Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratische« Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme de» Montag tiiglich früh/ Einzelpreis 70 Heller Redaktion und Verwaltung: Prag XL, Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag 17. Jahrgang Freitag, 15. Oktober 1937 Nu» dem Inhalt: Großangriff gegen Saragossa ? Tragikomödie Kulturverband Die letzten Zeugen im Velgo-ProzeC Neue Höchstziffern des Außenhandels Der internationale Börsenkrach Nr. 243 Ein letzter Versuch Französische Note In London Überreicht London. (Eigenbericht.) Die französische Regierung hat Donnerstag in London eine Rote überreichen kaffen, in der sie erklärt, daß sie, dem Wunsche Englands folgend, dem Bor­schlage zustimmt, die Frage der Zurückziehung der fremden Truppen aus Spanien noch ein­mal dem RichteinmischungsauSschuß zu unterbreite«. Es ist dies ein letzter Bersuch, eine Lösung ix» Problems auf dem Wege der Verständigung mit Italien zu erreichen, doch wird Frankreich keine Verschleppungsversuche mehr dulden. Gegenüber England ist die Rote in freundschaftlichstem Tone gehalten, gegenüber Italien wird jedoch ei» sehr scharfer Ton ange­schlagen. Die Rote enthält den Text einer Erklärung, die der französische Botschafter in London , Cardin, im RichteinmischungsauSschuß abgeben wird. Sonst: volle Handlungsfreiheit Wo wird gewählt? Die erste offizielle Meldung Prag . Wie das Tschechoslowakische Preß­büro offiziell mitteilt, werden in den nächsten Tagen für den 14. November die Bezirksvertre­tungswahlen in Beneschau und Bla§im und die Gemeindewahlen in rund 500Ö Gemeinden ausgeschrieben werden. Di« überwie­gende Mehrzahl davon setwa 350) entfällt auf Böhmen . In diese Etappe der Gemeindewah­len wurden im wesentlichen jene Gemeinden aus­genommen, in denen die Wahlperiode bis Ende September d. I. abgelaufen war, bzw. solche Gemeinden, in welchen die'Vertretung aufgelöst wurde. Unter den Gemeinden, in denen Wahlen stattfinden werden, befindet sich eine Reihe größe­rer Orte. So z. B. in Böhmen (Orte mit deutscher Mehrheit fettgedruckt): Deutsch Brod , Stein-Schönau » Neuhaus, Soestadtl, SebastianS- berg, Görkau , Komata«, Rochlitz a. d. Isar , Gratzen, Neuern, Kolin , Kourim , Manetic, Bad KönigSwaat, Kratzau , Niemes , Laun, Bruch bei Brüx , Kopitz, OberleutenSdorf, Protivin, Preß- nitz, Krivoklät, Rokycany , Tuschsau-Dtadt, Turn, §eske Belenice, Luditz . Im Lande Mähren-Schlesien: Ostrov u Racochy, Jarömeiice, Nömeckä Lutynö, Jauer » nig, Weidenau , Jglau, Eisgruh, Holice bei Ol- mütz, Odra «, Troppau , Trinec , Nämesl, Jvano« dice, Frailt.- In der Slowakei und Karpathorußland handelt es sich durchwegs um kleinere Orte. Japanische Erfolge in Nordchina Tokio. Rach mehrtägigen heftigen Kämp­fen haben japanisch-mongolische Truppen die Hauptstadt der innermongolischen Provinz SuiyUan, K w e i s u i, eingenommen, dir an der außerordentlich wichtigen Eisenbahn Suiyuan Kalgan liegt und in wirtschaftlicher und politischer Beziehung ein Hauptzrntrum des chinesischen Ein- fluffes jn der Jnnermongolei darstellt. Kweisui beherrscht dir wichtige, zum Steppengebiet der innermongolischen Hochebene führende Paß- Straße, die nordwärts in eine jahrhundertealte Karawanenstratze zur Außenmongolei ausläuft. Die japanisch-mongolischen Truppen setzen bereits ihren Marsch in westlicher Richtung auf den Eisenbahn -Knotenpunkt Paotau zu fort. An der Front bei Suiyuan ist in der ver­gangenen Rächt starker Schneefall eingetreten. Chinesische Gegenoffensive? Nanking. Telegramme aus Nordchina besagen, daß die chinesische Armee im nördlichen Teil der Provinz Schansi eine neue Offensive unternommen hat. Die chinesische Armee rückt in zwei Kolonnen vor und drängt die Japaner zu­rück. Die achte, früher kommunistische chinesische Armee beunruhigt dabei die Japaner durch ihre üleinkriegtaktik.> bomben im Schanghaier kremdenviettei USA -Kreuzer von Bombensplittern getroffen Schanghai . Eine der Bomben, die Don­nerstag von japanischen Flugzeugen abgeworfen wurden, fiel in der internationalen Konzeffion auf einen Trambahnwagen. Zwölf Personen wurden getütet, 17 verletzt. Jn verschiedenen Teilen der internationalen Konzeffion wurden etwa 50 Chinesen durch Artilleriefeuer der japanischen Kriegsschiffe, die chinesische Flugzeuge in die Flucht jagen wollten, getötet oder verwundet. Bei der Beschießung chinesischer Stellungen im Raum von Putung durch japanische Kriegs« schiffe fielen Splitter japanischer Geschosse auf das USA -Flaggschiff,A u g u st a" und ver­wundeten einen Matrosen. Admiral Hasegawa sprach sein Bedauern über diesen Zwischen­fall aus. Die französische Erklärung präzisiert trotz dem grundsätzlichen französisch-britischen Einver­nehmen einige Einzelheiten der französischen Ansichten über die Nichteinmischungspolitik in Spanien , insbesondere über das Vorgehen bei den Beratungen des Londoner Ausschuffes und über das eventuelle weitere Verhalten. Während die britische These dem Vor­sitzenden des Nichtinterventionsausschuffes Lord Plymouth freie Hand läßt, das Datum für die Beendigung der Verhandlungen selbst zu bestim­men, ist man an französischen Stellen der Mei­nung, daß dieses Datum im voraus festgesetzt, und zwar längstens bi S E n d e d e r Woche erstreckt werden sollte, um zu verhindern, daß. die Angelegenheit' neuerlich künstlich in die Länge gezogen werde. Tschechoslowakei im engeren Komitee Das engere Komitee deS Richteinmischungs- ausschuffrs für Samstag halb 11 Uhr zusammen­treten. Ihm gehören an: England, Frankreich » Rußland , Italien , Deutschland , Portugal , Schwe­ den , Belgien und die Tschechoslowakei . Lord Plymouth wird namens Groß­ britanniens und Botschafter E o r b i« namens Frankreichs gleich zu Beginn der Sitzung den Standpunkt der beiden Regierungen zu der frem­den Intervention in Spanien erläutern. Franlaeich und England sind daran, für de« Fall des Scheiterns dieses letzten Versuch- ihre Maßnahmen vorzubereiten. Französische und bri­ tische Sachverständige prüfen die Maßnahmen» die zur S i ch e r u n g der Verbindungs­linien im Mittelme er notwendig sind. Die Gerüchte, daß französische und briti­ sche Kriegsschiffe in den Gewässern von Mi­tt» r e a einlangten, bestätigen sich nicht. Vor­läufig geht es lediglich um die Ausarbeitung eines Aktionsplanrs für die O e f f«« n g der Pyrenäengrenze und«md ie Borberei- R o m. Aus Italien werden ständig,«. zw. in beschleunigtem Tempo militärische Brrstärkun- gen nach Libyen entsandt, die den neugebildeten 20. und 21. Armeekorps angehören. Zn diesen weißen Truppen sind noch die Eingeborenentrup­pen zu rechnen, die während deS abessinischen Krieges nach Ostafrika beordert wurden» jetzt aber in ihre alten Garnisonen zurückkehren. Es han­delt sich um 20.000 biS 25.000 Mann. Mittwoch abends haben etwa 2500 Soldaten Neapel ver­lassen, am Donnerstag sind neuerlich 7000 Mann eingeschifft worden. Die italienische« Truppen, in Libyen sind heute zahlenmäßig bereit- stärker als die Be­satzungen«Aegypten und in Tunis . British United Preß" meldet auS Alexan­ dria , daß in den letzten Tagen«ine beträchtliche ägyptische Truppenbewegung in der Richtung zur Sollten die Verhandlungen im Londoner RichteinmischungsauSschuß neuerlich scheitern, so werden die beiden Großmächte Frankreich und England von nun an ihre volle Handlungs­freiheit sowohl in bezug auf Spanien alS auch im Mittelmeer proklamieren. Bride Regie­rungen werden sich über di« Festlegung der Methoden zur Sicherung deS wirkliche« Abzuges der in Spa­ nien k ä m p f e n d e n F r e i w i l l i g e n aus dem spanischen Territorium einigen. An französischen politischen Stellen stimmt man im Prinzip dem im J«li von der britischen Regierung gemachten Vorschläge zu, daß eine vom Londoner Richtinterventionsausschuß zu ernen­nende internationale Kommission an Ort und Stelle die Kontrolle über das Ausscheiden der Freiwillige« ausübe. tung der Aktionen der Flotte« und der Luftwaffe beider Länder für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen. Daily«Telegraph berichtet auS PariS , daß die französischen Vorschläge betreffend Minorea nicht auf die Besetzung dieser Inseln hinausliefen. Französische und britische Schiffe sollten lediglich den Hafen von Port Mahon , der Hauptstadt von Minorea, beobachten und die wei­tere Entwicklung der Lage dieses strategisch so wichtigen Punktes im Mttelmeer verfolgen. Chamberlain: Wir werden uns zur Wehr setzen London . Ministerpräsident Chanckerlain hielt Donnerstag abends in Manchester eine Rede, in der er u. a. ausführte: Wenn wir und zwar Tag und Rächt fieberhaft an unserer Rüstung arbeiten» so ge­schieht dies nicht deshalb, weil wir selbst auch nur die geringsten Angriffspläne gegen irgend jeman­den hätten. Im Falle eines Angriffes aber werden wir imstande sein» unS so znr Wrhr zu setzen, wie wir uns in der Vergangenheit gewehrt und behauptet haben. Grenze Libyens zu beobachten war. Dieser Tage passierten Kolonnen von mehreren hundert Auto­mobilen, welche Truppen und Kriegsmaterial in der Richtung zur ägyptischen Grenze beförderten, das Dorf Dekhela. Mussolini hetzt die Wahablten auf? Mailand . Wir der Jerusalemer Kor­respondent desCorriera della Sera " a«S Ama« meldet, haben Wahabitrn- Abteilungen die tranS - jordanische Grenze überschritten und einen tranS- jordanischen Grenzposten angegriffen. Ein briti­sches Militärflugzeug soll von Wahabite« ahge- schoffen worden und verbrannt sein. Sämtliche Insassen deS Flugzeuges seien«mS Leben ge­kommen. Daraufhin hätten, den Meldnnge» zu­folge, die Militärbehörden motorisierte Abteilun­gen und eine Flugzeugstaffel entsendet. Wird Spanien aushalten I Von Julius Deutsch Julius Deutsch , der als General im Dienste der spanischen Republik an ihrer Ver­teidigung mitwirkt und derzeit aus Gesund­heitsrücksichten während mehrerer Wochen seine Tätigkeit unterbrechen muß, antwortet wie folgt auf di« alle Sozialisten und Demokraten bren­nend interessierende Frage: Kaum hatte ich die spanische Grenze Wer­schritten(ich bin augenblicklich auf einem Kran­kenurlaub), als ich von Freunden mit der zwei­felnden und besorgten Frage angefallen wurde, ob das republikanische Spanien noch imstande fei, der mächtigen Koalition der es bedrängenden Faschisten standzuhalten. Ich will versuchen, diese Frage hier zu beantworten, soweit dies im Rah­men einer kurzen Betrachtung möglich ist. Während des JahreS, das ich in Spanien zubrachte, haben sich sowohl die militärischen wie die ökonomischen und finanziellen Probleme Spa­ niens sehr geändert. Vor einem Jahre schien die militärische Lage der Republikaner verzweifelt, ja geradezu hoffnungslos zu sein. Dev.gut ausge­rüsteten Kriegsmaschine Francos standen nur dir in aller Eile zusammengerafsten, mangelhaft be­waffneten Milizen gegenüber. Diese vermochten den Vormarsch der Faschisten auf Madrid nicht aufzuhalten. Aber von dort auS begann der plan­mäßige-Widerstand. Eine gut disziplinierte Armee wurde wer will das leugnenmir schwerer Mühe aufgehflut. Aber daS Werk ge­lang I Heute steht eine starke republikanische Armee an den Fronten und sie hat bereits hin­länglich Proben ihrer Tüchtigkeit abgelegt.' Gua-, dalasara und Bruneie, Quinto und Belchite sind zu Ehrenzeugen des jungen republikanischen Hee­res geworden. Man beachte insbesondere, daß die Faschisten seit vielen Monaten auf dem zentralen Kriegs­schauplätze Spaniens keine große Offensivaktion mehr wagen. Sie haben sich nach ihren Nieder­lagen vor Madrid damit begnügt, die vorgescho­benen Außenwerke der republikanischen Position anzugreifen und nur dort-gelang es ihnen, Erfolge zu erzielen. Sie eroberten im Süden Malaga , das von der militärischen Basis der Republik einige hundert Kilometer entfernt ist, und sie warfen das arme Baskenland nieder, dem keine Hilfe ge­bracht werden konnte, weil es vom übrigen Ge­biet völlig abgeschnitten war. Gegen die fast wehr­losen Basken wurden die waffenstarrenden Armeen Italiens und die moderne Kriegstechnik Deutsch­ lands eingesetzt. Trotzdem hielten sich die Basken monatelang und die asturischen Bergarbeiter sind bis heute noch nicht besiegt. Nicht das ist militä­risch bemerkenswert, daß Bilbao und Santander schließlich gefallen sind, sondern daß dazu die Heere Italien - und Deutschlands so viele Monate gebraucht haben. Mer diese Erfolge der Faschisten auf den Nebenkriegsschauplätzen vermögen keine militäri­sche Entscheidung zu bringen. Die Entscheidung kann nur auf. dem zentralen Kriegsschauplatz fal­len. Es ist freilich zu erwarten, daß setzt die im Norden freigewordenen Truppen Mussolinis und Francos nach Jnnerspanien werden geworfen wer­den und daß dort neu« große Kämpfe beginnen. Blieben in diesen Kämpfen die Soldaten Franco - allein, dann wäre das Ergebnis keinen Augenblick zweifelhaft. Jn wenigen Monaten wäre Spanien von der faschistischen Seuche befreit. Das weiß man natürlich nicht nur in Sevilla , sondern min­destens ebensogut, wenn nicht beffer, in Rom und Berlin . Eben deshalb werden Mussolini und Hitler ihreFreiwilligen" nicht zurückziehen es sei denn, di« demokratischen Westmächte mach­ten Ernst... Ob das zu erwarten ist? Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Beurteilung der inter­nationalen Lage ab.' Spanien ist zu einem der Brennpunkte der internationalen Politik gewor­den. Die Interesse« der großen Mächte prallen auf der Pyrenäen -Halbinsel aufeinander. Es ist durchaus möglich, daß der nächste Weltkrieg von Spanien seinen AuSgang nimmt. Hier wird nicht mehr um Spanien , hier wird um Europa ge­kämpft. Vorläufig weichen die demokratischen Groß­mächte vor den faschistischen Staaten Schritt für Schritt zurück. Aber wie lange wird das mög­lich sein? Es liegt im inneren Wesen des Fa­schismus, daß er aggressiv sein muß. Er kann das einmal begonnene Abenteuer nicht aufgeben, ohne Die britische Regier««- wird eine gleichlautende Erklärung abgeben. ES wird in London bekannt, daß die britische Regierung» im Sinne ihreS Programm- vom August, dem General Franco nach der erfolgte« vollkommene» Zurückziehung der stemden Truppe« die Rechte einer kriegführenden Partei-«erkennen wolle. Offene Bedrohung Aegyptens Täglich Italienische Truppentransporte nach Libyen