Nr. 254 Donnerstag. 28. Oktober 1937 «Seite 3 Zum erstenmal ohne TGM... Ihm selten heute die Gedanken aller demokratischen Staatsbürger! Schloß L&ny, wo Masaryk In den letzten Jahren lebte und am 14. September gestorben h" i Das Grab anf dem Dorf-Friedhof Zeichnungen von Helmut Krommer bei einem Gesamterträgnis der Einkommen­steuer von einer Milliarde dem Staate nicht tot* Niger als 328 Millionen abgeliefert. Justiz und Schul« Eine solche Fülle von Leistungen ergibt sich «ns bei einem flüchtigen Rückblick auf die soziali­stische Arbeit in der Krise, ein Rückblick, der zu­dem gar nicht berücksichtigt, daß neben den großen Ivirtschaftlichen und sozialpolitischen Aufgaben Politische, kulturelle, justizpoli­tische Probleme von der größten Bedeutung zu bewältigen waren. Wenn es inmitten der bitter­sten Notwendigkeit des Sparens erzielt werden konnte, daß keine Klaffe mit 45 Schülern statt mit 60 ausgelassen wird, wenn das SPren- gelbü r g e r s ch u l g e s e tz geschaffen wurde, so ist damit für die wahre Kultur des Volkes mehr geleistet worden, als alle totalitären Gleichschalter jemals zu leisten vermögen. Was aber die Justiz­gesetzgebung angeht, so sei von den großen Kodi­fikationen,-die jetzt im. Zuge sind, gar nicht gere­det, da eS sich hier doch in der Hauptsache um Unifizierungsarbeiten handelt, aber wenn wir an die Ausgestaltung der Arbeitsgerichtsbarkeit, an die Schaffung des I ug en dstra fg e setz e s, wenn wir nur daran denken, daß noch im Jahre 1934, also" nach dem Einbruch der national be­tonten Barbarei auch in das Recht, die Anwen­dung der Todesstrafe wenigstens eingeschränkt wurde, so erkennen wir, daß inmitten einer Welt der zerstörten Rechtssicherheit unsere Republik unter sozialistischer Mitarbeit den Weg der rechts­staatlichen Entwicklung gegangen ist, in einer Um­welt paragraphierter Grausamkeit den Weg der Humanität. Arbeit für die Nation Wer darf leugn^, daß mit alledem auch ein gutes Stück echter nationaler Arbeit geleistet wurde, Arbeit zur Erhaltung der wirtschaftlichen und sozialen Existenzgrundlagen, der Gesundheit und der kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten drS sudetendeutschen Volkes? Bon dem unermüd­lichen Ringen um die fürsorgerische Betreuung der Notstandsgebiete und die Erschließung neuer wirtschaftlicher Möglichkeiten für sie, von dem Kampf für jeden deutschen Straßenwärter und jede deutsche Schulklasse führt ein gerader Weg Positiver Aufbauarbeit zu dem positiven Werk vom 18. Feber, ein Weg, in dessen Durch Messung jeder sozialistische Mandatar und jeder soziali­stische Funktionär, aber auch jeder bewußte Mit­streiter seine Pflicht als Sozialist und seine Pflicht als Deutscher in vollem Maße erfüllt hat. So können wir jederzeit mit gutem Gewiffen Rechenschaft ablegen. So können wir jederzeit mit Tatsachen erhärten, daß der Sozialismus,.so ost als negative und zerstörende Bewegung verschrieen, in Wahrheit die Kraft des Aufbaues in' unserer Zeit der materiellen und ideologischen Verwüstung ist. So können wir zeigen, daß Sozialpolitik heute nicht bloßes Beiwerk, nicht ein bloßes Wund- pflastcr auf dem blutenden Leib der Gesellschaft sein kann, sondern daß es sich heute um nicht we­niger handelt, als um die soziale Umgestaltung des ganzen Baues der Gesellschaft selbst. I« ra­scher und je fiefer diese Erkenntnis in das all­gemeine Bewußtsein eindringt, desto eher wird die Menschheit aus ,.»n Chaos von heute den be­freienden Ausweg finden. Robert Wiener. Das neue Bankiergesetz Schaffung eines Zwangsverbandes aller Bankiergeschäfte Di« Regierung hat dem Abgeordnetenhaus einen Gesetzentwurf unterbreitet, wodurch der An­tritt und der Betrieb des Bankiergewerbes gere­gelt wird. Der Entwurf behandelt stn ersten Teil die ge» werberechtlichen Bestimmungen und die besonderen Pflichten der für das Bankgeschäft verantwortlichen Personen und der Angestellten eines solchen Be­triebes. In diesem Teil wird das Banfiergewerbe als konzessioniertes Gewerbe erklärt And die Ausdehnung seiner Berechfigung sowie die Bedingungen für den Antritt dieses Gewerbes, seiner Einstellung und seines Entzuges aufgezählt. Er ent­hält abweichende Bestimmungen von der Gewerbe­ordnung. So soll z. B. in der Regel die Konzesfion Aurvom Inhaber ausgeübt werden. Die Perpachtung kann nur mit Bewilligung der Kon- sessionsbehörde aus wichtigen Gründen erfolgen. Di« gleiche Behörde muß einer Verlegung des Stand­ortes des HauptgewerbeS zustimmen. Außerdem wird bestimmt, daß für dar Ban­kiergeschäft nicht nur der Konzessionär verantwort« lich ist, sondern auch sein Stellvertreter und bei einer Gesellschaft alle Gesellschafter, die zur Vertretung berechtigt sind. Auch werden die Pflichten der ver- oniivortlichen Personen festgesetzt, z. B. die ordent­liche Buchführung und der JechreSrechtungSabschluß, Wofür das Gesetz die Richtlinien enthAt. Der zweite Teil handelt über den Bankier- geschäfte-Berband, den obligatorisch sämtliche Inhaber dieser Konzessionen bflden müssen. Gs werden die Aufgaben dieses Verbände- auf­gezählt, z. B. die Erstattung von Gutachten nach diesem Gesetz«, die Entsendung von Vertretern der Mitgliedschaft in die Fachberatungskörperschaften, die Anzeige von unberechtigtem Gewerbebetrieb und die Ausübung der Kontrolle über die Mitglied Sgeschäste. Der Entwurf denkt in besonderen Bestimmungen auch daran, daß bei der Ausübung der Aufgaben dieses Verbandes keine Kollision mft den Interessen erfolge, die von der Gewerbegenossenschaft oder vom Gremium besorgt werden müssen. Die Aufsicht über den Mitgliedsbetrieb ist durch weitere Vor­schriften dieses Teiles sehr detailliert so geregelt, daß der Schutz der Oeffentlichkeit auch den Betrieben selbst gewährt wird. Der dritte Teil behandelt die Uebergangs- bestimmungen, insbesondere über die Regelung der bisherigen Rechte der BanfierS in Verbindung mit den neuen Bestimmungen dieses Entwurfes, ferner di« Strafbestimmungen, die einerseits die Vor­schriften der Gewerbeordnung, andererseits Ueber- tretungen nach dem Banfiergesetz beinhalten. Fortführung der ErnShrungsaktion Gemäß dem Vorschlag des Ministeriums für soziale Fürsorge wird die staatlich« BerpflrgS- aktion für arbeitslose und beschränkt arbeitende Personen für eine weitere Zeitperiode von fünf Wochen, d. i. vom 1. November bis 5. Dezember 1937, mit einem Betrage von 7,322.450 XL fort­gesetzt. Für die Durchführung der Milch- a k 1 i o n für Kinder Arbeitsloser»der beschränkt arbeitender Familienornährer find für dieselbe Zeit KL 732.000 bestimmt. Gleichzeitig wird auch die Brotaktion für Arbeitslose unter den bisherigen Bedingungen fortgesetzt werden. Der Aufwand für diese Aktion erfordert für die oben angeführle Aeitperiode einen Betrag von AL 1,700.000. Rene Tageszeitung. Am 7. November be­ginnt eine neue Tageszeitung unter dem Titel Närodnt Noviny " zu erscheinen. Der Herausge­ber der Zeitung ist der Führer des Närodni sjednoceni, Dr. Frantisek H o d a L» der ehema­lige Abgeordnete und Generalsekretär des tsche- choflowakischen Andustriellenverbandes. Angeb­lich soll Baka diese Zeitung finanzieren. Der Präsident der Republik empfing am Mittwoch den Redakteur derNew-Uork-Times" Otto David Tolisches. Weiters empfing der Präsident Deputationen der Städte Lundenburg , Bzenec und Valasske Mezirici, welche ihm Ehren­bürger-Diplome überreichten. Der Landesausschuß für Böhmen hat in sei­ner Sitzung am 27. Oktober u. a. einer Reihe von Gemeinden die Genehmigung zur Aufnahme von Darlehen erteilt. Von dem Gesamtbetrag von 9 Millionen XL entfallen u. a. auf Turn 1,500.000, Braunau 650.000, Aussig (Rekon­struktion der Straßenbahn) 1,000.000. Im Rah­men der Bezirksstraßen-Rekonstruktionen und Bauten wurde neben anderen dem Bezirk Schüt- tcnhofen die Pflasterung der Straße Langen­dorfSchüttenhofen mit einem Aufwand von 600.000 bewilligt. Sozialversicherungsabkommen mit Frank­ reich . In Paris wurden Verhandlungen zwischen einer französischen und einer tschechoslowakischen Delegation zwecks Abschluffes eines gegenseitigen Abkommens über die Sozialversicherung begon­nen. Vorsitzender der tschechoslowakischen Dele­gation ist Gesandter Dr. Osuskh und ihre Mit­glieder sind: der Sektionschef des Ministeriums für soziale Fürsorge Dr. Araber und Ministe­rialrat Jng. O. Para vom Außenministerium, Dr. Kamil Slapäk und Dr. Jan Fiser vom Mi­nisterium für soziale Mrsorge, sowie Dr. E. Stern, Direktor der Zentralsozialversicherung in Prag . Die ftanzösische Delegation führt der Ge- neraldirektor der französischen Sozialversiche­rungsanstalt Emil Dreyfus. Die Verhandlungen, die im breiten Rahmen geführt werden und die Vertiefung der gegenseifigen Vertragsbeziehungen der Sozialversicherungen beider Staaten anstre­ben, nehmen einen günstigen Fortgang. Erklärung Zu der in derR e i ch e n v e r g e r Z«i< tuns" vom 11. Oktober 1937 veröffentlichten NachrichtErklärung Henleins züm Falle Rutha" erklären wir, daß wir die erwähnte Nachricht als Bericht über die Rede des Polifikers Konrad Hen­ lein und nicht als eigene Meinungsäußerung veröffentlicht haben. Mit den in der von uns wie­dergegebenen Rede Konrad Henleins enthaltenen, auf die ZeitungSozialdemokrat" bezüglichen Behauptungen können wir uns in keiner Weise identifizieren. Wir widerrufen daher den beleidi­genden Artikel und leisten der Redaktion des Sozialdemokrat" auf diese Weise volle Genug­tuung. Die Redaktion. Das ist die erste der fünfund dreißig Ehrenerklärungen, die von den sudetendeutschen Provinzblättern wegen des Nachdrucks der Leit« meritzer Henleinrede abgegeben werden müssen. Die Redakfion desSozialdemokrat". Schachts Rücktritt London. (E. SB.) Zu unserer Meldung, daß Dr. Schacht nicht mehr Reichswirtschaftsminister ist, erfahren wir, daß die amtliche Mitteilung über seinen Rücktritt von. Hitler bisher verhin­dert worden ist, daß diese Mitteilung jedoch noch im Laufe dieser Woche erfolgen werde. Der Un­terstaatssekretär Posse habe seit zwei Wochen die tatsächliche Leitung des Ministeriums inne. Es sei sehr zweifelhaft, daß Schacht Reichsbankprä­sident bleibe. Er habe die Absicht, sich ins Pri­vatleben zurückzuziehen, um später wenn er ge­genüber seinen jetzigen Widersachern recht behal­ten hätte, mit höherer Autorität zurückkehren zu können. Der Rücktritt Schachts von seinem Po­sten als Reichsbankpräsident werde im Frühjahr erfolgen. Belgien kein Beispiel London. (E. SB.) In der zweiten holländi­schen Kammer antwortete der Außenminister auf die Frage, ob Holland nach belgischem Vorbild ein Abkommen mit Deutschland abschließen wer­de, Holland stehe weiter auf dem Standpunkt» daß die Unverletzlichkeit des holländischen Gebie­tes einen Grundsatz bilde, der niemals G e- genstand der Erörterung mit an­deren Ländern sein könne. I-adourlLrltlk an der Thronrede London . Im Unterhaus wurde Mittwoch die Debatte über die Königsansprache fortgesetzt. Der Labour-Abgeordnete Greenwood konzen­trierte seine Ausführungen auf die außenpoli­tische und wirtschaftliche Linie der Thronrede und erklärte, daß die freundschaftlichen Bezie­hungen Englands mft anderen Staaten zum großen Teil auf die Preisgabe mora- lischerPrinzipienzurückzuführen seien« Er hält einen wirtschaftlichen Rückgang für un­vermeidlich und kritisierte die Regierung, die keine angemessenen Gegenmaßnahmen dazu ge­troffen habe. ve la Rocque überführt Lyon . Das Gericht hat beschlossen, da? Ur­teil in der Klage des Journalisten Pozzo di Borgo gegen den Vorsitzenden der französischen sozialen Prrtei de la Rocque auf Ehrenbeleidigung im November zu fällen. Die Verhandlung hatte ungeheueres Aufsehen erregt, da der frühere Ministerpräsident Tardieu, ein Mann der Rech­ten, als Zeuge erklärte, daß de la Rocque von ihm durch viele Monate hindurch Geld aus dem Dis­positionsfonds erhalten hat, also von der Regie­rung ausgehalten wurde. Die Beschuldigungen gegen den Faschistenführer wurden damit in ihrem wichtigsten Punkt bestätigt. Nazistische Mörder London. (E. SB.) In dem rumänischen Dorf Veresti wurde am Dienstag ein Denkmal des von den rumänischen Faschisten ermordeten Minister». Präsidenten D u c a enthüllt. Bürgermeister C o r- b i n i a n u nannte in seiner Rede die rumäni­schen Nazis Mörder. Nach seiner Rede wurde er von den Brüdern Tetrescu, zwei Nation n a I s o z i a l i ste n, die über seine Red« empört waren, niedergestochen. Der Bürgermeister ist seinen Verletzungen erlegen, die Mörder wur­den verhaftet. Nach Palästina Marokko Rabat . In Casablanca kam es zwischen ein­geborenen arabischen Demonstranten und der be­waffneten Macht zu Zusammenstößen, di« unge­wöhnlich großes Ausmaß erreichten. Selbst offi­ziell wird erklärt, daß die Unruhen von einer aus­ländischen Macht angezettelt worden waren. Diese Wühlarbeit ist als ein Teil des großangelegten italienischen Versuchs anzusehen, die Welt deS Islams gegen England und, wie in Marokko , gegen Frankreich in Aufruhr zu bringen. Me Vorfälle in Casablanca haben auch in London Be­unruhigung hervorgerufen und werden dort in eine Liüie mit den Unruhen in Palästina gebracht. Die französischen Behörden haben einige Führer der Eingeborenen verhaftet.