SozialdemokratZentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen RepublikErscheint«it«n-»ah«e de« Montag tSgttch fr«h/ Einzelpreis 70 HellerRedaktion und Verwaltung: PragXll., Fochova S2- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub- Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, PragAus dem Inhalt:Weitere Verhaftungenin der Rutha-AffäreHenlein beschimpftdie— Ankläger!Taub in Aussig:„Wir sind gerüstet“Bergarbeiterfordern LohnrevisionNeue Zeugen im Velgo-Prozeß17. JahrgangDienstag, 12. Oktober 1937Nr. 240Vie Japaner sm Huto-FluBTokio.(Havas.) Wie die Agentur Domeimeldet, sind die japanischen Vorhuten, nachdemsie sich den Uebergang über den Huto-Flußerzwungen hatten, in die Stadt Tschitschia-tschauan eingedrungen.Schanghai.(Reuter.) Ende der Wochehörten die Regengüffe auf, schönes Wetter setzteein und damit begannen an der SchanghaierFront in allen Abschnitten die militärischen Operationen, die jedoch noch immer durch dassumpfige Terrain erschwert find. Die Japanermanövrierten auf dem rechten Flügel der Front,erzielten aber keinen bemerkenswerten Erfolg.Der Gouverneur von Schantung, Hansisch i,über dessen Stellungnahme Zweifel bestanden,hat in der letzten Zeit Nanking sehr warm unterstützt. General Litsunien, der Gouverneurder Provinz Kwanfi und früher geschworenerFeind Tschangkaischeks, hat die Nankinger Regierung dahin informiert, daß 200.000 Mann auSder Provinz Kwanfi zum Abmarsch auf dem kürzesten Wege an die Schanghai-Front oder nachNordchina bereit sind.Schanghai. Siebe» japanische Flugzeuge bombardierten Dtontag nachmittags um15 Uhr die Stadt Sutschou. Eines der Flugzeugewurde abgeschoffen. Bisher ist es nicht bekannt,wieviel Opfer diese Bombardierung gefordert hatund wie groß der angerichtete Schaden ist.Japaner verwenden GasLondon.(Havas.) Bei der chinesische«Botschaft in London traf ein Telegramm ein,das mitteilt, daß an der Schanghaier Frontheute 24 chinefische Soldaten an Vergiftungendurch Kampfgase ums Lebe« kamen.BilanzTokio. Wie die Admiralität mitteiü. hat diejapanische' Marine während des chinesisch»japanischen Konflikts bisher eine Berlustziffer"von 1138 Mann und von 8kl Flugzeugen zu verzeichnen. Wie die Admiralität weiter berichtet,haben die japanische Flotte und die japanischenLuftstreitkräfte 18 chinesische Kriegsschiffe, darunter sieben Kreuzer und acht Zerstörer, vernichtet sowie 181 chinesische Flugzeuge im Lustkampfund 143 Flugzeuge bei der Bombardierung vonFlugplätzen zerstört. Achtzehn chinesische Flugplätze und zehn Munitionsdepots wurden zerstört.Pazlflk*Konferenz In BrüsselLondon.(Eigen-Bericht.) Die Neunmachte-konferenz wird nach Brüssel einberufen werden,da Rooselvelt die Abhaltung der Konferenz in denUSA nicht wünschte. Die Wahl eines amerikanischen Konferenzortes hätte nach Roosevelts Ansichtden Eindruck erwecken können, die USA wolltensich eine führende Bolle»)in der Aktion' gegenJapan sichern.Legltlmlstlsche OppositionsfrontIn Ungarn?Der.Pr. Presse" wird aus Budapest gemeldet, dass Sonntag der Führer der Partei derKleinen Landwirte Tibor Eckardt, der heuteallgemein als der Oppositionsführer gegen dasRegime Däränyi Bethlen gilt, in einer Versammlung in Körend ein Bekenntnis zur habsburgischen Lösung der ungarischen B'erfaffungsfrageabgelegt habe. Dem Bekenntnis des Kleinbauern»führers schloß sich der Führer der Liberalen,Rassay, an, so daß nun die wichtigsten bürgerlichen Oppositionsparteien auf das Programmder Restauration geeinigt wären. Insbesondereüberraschte es, daß Ecknrdt von einem bishernicht bekannt gewordenen BesuchebeiOttovon Habsburg berichtete. Er behauptete, daß Ottoauf dem Boden verfassungsrechtlicher Anschauungen und sozialer Reformen stehe. Aehnlich wiedie legitimistischen Führer in Oesterreich eS injüngster Zeit wiederholt getan haben, so sprachenfidj auch die ungarischen Legitimisten Sonntagfür eine föderative Zusammenarbei dersouveränen Donau st aaten und fürkme entschiedene Abwehr der nazistischen Einflüsseimd dez deutschen Imperialismus aus. An eineWiderherstellung der alten Monarchie denke nie«wand, aber mast müsse wieder zusammenarbeiten.Westmächte besetzen Minorca?London.(Eigenbericht.) Zwischen Londonund Paris wird seit dem Eintreffen der ablehnenden Antwort Italiens dauernd über die Maßnahmen verhandelt, die nunmehr z« ergreifensind. In Paris ist die große Mehrheit der Mitglieder des Kabinetts für ein entschiedenes Borgehen, das heißt für die sofortige Oeffnnng derPprenäengrenze. Frankreich könne seine Ber-bindung mit Rordafrika nicht länger der Bedrohung anssetzen, unter der sie derzeit steht. Aberman will andererseits nichts ohne England tun.Die britische Regierung zögert, sogleich dieOeffnung der Grenze zu erwägen, weil sie dadurch eine nicht wieder zu reparierende Ber-schärfung des Konfliktes befürchtet. Run glaubtman vielleicht einen Ausweg gefunden zuhaben, indem man zunächst einmal die InselMenorca, das ist die kleiner«, von den Italienern noch nicht besetzte Balearen-Insel, durchfranzösische und britische Truppen besetzen will.Menorca hat eine wichtige strategische Schlüsselstellung und in jüngster Zeit verdichteten sich dieGerüchte, daß die Italiener diese Insel demnächstangreifen würden. Die Franzosen halten die Besetzung von Menorca für das Minimum anSicherheitsmaßnahmen, deren sie dringend bedürfe».Beunruhigung wecken in London auch dieMeldungen über italienischeTrupP en-sendungen nach Lvbien, wohin nach offiziellen italienischen Nachrichten neuerlich 5400Mann von Neapel eingeschifft wurden, insgesamtin den letzten Wochen als» 24.000 Mann. Italienhat offiziell erklärt, daß diese Truppenansammlung nicht gegen Aegypten gerichtet sei, sondernmit der internationalen Lage Zusammenhänge.Man fragt sich in London, was das zu bedeuten hat.Der französische Dampfer„Bille Bougie"wurde Montag von einem spanischen Rebellenschiff angehalten. Auf seine Hilferufe erschienein französischer Zerstörer, der das Franco-Schiffverscheuchte.London. Ministerpräsident Chamberlainist anstatt Montag bereits Sonntag abends nachLondon znrückgekehrt und hat sich unmittelbarnach seiner Rückkehr eingehend über die Lage in-'formieren lassen. Eden, der von Schloß Balmoral aus sowohl mit London als auch mit Paris inBerbindung stand, trifft Dienstag früh zusammen mit der königlichen Familie in London ein.Die internationale Lage gilt als die schwierigste seit der abessinischenKrise.Volksfront erfolgreich behauptetkeine Erfolge der Faschisten und KommunistenParis. Die Parteien der Volksfront Haie»bei den KantonalwaHlen zusammen etwa zweieinhalb Millionen Stimmen erreicht. Demgegenüberverfügen die verschiedenen Fraktionen der Ryhtenüber etwa 1.2 Millionen Stimmen. Es hat sichals» an dem Kräfteverhältnis, daS bisher in derfranzösische« Wählerschaft herrschte, nichts zugunsten der Opposition geändert ,eher ist die Positionder Bolksfront noch stärker geworden. Die Radikalen haben überaschenderweif« einen starkenStimmenzuwachs zu verzeichnen(rund 200.000Stimmen), die Sozialisten und Kommunisten halten sich, diese aber weniger gut als jene. DieSozialisten sind jedenfalls noch immer fastdoppelt so stark als die Kommunisten und ungefähr ebenso stark wie die Radikalen. Da nicht das ganze Land gewählt hat unddie Wahlkoalitionen oft lokal bedingt waren, läßtsich kein abschließendes Urteil über die Stimmungder Wähler fällen. Am nächsten Sonntag wird dasBild schärfer umriffen sein. Daß die Radikalen sichso gut halten, wird ihre Position in der BolkS-front wohl stärken, aber der Bolksfront insofernzum Vorteil werden, als die Radikalen geradedann, wenn sie verloren hätten, sich wieder stärkernach rechts gelehnt hätten.Vie Ergebnisse In ZahlenParis. DaS Wahlergebnis für die Gene»r a l r ä t e stellte sich nach der vom Innenministerium veröffentlichten vorläufigen Zusammenstellung im Einzelnen wie folgt:Die Ergebnisliste zur Wahl der Arrondiffe»mentS-Räte(1867 Sitze) sieht vorläufig erst1260 Ergebnisse vor, davon 784 endgültige und476 Fälle von Stichwahlen. Die Ergebnisse zuden Arrondissements-Räten stellen sich danachwie folgt:,bebauvteteStich-Liste Gewinn Verlust»ab!Sozialisten.....7518773gemäßigte Sozialisten.82310Sozialrepublikaner..163612unabhängige Sozialisten6039Radikalsoziale...:2963155183Kommunisten....5323Unabhängige radikale70222147kath. Volksdemokraten.12314Links-Republikaner..170182647rechtsbürgerliche republi kanische Vereinigung.158421746Konservative....53492französische SozialparteiILa Rocque)-....3301bebauvteteListe Gewinn LerlrSticü»st WahlSozialisten38191486gemäßigte Sozialisten.1204Sozialrepublikaner..73412unabhängige Sozialisten.32717Radikalsozial«....1722935196Kommunisten92110unabhängige Radikale.51112133kath. Vollsdemokraten.26607Linksrepublikaner...107212555rechtsbürgerliche republi kanische Vereinigung.188312453Konservative....351042französische Sozialpartei(de La Rocque)..2900Die Zusammenzählung derErgebnisse derGeneralrats- und der ArrondiffementSrats-Wah«len ergibt das Gesamtergebnis der Kantonalrats»Wahlen.*London.(Eigenbericht.) Die französischen KantonalwaHlen können nach dem erste«Wahlgang als ein Erfolg der. Volksfront angesprochen werden. Bei einer allgemeinen Senkung der Wählerzahl um ungefähr zehnProzent haben die Bolksfrontparteien nur achtbis zehn Prozent, die Rechte tielweise bis 30Prozent Stimmen eingrbüßt. Innerhalb derVolksfront haben die Radikalen am günstigstenabgeschnitten, allerdings haben sie vielfach dieUnterstützung der Rechten gegen sozialistische oderkommunistische Kandidaten erhalten. Auch die Sozialisten halten sich sehr gut. Die Kommunistendagegen haben schlecht abgeschnitten. Eine Entscheidung über die Mandatsverteilung wird erstim zweiten Wahlgang erfolgen. H e r r i o t wirdim zweiten Wahlgang durchdringen. D o r m o v»Salengr» und ander« führende Politiker derBolksfront sind gewählt worden.„Wiederherstellung der deutschen Ehre**Berlin. In Berlin wurde eine Verordnungherausgegeben, daß in jedem Hause besondere B e-hälter für Altpapier, außer den bereits bestehenden Behältern für die übrigen Abfälle, Hadern und Alteisen bereit gestelltwerden sollen. Diese Maßnahme wurde im Hinblick auf den Mangel an Holz zur Papiererzeugung ergriffen.Paris. Sonntag starb in Paris der kommunistische Kamunerdeputierte und Chefredakteur der„Hurnanite".Paul Vaillant-Couturier imAlter von 45 Jahren an Herzschwäche. Er wareiner der intellektuellen Repräsentanten und führenden Köpfe des französischen Kommunismus.Der KongreO derLabourjiartyA. S. Bornemouth, 8. Oktober.Das wesentlichste Ergebnis des Parteitagesder großen britischen Arbeiterpartei war unzweifelhaft die eindeutige Stellungnahme in der r n»ternationalen Politik und der Frageder Landesverteidigung. Nachdemdas Programm, das eine krafwolle Politik kollektiver Sicherheit fordert und daher die Notwendigkeit der britischen Aufrüstung anerkennt, vomGewerkschaftskongreß in Norwich im Septembermit überwältigender Mehrheit angenommen wor»den war, konnte freilich kein ernstlicher Zweifelmehr über die Haftung der Partei bestehen. Den»noch ist die Eindeutigkeit, mit der sowohl die pazifistischen Stimmungen, wie die vorsichtige Zurück»Haltung derer abgelehnt wurde, die dieserbritischen Regierung keine Rüstungskredite bewilligen wollen, überraschend gekommen. L a n s»b u r Y, der als Wortführer der— man darf eswohl bei allem Respekt sagen—„blinden" Pazifisten auf dem Kongreß auftrat, hat zwar jenenfreundlichen Empfang gefunden, den die Labour-party ihrem greisen Vorkämpfer und jedem, dermutig für eine von der Mehrheit abweichende Auffassung eintritt, stets reserviert. Dafür war aberdie Debatte mehr als eindeutig. Die beißendeIronie, mit der der Stahlarbeiterführer Walker namens der Exekutive die sonderbaren Pil»gerfahrten Lansburys zu den Männern geißelte,die für die Ermordung Matteottts und Huse-manns verantwortlich sind, wurde vom Parteitagmit stärkstem Beifall ausgenommen.Für jene Gruppe, die zwar die Aufrüstungnicht grundsätzlich ablehnt,, aber die Bewilligungder Rüstungskredite an di« gegenwärtige Regierung verwirft, die so viel zu dem heutigen Chaosin der Wett beigetragen hat, sprach der Abgeord»nete Aneurin B e v a n. Es ist bekannt, daß dieser Standpunkt nicht nur von der äußersten Linken, der Bevan angehört, vertreten wird, sondernauch in der Parteiführung selbst, bei A t t I e eund G r e e n w o o d, den beiden Vorsitzenden derParlamentssraktion, viel Verständnis findet. Nurmit knapper Mehrheit konnte D a l t o n in derUnterhausfraktion vor einigen Monaten seinenStandpunkt, der der Meinung der Gewerkschaften entspricht, gegen Attlee durchsetzen. Wenn derAntrag, die Abgeordneten zu verhalten, gegendie Rüstungskredite zu stimmen, dennoch mit überwältigender Mehrheit abgelehnt wurde, so bedeutet das keineswegs, daß die Bedenken gegen dieAußenpolitik• der Regierung, besonders was di«Vergangenheit betrifft, zum Schweigen gebrackstsind, sondern nur, daß man es für unpraktischhält, die feine Nuancierung des Gedankens—man sei für die Aufrüstung, aber gegen dieAußenpolitik, der die Rüstungen dienen sollen—durch eine parlamentarische Abstimmung zumAusdruck zu bringen. Der Gedanke, den Citri n e auf dem Gewerkschaftskongreß aussprach,mag manchen als Trost gedient haben: daß esjeder britifchen Regierung unmöglich wäre, dieWaffen entgegen den Ansichten der Arbeiterklassezu verwenden.Das Ergebnis der Einheitsfrontdebatte war vorhersehbar. Die Gewerkschaften,aber auch ein ansehnlicher Teil der individuellenParteimitglieder, halten jegliche Zusammenarbeitmit den Kommunisten für ein Unheil, das dieAnziehungskraft der Bewegung für große Teiledes Mittelstandes und auch der Arbeiterschaftschwächen müßte. Auf der anderen Seite habendie Wortführer der Einheitsfront einen eindeutigen persönlichen Erfolg erzielt: Sir StaffordCripps und Professor Laski find in die neueParteiexekutive gewählt worden. Daneben hat jnder Frauensektion die ebenfalls linksstehende Abgeordnete Ellen Wilkinson gleichfalls denWeg in die Parteiexekutive gefunden. In dieserWahl drückt sich der gestiegene Einfluß der Lokal-organisattonen aus, die nach den neuen Statutenzwei Mandate mehr in der Exekutive haben undihre sieben Vertteter allein, in einer besonderenWahlsektion des Parteitags, zu bestimmen haben.Ebenso aber äußert sich in dieser Wahl und inder Berufung von Professor Noel-B a k e r undPritt in die Exekutive der Wunsch, wenigernach einer Radikalisierung der Partei, als nacheinem stärkeren Ausdruck des„fighting spirit",des K ä m p f e r g e i st s in der Parteiführung.Es ist bekannt, daß schon seit einiger Zeit— besonders nach dem unbefriedigenden Ergebnis derletzten Nachwahlen— der Wunsch nach einer