Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh S Einzelpreis 70-etter Redaktion und Verwaltung: Prag   XU., Fochova 62 Telephon 53077 Herausgeber: Siegfried Taub   Verantwortlicher Redakteur: Karl K ern, Prag  Aus dem Inhalt: Offene Revolte in der SdP Auseinandersetungen über die Vierzigstundenwoche bei der Tagung des IAA. Hitlers Kolonialforderungen abgelehnt Cerny sagt im Velgo-Prozeß aus 17. Jahrgang Samstag, 9. Oktober 1937 Nr. 238 erfolgten Audienz beim ist wahrscheinlich, datz Henleins sitzt jetzt hinter Dieseentscheidenden Ge- in dem Falle aus England Urber die Borgänge im Fernen Osten äußerte im Mittelmerr bemerkte er, er hoffe, daß die den Weg zu den Berhandlnngen zwischen Lon- Seite 67 folgender Ausspruch Henleins über die meinem Freunde § 129 b Herr Architekt Heinrich Rutha  , Henleins Aussenminister  " und Fachreserent sirr Nationali­tätenfragen in der SdP-Hauptleitung hat jetzt Gelegenheit, in der Haft des Reichenber­ger Kreisgerichtes über den 8 129 des Straf­gesetzbuches nachzudenken, dessen Absatz also lautet: ^nnWWWW^W fiel durch die starke Unter st reichung der Tatsache der britischen   Anfrüstun g auf. Chamber­lain teilte mit, datz die Luftflotte sich verdreifacht habe und nunmehr 1600 Maschine» erster Linie zähle. Die Rüstung gehe dauernd weiter. Chamberlam sich sehr vorsichtig. Z« der Lage italienische Rote positiv aüsfallrn und damit don und Rom   öffnen werde. Die Forderung Attlres nach sofortiger » London.  (Tsch. P.-B.) Die Nachrichten, die ein Teil der englischen Presse über die ver­stärkte italienische Intervention in Spanien  fortlaufend veröffentlichte» scheinen nunmehr auch durch direkte Informationen, welche Whitrhall erreicht haben, eine Bestätigung zu finden.. So berichtet derD a i l y T e l e g r a p h and Mor- stammenden Nachricht aus, daß die italienische Antwort auf die englisch  -französische Rote fol­gende drei Punkte enthalte: 1. Italien   wird an keiner Konferenz teil­nehmen, zu der nicht gleichzeitig auch Deutsch­ land   eingeladen wird, 2. Das System von Teildiskussionen, wie j es vorgeschlagen wird, könne nnr zu neuen Kom­plikationen führen, 3. Das Problem könne zur Gänze vor dem Richtinterventionsausschuß in London   verhandelt werden. 30p bemüht sich um Rutha Wir erfahren, daß es nicht bei einem noch aus­führlicher zu behandelnden journalistischen Versuch derZeit" geblieben ist, über den Fall Rutha nichts an die Oeffentlichkeit gelangen zu lassen. Rach unseren Informationen sind SdP- Parlamentarier an sehr hohen Stel­len für Rutha mit dem Ziele einer delikaten, schweigsamen Behandlung der Angelegenheit bitt­stellig geworden und sie sollen, was erstaunlich genug wäre, auch gewisse Zusicherungen erlangt heben. Montag Oeffnung der Pyrenäen  -Grenze? Ablehnung aus Rom   beinahe sicher# Die Westmächte einig London.(Eigenbericht.) Rach den immer zahlreicher und besser beglaubigt ein­laufenden Meldungen über verstärkte italienische   Truppensendungen nach Spanien  (so steht es insbesondere nun fest, daß Mussolinis Sohn Brnno mit seinen Bombern an den letzten Angriffen teilgenommen hat) und den Aeußerungen des Popoli d'Jtalia muß mit einer ab­lehnenden Antwort Italiens   auf die britisch-französische Rote gerechnet werden. Den ganzen Tag über fanden zwischen Paris   und London   telephonische Besprechungen statt, was im Fall der Ablehnung zu geschehen habe. Es heißt, daß diebeihenKabinette einig seien. Die Oeffnungderfranzösischen Grenze wird einer italienischen   Ablehnung f ü r M o n t a g, die Freigabe der Waffenausfuhr nach Spanien   für einen späteren Zeitpunkt als zweite Repressalie erwartet. Die Rede Neville Chamberlains ans dem Parteitag der Konservativen Blutjunge Burschen, deren Namens­nennung das Gesetz verbietet... Närodni Politika" verweist darauf, daß die Angelegenheit noch untersucht wird, wobei vor allem darauf Gewicht zu legen sei, daß sie in Verbindung stehe mit den dieser Tage in Prag  durchgeführten Verhören. In Reichenberg wird in den Verhören ebenfalls. fortgefahren. Das Morgenblatt desCeske Slovo" sagt, datz der verhaftete W. B. nicht identisch sei mit einer prominenten Persönlichkeit der Henleinpartei, sondern datz es sich hier um seinen weniger be­kannten Namensvetter handelt. Der Journalist B. könnte schon deshalb nicht verhaftet werden, weil er sich gegenwärtig ausserhalb der Grenzen der Republik   aufhält. Im ganzen seien bisher 14 Personen verhaftet; allerdings stünden weitere Verhaftungen bevor. Das Abendblatt desPravo Li du" sagt, es könne nicht alle Namen der Beteiligten nennen, weil sich unter ihnen auch junge Menschen befinden, deren Namensnennung das Gesetz bekanntlich nichtzu- lätzt. Die Parteimitglieder hätten die Anzeige erst erstattet, als sie gesehen hätten, da^ eine Er­ledigung dieser Affäre auf einem anderen Wege nicht mehr möglich gewesen sei. Man könne weder der Untersuchung dpr Polizeibehörden, noch dem Gerichtsverfahren, in dem der öffentliche Anklä­ger das Wort haben wird, vorgrcifen. Es handle sich um eine Sensation, ähnlichdersei- nerzeitigenim Dritten Reich. Das Abendblatt desCeskö Slovo" erklärt, Heinz Rutha   sei nicht Architekt, sondern Be­sitzer einer Möbelfabrik in Bad Kunnersdorf bei Böhm.-Leipa. Die Verhaftung Ruthas wäre keine Ueberraschung gewesen, hätte man schon früher die Klagen und Beschwerden, die von jungen Henlein  -Leuten eingelaufen waren, erhört.' Einberufung des Unterhauses hat Chamberlain übrigens abgelehnt, dagegen die Tagesordnung für die Sitzung am 21. Oktober dahin geändert, daß der Tag der Aussprache über die Lage im Fernen Osten gewidmet sein wird. Mailand.(Reuten)Popolo d'Italia" i ning Post" von sehr genauen Informationen führt in einer offenbar von amtlichen Stellen| über umfangreiche Interventionen zugunsten Francos, welche nunmehr der britischen   Regie­rung vorlägen.' DerDaily Herald" berichtet, datz für den Fall einer unbefriedigenden italienischen   Stel­lungnahme Großbritannien   und Frankreich   nicht weiter protestieren oder Vorschläge erstatten, son­dern rasch und wirksam handeln werden. Dem Blatte zufolge seien zwei Maßnahmen geplant: 1. Sofortige Oeffnung der spanisch-französischen Grenze für die Beförderung von Kriegsmaterial und 2. Aufhebung der für die Waffenausfuhr nach Spanien   in England und Frankreich   gelten­den Verbote. London.(Havas.) Der diplomatische Korrespondent derEvening News" bestätigt die Meldungen, denen zufolge die britische   Regierung verläßliche. Informationen besitze, denen zufolge in der vorigen Woche über Cadix 15.000 Mann italienische Truppen ausgeschisst wurden. Auch neue italienische Flugzeuge seien auf Malorca eingetroffe». Wer geschlechtlichen Verkehr mit Personen gleichen Geschlecht tes pflegt, macht.sich des Verbrechens der Unzucht wider die Natur schuldig, und soll mit' Kerker in der Dauer von einbis fünf Jah­ren bestraft werden. Diese Haft verdankt Ruthagut völkischen"\ Männern, die, wie es braven tschechoflowakischen l Demokraten ziemt, ihr Material zuerst Herrn! Rudolf Hetz, dem Stellvertreter Hit­ lers   überreichten. Da man aber in dem Reiche, in dem Röhm liebte und starb, für Unzucht in­nerhalb der SdP nicht das entsprechende Inter­esse aufbrachte, entschlossen sich, wie wir gestern meldeten. Aufbrüchige, den sexuell Schiffbrüchigen den heimischen Polizeibehörden zu denunzieren. Was die englische   Polizei weiß . DasPrävo Lid»" meldet: Vertrauliche Nachrichten sickerten schon längst durch und kamen auch der Polizei zu Ohren, die jedoch mit dem Einschreiten zuwar­tete. Sie entschied sich dann im geeigneten Augen­blick schlagartig zur Aktion, die bisher noch nicht beendet ist. Die Untersuchung gegen die Verhaf­teten und die Erhebungen in einigen Gebieten gehen weiter. Wie es heisst, kam die erste Nach­richt aus L o n d o n, wo einige führende Hen- leinleute bei ihren Reisen nach England regel« mässig in Gesellschaften von Homosexuellen   gin­gen, die sich in eigenen Klubs versammeln. Der englischen Polizei fiel dies auf» Im Inland stammen die meisten Nachrichten, aus Asch, dem Sitz Henlsins, wo ebenfalls schon j zahlreiche Recherchen durchgeführt wurden. Diese Haussuchungen waren auch, wie es scheint, Anlass zu einer Intervention der Henleinabgeordneten bei ihrer am Dienstag Ministerpräsidenten. Es die Henleinabgeordneten bemüht sein werden, ihre Beziehungen zu gewissen tschechischen Rechtspolitikern zu neuen Jnterventionsversuchen zu henützen. Die homosexuellen Volksgemeinschaftler Noch weitere Verhaftungen? Dem TNT. wird aus Reichenberg berichtet, daß die Berhaftungen der homosexuellen Bolksgemeinschaftler keineswegs von kurzer H,nd erfolgten, sondern daß schon längere Zeit Beobachtungen durchgeführt wurden, deren Ergebnisse dergrt gewesen seien, haß sich die Sicher- hritsorgane zur Durchführung der Verhaftungen entschlossen. Es sei zu erwarten» datz in der Angelegenheit, deren endgültige Klärung allerdings dem Gerichte Vorbehalten bleibt, noch weitere Berhaftungen erfolgen werden. Horch  , was Henlein dem Rutha verdankt Noch haben weder Henlein noch seineZeit" Zeit gefunden, um sich zu der Gestalt zu äutzern,' in der Herr Rutha jetzt vor der Oeffentlichkeit steht und man ist vor allem im sudetendeutschen  Lager begierig, zu erfahren, wer vomFührer" abwärts sich etwa auch jetzt noch hinter Rutha stellen wird. Besonders interessant wird natürlich sein, was Herr Henlein   zu dem Fall zu sagen hat. Denn Henlein   war es, der auf Rutha als Erz reher gewaltig baute und der ihn ja auch mit besonderen Erziehungsaufgaben be­traute! Nicht ohne grimmige Bewegung erinnert mau sich jetzt an die geradezu grossartige Weise» in der sich Henlein seinerzeit zugunsten dieses Jugendbildners ausdrückte. Im Jahre 1934 er­schienen im Verlage K. H. Frank   und heraus­gegeben von Willi Brandner  Konrad Henleins Reden«nd Aufsätze zur völ­kischen Turnbenrgung 1928 bis 1933. In dieser kostbaren Sammlung findet sich auf {Erziehung unserer Mannesjugend": Die entscheidendenGedanken über Erziehung verdanke ich langjähriger Zusammenarbeit im Deutschen  Turnverbaud mit H e i u z R«t h a". Dieser Freund Schloss und Riegel! danken über Erziehung", von Henlein   ausgenom­men, kamen jetzt mit dem Paragraphen in Kon­flikt, der von der Unzucht wider die Natur han­delt! Sittlicher Verfall Das heisse Bemühen aller Totalitären ist darauf gerichtet, den Gegner moralisch zu dis­qualifizieren und sich selbst als die Bewahrer von Reinheit, Tugend, Anständigkeit, Sauberkeit und Charakter hinzustellen. Die anderen sind Unter­menschen; sie selbst aber sind Engel, auch wenn sie etwa den Reichstag   angezündet oder Kamera­den gemordet, oder auch wehrlose Gegner feige zu Tode gequält haben. Es ist selbswerständlich, dass auch die Sude­ tendeutsche Partei   von der moralischen Verun­glimpfung der Gegner zu leben versucht und dem Volke Weihmachen will, sie bringe nicht nur dessen politische, sondern auch seine sittliche Erneuerung. Wie haben die Sandner undKameraden" im­mer herausgestrichen, datz sie dieReinen" und Sauberen" find, wie hat da einer den anderen ob seiner Tugend, Keuschheit, seinem Brudersinn und seiner Opferwilligkeit gelobt! Der Herr Sandner war es, der vor mehr als zwei Jahren in einer Prager   Versammlung verkündet hat, die Sudetendeutsche Partei   werde auch einen neuen T o n in die Politik bringen, und das Voll hat damals wie immer, wenn von derReinheit" undSauberkeit" die Rede war, interessiert auf­gehorcht. Es hatte nämlich bis dahin geglaubt, dass sich Reinheit und. Sauberkeit bei politisch tätigen Menschen und besonders in politischen Parteien von selber verstünden. Nun ist eine Sittlichkeitsaffäre aufgeflogen, in die namhafte Funktionäre der Sudetendeutschen Partei verwickelt sind. Es ist an und für sich uninteressant, dass der und jener homosequell ist. Das ist seine Privatangelegenheit, sofern sein Verhalten die öffentliche Sittlichkeit nicht gefährdet. Dass wir den vorliegenden Fall eingehender betrachten, hat besondere Gründe: er lässt nämlich den moralischen Verfall der Hen- leinbewegung überhaupt erkennen, er ist ein Schulbeispiel für deren Verlogenheit und Heu­chelei.» Herr Rutha ist nicht irgendwer» sondern ein Mann, der in der Henleinbewegung an her­vorragender Stelle steht, einer, der das besondere Vertrauen Konrad Henleins qeniesst. Konrad Henlein   äusserte sogar einmal, dass er seine ent­scheidenden Gedanken über die Erziehung der langjährigen Zusammenarbeit mit Heinz Rutha  im DeutschenTurnverband ver­danke. Man weiss, wie diese Erziehung, insbe­sondere im Deutschen Turnverband, beschaffen ist. Es ist eine besonderswertvolle" Erziehung, nämlich einemannschaftliche", eine, die den jun­gen Burschen ganz zwangsläufig ein männliches Kraftgefühl beibringt, das im Kreise von Män­nern Betätigung und Erfüllung sucht. Sicher­lich ist die Homosexualität, die in völkischen Krei­sen besonders stark grassiert und heute gewisser­massen zum Erbübel des nationalsozialistischen Preuhentums avanciert ist, durch solche Er­ziehungsgrundsätze nicht hervorgerufen, aber sie wird durch sie gefördert."Es gibt nicht nur eine Homosexualität der S.ran« lagung, sondern auch eine solche der Ver­führung, die junge Menschen gesundheitlich und charakterlich für das ganze fernere Leben ruiniert. Konrad Henlein   mag stolz sein auf die mannschaftliche Erziehung im Turnverband, die in der Praxis mit der Aeckitung der«Frau Hand in Hand geht: nun sehen wir, wohin diese Er­ziehung führt: in die Affäre sind minder­jährige B u r s ch e n verwickelt, Opfer älte­rer Leute, die sie nicht ausserhalb, sondern zweifellos innerhalb der völkischen Bewe­gung kennen und lieben gelernt haben. Die Veranlagung Ruthas und anderer massgeblicher Leute aus dem völlischen Lager war Konrad Henlein   sehr Wohl bekannt. Trotzdem haben er und die Seinen im Brustton der lieber- zeugung die sudetendeuffchen Mütter immer wie­der aufgefordert, soviel Kinder wie möglich zu ge­bären. Es mag sein, dass die Zahl der Homo­sexuellen bei der Kinderproduktion nicht aus­schlaggebend ist, aber es gehört doch eine Dosis Unverfrorenheit dazu, über das familienzerset­zende und geburteneinschränkende Wirken des Marxismus  " zu Wettern und gleichzeitig von Homosexuellen Erziehungsgrundsätze anzuneh­men,-ja, üe mit entscheidenden Aemtern in der Vollserneuerungs"-Bewegung zu betrauen! Kann eine solche Moralheu­chelei überhaupt noch unter­boten werden?