Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik
Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 70 Heller
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17. Jahrgang
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Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag Donnerstag, 3. Juni 1937
Verschärfte Kontrolle
durch internationale Blockadeflotte? London . Die politischen Fühlungnahmen organisieren, daß Sitten nicht Wurzel faffen kön= zwischen den Kabinetten der Großmächte über die nen, wie sie Deutschland und Italien einführen Bereinigung der spanischen Zwischenfälle und die wollen. Vor allem seien Garantien gegen die angestrebte Verstärkung des Nichtinterventions- mutwillige Ueberschreitung des internationalen Systems dauern an, ohne allerdings bisher sicht- Rechts notwendig. bare Erfolge gebracht zu haben. London steht ständig mit Paris und mit den außenpolitischen Vertretungen in Berlin und in Rom in Verbindung und man glaubt, in einigen. Tagen zu einer Formel für eine neue Zusammenarbeit mit Deutschland und Italien im Nahmen des Nichteinmischungs- Ausschusses zu gelangen.
Die gegenwärtigen Pläne scheinen sich in folgendem Rahmen zu bewegen: 1. Die Seekontrolle foll einheit lich gestaltet werden, indem an Stelle der nach Ländern getrennten Ueberwachungszonen eine einheitliche internationale Ueberwachungszone gefchaffen wird.
neutrale Ankerplähe
gefchaffen werben und weiter sollen die Stoutions fchiffe angewiefen werden, im Bedarfsfalle den Hafen von Gibraltar oder jeweils einen italienischen oder franzöſiſchen Hafen, keinesfalls aber irgendeinen spanischen Hafen anzulaufen.
3. Es wird eine systematische gegenseitige Unterstützung aller Kontrollmächte erwogen.
4. Die Regierung in Valencia und die Franco- Regierung sollen Erklärungen abgeben, in denen fie fich verpflichten würden, in Zukunft alle Zwischenfälle zu vermeiden.
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Paris . Meldungen aus glaubhafter Quelle zufolge stellen Deutschland und Italien folgende Bedingungen für die Rückkehr in den Nichteinmischungsausschuß:
Berwirklichung einer tatsächlich wirksamen internationalen Kontrolle, Verwirklichung der baldigen Abberufung aller fremden Freiwilligen aus Spanien , gemeinsame Verhandlungen über die Möglichkeiten der Herbeiführung eines Waffenfriedens in Spanien . Die Regierung von Va lencia soll ihrerseits bereits die Zustimmung zur Errichtung neutraler Zonen gegeben haben, welche fie streng zu respektieren zugesagt hat.
Der ehemalige spanische Außenminister del Bayo, der gegenwärtig der Hauptdelegierte Spaniens beim Völkerbunde ist, traf in Paris ein und wird sich etwa eine Woche dort aufhalten. Er wird u. a. mit dem Ministerpräsidenten Blum und mit dem Außenminister Delbos ansammentreffen. Diese Konferenzen würden aber erst nach dem allgemeinen diplomatischen Meinungsaustausch zwischen Paris , London , Berlin und Nom stattfinden.
Intervenieren?
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Kampf hinter den Kulissen Paris . Die Pariser Presse beschäftigt sich weiter mit den möglichen Folgen des Bombarde ments von Almeria . Populaire" hebt anertennend den guten Willen der Regierungen von England, Frankreich , Sowjetrußland und USA hervor und fügt hinzu: Zu einer dauernden Sicherung des Friedens müßte sich Europa so
In einem römischen Bericht sagt i ga ro", daß die italienischen Schiffe den Besehl erhielten, in den spanischen Gewässern zu bleiben. Sie werden hier, wie es heißt, die Bewegungen der Handelsschiffe beobachten und den Schmuggel= verkehr von Kriegsmaterial verhindern.
" Journal" teilt in einem Bericht des Berliner Korrespondenten mit, die deutsche Presse sei der Auffassuno, daß jeßt General Franco in drei oder vier Wochen die Frage e n t scheiden werde, wer in Spanien herrsche. Die deutschen Blätter stellen in Abrede, daß Deutschland mit seinen Freiwilligen und mit seinem Striegsmaterial hiezu beitragen wolle.
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Der gleiche Korrespondent erklärt, witglied der Reimsregierung im Kabinettsrat verlangt habe, daß Deutschland einige Regimenter gegen die ValenciaBanditen" entfende, wogegen fich der Außenminister Neurath scharf gestellt habe, dem es auch schließlich gelungen sei, den Reichsfanzler für sich zu gewinnen.
Teilgefechte
Aus dem Inhalt:
im Mai um ein Sechstel gesunken
Der Kampf der Glasarbeiter Die SdP
verrät die Streikenden
Verpflegskosten
Eintreibung soll liberaler werden
Aus Henleins Wahlküche
Vernichtendes Urteil
Nr. 129
Ein Memorandum der Industriellen Schlußfolgerung: Herstellung verfassungsmäßiger Zustände notwendig
Die„ Basler Nationalzeitung", eine der besten in deutscher Sprache erscheinenden Zeitungen, veröffentlicht einen Artikel, in welchem es Mitteilung von einer Denkschrift deutscher Industrieller. macht, deren Inhalt in ganz Europa Beachtung finden wird, weil darin die deutsche Industrie eine vernichtende Kritik an den deutschen Wirtschaftszuständen übt. Wir empfinden zu den Verfaffern des Memorandums keine Sympathie: die deutsche Schwerindustrie, aus deren Kreisen die Dentschrift stammt, war stets der geschworene Feind der Arbeiterklasse und sie hat eben deswegen dazu beigetragen, Hitler in den Sattel zu setzen. Um so wertvoller ist die Kritit, welche die einsti gen Bewunderer des Dritten Reiches üben. Wir geben nachstehend einiges aus dem zitierten Artikel wieder:
Vor uns liegt ein„ Memorandum", acht eng in Deutschland überhaupt nicht zu gewinnen. gedruckte Seiten in Maschinenschrift einer aus be- Noch enger sind die Grenzen für ſynthetischer greiflichen Gründen mit Namen nicht zu nennen- Gummi gezogen: 10 bis 15 Prozent des Bedarfs den sehr großen Wirtschaftsgruppe von Millionen von etwva 65.000 Tonnen. Die Rohstoffvajis Mitgliedern, die vom Dritten Reich einst am mei- für die Textilindustrie umfaßt Kunstseide und sten erwartete und somit auch am meisten begei- Stapelfaser. Für beide Rohstoffe ist der Urwar. Begeisterung vergangen. sprungsstoff Holz entscheidend. Selbst eine Ver Berteis: Diele Denfishift, bie aim deutſchen otuin poppelung, bon produktionsstätten und Raubbau durch die Wehrwirtschaft" und nationalsoziali am deutschen Wald könnten den Bedarf nur zu stische Wirtschaft überhaupt schärfste Kritit übt. Kaum 50 Prozent an Zellulose decken." „ Das Manto in der Rohstoffbasis beträgt 40 bis 60 und das Manto in der Ernährungsbasis für Mensch und Tier 25 bis 30 Prozent". Es fehlen aber auch auf der inneren Wirtschaftslinie ausreichende Arbeitsmöglichkeiten.
Eine vollgültige, d. h. produktive Wirtschafts
Straft staatlicher Zwangskonjunktur beträgt die Zahl der Beſchäftigten( laut Denkschrift) 72 Prozent der vorhandenen Arbeitskräfte. Der finanzielle Träger dieses Arbeitsaufschwunges ist. größtenteils das Reich. Sein Einsatz beträgt in Schabwechseln und Banttrediten vielfältigster Art
Sendestation„ Union Radio"" berbreiteten abget fetzt einen 10 bis 12 Milliardenexport etiva 25 Milliarden. Zu den Sonderaufträgen deutscher Waren. ant dem Weltmarkt vpraus. des Staates tamen die normalen Aufwendungen lichen Kommuniqué heißt es: An der Madrider Der heutige Ervortwert. erreicht aber nur vier der öffentlichen Hand, überwiegend gebedt aus Front wurde in der Nacht auf Mittwoch ein AnMilliarden, oder 6 bis 8 Prozent des inner- den Steuererträgen, sowie die aus eigenen Mitgriff der Aufständischen bei der Franzosenbrücke wirtschaftlichen Arbeitsganges gegen 20 bis teln aufgebrachten Investitionen der privaten und im Westpark zurückgeschlagen. Im Jarama- 25 Prozent in der Zeit internationaler Hoch- Unternehmerschaft: Für die Jahre 1933 bis 1936 fonjunktur." Abschnitt eroberten die Regierungstruppen neue alles in allem etiva 35 bis 40 Milliarden! Aber. Positionen. Der Feind mußte den Rückzug an- Dieſe drei Abhängigkeiten der deutschen Wirt- so heißt dann das Urteil,„ im ganzen bewertet, iſt treten und ließ zahlreiche Tote auf dem Kampf- schaft", so folgert unser Memorandum.„ kann diese Staatskonjunktur nur ein Substanzver= plaz zurück.
teine staatliche Investitionsfonjunktur beseitigen, General Miaja erklärte Dienstag abends weil die eigenen Wirtschaftskräfte des Landes Journalisten gegenüber: Der zähe Stampf nimmt niemals ausreichen werden". Die Dentschrift gibt seinen Fortgang. Wir haben uns gestern der vor- zwar zu, daß die Produktionssteigerung an Erdersten Gräben bemächtigt, welche die Aufstän- fasstoffen( Görings sog. Vierjahresplan) bis zu dischen beim Walde von Balsain errichtet haben. einem gewissen Grad möglich sei, und zwar in den Unsere Truppen haben das Erdgeschoß des nächsten zwei bis vier Jahren bis zu 70 Prozent Königspalais in Lagranja beseßt, mußten es je- des Gesamtbedarfs an Zint, 45 Prozent an Blei, doch wieder verlassen, um dem Maschinengewehr- 15 Prozent an Stupfer. Andere Erze, bzw. feuer der Aufständischen zu entgehen. Metalle wie Zinn, Nickel, Chrom, Wolfram sind
kaum mehr aufzuhalten
brauch.
Es müssen steigend Kapitalien und Materialreserven des Landes, sowie billige menschliche Arbeitsfräfte für unproduktive( militärischel) Investitionen und Beschäftigungen eingesetzt werden. Hiermit wachsen die bisherigen Lasten und Gefahren unaufhaltsam weiter. Die innere und äußere Lage Deutschlands aber erzwingt diese Linie." In solcher scheinbar auswegloser Situation sicht die bewußte Wirtschaftsgruppe nur eine Rettung: Die ehrliche Bilanz.
Eine Bilanz! Dazu gehörte endlich auch ein Budget.
" In Deutschland aber gibt es kein Budget!" Freilich fehlt die Möglichkeit, eines aufzustellen: Ein Militäretat ist unbekannt. Ueber die Summen, die der Aufbau von Armee, Flotte und Luftwaffe verschlingen, besteht keine Kontrolle.„ Nicmand fennt den Stand der Aufrüstung heute und Rom deckt den Kardinal Mundelein noch viel weniger ihre notwendige Größe." Gar Stadt des Vatikans.( Havas) Nom. Nach den ersten Eindrücken, die man nicht zu erfassen ist endlich die Zahl derer, die Die berufenen vatikanischen Kreise blicken mit der an kompetenten vatikanischen Stellen erlangen das Hitlersystem in den Gemeinden, in den Längrößten Ruhe auf die gegenwärtige Entwicklung fonnte, wird es nach der deutschen Note wahr- dern, im Reich, auf den tausend und abertausend der Beziehungen zwischen dem Deutschen Reiche scheinlich, daß es zur Aufhebung der diplomati- Posten und Pöstchen der Partei als höchst interund dem Hl. Stuhl. Wie in diesen Kreisen verdes Batitans tommt. Im Vatikan wird jedoch be-" Ordnung" im Notfall an die Staatskrippe be= schen Beziehungen zwischen Berlin und der Stadt essierte Nußnießer und Verteidiger der neuen sichert wird, habe der päpstliche Nuntius in Berhauptet, daß von dort aus die Initiative hiezu förderte.„ Der heutige Umfang des gesamten lin, Msgr. Orsenigo, niemals Instruktionen für nicht kommen werde. Staatsbeamten- und Sachverwaltungsapparates seine Abberufung erhalten. Wenn Berlin behauptet, daß der deutsche Botschafter von Bergen legenheit der Rede des Kardinals Mundelein wird Zu dem Standpunkt des Vatikans in Ange- ist nur vergleichsweise erfaßbar. Früher kamen auf zwölf produktive Staatsnicht mehr mehr auf seinem Posten beim Vatikan erklärt, daß der Vatikan gegen Mundelein nicht bürger ein konsumierender Verwaltungsmann, zurückkehren wird, wird der Vatikan diese Ini- einschreiten könne, da seine Ansichten der Lehre heute einer schon auf acht. tiative vollständig unbeachtet lassen und keine der Kirche nicht widersprechen, im Gegenteil, der Die Höhe des persönlichen und sachlichen AufGeste unternehmen, welche die Verantwortung Ausdruck katholischer Anschauung wandes für diese Verwaltungsmaschinerie ist nicht der deutschen Wehrmacht , Generalfeldmarschall auf den Sl. Stuhl abwälzen könnte. Bezüglich über die Spannung zwischen Deutschland und dem erfaßbar. Der Anteil des heutigen Volkseinkom von Blomberg , ist nach kurzem Zwischenaufenthalt der Kundgebung des Kardinals Mundelein Mundeleins anlangt, so sei auch dies die Ange- des Steuerstaates und der Zwangsorganisationen Vatikan waren. Was die formate Seite der Nede mens von 60 Milliarden Reichsmark von seiten in Nom eingetroffen und hat Unterredungen mit hat der Batikan erklärt, daß der Kardinal Tegenheit des Kardinals, da der Vatikan die mit ihren Abgaben dürfte bei 30 bis 35 Prozent Freiheit des Wortes nicht ein liegen" Mit andern Worten: Die Verion gung der Partei durch den Staat kostet das deuts
dem König, mit Muffolini und verschiedenen italie- nach seinem Gewissen im und schränken könne.
nischen Militärs gehabt. Obwohl die Reise Blom- der Freiheit gesprochen hat bergs, der sich eine Woche in Italien aufhalten daß die Kirche ihm nichts vorzuLondon. Dem neuerlichen Protest des Deutsche Volt jährlich mindestens 20 Milliarden. wird, feit längerem geplant war, interessiert fie werfen habe. In der übertriebenen Wichtig schen Reiches beim Vatikan wird in England, be- Die Antlagen in diesem Memorandum" in Westen jest doch vor allem im Zusammenhang feit, welche in Deutschland diesem Zwischenfall sonders in den kirchlichen Kreisen große Aufmerk- einer großen deutschen Wirtschaftsgruppe sind für mit den jüngſten Ereigniſſen. Man ſtellt wieder beigemessen, wird, erblickt der Vatikan einen samkeit entgegengebracht." News Chronicle" mel- das Ausland, nichts Neues. Außerordentlich ist Erwägungen über ein mögliches de ut fchwohlerwogenen Plan, die Atmosphäre an ver- det aus Berlin , daß, falls keine befriedigende Ant- die Warnung nur als Ausdruck ſchärfſten Mißitalienisches Militärbündnis giften. Der Hl. Stuhl werde sich aber nicht zu treffe, die Stonfordatsvereinbar un des Systems. Die Denkschrift bestätigt nur, daß wort auf die deutsche Note aus dem Vatikan ein- trauens fogar einst ganz zuverlässiger Stützen an, hält es aber nicht für wahrscheinlich, daß die beide:. Mächte sich ſo fest aneinander binden. Bei einem derartigen Manöver hergeben. Wie ergen aufgehoben werden würden. Die das deutsche Volt in einen luftleeren Raum Blontberg dürfte nicht zuletzt die Absicht vorwal- flärt wird, hat die deutsche Reaktion, insbeson Morning. Bost" meldet aus. Rom , daß binnen eingesperrt ist, darin es nach und nach ersticken ten, die italienische Armee, die sich in Spanien fo dere die letzte Rede Dr. Goebbels ', das Maß all- nigen Tagen angeblich das gesamte Personal fann. wenig bewährt hat, auf ihren Friepens- Uebungs- anſehr überschritten, und es iſt gerade der Sl. der deutschen Botschaft beim Batilan zurüdgezogen„ Es zeigt sich, daß der Außenhandel der maß
plätzen genauer tennen zu lernen.
Sinhl, der sich verlest fühlen kann.
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werden dürfte.
gebenden Staaten der Welt, seien es Rohstoff