Ar. 33 Mittwoch, 8. Feber 1838 «eite S ttvkere Arbeitsleistung Die Ziffern über die Entwicklung der Ar» beitSlosigkeit reden eine eindringliche Sprache. Taß wir im Jänner 1088, also zu einem Zeit» punkt, an dem die gesamte industrielle Produk­tion nicht allzu tief unter dem Stand von 1928 liegen dürfte, weit über eine halbe Million Ar» beit-lose haben, diese Tatsache sollte genügen, um jeden Widerstand gegen beschleunigte Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung der Massenarbeits­losigkeit zusammenbrechen zu lassen. Der Für« forgeminister Jng. NeäaS hat erst kürzlich in sei» ner Rundfunkrede mit besonderem Nachdruck auf die Verkürzung der Arbeitszeit als eine dieser unumgänglichen Maßnahmen hingewiesen. Die Berechtigung und die Dringlichkeit ge­rade der Verkürzung der Arbeitszeit wird durch die Ziffern unserer Wirtschaftsstatistik unterstri­chen. Vergleichen wir den Stand auf einigen wichtigen Gebieten unserer Wirtschaft im Jahre 1037 mit dem des letzten Hochkonjuiikturjahres (1020), so ergibt sich, daß bei einigen die Zif» fern höher, bei anderen aber tiefer sind. Setzen wir runde Ziffern und nehmen an, 1929 sei gleich 109, so betrug: 1929 1937 Industrielle Produktion 100 98,8 BeschästigungSstand 100 90,0 llcberjlunden 100 8,2 Arbeitslosigkeit 190 1090,0 Löhne 100 81,0 WaS lehrt diese kurze Tabelle? Sie ze daß die industrielle Produktion im Jahre 1987 nur 8.4 Prozent tiefer lag als 1929. Dagegen waren 1987 aber zehnProzentweniger Beschäftigte versichert als 182 9. Also mit rund zehn Prozent weniger Arbeitern wurde annähernd die gleiche Produktionsmasse erzeugt wie 1929. Ueberstundcn wurden 1929 tSL Millionen geleistet, 1987 jedoch nur wenig über eine Million, also nur 8.2 Prozent deS Um» fange- von 1929k Trotz dieser viel ge» ringeren lieber arbeit? zeit und trotzdeSumlO Prozent niedrige« renBeschäftigungSstandeS kam die industrielle Produktion 1987 der von 1929 nahe. Gleichzeitig aber ist die Arbeitslosigkeit um das Zehnfache stärker. 3m Monatsdurchschnitt 1929 wurden 41.680 Arbeitslose gezählt, 1987 aber 408,2821 Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daß mit der Technisierung der Produktion eine beträchtliche. Intens iDte.ru.ng der Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft erfolgt ist. Diese höhere Ausbeutung Ivar aber nicht nur nicht von einer Berkürzung der Arbeitszeit begleitet, sondern sie hat der Arbeiterschaft auch noch niedrigere Löhne eiagebrachi. Denn mit 12,4 Milliarden Kronen versichertem Gesamt«2ahreSlohn nach der Ltatistik der Zentralsozialversicherungsanstalt wurde die JahreSIohnsumme von 1929 nur zu 81 Prozent erreicht. DaS HerauSholen von höheren Arbeitslei­stungen aus unserer Arbeiterschaft, daS in diesen zusammenfasiendcn Zisfern seinen Ausdruck fin­det, kann aus den einzelnen Produktionsgebieten mit Beispielen belegt werden. Bei der Berg, und Wten-A.-G. betrug die Arbeiterzahl im Jahre 1920 26.000, 1937 17.800, also nur etwa 71 Prozent von 1929. Dagegen war die Kohlenför« demng im Jahre 1937 um fünf Prozent, die liokSerzeugung um sieben Prozent, die Roheisen­erzeugung um drei Prozent und die Rohstahlerzen» gung sogar um 14 Prozent höher als 1029. Mit einer um 29 Prozent verminderten Belegschaft sind also wesentlich höhere Produktionsleistungen erzielt worden. 2m Ostrau-Karwiner Revier waren 1929 in den Schächten 88.993 Personen beschäftigt, 1937 dagegen nur 27.808. Auch hier eine Verminderung um mehr als 28 Prozent. Die Kohlenfürdening betrug 1929 12,580.000 Ton­nen, 1987 12,052.000 Tonnen. Sie hatsich demnach bei Verringerung der Belegschaft um 28 Prozentum8.1 Prozent erhöht. Auch in den anderen Bergbaugebieten unseres Staates machen sich die für die Arbeiterschaft ungünstigen Auswirkungen der Nationalisierung in der gleichen Weise be­merkbar. Die Papierindustrie verzeichnete 1937 einen höheren Produltionsindex als 1929, obwohl in­zwischen 121 Unternehmungen in diesem einzigen Industriezweig stillgelegt worden sind. Während 1929 128 Papiermaschinen in Betrieb waren, waren es 1937 nur 109. Aber diese 109 Papier­maschinen lieferten eine weit größere Papiermenge alS jene 128. Daß auch die staatlichen Unternehmungen die Rationalisierung weitergetrieben haben, dafür find die Betriebe der Tabakregie und auch die Staatsbahnen ein Beweis. Bei den Staatsbahnen blieb die Leistung in Bruttokilometern 1987 nur 3 Prozent hinter dem Jahre 1929 zurück. Da­gegen war die Zahl der beschäftigten Personen um mehr als 18 Prozent geringer. Also auch die Staatsbahnen fordern von ihren Angestellten, Ar­beitern und Beamten eine wesentlich höhere Ar­beitsleistung als vor der Krise. Diese Einzelbeispiele erhärten also nur die Feststellung,' die in der obenstehenden Zusaimnen- stcllung für die gesamte Wirtschaft gemacht wird. Diese wesentlich höhere Arbeitsleistung gibt den arbeitenden Menschen das Recht, zu fordern, daß ihre tägliche Arbeitszeit verkürzt und das Lohn- niveau so erhöht wird, daß dir volle Erneuerung der Arbeitskraft gewährleistet ist. Sieht sich der Staat und seine gesetzgebenden Körperschaften aber außerdem der Aufgabe gegenüber, die Mas­senarbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen, dann duldet die Verwirklichung der Arbeitszeitverkür­zung keinen Aufschub mehr. Diese Alternative stellen die Ziffern unserer Wirtschaftsstatistik für das Jahr 1937! Die Agrarier gegen bessere Löhne der landwirtschaftlichen Arbeiter Dienstag wurde die erst« Sitzung der ständi­gen landwirtschaftlichen Kommission beim Inter­nationalen Arbeitsamt abgchalten. In der De­batte sprach der Obmann der Zentralvereinigung der landwirtschaftlichen Genossenschaften Jng. K l i n d e r a über die Lösung der Arbeitsbedin­gungen der landwirtschaftlichen Arbeiter­schaft, über ihre Unzufriedenheit und die Mit­tel, durch welche sie beseitigt werden kann. AlS Ursachen führte Jng. Klindera an die Lohnfrage, ungenügendes Verständnis, die geringen Bildungs­möglichkeiten, unangenehme Arbeit und Unter­schätzung der landwirtschaftlichen Angestellten durch die übrigen Bevölkeningöschichten. Die Betrach­tungen sind sicher sehr richtig. Leider vermag das Tschechoslolvalische Pressebüro nicht zu berichten, wie sich Jng. Klindera die Lösung der Schwierig- keiten vorstellt. Man erfährt nur, daß er e i n Mittel abgelehnt hat: die Erhöhung der L ö h n ei Diese sei nur durch eine Erhöhung der Rentabilität der landwirtschaftlichen Produktion zu erreichen, was in der agrarischen Praxis so viel toie Verteuerung bedeutet. Man sieht, daß dies Lösungen ganz im Sinne jener Kreise sind, als deren Sprecher Jng. Klindera in der Sitzung auf­trat, Lösungen auf fremde Ko st en. Es ist gewiß, daß die tatsächliche Unzufriedenheit der landwirtschaftlichen Arbeiterschaft nicht ohne Er­füllung ihrer berechtigten Forderungen beseitigt werden kann und daß sich auch die Agrarier ihren Verpflichtungen nicht werden entziehen'können. 1,888.000 Arbeitslose In England London . Wie amtlich verlautbart wird, ist die englische Arbeitsloscnziffer auf insgesamt 1,827.807 Arbeitslose gestiegen. DaS bedeutet seit dem 18. Tvzember v. I. eine Zunahme der Arbeitslosen um 188.204 Personen. Einige Blätter verlangen eine sofortige Ak­tion seitens der britischen Regierung.»Daily tzerald" schreibt: Jetzt ist die Zeit gekommen, schnellstens ettvaS zu' unternehmen. Oeffentliche Arbeiten aller Art, wie Straßenbau, Brückenbau, öffentliche Anlagen usw. müssen sofort in Angriff genommen werden, um diesem Zustande auf dem Arbeitsmarkt ein Ende zu sehen. Neue Spaltung In der A. F. of L. Miami(Florida ). Der Exekutivrat deS amerikanischen Facharbeiter-GewerlschaftSverban- deS stieß Montag drei Gewerkschaften, darunter die Bergarbeiter-Gewerkschaft, aus dem Gewerk« schaftsverbande aus. Der Präsident des Gewerk« schastsverbandeS Green erklärte, daß die Hoffnung auf baldigen Frieden zwischen der Federation of Labour und den Lewis-Gewerkschaften aufgegcben worden sei. Die auSgeftoßenen Gewerkschaften zählen insgesamt 680.000 Mitglieder. Ständige landwirtschaftliche Kommission leim Internationalen Arbeitsamt. Dienstag trat in Genf zum erstenmal die ständig« landwirtschaft­liche Kommission zusammen, die durch einen Be­schluß des VcrwaltungSrates des Internationalen Arbeitsamtes geschaffen wurde. Die Tschechoslo- lvakei ist in der Kommission durch den Sekretär der Internationale der landwirtschaftlichen Ar­beiterschaft Fr. Noväkek. den Obmann der agrari­schen Genossenschaftszentrale Jng. Ferd. Klindera und den Sekretär des JndustriellcnvcrbandcS Dr. Vanek vertreten. hericsttssaak Ole Abenteuer eines Sechzehnjährigen Prag ,(rb) lieber den Fall dieses Sechzehnjäh­rigen, der sich vor dem Jugendgericht zu verantworten hatte, haben wir seinerzeit bereit- berichtet. Dieser junge Bursche hat eine in Anbetracht seine- jugend­lichen Akter- geradezu unglaubliche kriminelle Lauf­bahn hinter sich. Frühzeitig auf die schiefe Ebene geraten, wurde er einer Besierung-anstalt übergeben, »ach einiger Zeit aber wieder entlassen. Kurz nach­her erbrach er die Kasse der Bahnstation Kostolna, ans der er 800 KC entwendete. Er flüchtete dann »ach Deutschland , wurde wegen unerlaubten Grenz­übertrittes abgestrafk tmd über die Grenz«'abgescho­ben.'-Einen Posten al- Gärtnerlehrling, den er dar­auf annahm, bekleidete er nur ganz kurze Zeit, wo­rauf er unter Mitnahme von 1000 Kt verschwand. ES folgt« wieder ein Epoche eine- wilden Bagabun« denlebens. Nach einem neuerlichen Einbruch in eine Bahnstation-kaffe flüchtete er abermals über he Grenze diesmal nach Ungarn . Dort stahl er ein Fahrrad, auf welchem er in die Tichechoslotvakei zu­rückkehrte. Seite weitere Wirksamkeit'st gekenn­zeichnet durch eine neue Serie von Einbrnchsdieb- stählen. Als er schließlich in Trentschin -Teplih von Sicherheitsorganen erkannt wurde, rettet« er sich vor- .löufig durch ein verwegeoes Aufspringen auf einen fahrenden Zug. Die Untersuchung der Waggon- blieb einsüveilen ohne Erfolg, bi- man schließlich den Burschen auf dem Dach eines Waggon- entdeckte und festnahm. DaS Urteil des Jugendrichters lautete auf«in Jahr Verschließung, wonach der Bursche neuerlich einer Korrektionsanstalt übergeben werden wird. Mit Skiern in die Schutjscheibe Prag ,(rb) Zu einem tragischen Unfall kant«S am 21. März v. I. vor dem Äilsonbahnhof. Ein 17jähriger Handelsakademiker, der mit seinen Skiern auf der Schulter die Fahrbahn überschritt, stieß mit deren Spitze in die Schuhscheibe eines vorüberfah­renden, von dem Taxichausfeur Burza gelenkten Auto». Die Schuhscheibe zersplitterte und einer der Splitter verletzte da- Auge des Autoienkers so schwer, daß cS dem Unglücklichen entfernt werden mußte. Nach schwerem Krankenlager wurde zunächst der ver­unglückte Chauffeur vor Gericht gestellt, wobei die Anklage auf Ueberlretung durch unvorsichtige» Fahren lautete. Burza wurde freigesprochen. Gegen den 17jährigen Jugendlichen, besten Name nicht genannt werden darf, wurde vor dem Jugend­gericht die Anklage wegen des Verschuldens gegen die körperliche Sicherheit eingebracht, über di« gestern GR Dr. Santa als Cinzelrichter zu entscheiden hatte. Der jugendliche Angeklagte verteidigte sich damit, daß er die Skier nicht, wie ihm die Anklage zur Last legt, horizontal, sondern vertikal auf der Schulter getragen habe. Nur durch den Stoß eines hinter ihm gehenden, unbekannten Paffanten seien die Skier aus dec Lage gekommen. Da- Jugend­gericht erkannte nach durchgeführter Verhandlung den Angeklagten zwar im Sinne der Anklage schuldig, sah aber von der Verhängung einer S t r a f e a b. wie die» nach dem Gesetz über jugend­lich« Täter zulässig ist. Als mildernder Umstand fiel in die Waagschale, daß die zivilrechtlichen Ansprüche des Verletzten, die sich auf 15.000 KC beliefen, in­zwischen außergerichtlich befriedigt wurden. Leider schließen bie ärztlichen Sachverständigen nicht au», daß der Verunglückte auch noch auf dem andern Auge erblinden könnte. Man erhält für K« 100 Reichsmark,,. 566. Martmünzen.... 655. 100 österreichische Schilling 533.50 100 rmnänische Lei... 14.22 108 polnische Zwtq... 522.50 10(1 ungarische Prngö.. 563.50 100 Schweizer Franken. 660.25 100 französische FranrS. 93 57 1 englisches Pfund.. 142.25 1 amerikanischer Dollar. 28.30 100 italienische Lire.. 121.40 100 holländisch« Gulden. 1587 100 jugoslawische Dinare. 61 80 100 Belga» 481.50 100 dänische Kronen.. 631. Oer Einsturz des Bbrsenbaues Der Prozeß neuerlich vertagt Prag ,(rb) Wie bereit- gelegentlich der ersten Verhandlung ausführlich berichtet wurde, ist vor dem Prager StrafkrciSgericht eine Anklage wtgen des Vergehens gegen die körperliche Sicherheit.unter besonders gefährlichen Umständen" anhängig, die die Staatsanwaltschaft gegen den Jng. Alois Maz ura und den Zimmermeister Anton M a t ä k überreicht hat. Gegenstand der Anklage bildet der Einsturz oeün Börsenneubau am 7. Dezember 1980, bei welchem zwei Arbeiter getötet und sechzehn weitere verletzt wurden. Jng. Mazura ist angeklagt als Aussichts­führender über die Betonarbeiten, während dem Zimmexman Waräk Fahrlässigkeit bei Auswahl deck Hölz material» für den Gerüstbau zur"Last gelegt wird. Wie stet»'in solchen Fällen drehte sich da- Verfahren um die Sachverständigengut­achten. die einerseits von Prof. Dr. Jng. Ku t a ö, anderseits von Baumeister H o d e k erstattet wurden. Eine eindeutige Aeußerung zur Scknildfrage brachten di« Sachverständigengutachten nicht. Lag die Ur­jache an einem Konstruktionsfehler, so kann dieser nur durch Vorlage der Baupläne nachgewiesen wer­den und diese Pläne sind so unglaublich diel auch klingen mag inzwischen verschwunden! Di« andere Möglichkeit besieht darin, daß das Holzge­rüst au» schlechtem Material bestand und unfach­männisch zusammengefügt wurde. Auch über diesen Punkt sagten die Sachverständigen sehr zurückhaltend aui. Allerdings deuten manch« Umstände daraus hin, daß schlechtes Holzmaterial verwendet wurde. Angesichts dieser unklaren Sachlage stellte der Staatsanwalt den Antrag, neue Sachverständige vor­zuladen und das Beweirverfahren dahin zu ergän­zen, ob im Sinne der Regierungsverordnung au- oem Jahre 1931 die Holzgeriistkonstruktion durch Schrau­ben zusammengehallen und nicht bloß mit Klam­mer« verbunden war. Auch in diesem Punkte bean­tragte der Ankläger die Vernehmung neuer Sachver­ständiger. DaS Gericht gab den Anträgen statt und vertagte die Verhandlung auf unbestimmte Zeit. Die wichtigste Position Die englische Weltmacht hat dieser Tage eine nndringliche Vorführung ihrer Größe und ihres Prestige- gegeben, die In Europa ziemlich unbe­achtet blieb, auf lveiten Teilen der Welt aber nicht übersehen werden kann. Den Vorwand dazu bo­ten die Feierlichkeiten anläßlich dec Eröffnung des unigebaulen Hafens von Singapore , und wenn die endgültige Fertigstellung der großen Luftflotten- und Schiffsbasis auch erst im Jahre 1989 erfolgen wird, so können die Engländer sicher sein, daß ihreVorstellung" viele Zuschauer und Zuhörer gesunden hat. Die Amerikaner nen­nen ihr« gelvaltigen Thcateraufführungcn, bei denen dem Auge und Ohr so viel geboten wird, eine.Show". Eine großangelegte Schau waren auch diese F l o t t e n m.a n ö v e r bei Singa« Pore, an denen sich außer den englischen Einhei­ten»al- Gäste" amerikanische, fran­zösische, holländische Kriegs­schiffe beteiligten. Nach der Situation der leb­ten Monate ist es nicht schwer, zu erkennen, an tuen diese große Flotten« und Flugzeug-Demon­stration gerichtet war und die Japaner haben gut ausgepaßt, während die Engländer in der Straße von Malakka manövriert haben. Die Engländer verbergen ihre Festungen nicht so ängstlich toie die Japaner. Während man in Japan seit Jahren in dcn.befestigten Zonen" nicht photographieren darf, hat man noch vor wenigen Monaten in un» mittelbarer Nähe der gewaltigen FestmmSanlagen mit dem Kodak hermnspazieren können und nur kenn man sich zu verdächtig benahm, riskierte man llngelegenheiten mit den englischen Behör­den. Wenn man die Engländer nm die Tische deS großen RaffleS-Hotcls nach dem Grund dieser überraschenden Sorglosigkeit fragt, so lächeln sie und erklären, man solle ruhig Singapore und seine Anlagen photographieren. Singapore sei so gut ausgebaut, daß e» uneinnehmbar sei, selbst wenn alle FestungSpläne verraten würden. Wie weit diese Antwort den Tatsachen ent­spricht oder nur dem britischen Selbstbewußtsein, muß dahingestellt bleibe». Tatsächlich hat man fünfzehn Millionen Pfund in den Ausbau von Singapore investiert und aus d'er ehe­maligen malaiischen Fischensiedlung, dem Unter­schlupf chinesischer Piraten, ist d i e m o d e r n st e Seefestung des Britsh Empire geworden; eine Seefestung, deren Trockendock die größten Schiffe aufnehmen kann, deren Geschütze zu den weitest tragenden gehören, die man bisher konstruiert hat, deren Zisterne» Betriebsstoffe für eine Flotte enthalten und das bei einer Inan­spruchnahme von sechs Monaten 1 Minenfelder, gewaltige Hangars, Dockanlagen und Bcobach- tungSstationen ergänzen die einzigartige Aus­rüstung von Singapore , das in den letzten Jah­ren immer deutlicher einer der Pfeiler geworden ist, auf dem neben Gibraltar , Suez, Hong­ kong das British Empire noch steht. Die wah­ren Kosten dieses gigantischen Befestigungswer­kes können nicht kalkuliert werden. Die Oefsent- lichkeit weiß nur, daß seit Jahren zehntausend Kulis daran arbeiten, daß die Betonböden mit Mühe dem Sumpfland abgcrungen werden muß­ten, daß man ungeheuere Mengen von Granit und Zement in den Boden rammen mußte, weil er schlammig und morastig war. BIS tief in den Urwald ziehen sich die Anlagen und um den Hafen auch von der Luft aus zu schützen, hat man auch die Luftflotte mit allem modernenKom­fort" versehen Singapore , das fast 50 Pro­zent der Kautschuk-Weltprodnktion, Tee, Zinn und alle Schätze der Tropen passieren sieht und den Engländern Millionen Pfund eingebracht hat, wird allmählich eine Passivpost für das Empire. Aber in Londo» weiß man, daß jedes Pfund, dä­mm: für Singapore und seine Befestigung auS- gibt, gut angelegt ist für die Zukunft des bri­tischen Weltreichs und der weißen Posi- t i o n e n i m O st e n überhaupt. Seit man erkannt hat, daß der vorgeschobenste Stützpunkt der Engländer im Fernen Osten, Hongkong , ver» wundbar ist durch die Achillesferse von Kanton, hat man sich ganz auf Singapore zurückgezogen. Nicht nur die Engländer geht Singapore an, alle weißen Nationen, die noch Handel mit dem Osten treiben. Solange über Singapore die englische Flagge weht, werden die Japaner diesen Handel nicht unterbinden können. Solange die Seefestung vonSingapurrha", derLöwenstadt", den Ja­panern daS weitere Vordringen verwehrt, werden Schiffe der Weißen Mächte Waren nach China , nach Nicderländisch-Jndien, nach Australien ver­frachten können. Singapore ist der einzige Punkt im Osten, von dem eine Flotte nach dem Stillen und dem Indischen Ozean auslaufen kann, der einzige Punkt, wo sich die vereinigten Flotten dec weißen Mächte ähnlich wie heute zu gemein­samen Aktionen versammeln können. Deshalb kann Europa nicht gleichgültig an den großen Manö­ver» von Singapore Vorbeigehen. Auch die kleinen Nationen, die keine Kriegsschiffe haben, aber Han­delsvertretungen und Kunden östlich von Singa­ pore , müssen wißen, daß ein Ende von Singa­ pore auch ein Ende weiter, schwer errungener Ab­satzmärkte für sie bedeuten würde. Singapore » Zukunft ist die Zukunft der weißen Menschen in Ostasien .' I. W.