Nr. 264 Mittwoch, 10. November 1937 Seite 7 IMhwirbcfiaft und 5oLÜchwLltiL Die Arbeitslosigkeit im Bereiche der Reichenberger Landeszentrale für Arbeitsvermittlung ist im Oktober um 2.2 Prozent gestiegen, das ist um nicht ganz 1200, und ist damit unter dem Stand vom Jahre 1931, der im September zum erstenmal unterschritten wurde, um ein ganzes Sechstel geblieben. Die Vermehrung der Arbeitslosenziffer um 2.2 Prozent ist kleiner als sie im ganzen Lande Böhmen ist, wo sie 4 Prozent (5.726) beträgt. Die Entwicklung der Zolleinnahmen Mit dem starken Rückgang der Wareneinfuhr verzeichneten in' den ersten Krisenjahren auch die Einnahmen aus den Zöllen eine bedeutende Abnahme. Infolge der Heraufsetzung zahlreicher Zölle und der später wieder zunehmenden Einfuhr haben sich schon vom Jahre 1934 ab die Zolleinnahmen unseres Staates wieder erhöht. Mr die ersten neun Monate der letzten fünf Jahre ergeben die Zolleinnahmen folgendes Bild: Während sich 1933 bis 1935 die Einnahmen aus den Zöllen in den ersten neun Monaten nur um 25 Millionen KL erhöht hatten, beträgt die Zunahme von 1935 zu 1936 56 Millionen KL und von 1936 zu 1937 48 Millionen KL. Bei dem anhaltenden Anwachsen der Einfuhr und angesichts der nicht zu erwartenden Zollermäßigung ist mit einer weiteren Zunahme der Zolleinnahmen zu rechnen. Jänner bis Zolleinnahmen September in Millionen KL 1937 577,0 1936 529,0 1935 473,0 1934 462,0 1933 448,0 Unterricht an Fortbildungsschulen an einem einzigen Wochentag Das Institut für den Binnenhandel beantragte beim Ministerium für Schulwesen, dieses möge den untergeordneten Schulen empfehlen, im Rahmen der Möglichkeit an den Fortbildungsschulen nur an einem Tage in der Woche, jedoch vormittag und nachmittag, zu unterrichten. Der Antrag wird damit begründet, daß an den Fortbildungsschulen vielfack an drei Tagen der Woche unterrichtet wird; der kaufmännische Nachwuchs hat bei diesem Stande nicht die Möglichkeit, sich derart M konzentrieren, wie es möglich wäre, wenn nur an einem Tage der Woche unterrichtet werden würde und wenn dieser Unterrichtstag ganz und gar ausgenützt wäre. Das Schulmini- stcrium steht dem Antrag günstig gegenüber. Die Zusammenfassung des Unterrichtes kann durchaus auch von den jugendlichen Angestellten gutgehei« ßen werden, wenn dieser an einem Wochentag erfolgt, wenn also nicht der Versuch unternommen wird, die Sonntagsfreizeit der Lehrlinge zu beschränken. Erhöhter Landmaschinen-Exvort. In den ersten neun Monaten 1937 erreichte die Landnia- schinen-Ausfuhr einen Wert von 21,7 Millionen KL gegen nur 10.9 Millionen KL in der gleichen Vorjahrszeit. Amerika in der Hopfeneinfuhr an der Spitze. Von den 28.214 Meterzentner Hopfen, die bis Ende September aus der Tschechoslowakei expor- diert wurden, haben die Bereinigten Staaten allein 9750 Meterzentner ausgenommen. Sie sind damit der beste Hopfenkunde der Tschechoslowakei . Konjunktur und Arbeitslosigkeit In den ersten drei Vierteljahren 1937 betrug der englische Export 386 Millionen Pfund und war damit höher als jemals in den letzten sechs Jahren. Auch die Zahl der Beschäftigten war größer als im Jahre 1929. Trotzdem wurden qm 18. Oktober, dem letzten Stichtag der Arbeitslösenzählung, 1,300.249 Arbeitslose ausgewiesen, das sind um 51.000 mehr als am letzten Stichtag, den 13. September. Gegenüber dem Vorjahr ist die Arbeitslosenzahl um 166,000 lleiner. Wenn Man berücksichtigt, daß England infolge seines Systems der Arbeitslosenversicherung die heute Unangezweifelt beste Zählung der Arbeitslosen besitzt, kommt man zu dem auch für unsere Verhältnisse wichtigen Nachweis, wie wenig begründet eine Kritik an den Arbeitslosenziffern ist, die Man erhält für KL 100 Reichsmark...... 613.— Markmünzen 677.50 100 österreichische Schilling.. 526.50 100 rumänische Lei.... 15.85 100 polnische Zloty.... 505.50 100 ungarische Pengö.... 549.50 100 Schweizer Franken... 655.50 100 französische Francs».. 95.70 1 englisches Pfund.... 140.75 1 amerikanischer Dollar... 28.20 100 italienische Lire.... 115.40 100 holländische Gulden... 1567.— 100 jugoslawische Dinare... 62.05 100 BelgaS 481.— 100 dänische Kronen.... 628.— 100 schwedische Krone»... 728.— sich auf das Steigen der Beschäftigtenzahlen und der Produktionsziffern beruft. Die Lchwelz wehrt sich gegen fremdes Fluditkapital Nachdem die Zuwanderung von ausländischem Fluchtkapital in die Schweiz unaufhaltsam anhält, sind die Nationalbank und die führenden Banken eine Vereinbarung eingegangen, derzu- folge sämtliche ausländischen Sichtguthaben(sofort abberusbare Guthaben) in Schweizer Fran ken u. a. nicht mehr verzinst werden sollen. Ferner wird u. a. auch die Aufbewahrung von Schweizer Banknoten für Ausländer abgelehnt. Der bestimmende Beweggrund für diese Maßnahmen liegt in der Befürchtung, daß sich die Schweiz so wie es andern Ländern schon geschehen ist, bei einer Aenderung der Verhältnisse und plötzlichen Abberufung der fremden Kapitalien in wirtschaftliche und finanzielle Schwierigkeiten kommen könnte. Gold kehrt nach Frankreich zurück Zum erstenmal seit dem Bestand des dreiseitigen Währungsabkommens vom Herbst 1936 führen die Vereinigten Staaten Gold aus. An Bord der„Normandie " werden Goldbarren im Werte von 10,250.000 Dollar nach Frankreich gebracht werden. Bei dieser Gelegenheit erklärte Finanzminister Morgenthau : Es ist zum erstenmal, daß das dreiseitige Währungsabkommen sich durch Goldausfuhr mis den Bereinigten Staaten geltend macht, doch kann unser Stabilisierungsfonds, der heute eine Höhe von 1250 Millionen Dollar erreicht hat, jede Goldmenge zur Verfügung stellen, die ausländische Staaten einkaufen wollten. Reue Erhöhung der französischen Eiseniahn- tarife. Finanzminister Bonnet teilte im Finanzausschuß der Pariser Kammer mit, daß zwecks Ausgleichung des beträchtlichen Defizits im Eisen- bahnbetriob die Regierung ab 1. Jänner 1938 eine Erhöhung der Berkehrstarife um 25 Prozent einzusühren gedenke. Es wäre dies binnen kurzer Zeit die zweite Tariferhöhung, da erst im August d. I. die Tarife um durchschnittlich 20 Prozent hinaufgeseht wurden. Schweden lehnt Autarkie-Tendenzen ab. Der schwedische Handelsminister Skoeld betonte in einer Kundgebung, daß Schweden für keine Aktion sei, die in irgendeiner Form die Autarkie anstreben würde, sondern daß es vielmehr fest entschlossen sci. aus, deyl.PrinziP des,fMen WarWgustWsche unter den einzelnen Staaten zu verharren. Schweden könne jedoch die vorhandenen Tatsachen nicht aus den Augen verlieren und sei gewillt, auf die Beseitigung des Prinzips des freien Warenaustausches durch einige Staaten mit energischen Maßnahmen zu antworten. Der Minister erklärte auch, daß die schwedische Regierung mit Sorgfalt das Problem der Organisierung der Produktion für den Fall eines Krieges studiere, in welchem Schweden möglicherweise auf die Lieferung einer Reihe von Produkten aus dem Auslande werde verzichten müffen. Lehrlingsgesetz in den Bereinigten Staaten. In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde kürzlich ein Bundesgesetz zur Regelung des Lehrlingswesens angenommen. Wie das Internationale Arbeitsamt dazu mitteilt, wird das Arbeitsministerium durch dieses Gesetz ermächtigt, einheitliche Richtlinien über die Arbeitsbedingungen . der Lehrlinge aufzustellen und für die allgemeine Durchführung dieser Vorschriften zu sorgen. Dies soll durch Aufnahme dieser Richtlinien in die Lehrverträge geschehen. Weiter soll das Arbeitsministerium Zusammenkünfte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern veranstalten, um zweckmäßige Ausbildungspläne für die Lehrlinge aufzustellen. Dabei soll eine Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen der Bundesstaaten, der Bundesjugendbehörde sowie der Unterrichtsabteilung des Innenministeriums stattfinden. (Mufti Wolf und Gasti Haber in„Unentschuldigte Stunde". Ein Beweis dafür, daß auch In der billigen Preisklasse ein moderner Superhetempfänger mit verblüffenden Eigenschaften entwickelt werden konnte, ist der neue „Arioso". Eine lange Reihe ferner Sender aus aller Welt ertönt Im Lautsprecher, trennscharf, lautstark und naturgetreu! Ein neues Konstruktionsprinzip, die Aufteilung In drei Chassisblöcke, war die Voraussetzung für eine neuartige Gehäusearchitekturi Ausland Die amerikanische Arbeiterpartei A. S„ London , 4. November. Der Wahlsieg Fiorello LaGuardias, -er Dienstag mit überwältigender Mehrheit zum Bürgermeister New Jorks gewählt wurde, ist nicht nur als Triumph eines erstklassigen Verwaltungsmannes und überzeugten Antifaszisten bedeutungsvoll. Zum ersten Male hat die junge ameri kanische Arbeiterpartei ihre Kräfte gezeigt und diese Generalprobe ist mehr als befriedigend ausgefallen. Die amerikanische Arbeiterpartei verdankt ihr Entstehen dem letzten Wahlkampf um die Präsidentschaft. Um Roosevelts Wiederwahl im Kampfe gegen„big busineß", das Großkapital, zu sichern, schuf der Wahlagent Roosevelts F a r- l e y im Verein mit John Lewis, dem Führer des.Komitees für industrielle Organisatton", die American Labor Party. Obzwar ihre Organisation noch mehr als embryonal war, als die Wahlschlacht geschlagen wurde, hat sie Roosevelt unzweifelhaft wertvolle Dienste geleistet. Nicht umsonst hat Lewis wiederholt den Präsidenten offen darauf aufmerksam gemacht, daß er seine Wahl nicht an letzter Stelle dem Eingreifen der amerikani schen Arbeiterpartei und den Stimmen der industriellen Arbeiter verdanke. Das bedeutsame in den New-Dorker Wahlen liegt nun darin, daß die Arbeiterpartei zum ersten Male selbständig aufgetreten ist und sich von der offiziellen Demokratischen Partei losgelöst hat. Der Gegenkandidat La Guardias war Jeremiah M a h o n n e y, der offizielle Kandidat der Demokratischen Partei . Beide Kandidaten sind Anhänger der Roosevelt 'schen Reformpolitik. Was sie trennt, war weit mehr ihre organisatorische Bindung, als ein programmatischer Gegensatz. Mahonney war der Mann von Tammany Hall , der alten korrupten Wahlmaschine der New- Iorker Demokraten. Seine Niederlage wird vermutlich den Niedergang dieses Werkzeuges des politischen Verbrechertums beschleunigen. Aber da Mahonney als offizieller Kandidat der Demokraten bezeichnet worden war, genoß er auch die Unterstützung FarleYS, des leitenden Wahlagenten der.Demokratischen Partei. Die amerika nische Arbeiterpartei trat für La Guardia ein, der sich der stillen Sympathie Roosevelts erfreute. So hat die amerikani sche Arbeiterpartei die Vormundschaft der Demo kratischen Partei abgestreift und war der entscheidende Faktor beim Wahlsieg La Guardias. Während sie bei der Roosevelt -Wahl in der Stadt New Iork erst 250.000 Stimmen auf sich vereinigte, hat sie Dienstag nicht weniger als 500.000 Stimmen erzielt, die in ihrem Namen für La Guardia abgegeben wurden. Zwar ist gleichzeitig in Detroft der Kandidat des Komitees für industrielle Organisation geschlagen worden. Aber der Triumph der Arbeiterpartei in New Jork bedeutet für das ganze Land so viel, daß zum erstenmal in der Geschichte der USA die Chance greifbar nahe ist, daß das alte überlebte Zweiparteiensystem gesprengt wurde. Optimisten sprechen bereits davon, daß die ameri kanische Arbeiterpartei bei den nächsten Präsident« schaftswahlen einen eigenen Kandidaten aufstellen könne und der, Name La Guardias wird dabei ebenso oft genannt, wie der von John Lewis selbst. Fiorello La Guardia, der Sohn eines italienischen Vaters und einer halbjüdischen Mutter, hat bekanntlich die besondere Wut der deutschen Nazi auf sich gezogen, da er mit anerkennenswerter Offenheit seine Meinung über die moralischen Qualitäten der Männer ausgesprochen hat, die heute Deutschland regieren. Das hat La Guardia nicht nur nicht geschadet, sondern unzweifelhaft seine Anziehungskraft auf die ungeheure antifaschistische Mehrheit der New-Iorker Bevölkerung nur gestärkt. Goebbels unwiedergebbare Schimpfkanonaden gegen La Guardia waren die besten Wahlparolen für die Wiederwahl des erfolgreichen Oberbürgermeisters der größten amerikanischen Stadt. Kennzeichnend auch, daß alle Versuche der offiziellen Demokraten, ihren Gegner und John Lewis als Bolschewiken hinzustellen, völlig ergebnislos blieben. Daß das Amt, das in den USA nach der Präsidentschaft als das wichtigste angesehen wird, die Leitung der Verwaltung der zweitgrößten Stadt der Erde, in den Händen eines überzeugten Antifaschisten ist, ist kein unwichtiges Symptom, wohin sich die große amerikanische Re publik entwickelt. Auch In Zürich Plebiszit über Partelenverbot Zürich . Die von rechtsstehenden bürgerlichen Kreisen ausgehende Initiative, auch im Kanton Zürich eine Volksabstimmung über das Verbot der kommunistischen Partei und ihrer Neuorganisation zu veranstalten, hat die erforderlichen Unterschriften gefunden. Sie wurde nunmehr vom Initiativkomitee dem Präsidenten des Kantonrates überreicht. Die Gesetzesvorlage lautet so, daß außer den kommunistischen auch andere, auf gewaltsamen Umsturz gerichtete Vereinigungen oder Parteien, die mit ausländischen Staaten oder Organisationen Bindungen eingehen, zu untersagen sind.
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17 (10.11.1937) 264
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