Nr. 68

Eroberte Stadt

Dienstag, 22. März 1988

Geite 5

wo sind sie geblieben? Sie sind zu Hause oder stimmt nicht mehr zu klagen haben. Den in ben Betrieben und Stanzleien, das Feld be- Deutschland Techat wie nach allen Produk herrscht fremdes Militär, fremde Polizei und ein tionsreserven so besonders nach diejen paar tausend junger, allzu junger Leute, die man Rohstoffen und waren." Diese Versiche rung der Frankfurter Zeitung  " vom 20. März legt in diesen furchtbaren Tagen Soldaten spielen läßt, einen der wesentlichsten Gründe bloß, die bei der um sie reif zu machen für die neue Aera, die Vernichtung der staatlichen Selbständigkeit Defters reichs für die Nationalsozialisten den Ausschlag ges Phäaten ihren Einzug halten wird. Begeisterung? geben haben. Die Schlagartigkeit, mit der jetzt der Ach ja, wenn hundert oder hundertfünfzigtausend wirtschaftliche Anschluß durchgeführt wird, ist ein Be­aus ganz Niederösterreich   zusammengetrommelte weiß nicht nur dafür, daß der Anschlag von langer Menschen auf den Straßen erscheinen und ein Hand sorgfältig vorbereitet war, sondern auch dafür, neues Zeitalter begrüßen, so sieht das machtvoll daß mit dem Beginne des intensivsten Raubbaues aus. Die Millionen, die traurig und zähnetnir­an den wirtschaftlichen Kräften Oesterreichs   teine schend das Leid und Ungemach über sich ergehen Minute mehr gewartet werden soll. laffen müssen, von denen weiß die Geschichte und behende Propaganda nichts zu berichten. Denn man sieht nur die im Lichte, die im Dunkel sieht man nicht..."

/ Eindrücke aus Wien  J. B. Wien.( 14. März.) Wien   nur Tu Vor uns rattert es unheimlich über das Pflaster. allein... Nein, es wird nicht mehr die Stadt Tant um Tant zicht vorbei, Geschüße, Radio­der Träume, und wenn, dann der Albträume sein. wagen, eine unübersehbare Reihe Arbeitswagen Nods liegt sie im grauen Nebeldunst des frühen der Telegraphenabteilungen der Reichsiyehr. Ohne nun auch hier, in der so gepriesenen Stadt der Morgens friedlich da. Langſam fährt der Zug Zögern biegt jeder Wagen ein, wohin ein offenbar über die mächtige Donaubrücke, in der Ferne zeichnut vorbereiteter Plan ihn bestimmt hat. Aller nen sich die Konturen des Leopolds- und Kahlen- Verkehr hat zu ruhen, wo die Wagen durchfahren, berges, schlank erheben sich die Funktürme am nur zuweilen bleiben sie stehen. Bisamberg  , von welchen nun schon seit Tagen das Knallfeuer der nationalsozialistischen Propaganda in den Aether   gesendet wird. In breitem Bogen durchfahren wir die Vororte, in denen der Verkehr noch nahezu ruht. Nichts zeigt an, daß sich in ben vergangenen 48 Stunden ein Umbruch voll­zogen hat, der uns einem neuen Weltbrand in gefährliche Nähe brachte. Nur hie und da weht einsam eine Sakenkreuzfahne von einem Haus, dazwischen ſpärlich die rot- weiß- rote Fahne der ausgelöschten öſterreichischen   Republik  . Die weni­gen Passagiere schauen alle bedrückt aus den Fen stern, als wollten sie Antwort auf die Frage er­halten, was uns die nächsten Stunden und Tage bringen werden.

Am Bahnhof ist es zu dieser Stunde noch still. Kein Mensch wartet in der Vorhalle; es ist, als sei die Stadt gelähmt und in Schrecken er­starrt. Draußen erwacht allmählich das Leben, die fahnengeschmüdten Straßenbahnen flingeln, die meisten der vorbeifahrenden Autos tragen Hakenkreuz- Embleme. Da ist der Reumannhof, um den vor vier Jahren heftig gerungen wurde: awei rote Fahnen mit dem schwarzen Hakenkreuz in der Mitte flantieren den Eingang, vereinzelte Fenster sind mit dem Zeichen der neuen Herren dekoriert.

Vor dem Belvedere  , dem alten Palais des Prinzen Eugen, steht eine militärische Wache. Später erfahre ich, daß in der angrenzenden Villa ter letzte österreichische Bundeskanzler in Schutz­

oder Ehrenhaft gehalten wird. Der Schwarzen

bergplatz, Sitz des österreichischen Industriellen­verbandes, prangt im Flaggenschmuck, die Ring­straße wird für den feierlichen Empfang des Füh rers hergerichtet, der für den Spätnachmittag er wartet wird. Gleich ums Eck das Hotel Impe­vial", das von allen Gästen geräumt werden mußte, um JSN und seinen Stab aufnehmen zu tönnen, das Grandhotel und das Bristol  , sie alle bereit, der neuen Herrschaft zu dienen. Die alt ehrwürdige Oper, über und über mit den unari­schen und ungermanischen Zeichen bedeckt, ebenso das große Konzerthaus, das Ausstellungsgebäude des Kunstvereins.

Je weiter hinaus wir kommen, desto be ängstigender die Waffe der einfahrenden und ein marschierenden Truppen. 25.000 Mann Reichs­ wehr   allein in Wien  , dazu Tausende von Polizi­sten und immer neuer Zuschub, immer gewaltiger der Aufmarsch. Bald werden es hunderttausende fein, die das, was bisher Deſterreich war, unter ihre Fuchtel nehmen, Hunderte und Tausende von Wer vom Faschismus ißt, stirbt daran. Nun Tants  , Kanonen und Flugzeugen, Waffen aller wird das Wort wieder einmal furchtbare Wahrheit Art. Dies alles ist nötig, um die Begeisterung werden und jene treffen, die ihm nicht glaubten, der also Neberrumpelten im Baume zu halten... die vermeinten, für sie seien andere Gefeße gültig Wer diesen schauerlichen Zug der eindrin- als jene, die der Gewalt innewohnen. Der Haß genden fremden Militärmacht nicht gesehen hat, richtet sich nicht nur gegen die Marristen. Schon dieses Brummen und Tosen der heulenden Moto- spüren ihn die alten Christlichsozialen, die ren in der Luft und auf der Erde, diefen dumpfen die Welt schon lange nicht mehr verstehen, Marschtritt der einziehenden Heere, wird sich das am eigenen Leibe, ebenso wie die jungen, unheimliche Gefühl nicht vorstellen können, das die der Idee des Ständeſtaates nachliefen, es den vorahnenden Menschen erfaßt, der dies erlebt. spüren ihn die Heimwehren, die die traurige Rolle Noch tagelang später wendet man sich nach jedem des Stahlhelms spielten und es werden ihn auch vorbeiratternden Auto um, ob es nicht ein deut- die österreichischen Nationalsozialisten ſelbſt ſpü scher Militärwagen sei, der freien Durchzug hei- ren, denen man die Vögte aus dem Reich vorſetzt, schend die Straße durchfährt. um ihnen die Gemütlichkeit und die milde Schlant

Und die fröhlichen, lebensbejahenden Wiener  , perei auszutreiben.

Volkswirtschaft und Sozialpolitik

Das Steueraufkommen

Der Ertrag der Steuern und Abgaben im Fe ber, sowie in den beiden ersten Monaten 1938 ift größer als der vorjährige.

Ein mäßiges Steigen zeigt sich bei der Um­fab und Lugusſtener.

Den ersten, am Donnerstag erlassenen Verord nungen, die die Herstellung der Währungseins beit, die Liquidierung der österreichischen   National

bant und die Angliederung der Bundesbahnen an die Reichsbahn verfügten, sind am Sonntag weitere Ver­

ordnungen gefolgt. Der Beauftragte für den Vier­jahresplan, Göring  , ermächtigt den Reichswirtschaftss minifter innerhalb seines Geschäftsbereiches die zur Durchführung des Vierjahresplanes in Oesterreich  notwendigen Maßnahmen zu treffen. In Ausfüth­rung dieser Verordnung wurden in Wien   eine De visen und eine leberrechnungsstelle ers richtet und die rechtlichen Grundlagen für die Hin einzwängung des österreichischen Wa= renverkehrs in den riesigen Bewirtschaf unas vorschriften banget gefchaffen, der seit Jahren schon für das übrige Reich besteht.

Man wird sehen, wie nun auch die Wirtschaft Desterreichs auf die Zwvede der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Rüstungspolitik abgerichtet wird. Desterreichs arbeitende Bevölkerung, einschließlich seis ner Steinbauern, wird diesen wirtschaftlichen An­schluß mit einer scharfen Herabdrückung ihres bis­herigen Lebensstandards bezahlen!

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Diese bereits im Ablauf befindliche Entwicklung soll überdedt werden. So versichert man, daß Deutschland   bei der Einführung der Reichsmart als gesetzliches Zahlungsmittel in Desterreich zunächst neben dem Schilling bei der Festsetzung des Ulm  rechnungsfurses ein großes Opfer gebracht habe. Der Austauschsatz ist so gewählt worden, daß drei Schil­Ting gleich zwei Reichsmart sind. Da zuletzt der Auf das Steigen des Bruttoertrags der Ver- Schilling am Berliner   Devisenmarft mit 10.49 brauchssteuern wirft außer der besseren Wirt Reichsmart notiert wurde, hat er mit dem neuen fchaftslage auch die Einführung der neuen Steuern Umrechnungsfurs von 3: 2 gegenüber der Reichsmart Der Brutto ertrag ist im Feber( in und die Erhöhung der Säße bei den bereits bestan- eine Höherbewertung um rund 35 Prozent erfahren. Tausend) mit 1.246,380 um 156,569 oder 14.4 denen Steuern, die sich jedoch nicht so stark aus der Zwang zu dieser Abwertung der Reichsmart bei Prozent größer als im Feber 1937. Im einzelnen find wirkten, da der erreichte Reinertrag um mehr als der Feitjehung des Austauschsages ergibt sich aus der gestiegen: der Bruttoertrag der direkten 30 Millionen Ke hinter dem Voranschlag zurüd Tatsache, daß die Kauftraft der Reichs­Steuern um 100,431 auf 576,680( um 21.1 Pros bleibt. Diefer leytere Umstand ist dadurch er- mart jelbst im Innern Deutschlands  3ent), der Um sa v und Lurus steuer um flärlich, daß bei gefeßlichen Neuregelungen admini- viel geringer ist, als sie bei dem fora 40,093 auf 320,601( um 14.3 Prozent), der Ber  - ſtrative Schwierigteiten die Regel sind, ferner das mellen Festhalten an der alten Golds brauchssteuern um 13,588 auf 175,111( um durch, daß der Voranschlag mit der Siener von paritätsein dürfte. Würden nicht die deuts 8.4 Prozent) der M o no vol e um 962 auf 4,684 Gummiwaren rechnete, die nicht verwirklicht wurde. ichen Devisenvorschrisien die Mart vom freien Ver­( um 25.8 Prozent). Eine Ausnahme bilden die Die Besserung des Bruttoertrags bei den Ge- fehr an den internationalen Geldmärkten ausschlie 86 II e, die mit 47,271 um 11,582 oder 19.6 bühren und Monopolen ist im ganzen gering- hen, dann würde also der Martfurs im Verhältnis Prozent hinter dem Feber 1937 zurüdblieben. fügig; jie entspricht der bisherigen sich günstiger zu den anderen Währungen viel tiefer liegen als der gestaltenden Wirtschaftssituation. heute amtlich gültige.

Für die beiden Monate Jänner und Feber zu sammen lauten die Ziffern der Bruttoerträge: 1938 gegen 1937 d. i.% 832,364 158,007 18.4 6.9 386,924 31,951 9.0

104,728

-

7,661 6.8

9,108 3.9 8,227 30.1

242,764+ 13,920+ 2.060,083+ 220,431 12,0

Langsam schlendere ich die Ringstraße ent­lang. Da sind die Museen, Stolz der kulturellen Sauptstadt des großen Reiches, bewahrt und ge­hittet von der kleinen Republit. Auch sie nun dienstbar dem neuen Geist, auf der dem Denkmal dirette Steuern Maria Theresias zugewendeten Seite mit einem Umsatz- u. Lurussteuer 479,388+30,798 mächtigen Banner bedeckt, das fast den ganzen Zölle Mitteltralt einnimmt. Maria Theresia   selbst. Verbrauchssteuern auf hohem Sockel thronend, von ihren vier Pala- Gebühren dinen und Feldherren umgeben: vor jedem eine Monopole balenkreuzstandarte aufgepflanzt. Rechts die zusammen alte Hofburg, Sis des alten Franz Josef  , mit dem Desterreichs Glanz und Nuhm zu Grabe ge­tragen wurde. Die Aufschrift Justitia fundas mentum regnorum" wird von den Fahnen fast Monate 1938: völlig verdeckt; der Spruch ist altmodisch geworden und die Gerechtigkeit hat aufgehört, die Grundlage der Reiche zu sein. Ein Stück weiter das ele- direkte Steuern Umsatz u. Lugusſteuer gante, in griechischem Stil erbaute Parlaments= 3ölle gebäude der Monarchie, wo vor knappen vierzehn Verbrauchssteuern Tagen Schuschning in glanzvoller Umgebung fein Gebühren Mot- weiß- rot bis in den Tod" in den Saal Monopole schmetterte. Wie weit liegt das alles zurück? zusammen Jahre? Nein, Tage, ja Stunden. So rasch und mitleidslos hat sich noch kein Schicksal erfüllt.

Der gesamte Reinertrag der Steuern und Ab­gaben ist gegenüber dem Voranschlag um 202 Mil­lionen Ke höher. Er wurde durch den Mehrertrag. ber diretten Steuern bewirkt.

Die Baia- Werke A. G. stellt den Blättern folgende Nachricht zur Verfügung: In einem Teil der Weltpresse tauchten Meldungen auf, die be­haupteten, daß die Bafa- Werte A. G. die Zen­trale ihres Erports und ihrer Betriebe nach Sol­land verlegt hätten. Diese Meldungen sind un­wahr. Die Zentrale der Bafa- Werke A. G. und ihres Exports verbleiben in glin.

Für die österreichische Bevölkerung ergibt sich daraus zunächst der scheinbare Vorteil, daß sie für ihre Schilling beim Umtausch mehr Reichsmart erhalten. Ein Arbeiter mit einem Wochenverdienit von 50 Schilling hätte nach dem alten Sture 24.55 Reichsmart erhalten, nach dem neuen bekommt er 33.30 Reichsmart. Aber dieser scheinbare Vorteil wird sich in fürzester Frist in einem schweren Nach­teil verwandeln: Das Preisniveau in Desterreich, bisher viel niedriger, wird sich in raschem Tempo dem Die Reinertragsziffern nach Abzug der im übrigen Reich angleichen. Die Steuern, Beiträge Anteile und Zuweisungen an die Selbstverwaltungs­und Spenden werden von Desterreichs Volf im gleis förper und Fonds lauten für die beiden ersten den Umfang eingetrieben werden wie vom deutschen  . Der Arbeiter, Angestellte und Beamte wird bald feit Reinertrag gegenüber d. i.% Die Landesbank für Böhmen   wird vom 29. ftellen müssen, daß er sich bei seinem neuen Reichs­b. Budget März 1938 angefangen an Werktagen die April- mart- Einfommen mehr einschränken muß als vorher 770,658 361,489 88.3 Coupons Nr. 47 ihrer 4.5prozentigen Kommunal bei seinem Schilling- Einkommen. Dazu ist den Un­122,126 63,824 84.8 Schuldscheine, Nr. 25 ihrer 4.5prozentigen Melioraternehmern befonders geiagt worden, daß mit der 101,039 29,296 22.5 tionsscheine, Nr. 96 ihrer vierprozentigen Fonds- Söherbewertung des Schillings ein Spielraum" ge 299,515 30,663 9.2 schuldscheine in Guldenwährung, Nr. 60 ihrer vier- geben werden sollte, innerhalb dessen die Löhne( auch 241,587 38,848 13.9 prozentigen Fondsschuldscheine in Kronenwährung an die Kosten und Preise) leidt angeglichen" werden 13,920 3,100 28.6 ihren Stassen in Prag  , Preßburg   und Uzhorod ohne jeden Abzug einlösen. 1.548,845 201,958 15.0 Der im Vergleich zum Vorjahre höhere Brutto­ertrag der direkten Steuern im Jänner und Feber Das Wiener Rathaus  ! Zum drittenmal 1938 fann begründet werden, einerseits mit der feit jenen Novembertagen des Jahres 1918 er- Bahlung von Restbeträgen( als Folge der ziveifachen obert. Der gewaltige Siegeszug der österreichi- Steuervorschreibungen im vergangenen Jahr), an­jchen Sozialdemokratie, ihr beispielhaftes Aufbau- dererseits mit dem Ertrag des neuen Wehrbeitrag3 werf, das von keiner Stadt der Welt übertroffen und hauptsächlich mit der sich bessernden wirtschaft wurde, ihr vorbildliches Schulwesen auch das lichen Lage. Gebäude des Stadtschulrates, wo jahrelang unser Otto Glöckel   für das Glück der aufwachsenden

Jugend wirkte, bereits der neuen Stultur" unter- Millionenwerte

Der wirtschaftliche Anschluß Oesterreichs  

tönnien. Das ist aber die Aufforderung zu Lohn­reduzierungen, wie sie von den deutschen  Unternehmern nach Etablierung der braunen Dikta tur so weitgehend durchgeführt wurden.

Mit jeder Verordnung, mit der die österreichi sche Wirtschaft feſter in den Vierjahresplan einge

..Eisen-, Bint- und Bleierzbergbau, Stahl- und Rüstungsindustrie und die österreichische Forjuviri fchnürt wird, wird sich auch die wirtschaftliche und schaft, um nur einige der wichtigsten zu nennen, wer- soziale Lage der Arbeiter und Bauern dieses Landes ben über Mangel an Beschäftigung in Stürze be- verschlechtern.

Türen bemalt und die Balfen und Pfosten mit Also gab der Junge, unser Oskar, der schon schrecklich anzusehenden Schnitzereien verziert. mit neun Jahren ein ganzer Kerl war, den Ma­All das wurde natürlich nicht mit bezahlt, denn trofen die Anweisung, die Schnipereien wegzu­es konnte ja den Wert des Hauses nur herabsetzen. nehmen, aufs Riff zu schaffen und ins Meer zu Welcher ordentliche, an die Geister glaubende Ta- werfen. Und da in den Stoffern noch viele solcher hitaner würde auch wohl in so einem Hause woh- Sachen und unnüßer Kram lagen, sollten sie den nen wollen! Inhalt der Koffer gleichzeitig ins Meer werfen. Eine ganze Zeitlang blieb das Haus von So geschah es auch. Gauguin   in dem Zustand, in dem er es verlassen Die Sachen, die da in den Ozean versenkt Gauguin   in dem Zustand, in dem er es verlassen hatte. Möbel gab es zwar nicht, aber auf der wurden, waren Millionen wert. Was aber an Veranda standen drei Stoffer, in denen allerlei unerseßlichen Kunstwerten gleichzeitig zugrunde beschriebener und bemalter Kram war, Leinwand ging, fönnen wir garnicht ermessen. Ostar ist ein Bursche mit einer beivegten und bemaltes und vollgezeichnetes Papier. Müde des Kampfes mit der europäischen  Vergangenheit. Nicht nur als Seefahrer, Sila- Als sich einmal die Mannschaft eines ge- Kultur, aufgewühlt durch das tragische Schicksal venhändler, Lagerverwalter und Fleischer betä- strandeten Segelschiffes bei Vater Awel um Ar- seines Freundes und Feindes Van Gogh  , hatte tigte er sich; auch ein ganz verschwiegenes Metier beit bemühte, eine Heuer im Augenblick nicht zu sich Gauguin   aus dem Lurus des Pariser Lebens hinter verschlossenen Türen und vergitterten Hen- finden war, erinnerte er sich an das gekaufte in die primitivste Einsamkeit der Südseeinsel ge= Haus in Bunaauia. Er schidte feinen neujährigen Sohn mit den Leuten hinüber, damit sie das Haus ordentlich herrichteten. Das taten sie denn auch und befreiten Türen und Fenster von den Mas

tan geworden und dann vor vier Jahren die Demütigung durch die grün- weißen Heimwehr­versinken im Ozean fahnen, die Feh zum Zeichen der siegreichen Ge­walt aufpflanzen ließ. Er ahnte nicht, daß er MTP In Papeete  , der Hauptstadt der In­fein eigenes Todesurteil in jenen Stunden unter- sel Tahiti  , die zu den Gesellschaftsinseln und also schrieben hatte. Nun ist auch dieser Sput vorbei, zu den französischen   Kolonien gehört, lebt ein bie Satenfreuze, Hafenkreuze überall. derer, wohlhabender Fleischer namens Oskar. Diefer Mann amerikanisch- schwedischer Herkunft tiere. Leopoldstadt, Brigittenau. Hier ist es wie lion ins Wasser geworfen. Laßt uns hinausgehen in andere Quar- hat als Junge Werte von mindestens einer Mits in einem aufgescheuchten Ameisenhaufen. Even fährt ein Lastauto vorbei, sieben oder acht junge Burschen mit Gewehren schauen etwas unsicher, aber stolz gebläht auf die nun schon wim­meinde Menschenmenge. Wen werd'ns denn jezt ausräumen?" hört man flüstern. Das Ge­heimnis wird nicht lange verborgen bleiben. Um stern durfte er fünf Jahre lang ausüben. Sein die Ecke ist ein Laden mit Motor- und Fahr= Vater Awel hatte in Tahiti   eine Art Stellenver­rädern. Der Wagen bleibt stehen, die Insassen mittlung, wo buchstäblich alles an die nach die springen ab, betreten das Geschäft und schon wird ſem Südseewinkel verschlagenen Seeleute verkauft Nad um Rad auf das Auto gehoben, während sich wurde.

die Menschen scheu vorbeidrücken, nicht einmal Zu ihm kam eines Tages ein Mann aus stehen zu bleiben wagend. Ein Freund raunt mir einem weit im Innern der Insel gelegenen Dorfe zu, der Geschäftsmann habe die Waren nur in Punaauia   und bot ein kleines Haus zum Verkauf Kommission; sie sind nicht sein Eigentum, aber an, da er auf eine andere Insel übersiedeln wollte. vermutlich wird er, der rechtlose Jude, den Liefe- Dieser Mann war ein Franzose, wenn er sich auch ranten noch haftbar bleiben. So geht das seit meist wie ein Tahitaner kleidete und wie ein Ta­Samstag. hitaner lebte. Er hieß Paul Gauguin   und beschäf­Wir fahren hinaus, der Einfallstraße ent- tigte sich damit, Bilder zu malen, zu zeichnen lang, welche nachmittags den triumphalen Einzug und zu schnißen. sleben soll. Langsam tommt das Auto vorwärts. So hatte er in seinem Haus die Fenster und

flüchtet. Wir kennen den erschütternden Bericht, den Gauguin   von seinem Leben auf Tahiti   gege­ben hat, und den seine Freunde unter dem Titel Noa Noa" veröffentlichten. Wir bejizen eine lereien. Reihe der besten Bilder, die Gauguin   dort unten Der Junge aber konnte nicht schlafen. Er gemalt hat, und wissen, wie er mit den Proble hatte Angst vor den geschnitten Ungeheuern an men einer neuen Malerei von neuen Modellen, den Balten. Das konnten doch nur schreckliche den unbekannten Symbolen, Sitten und Religios Baubermittel sein. Die bösen Geister lungern nen gerungen hat. immer um die Häuser der Menschen herum und Es wäre unendlich wertvoll, wenn wir die suchen, wen sie verschlingen können, solche Bilder Stizzen. Entwürfe und Studien eines der größ­aber ziehen sicher die bösen Geister an. Es ist zu ten impressionistischen Maler heute hätten. Wir unheimlich, in ihrer Gesellschaft nachts wach zu haben sie aber nicht, weil ein dummer Kleiner liegen und die gräulichen Fraßen im Mondlicht Junge in seiner Angst vor bösen Geistern sie ins grinsen zu sehen... Meer werfen ließ. G. I.

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