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Sozialdemokrat

Bentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 70 Heller

Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub  

17. Jahrgang

Beginn des ,, Rutha"-Prozesses:

Berantwortlicher Redakteur: Karl Rern, Prag  

Freitag, 3. Dezember 1937

Die Verteidiger

Aus den Inhalt:

Japan  

provoziert in Schanghai  

Attlee in Spanien  

Koalitionssturm

gegen Hlinka- Mann Die ,, Zeit" gibt Namen Rutha- Angeklagter preis

Nr. 284

Der Sprengkörper

setzen geheime Verhandlung durch in der SdP

Der Staatsanwalt gegen die SdP- Flüsterpropaganda

=

Böhmisch Leipa.( Eigenbericht.) Aus Verlangen der Verteidiger im Prozeß gegen Werner Weiß und Genossen beschloß das Gericht, die Deffentlichkeit von der Verhandlung für die ganze Dauer des Beweisverfahrens auszuschließen. Deffentlich wird erst wieder die Ur­teilsverkündung sein.

Der Staatsanwalt, der die öffentliche Verhandlung verlangt und begründet hatte, behielt fich daraufhin die Nichtigkeitsbeschwerde vor.

Den Ausschlußantrag stellte Dr. Kriegelstein( Böhmisch- Leipa  ), welcher Dr. Walter Rohn vertritt, die nach Ruthas Tod bemerkenswerteste Figur dieser üblen Affäre. Dr. Rohn, den man

§ 129 I b des Strafgesebes beinhaltet, daß als Verbrechen die Unzucht wider die Natur mi: Personen desselben Beschlechtes bestraft wird.

A sid

Die letzten Ereignisse innerhalb der Sudes tendeutschen Partei haben die Erscheinung aufs gedeckt, daß die Arbeiterfrage innerhalb der Boltsgemeinschaft zur Sprengpatrone des Par­teikolosses wird. Man muß nur abwarten, bis die Zündschnur abbrennt und das Feuer die Patrone erreicht.

als den Thronfolger Henleins in der Sdp" bezeichnet hat, ist bekanntlich der Hauptschriftleiter scheidet die Bezeichnung der Handlung im Strafs werden und so wie es Standesvertreter" für

"

ber repräsentativen SdB  - Zeitschrift Bolt in Führung".

In der Argumentation der Verteidiger spielte neben dem Hinweis auf die Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit und die Schädigung der Angeklagten durch eine öffentliche Verhandlung bie Behauptung eine hervorragende Rolle, daß es sich nur um Dummejungenstreiche, um Kindereien, nicht um Päderastie, sondern um mutuelle Onanie gehandelt habe.

Der Staatsanwalt wandte sich gegen den Antrag der Berteidiger zuerst mit juristischen Argumenten und erklärte dann:

Die Sache an sich hat nichts mit Politik zu tun. Einige Nachrichten gingen aber so weit, daß sie andeuteten, daß es um eine künstlich konstruierte Anklage gehe. Diese Nachrichter wurden auch durch die Flüster propaganda verbreitet.

An dem Ausschluß der Oeffentlichkeit kann nur ein subjektives, egoistisches Intereffe einiger Perfonen vorliegen. Hingegen liegt es im öffentlichen Intereffe, daß die breite Deffentlichkeit durch Tatsachen überzeugt werde, daß von allen Behörden ordentlich vor­gegangen wurde, daß es um keine Konstruktionen geht und daß die Anklage ordentlich beleg ist."

§ 3 des Gesetzes 48/1931 besagt, daß eine im Das Wesen der SdP ist, wie bei jeder iugendlichen Alter begangene Handlung Verfaschistischen Bewegung, die Totalität, d. h. Das fehlung genannt wird. Hängt die gerichtliche Streben das ganze Volk der Partei hörig zu Zuständigkeit oder die Anwendung sonstiger gefeß machen und jede politische Urteilsbildung außers licher Bestimmungen von der Unterscheidung in Ver- halb des faschistischen Generalstabes abzuwürgen. brechen, Vergehen und Uebertretungen ab, so ent- Deshalb sollte auch die Arbeiterschaft erobert gesetz. Nach§ 2 des Gesetzes find Jugendliche, so­weit das Gesetz über die Jugendstrafgerichtsbarkeit handel und Gewerbe, für den Bauernstand, die teine Abweichungen festsetzt, nach den Strafgesetzen freien Berufe, die Industrie gibt, so schuf man strafbar. auch einen solchen für den Arbeiterstand" das Wort Arbeiter t I asse ist als marxistisch verpönt. Zum Standesvertreter der Arbeiter bes stimmte der Stammesführer Herrn Rudolf Kasper, ehemaligen nationalsozialistischen Abge= ordneten, der im Organisieren von völfischen Arbeitern schon Erfahrung hatte, während Kons rad Henlein die sozialen Probleme der Arbeiter­schaft bis heute ein Buch mit sieben Siegeln sind etwa von der Arbeitslosenversicherung mehr ber und niemand behaupten wird, daß Herr Henlein. stehen wird als von der Riesenwelle.

§ 25/5 enthält Vorschriften für den Fall, daß eine strafbare Handlung im jugendlichen Alter be gonnen und später fortgesetzt wurde.

Die Strafen

Die Klage beantragt die Bestrafung nach § 130 des Strafgesetzes, und soweit es sich um Die Jugendlichen handelt, nach den§§ 8 bzw. 9 des Gesezes 48/1931.

§ 130 Str.-G. febt eine Strafe von einem bis zu fünf Jahren schweren Kerters feft. § 8 des Gef. 48/81 besagt grundsäblich, daß statt der durch die Strafgesete festgesetzten Frei

Die Eroberung der Arbeiterschaft ist aber der Sdß nicht geglückt. Die Wahlen in die Be

Der Ausschluß der Deffentlichkeit hat zur Folge, daß außer den vom Gefek genannten Berfonen nur je brei Bertrauenspersonen eines jeden Angeklagten anwesend sein werden. Diese heitsstrafen über einen Jugendlichen die Strafe triebsausschüsse, die in letzter Zeit durchgeführt 36 Berfonen sehen sich aus Angehörigen der Angeklagten, Parteifreunden, darunter dem Abg. Anechel und einer Redakteurin der Stříbrný- Blätter(!) zusammen!

Dem Straffenat G.-R. Dr. Janoušek vor,

und

der Berschließung ohne irgendeine Verschär. wurden, zeigen das deutlich. Abgesehen von ein fung zu berhängen ist, wobei die durch die Strafzelnen Fällen beherrschen die freien Gewerkschaf gefeße beſtimmten oberen und unteren Grenzen des ten nach wie vor das Feld, die Mehrheit der Straffage au Die Sälfte berabgefett werden. Das bedeutet in diesem Falle eine Strafe § 9 des Ges. 48/31 enthält finngemäße Vor­schriften über die Anwendung von Geldstrafen für Jugendliche.

als Beifiker fungieren G.-R. Wagner G.-R. Dr. Hubáček. Die Anklage vertritt Prokurator lich Genannten handelt. Bei den im Augenblick zwischen sechs Monaten und zweieinhalb Jahren ihr Votum nicht für, sondern gegen die der SdP

Dr. Roter.

Die Anklage ſtützt sich auf den§ 129 I b bes Strafgesetes, foweit es sich um die oben nament der Verfehlung noch jugendlichen Personen stützt sich die Anklage auf die§§ 3 bzw. 25/5 des Gefehes 48/1931 über die Jugendstrafgerichtsbarkeit.

Wie es zur Untersuchung

Ueber die Umstände, die zur Einleitung des

der für eine halbe Stunde unterbrochen, da sich der Die Verhandlung wurde, kaum begonnen, ivie­Saal ais zu flein   erwies und eine lebersiedlung in den Schwurgerichtssaal vorgenommen werden mußte. Auf Antrag der Verteidiger wurde als beeideter geacu Rutha   führten, sagt die während der Angelobung unpäßlich wurde, fam bon Anklage: Wilhelm Burm, der wegen Straftaten gegen der Verteidigerbank ein Antrag auf Vertagung, der das Gesetz zum Schuße der Republik   verfolgt und der arbeitsfähig erklärte. Unmittelbar darauf brachte homosexuellen Beziehungen verdächtigt wurde, hat den erſten Antrag der Deffentlichkeit, der jedoch vom Vorsitzenden zu Turnvereins" im Jahre 1935 in Reichenberg   oder lien wurde über den neuerlich eingebrachten Antrag rückgestellt wurde. Erst nach Verlesung der Genera Gablonz   einige Teilnehmer sich äußerten,

berhandelt.

hatte, wurde die Anklageschrift verlesen, in welcher Nachdem das Gericht den Beschluß verkündet

es u. a. heißt:

Die Angeklagten

Staatsanwaltschaft in Böhn..- Leipa

daß der Führer des Gaues Heinrich Rutha   homo­feguell veranlagt. daß er ein warmer Bru ber" sei.

Durch die gepflogenen Erhebungen wurde feft= gestellt, daß zwischen Rudlof Hein, Beamten des Bundes der Deutschen  , und Heinrich Rutha   ein ge­spanntes Verhältnis besteht und daß Hein sich be­hat mühte, nähere Informationen über die homoferuel­

Die die Anklage gegen zwölf Personen erhoben, von Ten Beziehungen Heinrich Ruthas zu erhalten. welchen sechs zur Zeit, als fie die strafbaren Hand­lungen begingen, noch Jugendliche im Sinne des Gesetzes waren, also das achtzehnte Lebensjahr noch nicht überschritten hatten. Solche Personen dürfen in der Presse nicht genannt werden. Die andern sechs Angeklagten find:

1917 in Reihenberg, dorthin zuständig, römisch­Werner Weiß, geboren am 23. März fatholisch, ledig, Bankbeamter, wohnhaft in Fran­

dendorf bei Reichenberg.

Adolf Wagner  , geboren am 18. Auguft

gegen Rutha kam

industriellen Arbeiter gibt bei Betriebswahlen nahestehenden Gewerkschaften ab. Im heurigen Jahre haben die freien Gewerkschaften ihre Posi­tionen gegenüber dem Vorjahre nicht nur be= hauptet, sondern vielfach gestärkt, d. h. also jene ehemals arbeitslosen Menschen, die ideologisch unter dem Einfluß der SdP gestanden und nun Arbeit bekommen haben, wählen zum großen Teil

die Vertrauenspersonen der freien Gewerk schaften.

Aber selbst innerhalb der sogenannten böls

Rudolf Hain gab an, daß er mit Rutha als dem Führer der Ortsgruppe Reichenberg des Wandervogels" bekannt geworden sei. Im Jahre 1933 trat er mit seiner Gruppe dem Turnverbande bei, wo er Bezirksführer der Turnerjugend wurde. Bald aber kam Hain in Widerspruch mit den An- fischen Gewerkschaftsbewegung hat Konrad Hen­schauungen Ruthas über die Erziehung der Jugend. Tein die Totalität nicht verwirklicht. Es gibt da Hain erfuhr über die homosexuellen Beziehungen zwei Gewerkschaftszentralen, nämlich die größere des Rutha, dessen Vorliebe für blonde Knaben Deutsche   Arbeiter- Gewerkschaft in Gablonz   und ihm schon vorher aufgefallen war. Hain erfuhr die Deutsche   Arbeitnehmer- Gewerkschaft in Tets in Ofchik, daß( ein bei Rutha als Lehrling Be- schen, die nach ihren eigenen Angaben 55.000 schäftigter) im Verdacht steht, daß er mit Rutha   Mitglieder haben. Dazu tritt noch der keiner homosexuellen Verkehr hatte. Hain begab fich Bentrale angeschlossene Deutsche   Handlungs mit diesem Lehrling zu Dr. Ernst Berndt, Advo­fat in Reichenberg  , bei dem am 10. Oktober 1935 gehilfen- Verband mit dem Size in Aussig  , der ... ein Protokoll aufgenommen wurde. In diefem mit allen seinen Nebenorganisationen höchstens 40.000 Mitglieder hat wir führen durchwegs ( Fortfehung auf Seite 2) Ziffern an, die aus dem gegnerischen Lager stam­men und von denen wir nicht wissen, ob sie den Tatsachen entsprechen. Die ganze völkische Ges werkschaftsbewegung zählt also hoch gerechnet an 100.000 Mitglieder, während der Deutsche Ge werkschaftsbund in Reichenberg   allein eine Armee bon 218.000 Freigewerkschaftern in seinen deutscher   Freigewerkschafter fommen, die in Vers bereinigung organisiert sind. Daraus geht also mit aller Deutlichkeit hervor, daß es mit der Eroberung der Arbeiterschaft durch Konrad Hen­der Hauptursachen der scharfen Gegensäße inner­halb der SdP und der Hauptgrund des Bruches zwischen Kasper und Henlein  .

Polen   fordert Kolonien

Frankreichs   Außenminister als ,, Botschafter der Sicherheit" unterwegs var i s. Der französische   Außenminister Yvon Delbos   hat Donnerstag abends seine Rundreise nach Warschau  , Bukarest  , Belgrad   und Prag   ange­

1913 in Reichenberg, dorthin zuständig, Tertiltech treten. Die Reise wird siebzehn Tage dauern. Frankreich   hat von Anbeginn

nifer, wohnhaft Johannesthal bei Reichenberg  .

Dr. Walter Rohn  , geboren am 12. No­

Steiben vereinigt, wozu noch einige Zehntausende bänden der Tschechoslowakischen Gewerkschafts­

bember 1911 in Reichenberg  , dorthin zuständig, treu bleiben werde. In London   wurde die Harmonie der französisch- britischen Tein noch Essig ist und dieser Mißerfolg ist eine

lebig, wohnhaft in Reichenberg. tember 1914 in Freudenthal, dorthin zuständig, Wolfgang einz, geboren am 30. Sep­

Rechtshörer in Prag.

in Gotschdorf, zuständig nach Freudenthal, ledig. Rechtshörer, wohnhaft in Prag  .

Heinrich

Herrmann,

geboren

am

an klar erklärt, daß es seinen Verbündeten und Freunden unerschütterlich Anschauungen ebenfalls bestätigt, so daß der französische   Außenminister seine Reise mit erhöhtem Prestige und in bedeutendem Maße auch als Sprecher Englandsantritt, um zu verkünden, daß die beiden West. mächte einen gewaltsamen Angriff gegen die Stabilität der mitteleuropä ischen Staaten nicht zulassen. Im Namen Frankreichs   wird er dann von neuem dessen Bundes- und Vertragstreue bestätigen. In diesem Sinne er.

Herr Henlein   oder vielmehr diejeniger, deren Marionette der Ascher Turnlehrer ist, wissen, daß man die völkischen Gewerkschaften nicht etwa als

würden den Brates. zu bald riechen, den man

14. Dezember 1918 in Treisendorf in Oesterreich  , klärt auch die Pariser Presse in umfangreichen Kommentaren von der Line Ortsgruppen dem Deutschen   Hauptverband der zuständig nach Tepliß- Schönau, ledig, Handelsverken bis zur Rechten die Reise Delbos. treter, wohnhaft in Neudet. Die polnische Forderung London.  ( Eigen bericht.) Nach den hier vorliegenden Berichten dürfte Delbos in Warschau   eine Ueberraschung erleben. Die polni

In der Anklageschrift werden weitere brei Berfonen genannt, die heute noch nicht älter find als achtzehn Jahre. Die Anklage

wertet wurden und da das übrigens stark über- ihnen vorseßt. Kasper wieder will bei Gott nicht offerte Bolen einen Teil des früheren deutschen den Klaffenkampf anblasen und den Profit der Territoriums erhalten hat, erhebe es Anspruch deutschen   Industriellen antasten, die durch Vers das ist derselbe auf einen entsprechenden Anteil an den ehemals mittlung des Herrn Doderer deutschen Kolonien, falls diese tatsächlich zurück- Mann, der Rothau- Neudek ruiniert hat

-

Geld

legt den namentlich genannten Personen das Vers sche Regierung scheint entschlossen zu sein, die gegeben werden sollten. Die polnische Forderung in den Wahlfonds der Sdß haben fließen lassen. brechen, den sechs andern die Verfehl und Einschaltung Polens   in alle Unterhandlungen wird die Diskussion über die deutschen   Kolonial- Henlein und Kasper unterscheiden sich nur durch der Unzucht wider die Natur, begangen mit Per­fonen desselben Geschlechtes bei verschiedenen Ge- über die Kolonialansprüche Deutschlands zu for- ansprüche nicht gerade erleichtern und ist auch ihre Methode, die Arbeiter in die Falle einer legenheiten im Zeitraum zwischen 1932 und 1937 bern. Sie erklärt, daß die deutschen Kolonien zum| nicht geeignet; das Verhältnis zwischen Polen   Volksgemeinschaft zu locken, in der die Liebieg

Bur Last.

Teil mit pol nisch en Arbeitskräften ausge- und Deutschland   zu verbessern.

und Schicht, die Mühlig und Kunert den Ton\