab: Nein, nein, ich hab dir ja gesagt, daß es nicht nötig ist, jezt nicht mehr..."

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Sie sah, wie grau sein Gesicht geworden war, wie tief die Augen in den Höhlen lagen, wie unauslöschlich sich diese Nacht ihm aufgeprägt hatte

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Denn wie wohl sollte er es vermögen, wenn Jezt aber war es genug. Jeßt würde und er gleich auf das Dorf und zu der Alten aus dem jetzt sollte es keine Briefe mehr geben. Sie reden Hirschen" ging, wie wohl sollte er vermögen, das im Dorf, und sie drohen mir mit dir, hatte Vero­Gerücht verstummen zu machen, das um diesen Dr. nifa gesagt. Mit ihm? Er hatte ihnen nichts ver­Fleith, an dessen neuen Namen er sich nie ge- raten, er nicht. Etwas anderes mußte geschehen wöhnen konnte, nun schon wieder war? Wie er so nachdachte, nach soviel Groll und sein, das sie auf die Fährte des Landarztes hezte Starre zu menschlichem Fühlen überwältigt durch und mißtrauisch machte, die Leute im Dorf. Der Hausmeister brummelte irgend etwas die Haltung dieser Frau, wußte er zwar, daß es Doch was es auch war: es gefährdete Veronika, im Augenblick wichtiger für sie war, wie ihr und Veronita mußte aus dieser Zone der Gefahr vor sich hin, als die Dame, die am letzten Abend zu Dr. Truckenbrott gewollt hatte, an diesem Mann sich mit allem abfinden würde, das sie ihm gerettet werden, koste es, was es wolle. Sie sollte nicht, umsonst zu ihm gekommen Morgen an der Seite dieses Herrn das Haus ver­nun sagen mußte, und wußte auch, daß sie in dieser Frage allein stand und daß keine Macht der Welt sein. Den Frieden hatte sie ihm abflehen wollen, ließ. Er dachte an den Fremden, der nach der ihr helfen konnte. Das Leben aber würde weiter- er aber würde das Schwert bringen. Versöhnen Dame gefragt hatte und der wie vor den Kopf gehen, wie immer dieser Urteilsspruch auch aus- wollen hatte sie das Unversöhnliche und hatte aus geschlagen hinweggetaumelt war, und er ver­fiele, und es gab nichts Notwendigeres, begriff einem Hassenden einen Menschen gemacht, einen zog vielsagend das Gesicht. Truckenbrott, als dieses geplagte und zersorgte Menschen aber, der entschlossen war, seine For­Leben der Veronita endlich in eine Nuhe kommen derungen zu erheben und abzurechnen, Auge in Auge, Zahn um Zahn. Nicht mehr, weil er ihn zu lassen. 8 nicht ertrug, Dicht und dichter wurde der Qualm. Sie vernichten wollte, sondern weil er er es hüstelte im Schlaf. Truckenbrott öffnete vorsich daß Veronikas Liebe einem Manne gehörte, der tig das Fenster. ,, Bist du das?" flüsterte Bero- sich selbst und seine eigene Tat verleugnete. nita aus ihrem Traum, und die Seligkeit dieser Veronika bewegte sich. Sie war wohl auf­Frage zerschnitt ihm das Herz. Er tam um dies getvacht von dem Geräusch der Straße, das mit sen Menschen, diesen Seligkeit war sie das

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Und nun war es zu spät.

Und es war, als ob alles erstarre: die Land­schaft, der See, das eigene Blut. Nicht einmal das Kind konnte sie zum Leben rühren, sogar das Kind war fortgerückt in dieses große Nichts. ,, Nimm es doch nicht so schwer, Veronika",

Es war zu spät. Und das war das einzige, an das sie nicht hatte glauben wollen, daß er gegangen war, che sie ihm alles gesagt hatte.

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Sie war darauf gefaßt gewesen, daß er unter der Wahrheit zusammenbrechen und dann vielleicht gehen würde, auch darauf, daß er sie aus dem Hause weisen würde, hatte sie es denn anders verdient? Nur, daß es zu spät sein tönnte, daß er sie verlassen würde, ohne sie ange­hört zu haben daß er fort war, fort, fort, im Ungewissen verschwunden, aufgesaugt von der Erde, frei, ohne Biel  , ins Elend fort, das be­griff sie nicht.

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Wie sie gekommen war, stand sie noch da, den Brief in der Hand, den Mantel im Arm, das Haar noch zerzaust von der Fahrt über den See, mit toten Augen aus dem Fenster starrend.

Herum. Mit der Fleith, nun einmal nicht dem beginnenden Morgen durch das Fenster drang. bat die Mutter,..er wird schon wiederkommen". haftiger, ein wirrer, ein in der Verzweiflung von

Die Mutter ging unschlüssig herum, das Rond trippelte über den Flur und lief in den Garten es war ein fröhliches Kind, es lachte und es haschte nach den Schmetterlingen irgendein Kind war es, ein heller, lichter, sprü hend beweglicher Punkt in der unbewegten Landschaft, ohne eine Beziehung zu ihr, einer Frau, die verlassen worden war von ihrem Mann. Der Brief fiel auf die Erde, die Mutter hob ihn auf. Es war kein langer Brief, aber ein ,, Ach, du bist es?" lächelte sie enttäuscht, und der Knabe hing an ihrem Rock und streckte einem Verzweifelten geschriebener, und sie las mals aus der Kirche gegangen, und er, Professor von einem Traume trunken, als er näher tam. seine Aermchen nach ihr aus. Veronika jedoch sah ihn nicht. Sie legte ihn nur wieder auf den Tisch; vorsichtig, als verbrenne er ihr die Fin­Truckenbrott, hatte auf der hintersten Bant ge- Ich dachte... mir war... als wäre ich..." nur den Brief. sessen, ein Bettler nur und weniger als das, der Und dann, hastig, erschrocken, aus der Vergessen- Sie hatte ihn gesehen als sie in die Türe ger, schob sie ihn an Veronita netbe, die nun sich mit verbissenem Neid auf den im Vollbesiß beit des Schlafs emporgejagt: Um Gottes wil- trat. Vorher hatte sie ihn gesehen, lange vorher den Mantel fallen ließ und sich mit ſeiden Hän­bes Glückes schwelgenden Nebenbuhler verkroch. len, ich muß fort!" schon, in den Gesichtern der Leute vom Dorf, als den, den Oberkörper wie lauschend vorgebeugt, Wer war denn dieser Kerl Wer war er Ja, du mußt fort, Veronika, du mußt wohl sie aus dem Dampfer stieg und den Weg zum auf die Schreibtischplatte stüßte. Forts. folgt.

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