Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 75 Heller
Redaktion u. Berwaltung: Prag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub - Verantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag
18. Jahrgang
Regierungserklärung Blums:
Freitag, 18. März 1938
Frankreich einig und entschlossen
Baris. In der Regierungserflärung des Im Namen des Volkes neuen Kabinetts Léon BI um 3, die nachmittags
bildet wurde.
notwendig.
werde. Die Einheit der Franzosen ist notwendig, um einen Krieg zu verhindern.
369 gegen 196
Vertrauensvotum für Blum
ber Mitte gegen fie stimmten. Ungefähr 40 Abgeenthielten sich der Stimme. ordnete der Mitte, größtenteil Volksdemokraten,
Doch ein Kabinett
Aus dem Inhalt:
Die Stimme
der Internationale:
Verhindert den Krieg!
Polnische Note überreicht
Die Gleichschaltungswalze und ihre Opfer
Die Verantwortung
Nr. 65
der Sudetendeutschen
das fleine Land beschränkt geblieben.
Es ist kein Zweifel, daß dem Nationalsozia lismus die Existenz der Tschechoslowakei ein Dorn im Auge ist. Er, der jetzt den österreichischen Bisder nationalen Einigung? en verdauen muß und darum vom Frieden spricht, wird morgen bereit sein, alle gegebenen tags das auch vom Intransigeant" wiedergege- eine Aftion gegen unser Land suchen. Kein Su In Paris zirkulierte Donnerstag nachmit- Buficherungen zu brechen und wird Vorwände für bene Gerücht, daß der Präsident Lebrun im Ein- detendeutscher, und möge er den Kopf noch so von vernehmen mit dem Senatspräsidenten Jeanne- nationalistischen Phrasen vernebelt haben, darf neh und dem Kammerpräsidenten Herriot über die sich der Täuschung hingeben, daß sich auf dem Schaffung einer Regierung der nationalen Boden der Tschechoslowakei das österreichische Bei Einigung verhandle, für die sich bei der Bar- spiel wiederholen wird. Unser Land hat eine auslamentsdebatte zahlreiche Redner eingesetzt hatten. gezeichnete, durch keinerlei GleichschaltungstenVorsitzender dieser Regierung soll Dala bier benzen zersetzte Armee, eine zuverlässige Grekuoder Herriot , fein Stellvertreter BI um sein. tive und einen treuen Beamtenstab. Die Tfches der angeblich diesem Vorschlag im Prinzip zu choslowakische Republik würde sich wehren, und stimmt. Der Präfident will wie es heißt zivar unter dem Einsatz aller ihrer Machtmittel, zum erstenmal von dem ihm zustehenden Rechte sie würde sich wehren an ihren Grenzen. Das Gebrauch machen und selbst die Minister er heißt: sie würde sich wehrenimfude= den Regierungskrise zu verhindern. Sobald Blum würde Striegsgebiet, und mancher der nationalinennen, um den Ausbruch einer neuen fchlebyen ten deutschen Gebiet. Unsere Heimat feine Demiffion geben würde, würde kurz darauf stischen Heißsporne, die durch die Gleichschaltung der Präsident der Republik die Bildung der neuen Desterreichs in hemmungslosen Eifer geraten sind, würden nach dem Playen der ersten Bomben und Granaten in Sehnsucht dem Frieden nachtrauern
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Noch einmal sind die europäischen Völler Der Regierung Blum, welche um die Ver- knapp an der Katastrophe eines neuen Krieges fchiebung der Interpellationen über ihre Gesamt- vorübergegangen. Die Freiheit in Desterreich war politik ersuchte und dieses Verlangen mit der Ver- schon getötet, als Hitler dem Lande die SelbDie Regierungserklärung erwähnt hierauf in der Kammer Ministerpräsident Léon Blum die Dringlichkeit der sozialen Aufgaben Stimmen das Vertrauen ausgesprochen. Für zuschreiben, daß Oesterreich der Gewalt nicht die trauensfrage verband, wurde mit 369 gegen 196 ständigkeit nahm; nur diesem Umstand ist es zuund im Senat der Stellvertreter des Ministerprä- und erinnert daran, daß die Altersversicherung die Regierung ſtimmten alle vier Gruppen der Gewalt entgegensetzen konnte. Hätte es sich gesidenten Nationalverteidigungsminister Eduard für gealterte Arbeiter sowie die Organisierung der Palabier verlasen, erinnert einleitend an die Dilfe für die Kleinlandwirte verwirklicht werden front, während die Gruppen der Rechten und wehrt, so wären die Kampfhandlungen nicht auf soll. Die französische Einigkeit ist eine Kraft und Umstände, unter denen die neue Regierung ge- es ist notwendig zu versuchen, fie in Gang 3 setzen, deren Umwertung in Arbeit erst erprobt werden muß. Die Volksfront ist eine Kraft, die ,, Ende der vergangenen Woche in dramanicht niedergedrückt werden darf, weil die Begei tischen und historischen Tagen kam plötzlich der Ernst der europäischen Lage vor der öffentlichen sterung der Volksschichten, ihre Freiheitsliebe und ihr Gerechtigkeitswillen vielleicht das wertvollste Meinung zum Ansbruch und die Krise der Regie- ut des Volfes sind. Dies ist der tiefe Grund rung offenbarte fich. Das Intereffe des Landes für unsere Anwesenheit an dieser Stelle. hätte die Bildung eines neuen mächtigen Rabi- Wir hoffen innig, daß unsere Stimme überall das nettes erfordert, das alle republikanischen Grup gleiche Echo finden wird. Im Laufe seiner lanven des Volkes um feine Mehrheit vereinigt hätte. gen Geschichte war Frankreich gerade immer in Dieser Bersuch wurde unternommen, mißlang jenen Seiten groß, wo es Gefahren und Schwie jedoch." Die Regierungserklärung erinnert an bie tigkeiten begegnen mußte. Auch jetzt wird es der Umstände, unter denen die Oppositionsklubs diese Welt das Bild eines starken, mutigen, auf sich Aufforderung ablehnten und erklärt, daß die selbst stolzen, feiner Geschichte und feines Schick Regierung die gebildet wurde und sich nunmehr fals würdigen Volkes bieten. dem Parlament vorstellt, dessen ungeachtet entschlossen ist, teine Gelegenheit vorübergehen laffen wird, die geeignet wäre, um die für die Die Regierungserklärung wurde von der franzöfifche Einigung notwendige Mehrheit auf Kammer mit Zustimmung aufgenommen. Blum sich zu vereinigen. Die Regierung wird stets be- forderte dann, daß die Kammer die Aussprache reit sein, den Versuch zu wiederholen, der leiber über etwa 20 eingebrachte Interpellationen auf unbestimmte Zeit vertage. Die außenpolitische Debatte foll Dienstag abgeführt werden. Blum gab dann neuerlich der Bereitwillig- Diese Nachricht wurde bis in die späten Die ersten von der Regierung getroffenen feit Ausdruck, die Regierungsbasis zu verbreitern, Abendstunden weder bestätigt, noch dementiert. Maßnahmen zeigen bereits, welche Aufgaben ihr und rief der Opposition zu: Ich will, daß Sie alle Die Agence Havas hat jedoch einen Auszug aus die dringendsten zu sein scheinen und in welcher Herr Ihrer Nerven bleiben. Wenn aber Frank- dem Intransigeant", welcher die Mitteilung von Sorge um das öffentliche Wohl sie sich ihrer ent- reich wirklich handeln soll, dann ist es notwendig, diefer Veränderung enthält, in ihrem Material Tedigen will. Wir haben die Regierung am Mor- bak die Einigkeit hergestellt ausgegeben. gen nach ernsten Ereignissen übernommen, die ganz Europa bewegten und erschütterten und eine entsetzliche Entwidlung hätten aur Folge haben fönnen. Wir wollen daher vor allem der Gefahr der außenpolitischen Lage begegnen. Das eins mütige Frankreich wünscht leidenschaftlich den Frieden. Wenn es sich um den Frieden Europas handelt, gibt es keine Anregung, die Frankreich nicht bereit wäre, selbst zu geben oder entgegens zunehmen. Frankreich will auf diese Weise seine volle Unabhängigkeit und seine Lebensinteressen wahren, die Sicherheit seiner Grenzen und seiner Verkehrswege schüßen und mit voller Ehrenhaftigkeit so wie sie es soeben durch die Erneuerung der Versicherungen getan hat, den Verpflichtun gen nachkommen, die es durch seine Unterschrift übernommen hat. Aber wir werden nie zulassen, heißt es in der Regierungserklärung, daß diese beiden Willensströmungen unvereinbar wären und werden, um sie in Uebereinstimmung zu bringen, bis an die äußerste Grenze menschlicher Anstrengungen gehen.
fcheiterte.
Leidenschaftlich für den Frieden
Regierung bekanntgeben.
,, Weiterer Aggressivität
ein Ende machen"
Rußland schlägt kollektive Aktion zur Rettung des Friedens vor
Mosfa u. Volkskommiffär für Aeußeres Litwino w teilte in einer Unterredung mit Journalisten mit, daß die Sowjetregierung an alle Großmächte die Einladung gerichtet habe, die Diskussion über eine Aktion aufzunehmen, die nach der Besetzung Desterreichs und infolge der Bedrohung der Tschechoslowakei notwendig geworden ist.
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furze Kampfhandlungen würden genügen, Aufsig, sofern sie noch Gelegenheit dazu hätten. Selbst Teplitz- Schönau , Reichenberg, Troppau , Städte blühendsten Lebens, in Stätten des Grauens und des Todes zu verwandeln. Kein Triumphzug auf blumenbestreuten Wegen würde sich wiederholen, sondern all das, was die Menschen des Weltfrieges in Galizien , vor Verdun , in Flandern und am Isonzo erlebt und erlitten haben. Der Krieg schont nicht Kinder, Frauen und Greise; Grana ten und Bomben kennen bei ihrem Zerstörungswerk auch feinen Unterschied in der politischen Auffassung ihrer Opfer.
Die Sudetendeutsche Partei war bisher ein Instrument der nationalsozialistischen Außenpolis tif. Dieses Instruments wird sich der Nationalsozialismus zu bedienen versuchen, wenn er Vorwände für einen lleberfall auf die Tsches choslowakische Republik brauchte. Die Sudeten deutsche Partei , welche die Gleichschaltung Desterreiche mit einem Enthusiasmus begrüßt, der tief In der Unterredung mit den Vertretern der sondere die Großmächte vor die Frage ihrer Ber- bliden läßt, trägt also einen großen Teil der In- und Auslandspreffe gab Litwinow eine Er- antwortlichkeit für die weiteren Geschicke der euro- Verantwortung für die fünftige Entwick flärung ab, in der er einleitend auf die lang päischen Völker und nicht nur der Völker Europas , lung. Will sie den Schutz der Heimat, von der jährigen Bestrebungen Sowjetrußlands hinwies, weil die Sowjetunion sich ihres Anteiles an dieser sie soviel spricht, dann muß sie gegen den die Organisierung der kollektiven Sicherheit im Verantwortlichkeit bewußt ist, weil sie sich auch Serie g sein, gegen den Krieg und gegen alles, Rahmen von Regionalverträgen über gegenseitige der Verpflichtung bewut ist, die was ihn hervorrufen könnte: in erster Linie also Für internationale Moral Hilfeleistung gegen Angriffe zu betreiben. Brat- für sie aus dem Völkerbundpakt, aus dem Briand gegen die Einmischungsver= Da die Umstände unser Land dazu zwingen, tisch habe der Sowjetverband diesen Weg durch die Kellogg- Pakt und aus den mit Frankreich suche des Nationalsozialismus wollen wir seine militärische Stärke noch mehr Silfeleistungsverträge mit Frankreich und der und der Tschechoslowakei abgeschloffe- in unsere innerpolitischen Verhältnisse. Sie muß. vergrößern. Die Nachtrags- Nüftungsprogramme Tschechoslowakei betreten. Litwinow fuhr dann nen Verträgen über die gegenseitige Hilfeleistung meint sie es ehrlich mit der Sorge um das Suwerden unverzüglich in Arbeit genommen wer- fort: hervorgeht. Ich kann namens der Sowjetunion detendeutschtum, solche Einmischungsversuche attiv den. Es wird zur größeren Entwicklung der Der letzte derartige Vorfall war der Ver- erklären, daß diese auch weiterhin bereit ist, sich bekämpfen. Läßt sie sich auch fernerhin als Werka materiellen Produktionsmittel an nichts gespart lust der politischen, wirtschaftlichen und tulturel- an follettiven Aktionen zu beteili- zeug der nationalsozialistischen Außenpolitik mißwerden. Wir werden uns bemühen, die Bündnisse, len Unabhängigkeit des österreichischen gen, die gemeinsam mit der USSN beschloffen brauchen, so fann es geschehen, daß alle VerFreundschaften und Sympathien zu erhalten oder Volkes. Während es früher zu Angriffen auf mehr würden und das Ziel hätten, einer weite- antwortung für das Leiden und Sterben zehntaus noch mehr zu feſtigen, in denen Frankreich einen oder weniger weit von Europa entfernten Länder ren Aggreffivität ein Ende 3 u sender, hunderttausender Deutscher auf die HäupGrund des Bertrauens zu sich und eine Garantie oder am Rande Europas tam, geschah diesmal ma chen und die verstärkte Gefahr neuer Welt- ter ihrer Führer kommt! Jetzt gilt es, im wahrs des Friedens für die Welt sicht. Ein ehrenvoller eine Gewalttat in der Mitte konflikte zu beseitigen. sten Interesse unseres Volkes, sich zu Prag zu Frieden und die Freiheit waren stets die Grund- Europas, wodurch unzweifelhaft nicht nur für Die Sowjetunion ist bereit, sofort mit an- bekennen, statt nach Berlin zu schielen und fütze Frankreichs . Die internationale Moral und die benachbarten Länder, sondern für alle euro - deren Staaten im Völkerbunde oder außerhalb Berlin bei seinem Hasardspiel zu ermuntern. Solidarität hören nicht auf, feine Grundregeln päischen Staaten eine Gefahr entstand. Bedroht desfelben an die Beratung praktischer Maßnahmen Es könnte sein, daß es unter den Sudeten zu sein. Die Annäherung aller friedliebenden ist vorläufig die territoriale Integrität und in zu gehen, welche von den Umständen diktiert wer- deutschen Leute gibt, die da glauben, sie könnten Kräfte der Welt für die tollektive Sicherheit hört jedem Falle die politische, wirtschaftliche und kul- den. Morgen wird es vielleicht schon zu spät sein, um der höheren Ehre der Nation willen" auch nicht auf, fein Ziel zu sein. turelle Unabhängigkeit der kleinen Völker, doch heute ist noch Zeit dazu, wenn alle die Verantwortung für das Schlimmste auf sich deren Verfklavung iedoch die Voraussetzung für Staaten, insbesondere die Großmächte, einen un- nehmen. Leute, die da glauben, die Existenz eines die Ausübung eines Druces und schließlich für zweibeutigen Standpunkt gegenüber dem Problem siegreichen, fast ganz Europa beherrschenden ben Ueberfall auch auf die großen Staaten bilden der kollektiven Rettung des Friedens einnehmen. Groß- Deutschland würde die Ueberlebenden für alles Grauen eines Krieges entschädigen.
Gesunde Wirtschaft
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Die Regierungserklärung geht hierauf zu ben Finanzproblemen über. Die Ge- wird. sundheit der französischen Wirtschaft erfordert ent- In erster Reihe ist die Tschecho- London.( Renter.) In London wird sprechend feste Beziehungen nicht nur zwischen den flow atei bedroht, und dann droht die die heutige Unterredung Litwinows mit den ausständigen Einnahmen und Ausgaben, sondern Gefahr weil ei nAngriff a n steden bistländischen Journalisten als ein Zeichen angeauch zwischen der Produktion und dem Konsum, daß sich neue internationale Konflikte häufen sehen, daß Rußland zu handeln be stvischen den Löhnen und den Preisen, zwischen werden, und diese Gefahr zeigt sich bereits in bereit ist. Am Abend wird bekannt, daß die Ausfuhr, mögen sie sichtbar sein denklichem Maße bei den polnisch- lita uiGebieten auf eine Erneuerung dieses Gleichgewich- Die gegenwärtige internationale Lage stellt ies hinarbeiten. vor allem die friedliebenden Staaten und insbe
der EinDie Regierung wird auf allen diesen schen Zwischenfällen.
oder nicht.
Einladungen der Sowjetregierung zu der vorgeschlagenen Konsultation bereits in Lrndon, Washington und Paris von den diplomatischen Vertretern der USSR überreicht wurden.
Die Toren! Sie sehen nur den augenblic lichen machtpolitischen Glanz ihrer Ideologie, sie glauben, das Bild der Welt werde sich nach ihren Träumen gestalten. Aber an den Grenzen Polens steht eine schwerbewaffnete, millionenstarke rusfische Armee mit einer übermächtigen Luftwaffe; im Schuße der Maginot- Linie kann sich jeden Tag der Aufmarsch der erprobten und starken französischen Armee vollziehen; die englische