Sozialdemokrat Zentralorgan der Deutschen sozialdemorratischen Arbeiterpartei in der Tschechoflowakischen Republik Erscheint»it A«««nh«e bea Montn, tLgttch-riih/ Sinzelpr-r« 75 Heller Redaktion u. Verwaltung. Prag XU., Fochooa 62 Telephon 68077 Herausgeber: Siegfried Taub Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag 18. Jahrgang Sonntag, 16. Jänner 1938 Aus dem Inhalt: Eine Ansprache des Präsidenten an die Jugend Die Klage in der Zündholz-Affäre überreicht Deutsch -tschechische Diskussion in Budweis Kampf im völkischen Gewerkschaftslager Nr. 13 Kabinett zur Rettung des Franc Kühle Stellungnahme der Sozialisten zu Bonnet Noch ein Memorandum zur Hallfax-Relse? Weshalb Eden den Urlaub unterbricht L« nd- n: Wie bet diplomatische Korrespon­dent de-E v e n i n g Dia n d a r d" er- fährt, wird sich Außenminister Eden nach seiner Rückkehr nach London in den nächsten Tagen mit der Konzipierung eines Memorandums befassen, in welchem der britische Standpunkt zu den Anregungen dargelegt«erden soll, die«äh. rend der Beratungen»wischen Lord Halifax und Reichskanzler Hitler ausgesprochen wur­den. ES verlautet serner, daß auch Vorschläge auSgearbeitet werden dürsten, die gleichzeitig einer europäischen Versöhnung dienen sollen. TaS erwähnte Menlorandum hätte ur­sprünglich in Genf gemeinsam mit dem franzö­ sischen Außenminister D e l b o S auSgearbeitet werden sollen. Run wird eS im britischen Austen- amt niedergeschrirben werden, aber vor seiner Absendung wird eS noch gemeinsam mit dem fran­ zösischen Außenministerium durchgegangen wer- den. Faschistenverhaftunsen In Madrid M a d r i d. Die Madrider Polizei verhaf­tete 158 Mitglieder einer saschistischen Organisa­tion. Die Faschisten-Führer wurden in einem Hause überrascht, in dem ste regelmäßige Ver­sammlungen abhielten.. Stojadinovlt In Berlin Berlin . Der jugoslawische Ministerpräsident und Außenminister Dr. StojadinoviL traf LamStag mit seiner.'Gattin im Sonderzug. in Berlin ein, wo er auf dem Anhalter Bahnhof von Göring , Freiherrn von Neurath und fünf weiteren Reich-Ministern, dem Staatsminister Reißner und dem ReichSprcssechef Dietrich be­grüßt wurde. Auch der tschechoslowakische Ge­sandte war anwesend. Vor dem Bahnhof war eine Ehrenkompanie des Göringschen Fliegerregi- menteS aufgestellt. Während der Fahrt zum Hotel Adlon" brachte die spalierbildende Bevölkerung dem Gast Ovationen dar. Später stattet« Stoja» disioviö dem Ministerpräsidenten Göring einen Besuch ab und begab sich dann zum ReichSaußen« Minister von Neurath. Französischer Kriegshafen Im östlichen Mittelmeer? Haifa . Frankreich berichtigt nach gewiffen Lnsormationen einen KriegShafen an der Liba­ non -Küste auSzubauen. Der Vorsitzende der Liba­ non -Regierung ist nach Paris abgereist, um an dcn Beratungen teilzunehmen, in welchem über die Wahl eines geeigneten OrteS für den Kricgs- hafen entschieden werden wird, der nach der Be- icstigung dcS britischen HasenS von Haifa ,ine weitere Festung im östlichen Mittelmeer sein wird. Haifa . Die irakische Gesellschaft für die Ge, winnung von Naphtha baut entlang der zweiten Raphthalcitung von Bagdad nach Haifa eine Straße. Der Bau wurde bei Mossul begonnen. Diese neue Straße hat ebenso wie die Straße von Haifa nach Kairo für England eine außergewöhn­liche strategische Bedeutung. Sozialistischer Stadtratspräsident In New York Wie»Vekernlk Prävo Lidu" meldet, ist zum Vorsitzenden des aus 26 Mitgliedern bestehenden New-florker Stadtrates der Sozialist Charney B l a d e ck, der Direktor des TagblatteS»Daily Forward", gewählt worden. Der Gewählte, für den 14 Stimmeil abgegeben wurden, ist'der Füh­rer einer Gruppe von fünf Stadt raten, die im November auf das Programm der amerikanischen Arbeiterpartei gewählt würden. Die Wahl Vla- deck» ist ein. bedeutender Erfolg der jungen ame­ rikanischen Arbeiterpartei. Neuer USA -Protest Washington . Das Staatsdepartement gibt bekannt, daß der amerikanische Konsul in Nanking bei der dortigen japanischen Botschaft erneut gegen fortgesetztes Eindringen japanischer Solda­ten in ainerikanische Gebäude Protest eingelegt, hat. Paris . Der vom Präsidenten der fran­zösische» Republik mit der Bildung der Regierung betraute bisherige Finanzminister Bonnet hatte den ganzen SamStag über Besprechungen mit führenden Politikern der BolkSfront-Parteien. Die parlamentarische Fraktion der Radikals-- 5 i a l i st e n hatte noch am Freitag abend- eine Beratung, deren Ergebnis eine Entschließung war, in der erklärt wird, daß die Partei d e r Volks­front t r eu bleibe und die gleiche Ergebenheit auch von den andere» Angehörige» der BolkSfront habe. Aber sie versteht nnter der Treue der an­deren, daft sie der Bildung der Regierung Bonnet zustimmen, während die S o z i a l i st e n sich darauf berufen, daß ste die zahlenmäßig stärkste Gruppe der BolkSfront sind, weshalb sie den Ministerpräsidenten für sich beanspruchen dürfen. Dafür spricht vor allem ein entscheidender politischer Grund: in der gegebenen Situation, die schärfste Bekänipfung der Verschwörungen der Rach 19 Uhr Pariser Zeit stattete George- Bonnet dem Präsidenten der Republik den zweiten Besuch ab, bei dem er ihm mitteilte, daß er die ihm Freitag abend-'übertragene Aufgabe der RegierungSnenbildung definitiv an­nehme. Vorher erstattet« Bonnet ei« ausführliche- Referat über seine politischen Gespräche in der gemeinsamen Sitzung deö Radikalen Kammer, und SenatS-KlubS unter Teilnahme deS radi­kalen Parteipräsidiums. Die Sitzung, der D a- lädier präsidierte, sprach Bonnet daS Ver- trauen a«S und wünschte ihm eine erfolgreiche Erfüllung seiner Million. In der Sitzung wurde die Ansicht ausgesprochen, datz der Regierung-- Vorsitz der radikalen Partei zustande. Den So­zialisten werden mehrere wichtige Portefeuille-, «. a. da- A« st e n m i n i st e r i« m ange» boten werden. Abend- kursierten Gerüchte, datz Bonnet diesen Sitz Leon Blum anbieten wolle. Japanische Ueberraschungen zur See Die grünten Schlachtschiffe der Welt Im Bau London. Daily Telegraph " meldet, datz Japan augenblicklich Schlachtschiffe auf Kiel lege, die dir größten der Welt sein werden. Zwei dieser Schisse, die eine Verdrängung von je 43.000 Tonnen hätten, seien bereit- im Vorjahr auf Kiel gelegt worden, zwei weitere würden demnächst in Bau gegeben. Außerdem habe an­geblich Japan kürzlich auch 10.000-Tonnen» ttreuzer ans Kiel gelegt, die mit achtzölligen Ge­schützen bestückt seien. Tokio deckt seine Karten auf? Tokio . Das japanische Kabinett hat be- schlosten, Sonntag vormittag- ein« Erklärung zu veröffentlichen, in welcher die Politik Japan­gegenüber China abgesteckt werden wird. Mo-kau. Da italienische Firmen«nd Institutionen einseitig Zahlungen an Sowjet- organisätionrn für verschiedene Handelsoperatio­nen e i n st e l l t e n und Befürchtungen bestehen, datz derartige Zahlungseinstellungen sich auch fer­nerhin wiederholen, und da ferner von der italie­ nischen Regierung keine Antwort auf ein« entspre­chende Rote der Sowjetregierung eingrgangen ist, Has die Sowjetrrgierung beschlossen, die Handels» Vertretung der USSR in Italien und die Wirt­schaftsorganisationen der USSR anzuweisen, Zahlungen bereits bestehender bzw. erst entstehen­der Verbindlichkeiten gegenüber-italienischen In­stitutionen und Firmen bi- auf weitere- in per Staatsbank der USSR aus besondere Obliga- Reaktionäre erfordert, kein« Rrcht-entwicklung zuzulassen. Fraglich, wie dies« Notwendigkeit mit der nicht minder wichtigen politischen Notwendig­keit der Anfrecherhaltung der BolkSfront in Ein­klang zu bringen ist! Bonnet beharrt darauf, daß im Hinblick auf den Ernst der finanzpolitischen Situation und der Notwendigkeit der Berteidigung des Frone im neuen Kabinett die finanzielle Frage vor allen übrigen Problemen den Vorrang haben müsse. Seine Mission bezeichnete er al- eine» Versuch zur Bildung einesKabinett- zur Rettung deö Frone". Bonnet behauptete, von seinen politischen Gesprächen einen günstigen Eindruck gewonnen zu haben und erklärte, er hoffe» noch am Sams­tag daS neue Kabinett definitiv zufammenstellrn zu könnm. Für den Fall, daß die Sozialisten die Uebernahme von Portefeuille- ablehnen, sollen sie um die Unterstützung eine- rein radikal­sozialistischen Kabinett- ersucht werden. In der Sitzung der Parteien und Organisa­tionen der Volksfront wurde ein« Resolution an­genommen, die sich für die Fortdauer«nd Fort­führung der Regierung und der Politik der Volksfront auvspricht. Ein« Delegation der radikalere Partei erslärte, daß ihr« Partei«ine fest« Anhängerin der Währnng-freiheit bleibe, und sprach sich gegen die Einführung der Devi­senkontrolle au-. An den Sozialisten gescheitert? Del Dlattfchlutz wird bekannt, daß die Sozialisten beschlossen haben, ein Kabinett Bonnet nicht zu unterstützen «nd auch nicht zu tolerieren. Man er­wartet deshalb das Schottern Bonnets und eine Bettauung SarrautS. In politischen Kreise» vermutet man, datz Japan entschlossen sein dürfte, den Krieg mit verschärften Mitteln fort»«, führen. ein Harakiri-Messer für Eden Tokio. Auf der britischen Botschaft in Tokio kam eS Samstag zu einem aufsehenerregenden Zwischenfall. Ein rechtsradikaler japanischer Schriftsteller erschien auf der Botschaft und über­reichte dem Botschafter al-Geschenk" für den britischen Außenminister Eden einen ungefähr 80 Zentimeter langen Dolch, Ivie er zur Verübung de-Harikiri " üblich ist. Er fügte hinzu, daß da- seine persönliche Antlvort an Eden sei. Der Besucher wurde von der Polizei abgeführt. Später suchte man die Angelegenheit als einMißver­ständnis" hinzustellen. ES herrscht aber kein Zweifel, daß der Besucher beabsichtigte, Eden we­gen seiner japanfeindlichen Politik Harakiri na­hezulegen. tionb-Konten zu leisten und keinerlei Ueberwei- sungen von Zahlungen anS diesen Konten vorzu­nehmen. Hiezu berichten die Blätter, im Laufe des letzten Jahres hätten einige italienische Institutio­nen und Firmen einseitig und eigenmächtig Zah­lungen für gelieferte Waren eingestellt. So habe z. B. daS i t a l i e n i s ch e M ar in e m in i st e- r i u m im September erfolgte Massutlieferungen nicht bezahlt; trotz wiederholten Urgenzen ver­weigere das Marineministerium die Zahlung. Ebenso gehe eine der größten italienischen Firmen vor. Außerdem seien auch sowjetrussische Schiffe in italienischen Häfen zurückgehalten worden, wo­durch das Abkommen betreffend das Staatseigen­tum verletzt worden sei. Das Kardinalproblem unseres Staates Von Dr. Hubert Ripka Freitag, den 12. Jänner, veranstaltete der tschechisch-deutsche Klub in Budweis einen Bbr« tragsabend, bei dem auch der Redakteur derLi- dove Noviny" Dr. Hubert R i p k a als Redner neben dem Abgeordneten Wenzel Jakfch sprechen sollte. Infolge Erkrankung war«S Dr. Ripka nicht möglich, in Budweis zu erscheinen, und er richtete deshalb an den Klub einen Brief, in dem er feinen Standpunkt zum deutsch -tschechischen Problem dar­legt. Ripka» Gedankengang ist so bemerkenswert, daß wir es für nötig halten, ihn unseren Lesern in deutscher Uebersetzung vorzulegen: Da ich mich nicht an Ihrem Abend beteili­ge» kann, sei mir erlaubt» wenigstens im Kürze die Gedanken anzuführen, welche ich vor Ihnen ausführlich darlegen wollte. Ich wiederhole nur immer wieder, was wir alle so vielemale vom Präsident-Befreier gehört haben, daß nämlich die nationale Frage daS Kardi- nalproblemunsereSStaatesist. Die Entwicklung der letzten Jahre hat deutlich geof- fenbart, wie sehr Masaryk recht hatte. Aber gleich­zeitig hatten wir genug Gelegenheit» uns an­schaulich davon zu überzeugen, daß wir unS. hät­ten wir uns seit Anbeginn MasarhkS Ratschlägen und Winken in den nationalen Dingen entspre­chend verhalten, viele Schwierigkeiten und Unan­nehmlichkeiten erspart hätten, welche wir heute be­seitigen und welche wir nicht immer leicht.über­winden. Trotzdem ist zum Glück nicht- geschehen, was es unmöglich machen würde, mit Erfolg und mit fester UeberzeiigiiNg vom schließlichen Gelin­gen an die Lösung der großen Aufgaben zu schrei­ten, welche das national« Problem, der Republik auferlegt. Wir alle können große Stärkung dar­aus schöpfen, daß unser einzigartig energischer Präsident Benes mit Ausdauer und Emsigkeit, welche für seine ganze Tätigkeit charakteristisch sind, dahin arbeitet, daß man tatsächlich zu fried­lichem Zusammenleben und wirkungsvoller Zu» sainmenarbeit aller Böller der Republik und vor allein der Tschechoslolvaken und Deutschen gelange. Wir können sicher sein, daß die Aufgabe, welche sich Präsident Beneö gesetzt hat, in der Tat er­füllt werden wird. ES wäre tatsächlich daS Zeugnis politischer Unfähigkeit, wenn wir daS nationale Problem nicht zur Zufriedenheit zu lösen imstande wären. Wir sind dazu nicht nur durch unsere erhabene nationale Tradition, die erfüllt ist von ständigem Streben nach Freiheit, Recht und Gerechtigkeit, verpflichtet, sondern auch im Hinblick auf das eigene Interesse unseres Volkes und unseres Staates. Werden wir uns im Verhältnis zu den anderssprachigen Nationen nach dem Grundsatz der Gerechtigkeit richten, dann werden wir den inneren Zusammenhalt und die Widerstandsfähig­keit der Republik ungewöhnlich stärken, ohne irgendwie unsere eigene Stellung zu schwächen. Wir sind stark genug, nm ohne Befürchtung um die eigene Stärke und Macht den anderssprachigen Völkern das gewähren zu können, was ihnen rechtniäßig gebührt. Ein selbstbewußtes Volk, wel­che- an sich selbst nicht zweifelt, braucht niemals zu fürchten, daß eS einen Nachteil erleidet, wenn eS mit einem anderen Volk als gleiches mit glei­chem auf Gnmd der für alle geltenden Gerech­tigkeit verhandelt. Im übrigen ist eine gerechte Nationalitäten­politik nicht nur ein unentbehrlicher Faktor für die innere Befestigung der Republik , sondern gleichzeitig die unvermeidliche Vor­aussetzung einer erfolgreichen Außenpolitik. Wir müssen begreifen, daß sich die Nachbarstaaten immer für daS Schicksal ihrer nationalen Stammesbrüder, die al- Min­derheiten in unserem Staate leben, interessieren werden. Und weil wir wünschen, mit unseren Nachbarn in freundschaftlichem Einvernehmen zu leben, niüssen wir auch gegenüber den nationalen Minderheiten so vorgehen, daß wir nicht Anlaß zu berechtigten Beschwerden gegen unsere Minder­heitenpolitik geben. Ich betone, daß ich nur von den tatsächlich berechtigten Beschwerden rede. Nie­mals werden wir anerkennen, daß sich wer immer von außenher in unsere Minderheitenpolitik ein­mische und die hiesigen Minderheiten für seine eigenen Ziele mißbrauche, die in' der Regel gar nichts gemeinsames mit der wirllichen Sorge um das Schicksal dieser Minderheiten zu tun haben. Auch das müssen wir im Sinne haben, daß nur eine gerechte Nationalitätenpolitik uns die Sym- Das Außenministerium L6on Blum angeboten Rumtche Zahlungen an Italien einserteilt Well die Italiener alle Lieferungen schuldig bleiben