Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 75 Heller

Redaktion u. Verwaltung: Prag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag 18. Jahrgang Sonntag, 3. April 1938

Vollkommen auf eigene Faust Der Vatikan gegen

Innitzers Vertrauensmann

seit gestern in Rom

Aus dem Inhalt:

Erfolge der spanischen Regierungstruppen

Chinesen

überall im Vormarsch

Aus dem beglückter Oesterreich

Was sie flüstern Unfähigkeit oder böser Wille?

Nr. 79

gehandelt" die Innitzer- Hilgenreiner- Christen

Stadt des Vatikans. Samstag abends ist in Nom der Ver­frauensmann des Kardinals Inniher, Migre. Dr. Weinbacher, einge­troffen, um dem Hl. Stuhl über das Verhalten des österreichischen Episko pats Bericht zu erstatte n. Nach den Informationen des Berichterstat, ters des CPB hat der Hl. Stuhl keine Weifung ergehen lassen, daß Kardinal Innitzer oder sein Vertauensmann nach Rom kommen solle. Der Sl. Stuhl wäre aber zufrieden, wenn sich der österreichische Episkopat vor der Veröffentlichung der bekannten Kundgebung mit dem Vatikan beraten hätte. Da aber der österreichische Episkopat vollkommen auf eigene Faust gehandelt hat, besteht kein Grund, daß der Hl. Stuhl jemanden nach Rom berufe. Das bedeutet, daß der Vertrauensmann des Kardinals Innitzer a uf Initiative des Wiener Erzbis schofs nach Rom gefahren ist.

Berlin stark beeindruckt

Die Ergebenheitserklärung der österreichis entweder die Göttlichkeit Chriſti überhaupt be­schen Bischöfe an den Nationalsozialismus hat| streitet oder Christus in einen Germanen umzus nicht nur unzählige Statholiten aller Nationen, sie lügen versucht. Von dieser Unvereinbarkeit zivis hat auch allüberall die nicht der Kirche verbunden Nationalsozialismus und Statholizismus, ja denen Menschen, die Gegner des faschistischen jedem Christentum, weiß nicht nur der Gläubige, Totalitätsstrebens sind, in Bestürzung versetzt. weiß jeder, dem das Christentum nicht etwas völ Die amtliche Erklärung des Offervatore Rolig Fremdes ist. Umso befremdender mußte die mane", des Organs des Vatikans, und die vom Erklärung der Bischöfe wirfen. Wie, um im vatikanischen Sturzwellenfender verbreitete Erfläs Schatten des Nationalsozialismus eine dürftige rung, die beide feststellen, daß die Kundgebung Eristenz fristen zu können, um jeder Auseinander der Bischöfe ohne Wissen des Batifans erfolgte, fetzung auszuweichen, um als Organisation wei die vatifanische Rundfunkvotschaft vor allem, die terleben zu fönnen, war man bereit, das Wesent so flar, so entschieden, so scharf Inniver verur- lichste preiszugeben, die katholische Lehre? Wie teilt, haben sicher viele Statholifen wieder aufges weit Inniger entgegenzukommen vermag, wie rasch richtet, aus seelischer Verwirrung befreit, sie haben er sich nur in der Terminologie oder auch schon über die katholischen Reihen hinaus gewirkt als im Denken? an den Nationalsozialismus an­neues Zeugnis der Unvereinbarkeit des Christen zupassen, ihm gleichzuschalten vermochte, zeigt tums mit dem nationalsozialistischen Neuheiden- übrigens fene Stelle feines neuesten Briefes an Die Presse schweigt- Hitler wird reden tum. Die vatifanifchen Kundgebungen gegen die Gauleiter Bürcel, in der er von einem der unterwürfigen Bischöfe und gegen den Nationals Stimme unferes gemeinsamen deutschen Blutes Berlin . Die Berliner amtlichen Kreise Jchen, doch könne man auch nicht sagen, daß das, sozialismus werden von allen Nichigleichgeschal- entspringenden Bekenntnis" spricht. Also auch ein lehnen jeden Kommentar zu der letzten Erklärung was der Vatikan - Rundfunk sendet, amtlichen teten in aller Welt, welcher Nation, welcher Son fatholischer Skardinal hört eher die Stimme des des Vatikans ab und deuten lediglich an, daß diefe Charakter trägt. Das Staatssetretarit trägt fession, welcher Partei sie auch angehören mögen, deutschen Blutes als die Stimme Gottes! Erklärung sehr sorgfältig geprüft werden müsse, dann die Verantwortung, wenn es sich um offi- mit aufrichtiger Genugtuung begrüßt. Denn wenn Man weiß, wie Innißers verständnisinniges da die daraus erfließenden Fragen von weitrei- zielle Kundgebungen handelt. Unter diesen Um die Kirche, immer noch eine gewaltige Macht, nicht Entgegenkommen an den Nationalsozialismus ge­chender Natur feien. Ein Vertreter kompetenter ständen ist es offensichtlich, daß es überhaupt vor dem Nationalsozialismus fapituliert, ist das wirft hat. Erklärte doch), zur Begründung der er Berliner Kreise erklärte dem Mitarbeiter des nicht notwendig war, daß das Staats- von größter Wichtigkeit für den antifaschistischen sehnten Gleichschaltung, ein judetendeutscher Reuterbüros, es sei anzunehmen, daß Reichskanz- setretariat über die freitägige Rundfunk- Kampf. latholischer Politiler, der zugleich Würdenträger ler Hitler sich in absehbarer Zeit bei paffender tundgebung informiert wurde. Dies ver­An diese Sapitulation aber hatte man glaus der Kirche ist, in sarkastischer Unbekümmertheit, Gelegenheit mit dem Standpunkt des Vatikans ringert allerdings nicht die Bedeutung der Kund- ben müssen. Die gesamte Weltpreise hat an sie katholischer als Innißer brauche man auch nicht befaffen werde. Berlin fei keineswegs ge- gebung, sondern bekräftigt nur, daß die Sen- geglaubt. Nicht ein Bischof batte für sich allein zu sein! Der Papit bat über Innißers tatbolische neigt, diese Angelegenheit auf die leichte dung feinen offiziellen Charakter trug. eine Erfiärung abgegeben! Alle viterreichischen Baltung anders geurteilt als perr Hilgenreiner. Shulter zu nehmen. Das Verhalten der Die Rundfunk- Sundgebung der Vatikan Bischöfe hatten gemeinsam eine den Nationalsozia- Aber nun, da Silgenreiner so rasch dafür gesorgt österreichischen Bischöfe habe, so wurde weiter be- Station hat in Rom großes Intereffe geweet tismus anerkennende, fein Wirten mit Segens- hat, day; Innisers Gleichschaltung und Unters dentet, die politische Atmosphäre sicherlich geklärt. und wurde in allen religiösen reiwünschen begleitende gemeinsame Erklärung vers werfung von seiner Partei, der deutschen christ­Die Bischöfe hätten ihre Gläubigen aus dem konsen mit Befriedigung aufgeöffentlicht. Wie fonnte man glauben, daß ein so lichsozialen Partei, nachgeahmt wurde, nun fann, feffionellen Despotismus befreit, was die einzige nommen. entscheidender Schritt, daß die Zuführung der nach der Selbstaufgabe, nicht mehr aus den Wora

Die Berliner Presse igno riert vollkommen die Erklärung des Vatikan 6.

Vatikan - Staat

für die Rundfunk- Sendung verantwortlich

vernünftige Tat war, die sie als gute Deutfche! Als amtliche Erklärung muß dagegen Gläubigen zum Nationalsozialismus, die Ver- ten des Papstes der Schluß gezogen werden, der jehen konnten. Das Verhalten der österreichischen der freitägige Artikel des Offervatore leugnung alles deffen, was gerade die österreichi- für jeden aufrechten Statholiten selbstverständlich Bischöfe könne nicht als Eingriff in die Politit Romano" gelten, daß die Kundgebung des schen Kirchenfürsten stets gegen das deutsche Neu- sein müßte: wieder heraus aus der SdP! Als angesehen werden. Das Gleiche könne allerdings österreichischen Epistopates ohne das Einverneh- heidentum gesagt hatten, ohne vorheriges Einver- Partei kann man nicht mehr heraus. Nun fann nicht von der Erklärung der Vatikans gesagt wer- men und ohne die Zustimmung des Heiligen Stuh nehmen mit dem Vatilan erfolgte? Die Erklärung nur der einzelne Katholik handeln, wie fein Ge­den, so schloß der Sprecher der Berliner amtlichen les erfolgt ist. der Bischöfe war ja mehr, viel mehr als eine polis wissen es ihm gebietet, muß jeder für sich entschei Stellen. tische Loyalitätserklärung, die man nicht hätte den, ob er so fatholisch sein will, wie der Papst Ende des deutschen Konkordats? billigen, aber vielleicht verstehen können. Sie war es fordert, und damit allerdings fatholischer als London . Der Haltung des Vatikans dem auch Anerkennung der Tätigkeit des Nationalso- Innißer und Hilgenreiner, oder ob er sich damit österreichischen Epistopat gegenüber wird in Lonzialismus, war Aufforderung an die Gläubigen, begnügen will und kann, bloß ein Statholik wie don große Aufmerksamkeit gewidmet, wobei auch so wie die Bischöfe zu tun, gleich ihnen das Wir- Inniger und Hilgenreiner zu fein, also ein Gleich­die Tatsache hervorgehoben wird, daß die Botschaft tent des Nationalsozialismus zu jegnen also geschalteter, mit jener Art und Weise des Vers des Batilans in deutscher Sprache gehalten sich ihm zu unterwerfen, seiner Totalität sich zu haltens, die, wie die Erklärung des Vatikans Der Name und die firchliche Würde des unterwerfen! Der Nationalsozialismus begnügt fagte, lediglich aus überkluger Vorsicht und Tak­Rundfunksprechers werde, wie hier verlautet, fich ja nicht mit der politischen Herrschaft, er will tif und aus schwächlicher Anpaffung an gegebene streng geheimgehalten, da man befürchtet, daß es auch geistig und seelisch Herr sein über die Men- oder erwartete Tatsachen besteht". Damit, daß die sonst zu Repressalien gegen seinen Orden in schen, er will seine Totalität auch auf das Den- ehemaligen christlichsozialen Parteiführer die fen und Glauben erstreden, an die Stelle der Gläubigen in solche Getviffensqualen zwangen, Stadt des Batikans. Laut Informationen, Deutschland tommen würde. Muffolini soll für Samstag morgens Kirche die Nation ſeben, und er will bereits eine haben sie eine furchtbare Verantwortung auf sich welche der Berichterstatter des tschechoslowaki­schen Pressebüros an zuständigen vatikanischen drei feiner kirchlichen Berater zu einer Sigung zu Art Vergottung des Führers. Unvereinbar ist der geladen. Stellen über die belannte, am Freitag vom vati- fich berufen haben. Unmittelbar nach der Mund- nationalfozialistische Rassismus mit dem Chri­tonischen Rundfunk gesendete Sundgebung er- funkkundgebung soll die deutsche Botschaft in Nom stentum, unvereinbar damit der aus diesem Nasse= halten hat, trug diese Sundgebung feinen offi- in wiederholter telephonischer Verbindung mit aberglauben sich ergebende fanatische Antisemitis ziellen oder offiziösen Charalter, sondern brachte Berlin gestanden haben. Es wird ferner behaup mus, der nicht nur Kampf gegen die Juden ist, lediglich die allgemeinen Ansichten tet, dah Deutschland möglicherweise das kon sondern auch an die Wurzeln des Christentums der vatikanischen Kreise zum Aus- tordat in den nächsten Tagen als beendet greift, indem er sich gegen das Alte Testament und gegen den Judengott" Jehova wendet und druck. Da es sich Freitag überhaupt zum ersten Male ereignete, daß die Vatikan - Rundfunk­station eine Stundgebung von derartiger Wichtig feit sendete, ist es begreiflich, daß Samstag ber Eine Jubiläums- Amnestie schiedene Gerüchte darüber auftauchten, wem die Berantwortung für diese Kundgebung Prag.( Tsch. P.-B.) Im heurigen Jubis zugeschrieben werden muß. Unter anderen tauchte läumsjahr wird, ähnlich wie bei anderen festlichen auch das Gerücht auf, daß das Staatssetre Gelegenheiten, eine Amnestie vorbereitet, die sich tariat die Verantwortung für die freitägige auch auf politische Delitte beziehen Aussendung nicht auf sich nehmen wolle. Hiezu wird. Von zuständigen Stellen erfahren wir, daß wird erklärt, daß es keinen Wert habe, festzu- das Material für diese Amnestie zum größeren stellen, bis zu welchem Maße die Verantwortung Teile bereits vorbereitet ist und daß die Regie­hen offiziellen Kreifen zufalle, da ja schon Frei rung in den nächsten Tagen dem Präsidenten der fag mitgeteilt worden war, daß es sich nicht um Republik diesbezüglich konkrete Vorschläge machen eine offizielle oder eine offiziöse Stundgebung wird.

handle.

erklären werde.

Der Vatikan Nunb funt ist ein Konzentrationslager staatlicher Rundfunk und die Ver­antwortung für feine Relation trägt baher der Wöllersdorf niedergebrannt

Um die Gemeindewahlen

Ja, fie handelten befangen unter dem Ein­druck der Mächtigen und Erfolgreichen des Ta ges", sie handelten in einer Panifſtimmung, übereifrig und übereilig, um nur ja zurecht zu fommen, um nur ja ein Pläßchen zu bekommen in der Volfsgemeinschaft". Sie hatten die Ruhe der Ueberlegung verloren und die Fähigkeit, su wägen und zu prüfen. Hätten sie die Nervenruhe behalten, und hätten sie weniger als Politiker, die für ihre Partei Angst hatten, denn als der Stirche und ihrem Gewissen verantwortliche Ka­tholiken gehandelt- ihre Partei, die noch bes stünde, vermöchte heute, geſtüßt auf die Autoria tät des Papstes und auf das erſtarfte Vertrauen Der Gläubigen, allen Gleichschaltungsstürmen

In den letzten Tagen ist in tschechischen und deutschen Blättern ständig die Rede von Ges meindewahlen und es werden bereits genaue Termine- nicht immer dieselben- genannt. Alle diese Nachrichten haben ihren Ausgangs­punkt in der Nedaktion des Večer und ent- Stunde, in der es gegolten hätte, sich zu betwäh­sprechen den Wünschen des rechten Flügels der ren, kläglich versagt. Agrarier, die ohne Rücksicht auf die Interessen So fläglich haben auch die österreichischen

ftandzuhalten. Sie haben dieses Vertrauen bertan, sie haben in der ersten wirklichen entscheidenden

des Staates aus der augenblicklichen Situation Bischöfe versagt. Wie denn überhaupt, von weni­Vorteile ziehen wollen. Die maßgebenden Regie- gen Ausnahmen abgesehen es sei erinnert an rungsstellen haben sich mit der Frage nech nicht den tapferen Kardinal Faulhaber der hohe fleine Mann", der einfache Seelsorger, aber auch befchäftigt und es ist also auch über den Termin terus sich weit weniger bewährt hat als der der Gemeindewahlen keine wie immer geartete der einfache Gläubige, der Mann, für den die Entscheidung getroffen worden. Religion nicht eine Amisangelegenheit ist, nicht verquickt mit einer Pfründe, für den fie Herzens und Seelen- Angelegenheit ist. Für diesen kleinent Mann und für die einfache gläubige Frau, die durch die Interwerfung der Bischöfe in einen fo schlimmen Zwiespalt gestürzt wurden, muß die

Vatikanische Staat, genauer ge­Möllersdorf.( DNB.) Das sagt, die Regierungsbehörde, welcher ber berüchtigte Anhaltelager Wöllersdorf, Rundfunk untorsteht. Diese Regierungsbehörden sind aber mit dem das über Tausende von Nationalsozia Auch das Prager Tagblatt" stellt das, was Staatssetretariat nicht identisch. Da es sich um listen Not und Elend gebracht hat, ist Nacht in Flammen aufge- der Wunsch der Agrarier ist, bereits als Tat­einen staatlichen Rundfunk handelt, fönne man gestern sache hin nicht von Sendungen privaten Charakters spres gangen.