Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen ſozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik
Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 70 Heller
17. Jahrgang
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Telephon 53077 Herausgeber: Siegfried Taub Herausgeber: Siegfried Taub- Berantwortlicher Rebatteur: Karl Kern, Prag
Samstag, 28. August 1937
London beschränkt sich nicht auf bloße Proteste?
London . In britischen Kreisen erregt es großes Befremden, daß die Japaner die angekündigte Untersuchung über den Flugzeugan griff auf den Botschafter Knatchbull- Hugeffen immer noch nicht abgeschlossen haben und daß der Sprecher der japanischen Botschaft in einer offiziellen Erklärung sogar die Möglichkeit offen gelassen habe, daß der Angriff von chin eft. fchen(!) Flugzeugen ausgegangen sei, die die japanische Flagge mißbraucht hätten. Die japa nische Agentur Domei" hatte wieder zu melden gewußt, der Kommandant der britischen Flotte in den chinesischen Gewässern, Vizcadmiral Charles Littt c, habe in einer Unterredung mit dem kommandierenden japanischen Admiral zugegeben, daß der britische Botschafter, da er durch eine gefährliche Zone reiste, durch mangelnde Voraussicht seine Verletzung selbst ver. schuldet habe. Diese Meldung wird in amtlichen britischen Kreifen in kategorischer Weise dementiert. Auch die Behauptung der Japaner, daß der Botschafter die japanischen Militärbehörden von seiner geplanten Neise hätte verständigen sollen, wird in britischen Kreisen als a b furb angesehen.
Der britische Außenminister Eden hatte lange Besprechungen im Außenamt. Nach einer telephonischen Beratung mit dem Ministerpräsidenten Chamberlain, welcher in Schottland weilt, hat Eden am Freitag bereits über die Maßnahmen entschieden, die hinsichtlich des Zwischenfalles getroffen werden sollen. Diese Maßnahmen sind noch nicht bekannt, man nimmt jedoch, wie Neuter meldet, an, daß sich England nicht auf einen bloßen Pro test befchränken werde.
Der britische Schritt in Tokio wird erst voraussichtlich im Laufe der Nacht nach europäischer Zeit, d. i. im Laufe des Samstag nach asiatischer Zeit erfolgen. In White Hall wird erklärt, die britische Auffassung sei, die britischen Interessen in China mit allem Nachdruck zu verteidigen und dafür zu sorgen, daß der dauernden Gefährdung britischen Lebens und Eigentums ein Ende gesetzt werde.
Man läßt durchblicken, daß zwar nicht die bauernde Abberufung des britischen Bot schafters in Tokio geplant ist, was unmöglich erscheint, da dieser sich gerade auf der Reise nach feinem neuen Wirkungsort befindet. Daß aber dieser dahin instruiert werden wird, vorerst feinen Poften nicht anzutreten, scheint nicht außerhalb des Kreises der Wahrfcheinlichkeit zu sein.
Times":
Interessen geführt. Englands Stellung im Fernen) Osten stehe auf dem Spiel.
Der Zustand des Gesandten befriedigend
Shanghai . Die genaue Untersuchung ergab, daß der britische Botschafter Sir Hughes Knatchbull- Hugessen auch eine Verletzung der rechten Niere erlitten hat. Die Blutung hat auf gehört und der allgemeine Gefundheitszustand des Botschafters, der eine befriedigende Nacht verbrachte, hat sich gebessertt. Der japanische Botschafter Kawagoe besuchte ihn im Krankenhaus und sprach ihm die herzlichen Sympa thien" der japanischen Regierung aus.
Der Sprecher der japanischen Botschaft erflärte, daß eine genaue Untersuchung über die Umstände eingeleitet wurde, unter denen es zu der Verletzung des britischen Botschafters kam. Sobald diese Untersuchung beendet sein wird, werde die japanische Regierung alle erforderlichen Schritte unternehmen.
Die fremden Botschafter und einige Gesandte, darunter auch der chinesische Botschafter, sprachen im Foreign Office ihr Beileid über die Verletzung des Botschafters aus. Auch der ameritanische Staatssekretär uII ließ der britischen Regierung sein tiefstes Bedauern sowie seine besten Wünsche für die Gesundung des Botschafs ters aussprechen.
Auch Amerika verlangt Respektierung seiner Interessen Washington.Staatssekretär für Aeuseresul I gab bekannt, daß die Regierung der Bereinigten Staaten die japanische und die chineinternationale Regierungen könnten Teicht gefche Regierung aufmerksam gemacht habe, daß fie vungen fein, riegsähnliche Ma vie Mespeltierung aller ihrer Rechte und InterGewalttat ohne Parallele nahmen zum Schuße gegen Japan zu ergrei- effen im Fernen Often verlange. fen. Von hier zu einem Krieg der Mächte im Die Regierung der Vereinigten Staaten Die Kommentare der englischen Presse, die Fernen Often sei nur ein kleiner Schritt. Die werde die beiden Regierungen für die Schäden ausnahmslos Entrüſtung über den Zwischenfall Offene- Tür- Politik habe vorerst nur zu einer verantwortlich machen, welche die Vereinigten und Besorgnis für die weitere Entwicklung zei- offenen Tür für japanische Staaten oder ihre Staatsangehörigen während gen, variieren sichtlich in dem Bestreben, beruhi- angriffe, nicht aber für die ausländischen der Dauer der Feindseligkeiten erleiden. gend auf jede Aufregung der britischen Deffentlichkeit einzuwirken und andererseits eine große Schärfe der Sprache zu zeigen.
Die Time 8" schreiben in einem offenbar vom britischen Außenamt inspirierten Artikel, cs fei eine Gewalttat ohne Parallele. Selbst wenn es sich bewahrheiten sollte, daß die Japaner in dem britischen Auto den chinesischen Marschall Tf chiangtaisch et vermuteten,
Lönne sie das von der völligen Nichtachtung der Lebensrechte der Zivilbevölkerung in einer weit vom Kriegsschauplas gelegenen Gegend nicht freisprechen. Mit einer Entschuldigung allein fei nicht Genugtuung gegeben. Die Gewalttätigteit gegen den Botschafter unterstreiche die Berwicklungen und die Untragbarkeit der Lage..
Der Evening Standard" wirft in seinem Leitartikel die Frage auf, was im Falle, daß die japanische Antwort auf den britischen Schritt in London nicht voll befries dige, geschehen soll: ob dann die britische Wehrmacht mit der Vergeltung dieses unprovozierten Angriffes auf den Botschafter Großbritanniens befaßt werden wird. Wenn nicht Entschlossenheit dazu vorhanden sei, dann sei es besser, nicht starte Worte zu gebrauchen, die ohne die dahinter stehende Möglichkeit angemesses. ner Handlungen selten Nußen bringen.
Auch der Economist " schreibt in seiner Ausgabe von Samstag, die britische und andere
Zynischer Depeschenwechsel
Italienische Intervention vor aller Welt dokumentiert
Nach dem Fall von Santander geben fich
Franco- Mussolini
Aus dem Inhalt:
Erfolgreiche Lohnbewegungen der Metallarbeiter
Handgreifliche
,, Volksgemeinschaft"
Die Fälscher- Praktiken der ,, Roten Fahne"
Braune ,, Kultur- Attachés"
unerwünscht
Nr. 202
Sabotage des 18. Feber
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t der staatlichen Tabatfabrik in Lands. tron wurden zwölf neue Arbeitskräfte aufgenommen, darunter zwei Deutsche .
Staatspräsident Dr. Beneš hat sich dieser Tage in seiner Troppauer Ansprache erneut zu den Vereinbarungen vom 18. Feber bekannt und deren schrittweise Durchführung in Aussicht gestellt. Diese Kundgebung deckt sich mit den mehrfachen Erklärungen, die in gleicher Sache vom Ministerpräsidenten Dr. So d z a abgegeben wurden. Auch die radikalste Opposition hat es bisher nicht gewagt, den guten Willen dieser beiden Männer, den Sudetendeutschen zu geben, was ihnen nach der demokratischen Verfassung gebührt, etwa in Zweifel zu ziehen. Alle Koalitionsparteien haben mit den Vereinbarungen vom 18. Feber eine schwerwiegende Verpflichtung übernom men. Steine tschechische Partei, tein tschechischer oder slowakischer Staatsmann wird angesichts des Ernstes der allgemeinen Lage die geschichtliche Verantwortung dafür übernehmen wollen, daß eine von der Gesamtregierung übernommene moralische und rechtliche Verbindlichkeit gegenüber der deutschen Bevölkerung gebrochen wird.
Darum ist es an der Zeit, mit größerer Deutlichkeit als bisher auf die leider sehr große Zahl von administrativen Entscheidungen aufmerksam zu machen, die mit dem Pakt und dem Geist des 18. Feber nicht übereinstimmen. Entscheidend sind ja nicht die Worte, auch wenn sie noch so gut gemeint sein mögen- sondern bestimmend für die moralischen und politischen Auswirkungen des Feberpattes sind ausschließlich
stehen
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die in den nationalpolitisch umstrittenen Bereihen gesezten Taten. Hier aber gewinnen wir mehr und mehr den Eindrud, daß ein ganzec es wäre Sektor unseres öffentlichen Lebens und jene Kräfte zu übersehen, die hinter ihr verfehlt, nur der Bürokratie die Schuld zu geben - vom Feberpakt absolut teine Kenntnis genommen hat und von einem Wandel der, bisherigen Einstellung weit entfernt ist. Damit wollen wir uns nicht auf das Gebiet eines spiẞfindigen Auslegungsstreites begeben, der endlos veitergeführt werden könnte, bis auch der letzte Sudetendeutsche den Glauben an eine ehrliche nationale Verständigung verloren hat. Deshalb sei klipp und klar gesagt, daß sich jeder Generaldirektor eines Staatsunternehmens, jeder PersoMussolini drahtete daraufhin prompt zurück: nalreferent oder Vereinsfunktionär den 18. Feber Franco und Muffolini gar keine Mühe mehr, die„ Euch Generalen, Kolonnenkommandanten, Offi- nach seinem persönlichen Geschmack und nach ſeiTatsache, daß der Sieg über die Basten in erster sieren und allen Legionären übermittle ich begei- nem mehr oder minder großen geistigen Horizont Linie von regulären italien i sterte Glückwünsche. It a lien i ft it o I 3, auslegen darf. Wer dem Staate dienen will, muß fchen Truven erfochten wurde, noch ir- ba fe& auf spanischem Boden, alle Kräfte daran seben, einen möglichst großen sta atspolitischen Effekt aus den gendwie zu verheimlichen. Das amtliche italie- get ämpft hat.". nische K Korrespondenzbüro veröffentlicht sogar Muffolini fagt es also bewußt der Welt ins Feber- Vereinbarungen erzielen. Der staatspolieinen Depeschenwechsel zwischen Franco und Geficht, daß Italien in Spanien kämpft. Am fel- tische Effekt hängt jedoch primär von dem AusMussolini, ber die Tatsache der Berwen- ben Tag trat in London seit langer Zeit wieder maß der Respektierung des Rechts. bung italienischer Truppen, auch wenn sie noch einmal der Nichtinterventions- Ausschuß zusam- bewußtseins des einfachen deutFrei wo i Ilige" oder„ Legionäre" men und beriet über einen neuen Plan zur Ver- chen Bürgers ab. Die Sudetendeutschen wolTen endlich als staatspolitisches Subjekt behandelt genannt werden, bewußt der ganzen Welt fund- vollkommnung der Seekontrolle... werden. Niemand hat ein flareres Recht, dies gibt. In dem Telegramm Francos heißt es: fategorisch zu verlangen, als die deutschen aktiviGenf. Der Präsident des Völkerbundrates stischen Parteien, die wahrlich für den Staat schon hat zu dem Wunsch der Valencia - Regierung nach größere Opfer gebracht haben als so manche tscheEinberufung einer außerordentlichen Ratstagung, chische Scheinpatrioten. Unter diesem Gesichtsin der die italienische Intervention in Spanien punkt ist es das einzige und untrüglichste Merkzur Sprache kommen foll, festgestellt, daß eine mal einer ehrlichen Durchführung des 18. Feber, derartige Tagung auf teiner Seite daß die einseitigen Entscheidungen in der Persofür erforderlich gehalten wird. nalpolitik endlich aufhören und daß an ihre Stelie Die spanische Angelegenheit wird also erst im die loyale demokratische Vereinbarung tritt. Laufe der am 10. September beginnenden orbentlichen Tagung zur Sprache kommen.
Im Augenblick, da die Abteilungen der helbenhaften Legionäre in brüderlichem Zufammenwirken mit den nationalistischen Detachements in Santander einziehen und beide im Namen der westlichen Zivilisation(!) gegen die asiatische Barbarei den bedeutsamsten Sieg die fes Krieges erringen, wende ich mich an Ew. Exzellenz, um Ihnen meinen Stolz, daß fie un ter meinem Befehl stehen, und meine Bewunderung für ihren Mut und ihre Tapferkeit aus. zubrüden, mit dem fie diesen schnellen Bormarsch durchgeführt haben." Musolini antwortete:
"
Jene Stelle, die den Sinn des 18. Feber am wenigsten begriffen hat oder begreifen will, ist die Generaldirektion der staat. Hohe Verluste der Itallener lichen Tabakregie. Wir haben uns vor Giner Meldung der„ Agenzia Stefani" zu einigen Wochen*) mit den Methoden ihrer. Per„ Ich bin außerordentlich glück. Schanghai . Der Habas- Korrespondent bes I t ch, daß die Abteilungen der italienischen Le- Kämpfen, die zur Einnahme von Santander ge- der Anteil der deutschen Beschäftigten in den staatfolge haben die italienischen Freiwilligen" in den fonalpolitit eingehend beschäftigt. Es genügt zu wiederholen, daß im Zeitraum 1923 bis 1936 fragte den Sprecher des japanischen Marineminigionäre zu bem machtvollen und glänzenden führt haben, nach den bisherigen Feststellungen steriums über den Standpunkt Japans in der Angelegenheit der Blockierung des Transportes Sieg von Santander beigetragen haben und vom 14. bis 23. August folgende Verluste erlitz lichen Tabakfabriken von 42 Prozent auf rund daß ihr Beitrag in Ihrer Depesche Dant und ten: Gefallen 16 Offiziere und 325 Mann, ber33 Prozent herabgedrückt worden ist. Wir vers ausländischen Kriegsmaterials nach China . Der Anerkennung gefunden hat. Die fe Wa fundet 60 Offiziere und 1616 Mann. wiesen darauf, daß eine ganze Anzahl unserer japanische Sprecher erklärte, die japanische Flotte fenbruderschaft ist die Gewähr Tabatfabriten in überwiegend deutschen Notwerde keinen ausländischen Dampfer anhalten, bes Enbfieges, die bas MittelmeerHilfsaktion für die Basken unabhängig davon, welche Ladung er führe. Die standsgebieten liegen und vielfach die einzige Ergebiet von jeder unfere gemeinsame Zivilisation japanische Regierung werde jedoch in Kürze bei Baris. Der Sekretär des Allgewerkschaftli- werbsquelle der ortsansässigen Bevölkerung darbebrohenden Gefahr befreien wird." allen ausländischen Regierungen Demarchen un chen Arbeitsverbandes Leon Jo u haur ist stellen. Es wurde konstatiert, daß bei Neuaufnahternehmen und sie in freundschaftlicher Form er- Nicht genug damit, ließ sich Mussolini auch in La Pallice eingetroffen, um der Ausbootung men im deutschen Gebiet der nationale Bevölke fumen, Leine Waffenfenbungen noch von dem Kommandanten ber italieniſchen der Flüchtlinge beizuwohnen. Bei dieſer Gele- angsſchlüſſel zugunsten tſchechischer Bewerber nach China zu geſtatten, um so den derzeiti- Abteilungen in Spanien in einem Telegramm genheit traf er auch mit einigen Delegierten der geltend gemacht wird, während von der Aufnahme gen Konflikt nicht zu verlängern. Die japanischen verfichern, daß feine Legionäre stols feien, daß sie bastischen Regierung zusammen. Jouhaug will Deutscher in den Tabatfabriken des tschechischen Behörden wollen die ausländischen Handelshäus für den höheren Nuhm des faschistischen Italien , von den französischen Behörden für bastische Gebietes teine Rede ist. Dieses Messen mit ser dadurch entschädigen, daß fie die Waffenbeftel für den Namen Seiner Majestät des Königs und Schiffe eine Bewilligung zum Fischfang in den a weierlei Maß, welches in seinem Endeffett lungen, welche ursprünglich nach China effettuiert Kaifers und ihres Führers tämpfen und siegen französischen Gewässern erwirken, dessen Erträgwerden sollten, auf ihre Rechnung übernehmen. tonunten", nis den Flüchtlingslagern zugute tommen würde.*) Siehe Sozialdemokrat" vom 10. Juni 1937.