Sozialdemokrat gerrtralorgan der Deutschen sozialdemokratische« Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen RepubNk Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 70 Heller Redaktion und Verwaltung: Prag XU., Fochova 82 Telephon 83077 Herausgeber: Siegfried Taub »» Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag «ar dem Inhalt: Jaksch über das deutsche Problem Ein Masarykbuch von Hofbauer Politischer Terror im Staatsforst Jahresbericht des Deutschen Gewerkschaftsbundes 17. Jahrgang Freitag, 19. November 1937 Nr. 272 USA in die demokratische Front Weltpolitische Bedeutung des amerlkanlsch*engllschen Handelsvertrags# Antwort auf den Antikominternpakt Der deutsche Sender 10 Jahre zu spätl Jaksch gegen unzulässige anonyme Einflüsse Im Budgetausschuß befaßte sich Genosie Jaksch im Zusammenhang mit kulturellen Kra­gen auch mit dem deutschen Sender, einem Kapi- tel. Las nicht zum erstenmal im Budgetausschutz erörtert wird und das endlich einmal aus der Diskussion verschwinden sollte. Man wird zugeben muffen, erklärte Jaksch, daß sich die Errichtung des deutschen Senders in­folge von bekannten Strömungen ohnedies schon um gute zehn Jahre verspätet hat. Wenn eS nun endlich dazu kommt, so soll die Institution so ein­gerichtet sein, daß sie die Erwartungen nicht en t t ä u s ch t, welche gerade die staatserhaltende deutsche Bevölkerung an sie geknüpft hat. Leider sehen wir bei den BorbereitungS- arbeiten keine einheitliche Linie, leider müffen wir daS Obwalten der dwergierendsten Einflüffe kon­statieren und wir habe« oft de» Eindruck, daß sich nnonymeFaktorenindie Frage der Neu­gestaltung, deS Ausbaues und der Organisation des deutschen Senders mehr als zulässig ein­wischen. Wir können dem unmöglich zustimmen nnd erklären es mit aller Offenheit, daß durch dir?« Einflüffe vielleicht ein deutscher Sender geschaffen wird, bei dem die deutsche Bevölkerung möglichst wenig dreinzureden haben wird. Deswegen halten wirres für unsere Pflicht» noch vor der Ent- scheidung darauf aufmerksam zu machen, daß es sich nicht um ein propagandistisches, sondern um ein ftaatSpolitischeS Problem handelt, bei hem die deutschen Regierungsparteien nicht Übergängen werden wollen! 150.000 Italiener in Spanien Negrln über Freiwilligenfrage nnd spanische Währung * Barcelona. (Ag. Esp.) Ministerprisi- bent und Finanzminister Regrin erklärte den Vertretern der Auslandspreise, daß die Antwort »» das Londoner RichteinmischungSkomitee wahr­scheinlich noch in dieser Woche gegeben werden wird. Der gut» Glauben dieses Komitees stehe außer Zweifd, aber anders sei eS mit den Infor- «Nationen über die Anzahl der ausländischen Kämpfer in Auslandsblättern. Rach den Fest- stellmlgen der Regierung betrage die Zahl der italienischen Soldaten in Spanien 150.000. Die sonst genannte Zahl 60.000 könne nur die itn Kampfe stehenden italienischen Truppen be­deuten, zu denen aber die Reserve- und Be- srtzungstruppen sowie die Polizei und die llrber- wachung von Straßen, Eisenbahnen ete. im Francogebiet kommen. Ganze Garnisonen dort bestehen völlig auS AuSlandstruppcn. Ohne unS zu fragen, sagte Regrin weiter, hat man davon gesprochen, daß je 5000 Mann zurückgezogen werden sollen. Das wäre ein Unfug! Wir müß­te» dann die Internationale Brigade entlassen, während die Rebellen sich bloß ihrer Kranken und Verwundeten entledigen werden, die ohnehin nicht im Kampfe stehen. Zum Kurs der Peseta erklärte Regrin, daß dieser unter dem wirklichen Wert liege, denn die NotendecknNg der Bank von Spa­ nien ist auch heute noch die höchste der Welt. In sehr nahe bevorstehender Zukunft werde man mit einer Wiederaufwertung der spanischen Währung »u rechnen haben. Schließlich kündigte der Re­gierungschef für die nächste Zeit die Nationali­sierung der Kriegsindustrie und eines Teilet der Transportmittel an. Der japanische Vormarsch stockt Schanghai . Meuter.) Im Abschnitte um K a s ch i n werden die heftigen Kämpfe fort- gesrvt. Die Festung Fuschyn am Aangtse nördlich d»n Schangschu bleibt, obwohl sie von den Japa­nern stark beschossen wird, in de« Händen der Chinesen. Bisher ist eS den Japanern nicht ge­lungen, di» zweite Verteidigungslinie, deren äußerste Flügel zu Lande und zur See bombardiert wurden, zu durchbrechen. London.(Eigenbericht.) Wie der britische Ministerpräsident Chamberlain im Unterhaus und Staatssekretär Hüll in Washington am Donnerstag gleichzeitig bekannt­gaben, stehen offizielle Verhandlungen über den Abschluß eines Handelsvertrages zwischen Eng­land und den Bereinigten Staaten bevor. Diese Ankündigung bedeutet in Wahrheit, daß eine Einigung m den wichtigste» Fra­gen bereits erzielt ist. Die britischen Domi­nions wurden über den Fortgang der bisherigen offiziösen Besprechungen auf dem Laufenden ge­halten. Praktisch wird der kommende Handels­vertrag, der auf amerikanischen Zollreduktionen für englische Jndustrieware« und der Meistbe- günstigungsklausel aufgebaut werde» soll, und Scharte Polemik vr. Hodzas gegen Kundt Im Budgetausschuß deS Abgeordnetenhauses hatte u. a. Dr. R o s ch e am Mittwoch treuher­zig versichert, daß die SdP ja gar nicht irreden- nstisch sei, wie ihr Dr. Stränskh vorgeworscn hatte. Später hatte Kundt(SdP) in seiner ge­wohnten schnoddrigen Weise an der StaatSführunz Kritik geübt, das Militär als de» einzig entschei­denden Faktor hingestellt, den offenen Brief Hen­leins an den Präsidenten kommentiert und schließlich auch die Verhandlung der SdP-An« träge betreffend die nationale Autonomie ver­langt. In seinem Schlußwort befaßte sich nun Mi­nisterpräsident Dr. H o d j a ausführlich mit den AuSlaffungen der SdP-Redner, vornehmlich des Herrn Kundt. Bei der bekannten Menschenkennt­nis des Premiers muß es einigermaßen auffal­len, daß er den parlamentsbekannten Brustton der Ueberzeugung, mit dem Herr Dr. Rosche seit Jahren schon immer seine jeweilige Ueber­zeugung vertritt, als bare Münze nahm und Rosche fast Komplimente darüber machte, mit welchinnerer Bewegung" er den Vorwurf der Jrredenta zurückgewiesen habe. Kundt gegen­über schlug Dr. Hodja allerdings einen wesentlich anderen Ton an. Er protestiert« zunächst dagegen, daß Kundt den Präsidenten der Republik in die Debatte gezo­gen habe. Die Bereitwilligkeit des Parlamentes, be­rechtigten Wünschen der Regierung zu entsprechen, dürfe nicht, wie Kundt eS tat, als Rückgratlosigkeit hingestellt werden. Auch müsse KundtS Behauptung zurückgewiesen werden, daß sich Regierung u»d Hitler will kneifen I London. (Eigenbericht.) ImOeuvre" schreibt Madame T a b o»i s, daß R e u r a t h den englischen Unterhändler Lord Halifax in dem Sinne informiert habe, der Führer wolle mit ihm im wesentlichen über die polifische Phi­losophie deS nationalsozialistischen und des eng­lischen RrgirrungssystrmS reden. Halifax habe jedoch angekündigt, daß erpräzife Fragen zu behandeln wünscht, darunter auch über die deut­ schen Pläne in Zentraleuropa . Neurath habe jedoch durchblickr» lassen, daß der Führer nicht über Einzelfragen zu sprechen wünsche. Hier finanziert die CagoulardS? Paris.(Eigenbericht.) Im Zusammen­hang mit der eben in Paris aufgedeckten Ver­schwörung der CagoulardS wurden in Paris und in verschiedenen französischen Städten 450 Haus­suchungen vorgenommen und neun Personen ver­haftet. Unter den Verhafteten befinden sich einige reiche Industrielle. Es wird vermutet, daß die CagoulardS auch an dem kürzlich in Paris ver­übten Bsmbenattentat beteiligt sind. Di» Blätter heben allgemein hervor, daß der Ausbau der geheimen Waffenloser, der Ankauf der Waffen und ihr geheimer Transport nach Frankreich (eS handelt sich grötzenteilS um Waf- den amerikanischen Waren auf dem.engsischen Markt eine Zwischenstellung zwischen den Domi­nien und dem übrigen Ausland bieten wird, eine» engeren wirtschaftlichen Zusammenschluß aller angelsächsischen Länder bedeuten. Di« p o- l i tische Bedeutung dieses Geschehnisse- liegt auf der Hand. Sie wird überdies in amerikani­sche» Blättern deutlich unterstrichen. Do schreibt dieWashington Post ", daß die Bereinigten Staaten von Amerika ihre Solidarität mit der demokratischen Front zeigen wollen,«m eine deutliche Antwort auf den Antikomintern-Pakt zu erteilen. Man erwartet in Washington durch ihn nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine politische Stärkung der demokratischen Kräfte. Der Abschluß des Vertrages wird welt­politische Bedeutung haben. Parlament a priori allen Wünschen der Militärs beugen. Das sei nicht so und werde auch niemals so fein. Auch die Annahme sei absolut unrichtig, daß dre inner« oder auswärtige Politik in der heutigen Zeit irgend einen Staat in Europa , wenn nicht in der Welt, von der Pflicht zu rüsten entheben könnte, wenn die anderen und alle anderen rüsten.(Zu­stimmung.) Die Rüstungen in der Tschechoslowa­ kei , erklärte Hodja, sind keine tschechoslowakische Spezialität(neuerliche Zustimmung), sonder» eine auf Grund der internationalen Lag« gegebene Not­wendigkeit. Auch die.Leit" erhielt eine» verdienten Tadel durch di« Bemerkung Dr. Hodzas. Kundt habe nicht das Recht, die tschechische Parteipresse der Aggresivi- tat zu beschuldigen, weil sein Organein Blatt ist. an dessen Objektivität ich. wie so mancher von Ihnen, ernsteZweifel hege."(Zustimmung.) Der Ton KundtS gereiche der Befriedung, von der viel die Rede gewesen sei. nicht zum Nutzen. Andererseits nahm Dr, HMa die Versicherung KundtS. Dr. Rosche habe(als er den Vorwurf der Jrredenta zurückwieS), die Auflassung aller Mit- glieder seines Klubs vertreten, zur Kenntnis, aller­dings mit dem einschränkenden Wunsch, diese Erklä- rung möge immer auch durch die ganze politische Praxis der SdP ihre Begründung finden. Die von der SdP geforderte Diskussion über ihre Anträge werde mit aller Gründ­lichkeit durchgeführt werden. Zum Schluß hielt Dr. Hodjja der SdP noch«ine Vorlesung über Verant­wortlichkeit. Um die Tschechen brauche Kundt da nicht besorgt zu sein. Sie kennen ihre Verantwortung(Hu; die Schaffung einer nationalen Verständigung) bis in die letzte Konseauenz besser als die SdP. Vorläufig könne man ein ähnliches Verantwortungs­gefühl auf der Gegenseite nicht bemerken. Sollte dies anders werden, dann werde auch die Diskussion dar­über freundschaftlicher sein können. fen deutschen und italienischen Ur- sprungS) einige Zehnmillionen Francs kosteten. Die wichtigste Frage, welche sich die Polizei, die Orflrntlichkeit und die Presse vorlegen, ist die genaue Feststellung, welches dir Ziele dieser Vrr- schwörung warrn, ob bestimmte, schnelle und ge­waltsame Aktionen angrstrebt wurden und wer dies, weitverzweigte Bewegung leitet und finanzierte. Del Vayo zurückgetreten Paris.(Eigenbericht.) Der frühere Außenminister der spanischen Republik und bis­herige Generaflriegskommissär, Alvarez del Bay», ist von seinem Posten zurückgetreten. Zu seinem Nachfolger ist der bisherige Kommandant der Ostarmee, LrrSconciano-Bilbao , ernannt worden. Italienisches Franco-Schiff gesunken Paris.(Eigenbericht.) Das italie­nische SchiffBoccaccio", das mit einer Ladung von Bomben nach Franco-Spanien unterwegs war, ist Donnerstag um halb 6 Uhr unweit der Küste auf der Höhe von Brest durch eine Explo­sion zerstört worden. Friedens-Nobelpreis für Lord Ced! Stockholm . Der Friedens-Nobelpreis wurde Lord Robert Cecil of Chelwood erteilt. Nach der Besetzung Schanghais Die militärische und politische Lage im Fernen Osten Mit der Besetzung Schanghais durch die Japaner, die am 13. November erfolgt ist, tritt der Krieg in Ostasien , der zwar formell noch immer nicht erklärt ist, aber mit allen Mitteln der modernen Kriegstechnik geführt wird, in eine neue Phase. Am 8. Juli war es bei Peiping zu einem der im Fernen Osten üblichen Zwischenfälle ge­kommen, was die Japaner als Anlaß zu einer großen Strafexpedifion gegen China nahmen. Sie stellten im August ein Ultimatum an die chinesische Republik, dessen Annahme die taffächliche Oberhoheit Japans über China be­deutet hätte. Da die Chinesen ablehnten, erklär­ten die Japaner, China wolle den Frieden nicht und begannen dank ihrer Ueberlegenheit zur See von einer chinesischen Flotte kann man nicht sprechen Truppen zu landen. Dabei verfolgen sie drei Ziele auf drei Kriegsschauplätzen: im Norden dringen japanische Truppen von Man« dschukuo aus, das seit 1931 unter Japans Ober­herrschaft steht, vor, um die Verbindung zwischen der mit der Sowjet-Union verbündeten Mongoli­schen Volksrepublik und China zu unterbrechen und so China abzuriegeln; in der Mitte haben sie Peiping und Tientsin sowie einen großen Teil Mittelchinas besetzt und suchen nun den Gelbe» Fluß zu erreichen; im Hilden endlich haben sie 75 Tage, zuletzt mit«in« Armee von 170.000 Mann, um Schanghai gerungen, das ihnen den Weg in die reichen südchinesischen Provinzen öff­nen soll, bis ihnen die chinesischen Truppen durch ihren Rückzug in der Nacht vom 12. auf den 13. November die Einnahme der Stadt möglich ge­macht haben. Das nächste Ziel der Japaner besteht nun darin, die Hauptstadt der chinesischen Republik Nanking in ihre Hände zu bekommen. Ob und wann ihnen das gelingen wird, hängt von der Kampfkraft der chinesischen Armeen ab. Alle Be­richterstatter und militärischen Beurteiler sind sich darin einig, daß sich die Chinesen mit großer Bravour schlagen. Daß'sie bisher nach tapferer Gegenwehr Schritt um Schritt Weichen mußten, liegt in der technischen Ueberlegenheit Japans , sowohl was Artillerie und Tanks als auch beson­ders was di« Luftwaffe betrifft. Allerdings hat Japan den Widerstand seines Gegners unter­schätzt und so rasch wird China nicht erobert sein, wie Italien Abessinien besetzt hat, dessen Krieger nicht einmal Schuhe an den Füßen hatten und Schlachten schlugen» in denen sie eine einzige Kanone zur Verfügung hatten. Die Chinesen haben die Absicht, eine Verteidigungslinie hinter Schanghai , aber vor Nanking zu beziehen, und zwar dort, wo das Land der Seen beginnt, die einen natürlichen Verteidigungswall der mittle­ren Provinzen bilden. Wie lange die Chinese» diese Linie halten werden, hängt von den strate­gischen und politischen Plänen Tschangkaischeks ab, der Ministerpräsident und zugleich General ist. Es könnte sein, daß dies« bedeutendste Staats­mann des heutigen China versuchen will, di« Ja­paner von ihrer Operationsbasis und vom Meere, das sie beherrschen, ins Innere des Landes zu verlocken und sie dort zu schlagen, ihnen also das Schicksal Napoleons 1812 in Rußland zu berei­ten. Man vergißt dabei nur allzu leicht, daß di« Technik von heute die militärischen Voraussetzun­gen eines solchen Planes erheblich anders gestal­tet als zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts. Die Flugwaffe überwindet auch die weitesten Entfernungen und die größten Schwierigkeiten man erinnere sich nur daran, daß die Italiener bei ihrem Vormarsch durch wüstes und stratzen- loseS Terrain ihre Truppen mittels Flugzeugen verpflegt haben. Auch politische Erwägungen der chinesischen Regierung könnten den Verlauf der Entwicklung wesentlich beeinflussen und den Feld­zug abkürzen. Dies wäre dann der Fall, wenn China es vorzöge, mit-Japan Frieden zu schlie- ßen und die Revanche etwa auf ein Jahrzehnt zu verschieben. Die Japaner würden beim Frie­densschluß sich jedenfalls Garantien geben lassen, durch welche sie neben Mandschukuo weitere unter ihrem Schutz stehende, formal unabhängige Staaten schaffen würden. Das wäre eine Bedro­hung der Smvjet-Union, gegenüber welchem U