Nr. 34 TonnerSlag, 10. Feber 1038 Seite o Teuerungsaushilfe für die Baggerarbeiter In der am 8. Feber d. I. beim Revierberg- amt in Brüx unter Vorsitz des Regierungsrates Zug. Santroch zwischen den Vertretern der Berg­arbeiterorganisationen einerseits und der Ver­treter der Baggerunternehmungen andererseits geführten Verhandlungen ist nach Ueberwin- dung heftiger Widerstände im Lager der Unter­nehmer zu einer Vereinbarung über die an die Baggerarbeiter zu geivährcndcn einmaligen TeueningSauShilse gekommen, der sämtliche Or­ganisationen zugestimmt haben. Vereinbart wurde nachstehendes Protokoll: t. Die Abraumunternehmungen Firma Robert Berndt» Erben, Firma Karl Kindt u. Co. und Firma Ladislav Eger gewähren ihrer Arbeiterschaft eine einmalige Aushilfe, und zwar verheirateten Arbei­tern 200 KC. ledigen Arbeitern 120 Kc. soweit diese am 81. August 1087 bei der Firma beschäftigt waren und am 8. Feber 1088 bei derselben Firma im Ar- beitSverhältniS stehen. Krankheit wird nicht als Un­terbrechung des Arbeitsverhältnisses betrachtet. Anspruch auf diese Aushilfe haben auch die auf der Grube Karl in Zuckmantl bei der Firma Robert BerntdS Erben beschäftigten Arbeiter, welche am S. Feber d.& vorübergehend mit der Arbeit aus­gesetzt haben und sonst den Bedingungen dieser Ver­einbarung entsprechen. Ebenfalls haben Anspruch aus diese Aushilfe die gewesenen Arbeiter der Firmen, welche nach Be­endigung des Militärdienstes auch nach dem 81. August 1087 zurückgekehrt sind und am heutigen Lage bei der Firma beschäftigt sind. Bezüglich der Arbeiterschaft der Firma Rekvasil verpflichtet sich die Firma Karl Kindl u. Co. dieser den aliquoten Teil der heute vereircharten Aushilfe iür die Feit zu bezahlen, welche sie im vergangenen Mre bei ihr beschäftigt war. d. i. für ein und«in- Lalb Monat« soweit sie ansonsten den Bedingungen der heutigen Vereinbarung entspricht. 2. Liese einmalige Aushilfe wird im ganzen am 18. Feber 1088 auSgezahlt. An den Verhandlungen haben für die Union der Bergarbeiter Haase und Göpfert und für den Revierrat in Brüx Demel und Tichh teilge­nommen. Die Bodenreform Im heurigen Jahre Dem Programm des LandwirtschastSmini- steriumS zufolge sollen Heuer im Rahmen der Bo- denresorm in Böhmen rund 0000 Hektar Wald, u. zw. besonders atis den Großgrundbesitzen Schwarzenberg, Liechtenstein und Rohan, im Lande Mähren -Schlesien 5800 Hektar Wald, in Die Textilarbeiter stehen Die Redner der SdP können nicht genug ost betonen, daß die Arbeiterschaft in ihrer großen Mehrheit in derVolksgemeinschaft" aufgegan- gcn sei und dort in Eintracht mit dein Kameraden Unternehmer die völkischen Belange erledigt. Di'. Wirklichkeit sieht anders aus. Die arbeiten­den Menschen sehen fast ausschließlich in den freien Gewerkschaften ihre Interessenvertretungen und lehnen die Gebilde der Volksgemeinschaft ganz entschieden ab. Ein Beispiel hiefür liefert die Darstellung deSTextilarbeiter" in seiner Ausgabe vom 8. Feber. Dort heißt es in einer Betrachtung über die Stärke der Gewerkschaften in der Textilindustrie deS GaugcbieteS Teplitz- schönau : zur freien Gewerkschaft Im Teplitzer Gebiet wurden BetriebSauS- schußwahlen in 34 Betrieben durchgeführt. Die Mandate verteilen sich auf folgende Organi­sationen: Union der Textilarbeiter. 110 Mandate Brünner Verband.. 0 4 Mandate Christlicher Verband 4 1 Mandat Kommunisten... 1 Mandat DAG g 17 Mandate Tsch. Agr. Gewerkschaft 1 Mandat Diese Zusammenstellung zeigt, daß die llnion der Textilarbeiter über 80 Prozent der Mandate in den 84 Betriebe» verfügt, in denen eS Betriebs­ausschüsse gibt. der Slowakei und in Karpathorußland 5000 Hek­tar Wald zugetcilt werden. Für die Waldzutei­lung kommen in erster Reihe Gemeinden oder andere SelbstvertvalUtngslörperschasten und Waldgenossenschasten in Frage, die aus Landwir­ten bestehen, welche in dem betreffenden Inter­essengebiet ansässig sind. An der heurigen Wald­zuteilung in Böhmen wird die Hauptstadt Prag bedeutenden Anteil haben. Auch in der Zuteilung von Ackerboden wird fortgesahren werden. In Böhmen wird die Boden­reform vor allem aus dem Großgrundbesitz Mün- chcngräh, und zwar ans einer Fläche von 1440 Hektar durchgeführt tverdcn. In der Slowakei und in Karpathorußland werden für die Kleinland- wsrie weitere Zuteilungen von ungefähr 10.000 Hektar vorbereitet. Für die kleine Zuteilung tverden auch Grundstücke von Restgittern herangezogen tverden, auf denen nicht erfolgreich gewirtschaftet wurde. Dir Verhandlungen im Ostrauer Revier. Bei den In Prag vor Weihnachten stattgefundenen Be­ratungen wegen einer einmaligen Aushilfe für die Bergarbeiter des Ostrau -Karwiner Reviers wurde beschlossen, daß zwischen den Vertretern der Bergarbeiter und der Grubenbesitzer auch dar­über verhandelt werden wird, wie einige Unklar­heiten deS Bergarbeiter-Kollektivvertrages besei­tigt werden könnten. Die Erledigung dieser Frage wurde dann einem besondereit, gemeinsamen Ausschuß übertragen, welchem je fünf Vertreter der Bergarbeiterorganisationen und der Gruben­besitzer angehören. Mittwoch trat dieser Ausschuß zusammen und nach einer allgemeinen Debatte wurden einige Bestimmungen deS Kollektivvertra­ges durchberaten, wobei die Vertreter der Berg-' arbeiter Vorschläge zu deren Klärung machten. Es wurde sodann einstimmig beschlossen, daß die Vertreter der Bergarbeiter ihre Anmerkungen der Direktorenkonseren z schriftlich vorlegen werden. Die Direktorenlonfcrenz Ivird dann über dieselben beraten uitd ihren Standpunkt einnchmen. Hier­auf wird über die Angelegenheit in einer neuen, gemeinsamen Sitzung beraten werden. Bor BerbindlichkeitSerklärung eines GlaSver» trag-- Der ArbeitSgebcrverband der GlaSindu« striellen in Teplih-Schönau und die Getverkschaf- ten haben beim Fürsorgeministerium um die Recht-verbindlichkeit des Hohlgla-vertrag- ange- sucht. Während 41 bestehende Firmen den Ver­trag anerkennen, haben sechs Firmen gegen dir BerbindlichkeitSerklärung Einspruch erhoben. Trotz dieses Einspruches dürfte es aber in Bälde zur VcrbindlichkeitScrklärung kommen. Die deutsche genossenschaftliche GeldauS. gleichstrll«(Kiesewetters, hat vor einigen Tagen die Bilanz-Sitzung für 1037 abgehalten. Die genossenschaftliche Geldzentrale zählt 177 Kassen als Mitglieder. Der Umsatz der GeldauSgleichS« stelle erreichte im GcsckästSjahr 1037 100.7 Mil­lionen; sie ist zu 08 Prozent liquid. Von den Einlagen der MitglicdSkasscn sind 28 Millionen KL bei Geldanstalten veranlagt. Die Wertpapiere sind in der Bilanz mit 10.8 Millionen verzeich- plan zur Förderung der Gebirgslandwirtschaft? Wir haben immer wieder darauf verwiesen, daß auch die speziellen Interessen unserer sudetendeutschen Gebirgslandwirte in der Agrarpolitik mehr als bis­her Berücksichtigung finden müssen. Bei ihrer letzten Vorsvrach« teilte nun der Landwirtschaft-Minister Dr. Z a d i n a Abg. I a k s ch und dem Vertreter des deutschen KleinbauernverüandeS mit, daß gegen­wärtig im LmtdwirtschastSministeriuin an einem Hilfsbrogramm für die Gebirgslandwirtschaft ge­arbeitet werde., Diese- ArbeitSvrogramm gebt von dem Gedan­ken au-, daß das Zentrum der hauptsächlich in den Händen, von mütleren und kleinen Landwirten be­findlichen Gebirgätoirtschakt die B i e Ü z u ch t ist,' Rindvieh. Schweine, in den östlichen Gegenden auch Schafe. Die gesamte Bflanzenproduktton de- Ge» birg-gebiete» muß sich den Interessen der. Viehzucht anvassen und unterordnen. Hauptziel der Förderung der Viehzucht muß sein: Daß unsere Gebirgsgegen­den die Kammer für Zucht- und Nutzvieh werden, die mit ihrem Material auch die Ebene zu versorgen haben. Also Förderung der Qualität der Zuchttiere, insbesondere Ermöglichung de- Ankäufe- von gutem Ttiermaterial in den GebirgSdörkern. Einrichtung von Alürkicn für Zucht- und Nutzvieh in den GebirgS- bezirten, Aufzucht von Qualitätsmaterial auf Ge- nossenschaitSweiden, Erhöhung und Veredlung der Schweinezucht schon wegen der Vermehrung der Hanöschlachtungen zur Besserung der Ernährung der Gebirgsbevölkerung und Ermöglichung des Ankaufes der notwendigen Futtermittel. Für daS Riesengebirge und die Hohe Tatra!m Interesse d«S Touristenverkehres Hebung und Verbesserung der Milchwirtschaft und aller Milchprodukte sowie Vorsorge für eine erhöhte Geflügelzucht und Eiervroduktion. Im Getreidebau: Vermehrung de» NetzeS der BeredelungSstationen. Bereitstellung genü­genden Saatgutes der beiden Hmivtfrüchte Korn und Hafer besonders in gefunden, wetterbeständigen, er- tragSrrichen Frühsorten. In d-r Flach-produktion Zuteilung von ermäßigtem Saatgut. Schaffung und Vervollständigung von genossenschaftlichen Drechhäu- sern, Verbesserung der Qualität und damit der Preise. Fürforge für da» Hauptnabruna-mittel der Kartoffel in den Gebirgsgegenden durch Zuteilung von immunen. krebSwiderstandSfähigen Sorten, vor allem aber durchgreifend« Fördentna des Wiesen­baues, del Grünfutterbaue» und der Weidewirtschaft. Ilm der regelmäßigen Futternot gegen Ende deS Winters zu begegnen, Fördentna der Silagen, hauptsächlich bei Kleinlandwirten. Einführung neuer Methoden der Grünfuttertrocknung, und Kartossel­konservierung, in großem lkmfange Förderung dec Giillewirtschaft und der Mut'terdüngentäiten. der genossenschaftlichen Viehtveiden. welchen größte Auf­merksamkeit aelvidmet wird, und ihrer Melioration und Rekultivierung. Die Mittel für diese umfassenden Borkehrnngen, sowie für die wichtige Wiederauf- forftung, die Wildlmchreguliernngen und andere» fall außer durch staatliche llnterstützung beschafft werden durch eine Abgabe auf die Holzausfuhr, die bekanntlich seit dem Jahre 1088 mit den gesteigerten Holzpreisen eine ständige Besserung zeigt. Im Zu­sammenhang damit Fürsorge für die Waldarbeiter und Ermöglichung von Heimindustrie für Holz­bearbeiter. ES bleibt abzuwarten, welche konkrete Formen da» Projekt annehmen wird. Man erhält für K8 100 Reich-mark.... . 568. Markmünzen . 660. 100 österreichische Schilling. 633.50 100 rumänische Lei.... . 14.22 100 polnische Zloty.... . 522.50 100 ungarische Pengö... . 566. 100 Schweizer Franken . 660.50 100 französische Franc-.. .{*8.57 1 englische- Pfund... . 142.37 1 amerikanischer Dollar.» . 28.30 100 italienische Lire... . 120.40 100 holländische Gulden.. . 1587 100 jugoslawische Dinare.. . 62.05 100 Belga-...... . 482. 100 dänische Kronen... . 631. 100 schwedische Kronen... . 733. net, wovon die StaatSkaffenscheine den größten Anteil haben. Der Wechselbestand macht am 81. Dezember 1037 rund eine Million KC aus und ist gegenüber dem 80. Juni 1037 um 25 Prozent niedriger. Die Schuldner stiegen von 800.000 KL auf 2.8 Millionen KL seit dem Halbjahres­abschluß 1037. In der ErfolgSrcchnung wird mit einem Gewinn von 63.460 KL abgeschlossen. Das Anteilkapital beträgt eine Million, 44 Tausend, so daß eine vierprozentige Anteilverzinsung der Generalversammlung zur Genehmigung vorge- scklagen wird. Die Inanspruchnahme der Kredite ist also sehr mäßig, woraus ersichtlich ist, daß die Liquidität bei den Kreditgenossenschaften und Vorschußkassen vielfach aus eigener Kraft wieder hergestellt werden konitte. in Karies Wo Sozialisten regieren. T«r KabinettSrat in Kopenhagen hat in einer mehrere Stunden dauern­den Sitzung eine Anzahl Gesetzanträge behandelt, die im Reichstag eingebracht werden. Es handelt sich um Anträge betr. ,zwölftägige bezahlte Ferien für alle Arbeiter, StaatSzuschuß für die Sanierung verschul­deter landwirtschaftlicher Betriebe und einen Kredit von 00 Millionen Kronen für Wohnungsbau. Welttovkot» gegen Japan . Delegierte au» vielen Ländern treten Ende dieser Woche in London znsam- men, um den Weltbovkott gegen Japan zu organisie­ren. Sonntag werden zu einer Massenversammlung in der Coventgardenoper Eduard H e r r i o t, Prä­sident der französischen Deputiertenkammer. und FrauSunyatsen, die Witwe de» Gründers der Chinesischen Republik und Schtvägerin Tschang- kaischek», sprechen. Paul R o b e s o n, der große Negersänger, der eben von einem Besuch bei den spanischen FreiheitSkämpsern zurückkehrt wirk: mit. lbn.) Reisepaß nur für Arter. Bei der Ausstellung von Reisepässen wird im Dritten Reich gegenwärtig auch der Nachweis der arischen A b st a m- mung verlangt. Eine überflüsstge Reise. Der britische Parla- miNtSaitLschuß zum Studium von Maßnahmen für den Schutz der Zivilbevölkerung gegen Luftangriffe lvtrd aut 20. Feber eine viertägige Studienreise nach Deutschland antreten.»News C h r o n i c l e" besaßt sich mit dieser Studien- rcise und betont, daß ihr Wert zweifelhaft sei. Englandfunk für Südamerika . In einer amt­lichen Mitteilung auL Rio de Jane-ra werden iür ldie nächste Zukunft englische Rundfunksendungen nach Lateinamerika in portugiesischer und spanischer Sprache angekündigt. Die Organisation dieser Sen­dungen nach Brasilien sei im Einvernehmen mit der brasilianischen Botschaft in London getroffen worden. Wovon Kopenhagen spricht Alte Brandes-Manuskripte Der Justizminister und die Richter Bor wenigen Monaten wurden in der Dach­kammer eine» Kopenhagener MiethauseS mehr als hundert Manuskripte von George Brande» gefunden. Ter schon alternde Kritiker hatte anscheinend selbst all« seine Mannskripte, die schon veröffentlicht waren, einem noch älteren Reise­koffer anvertraut und diese»Bagage" seiner geistigen Arbeit nach dem Dachboden briitgen lassen. Er nahm den Reisekoffer nicht mit, als er in eine andre Lobnung übersiedelte, und so kamen diese Papiere erst jetzt wiederum anS Licht. Ter beste dänisch: Publizist, A n k e r K i r k« b t>, hat diesen Fund einer, geistreichen rückschauenden Analyse unterzogen. Daß «S kein leere» Aesthetisieren war, beweist da» fol­gende Einzelbeispiel. Eine englische Zeitschrift fragte einst George Brande», welche soziale Reform, falls «>te solch« durchgeführt worden wäre, ihn am stärk­sten erfreuen würde? Der große Publizist, der in so vielen Fragen"seiner Zeit vorausgewachsen war, antwortete kurz:»Ich glaube an keine." So stark war er an sein bürgerliche» Milieu gebunden I Drei bii vier Dezennien spät-r ist sein Dänemark , sind olle skandinavischen Königreich« Musterländer der sozialen Reforuicn. In Dänemark fanden di« zuerst von der bürgerlich-raditalen Regierung langsam vorbereiteten und dann von der sozialdemokratischen Regierung mit fester Hand durchgeführten sozialen Reformen einen fruchtbaren Boden und viel Verständnis. Ge­hörte doch seit je zu den dänischen Traditionen, daß die Jugendlichen für die Alten sorgten oder daß kein Kind hungrig in» Bett gehen dunstel Aber doch waren damals, um nur Wenige Beispiele,zn nennen. dir jetzt gesetzlich geregelte Altersrente oder das zum Schulprogramm der Gemeindeschulen gehörende warme Frühstück für alle Schüler noch vage Träume. Inzwischen ist bedeutend mehr und gar Wichtigere- durchgeführt worden, und wenn es noch Polemiken und Kämpf« in der Presse gibt, so nur an» dem Grunde, weil die besitzende Bourgeoisie, die Höhe der Abgaben fühlend, gern zum System der»billigeren" privaten Wohltätigkeit zurückkehren möchte. Die von der Sozialdentokrati« mit den lltadikalen gebildete Regierung verfügt aber in den beiden Kam­mern des Parlaments über eine so sichere Majorität, daß alle Redereien der konservativen Opposition gegen die»Ausplünderung durch Steuern" nur leere Phra­sen bleiben. Nicht so in Schwede n, wo die soziale Fürsorge gleichfalls ein hohe» Niveau erreicht hat. Tie von den schwedischen Sozialdemokraten geführte Koalition sitzt noch nicht so lest im Sattel, daß man «S wagen dürfte, den ganzen Beamtenapvarat nach dein bekannten amerikanischen Muster au» den An­hängern der maßgebendsten Partei oder der koalier­ten Parteien zu bilden. In keinem Lande ist der alte feudale GJfift so stark in gewissen Kreiselt ausgeprägt wie in Schtveden, und da der Beamtenstand sich au» den Reihen der einst so mächtigen Feudalen rekrutiert, werden viele soziale Maßnahmen der Re­gierung im Stillen sabotiert. Die» ist in Dänemark keineStveg» der Fall. Die Regierung toleriert sowohl die Konservativen wie die Anhänger der auch oppositionellen Bauernliicke in allen Beamtenstellungen, itnd von einer Sabotage auf dem Gebiete der sozialen Reformen ist nicht das Mindest« zu merken. Die politischen und geistigen Kämpfe nehmen kein Ende, jedoch bleibt da» Ge, biet der sozialen Hilfe von ihnen sozusagen verschont, ES soll hier nicht di« alte Frage untersucht wer­den, ob die Richter, denen in den demokratischen Län­dern eine Unabhängigkeit garantiert wird, auch zum Beamtenstand gehören oder sich nur von ihrem Ge­wissen leiten lassen müssen, wo«in Staat-beamter sonst nur zu gehorchen hätte. Diese Frage ist in Dänemark insofern aktuell geworden, als zwilchen dem ganzen Richterstand de» Lande- und dem jetzi­gen sozialdemokratischen Justizminister S t e i n ck e ein scharfer Konflikt entstanden ist. Steincke hat nämlich«in Gesetzesprojekt dem Parlantente unter­breitet, das die Schaffung eine» hohen Appellations­gericht» vorsieht. Tie Vorgeschichte dieses GesetzeS- projette» weist«ineit krassen Fall auf, der in den letzten drei Jahren die Gemüter in ganz Dänemark erschüttert hatte. Einem Richter wurde, tmchgewie- sen, daß er in einer Gerichtssitzung einen Zeugen unkorrekt behandelt hatte, und obwohl diese Tatsache nicht geleugnet tverden konnte, obwohl derselbe Rich­ter schon früher selbst wegen Injurien zu einer Geld­strafe verurteilt worden war, obwohl man da» Ju­stizministerium mit Beschwerden bestürmte, daß daS Bürgerium zu einem solchen Richter kein Vertrauen besitz«, hatte der Justizminister keine Vollmacht, den sltichter au» dem Richterstaude zu entfernen. Er durfte nur m:S einer Kriminalkammer in eine Stan­desamtkammer versetzt werden. Steincke will nunmehr, mit Billigung de» jia- binett», ein hohe» AppellationSgericht schaffen, da» jedem Bürger da» Recht gibt und die Möglichkeit schafft, gegen«inen Richter zu klagen, insofern der Angeklagte oder ein Zeuge oder ein Sachverständiger sich in seinem Rechte beeinträchtigt fühlt. Ein humane-,«in echt demokratisches GesetzeSprojekt, dem man rasche Durchführung wünschen muß. Diese Auffassung teilen aber, di« dänischen Richter nicht I Mit der Berufung auf die ibnen von der Verfassung gelvährte Unabhängigkeit und auf die Möglichkeit, daß jeder, jeder Verurteilte zu einem Querulanten werden und zum AppellationSgericht laufen würde lehnen sie gemeinsam da» zu erwartende Gesetz ab. ES ging so weit, daß der Verband der dänischen Rich­ter mit den« Streike drohte, falls daS Projekt die Kraft eine» Gesetzes annehmen und kein geringerer al» der Präsident de» Höchsten Gerichts ließ ankün ­digen, daß er da»(iicsctz al» mit der Verfassung un­vereinbar nicht anerkennen würde. Die Wellen der Richteraufregungen gingen hoch, sehr hoch, und-die oppositionelle Press« benutzte die Gelegenheit, um den ihr verhaßten sozialdemokrati- schen Justizminister zu verhöbnen. ES gebürt« zum dänischen Charakter, daß in der Presse Polemiken in einem sehr frischen, offenherzigen Tone geführt wer­den, und gerade der Jnstizminister Steincke, ein Mann anS dem Volke, ist dafür bekannt, daß auch er eS nicht liebt, die süß« Blumensprache zu gebrau­chen. Auch er hat seinen Gegnern eine Antwort durch die Presse gegeben: Ter Präsident de» Höchstgerichteö scheine vergessen zu haben, daß die gesetzgebende Macht, daS heißt die Regierung und das Parlament, ihm nicht unterstellt sind. Mag er so viel protestie­ren wie er will, eS kann auch ein andere» Gesetzes­projekt mit Hilfe der sicheren Majorität in den beiden Kammern de» Parlaments durchgeführt werden, und zwar«in solches, daß daS reaktionär sich gebärdend« und sich allmächtig dünkende Hüchstgericht ganz ab­schafft I In der Verfassung stehe kein Wort darüber, ob die höchste Instanz ein Höchstgericht oder ein Ap-- pellationSgericht sein müsse, und wenn die Richter nach den Mustern, die sie s o n st scharf verurteilen, streiken würden, dann müsse ein neues Gesetz ge­schaffen werden, daS den Richtern jede Möglichkeit nehmen würde, einen Staat im Staate zu bilden. E- ist nach dieser kräftigen Auslassung de« Justizminister» still in der Presse darüber geworden, wie sich der Richterftand weiter gebärden wird, wenn das Gesetz, worüber kein Zweifel ist, in dex nächsten Session der Parlament» behandelt und sicher ange­nommen wird. Wenn e» zur Verhandlung kommen Ivird, wird der dänische Justizminister nicht nur in Dänemark die Gemüter beschäftigen. Denn ein sol­che» AppellationSgericht, da» dem Richter den Mm« bu» der Halbgottheit nimmt, ist auch in so manchem andren Lande hohe Notwendigkeit.