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Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 75 Heller Redaktion u. Verwaltung: Prag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Giegfried Taub- Berantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag 18. Jahrgang
Jaksch über die Aufgabe der Stunde
Mittwoch, 6. April 1938
Eine halbe Milliarde für Arbeitsbeschaffung
Gemeinsamer sozialdemokratischer Initiativantrag im Parlament
Die große Rede des Vorsitzenden der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, des Abg. I aki ch, in der Dienstag- Sibung des Preger Abgeordnetenhauses ist nicht nur wegen der ernsten Situation bemerkenswert, in der sie gehalten wurde, sondern vor allem wegen ihres Inhalte s. Jakich hat in dieser Rede dargelegt, daß die Aufregung ebensowenig ein Programm ist wie die ewige Panikmacherei, die insbesondere im deutschen Gebiet betricben wird. Es muß wieder von vernünftigen Dingen vernünftig geredet werben! Dies ist in Wahrheit der Wunsch und das Bedürfnis des sudeten deutschen Volkes, dies ist die Aufgabe der Stunde. Der Kampf um das Wohl des Volkes ist vor allem der Kampf um sein soziales Wohlergehen. Brot und Arbeit ziehen die judedeutschen Arbeitsmenschen allen nationalistischen Phrasen vor.
Brotund Arbeit das ist die Forderung der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, noch einmal klar und eindringlich verkündet durch den Mund ihres Vorsitzenden. Es war der Abg. Ma ce k, der einmal das kinge Wort sagte, man müsse heraustommen aus dem Zustand, daß jeder arbeitslose Tscheche glaubt, er fei deshalb arbeitslos, weil ihm von einem Deutschen das Brot weggenommen werde, und jeder Deutsche glaubt, er sei arbeitslos, tueil ihm der Tscheche den Posten nehme. Diesen Zustand kann man eben nur dadurch überwinden, daß der Staat Brot und Arbeit für alle schafft. Arbeit für die Dentschen das ist ein Gebot der nationalen Gerechtigkeit, wichtiger als jede Formel und als alles nationalistische Straftmeiertum.
Die Deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei und die tschechische Sozialdemokratie haben durch ihren gemeinsamen Antrag das erlösende Wort gesprochen, auf das die armen Menschen beider Nationen warteten, die Deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei hat durch die Rede ihres Vorsitzenden einen wertvollen Beitrag zur Klärung der Situation geliefert. Jest mögen die anderen sagen, wie sie das brennendste Problem nujeres Volkes und des Staates lösen wollen: den Hnnger zu stillen, Arbeit zu schaffen. Unser Wort ist gesprochen. Wir sind überzeugt, daß es Zustimmung finden. wird!
Jalich erklärte einleitend, er wolle einige Pro- dauernder nationaler Friebe nur bleme wirtschaftlicher und sozialer Na auf dem Boden aufbauender Wirt tur zur Sprache bringen. Es möge allerdings nicht der Eindrud entstehen, als ob wir eitva llrfache hat schaftspolitik und wirtschaftlicher Proten, einer voliti fchen Aussprache über aktuelle sperität zu begründen ist. Fragen auszutveichen. Wir wollen uns aber in dieser ernsten Situation an das Wort Chamber lains erinnern, daß es Situationen gebe, wo der Politifer in gedämpftem Tone fprechen müſe, weil die Gefahr besteht, daß eine laute Sprache eine Lawine ins Rollen bringen fönnte. Diesen Standpunkt möchte Zalsch auch der SdP ausdrücklich in Erinnerung bringen.
des Hauptverbandes der Industrie durch Dottor Mühlig neuerdings unterstrichen: Im Feber 1938 entsprechen 100 Arbeitslosen in den tschechischen Beairten 169 Arbeitslose in den Bezirken mit 20 bis 80 Prozent und 280 Arbeitslofe in Bezirken mit mehr als 80 Prozent deutscher Bevölkerung. Ein tragisches Dilemma:
Aus dem Inhalt:
Die tschechische Sozialdemokratie für innere Stärkung der Republik
,, Deutscher Geist" in unsere Schulen?
Schwere Niederlage
der Japaner
Nr. 81
Gegen den Betriebsterror Beispielgebender trotziger Widerstand
Bei der Firma Ignaz Schmieger in Zwodau bei Falkenau, die 1100 Arbeiter beschäftigt, versuchten in den letz ten Tagen verschiedene Henleinleute, darunter auch Angestellte und Meister, im Betriebe für die Henleinpartei zu agitieren und auch Beitrittserklärungen zu dieser Partei verschiedenen Arbeitern und Arbeiterinnen vorzulegen. Der Betriebsausschuß hat sofort eine Sigung einberufen, zu welcher er die Betriebsleitung geladen hat und das Verlangen stellte, daß dieser Be
Dadurch ist ein wahrhaft tragischer Zustand caratterifiert: Längs einer Staatsgrenze von mehr als 2000 Rilometern, die uns nunmehr mit dem ber größerten Deutschen Reiche verbindet, sehen unsere Menichen, daß es drüben zunächst mehr Arbeit gibt, triebsterroriofortabzu= die zum Teil auch höher entlohnt wird als stellen sei. Auf das energische bei uns. Es ist daneben unbestreitbar, daß die Vefchäftigungsmöglichkeiten in Prag und Mittelböhmen Einschreiten des Betriebsausschusses unvergleichlich beiier find als in den hochindustria- gab die Betriebsleitung die Weisung, lisierten Randgebieten.
So befindet sich die demokratisch- republikanische daß jede Agitation im Be Geirmung des deutschen Arbeiters, Angestellten und trieb verboten ist und, falls sich Arbeitsloser unter einem gerade mörderischen
Zangenbrud. Der fimple Menfch fragt nicht, mit jemand gegen dieses Verbot stelle, er welchen Witteln im benachbarten Deutschland die mit der Entlassung zurech Wirtschaftskonjunktur angefurbelt wurde und zu wel.
chen Konsequenzen diefe Rüstungskonjunktur führen nen habe. Die mutigen und energimuß, er ficht nur und hört es täglich aus einem schen Maßnahmen unserer Genossen Duhend Rundfunkstationen, daß es drüben mehr im Betriebsausschuß sollten beispiel Arbeit gibt als in feiner Heimat.
Ich kenne in meinem Wahlkreis nicht wenige gebend auch für alle ande Fälle, wo alte Gewerkschafter und Sozialdemokraten ein SbP- Mitgliedsbuch in die Tasche steden mußten, ren Betriebe sein! damit sie jenseits der Grenze Arbeit finden. Diese Menschen sind nicht für einige Wochenlöhne zu fau fen. Sie fommen oft schweren Herzens zu mir und fagen:
Wenn ich hier bei Notstandsarbeiten nur 120 Kč in der Woche verdienen würde, so würde ich lieber zu Hause bleiben und hier mein Brot verdienen! ( Bewegung in den tschechischen Bänken.)
Notwendigkeit an die Tore der Regierungsämter, raich zu handeln und großzügig zu helfen.
Soweit ich unsere Arbeitslosen kenne, so wünschen fie einmütig alle Ernährungsfarten zum Teufel, wenn sie nur eine halbwegs bezahlte Beschäftigung finden können. Ich habe in Aufsig unter frenetischer Sustimmung von 4000 Arbeitern und Arbeiterinnen vor wenigen Tagen erklärt, daß wir angesichts der Vergessen Sie auch nicht, welche verhängnisvolle gegebenen Situation an den Staat drei Forderungen Wirkungen der Zustand der dauernden Arbeitslofigurichten haben: Arbeit, Arbeit und wieder leit auf die heranwachfende Jugend ausüben muß. Viele diefer jungen Menschen werden militäpflichtig, ohne daß sie die dreimonatige ununterbro fetzung in Arbeitslosenfürsorge
Die letzten Arbeitslofenziffern scheinen trob eller veisimistischen Prophezeiungen au einem ge- Jugend in Not wiffen maßvollen Optimismus zu berech tigen. Mit der fatalen Tatiache einer dauern den Arbeitslosigkeit von mindestens einer Wiertelmillion arbeitsfähiger Menschen auch während der sommerlichen Saisonfonjunktur darf sich jedoch nie mand im Staate, fein verantwortungsvoller Poli
Arbeit!
Der Staat muß helfen!
Entgiftung der Atmosphäre nötig titer und fein verantwortungsbetvußter Wirtschafter j dhene Arbeitszeit aufweifen fönnen, die die Voraussfäumt werden darf, bat unfer Slub beschlossen, die
Es war Dr. Neuwirth, der unlängst in Reichenberg erklärte, die Sdp sei das Heu auf dem Dache des liederlichen Hausherren, und es sei nicht ihre Schuld, wenn dieses Hen eines Tages zu brennen beginne. Dieser Vergleich ist bezeichnend. Ich sage
In der Ueberzeugung, daß keine Stunde vers Leute sind nunmehr fafainiert von der Mög- Anregung zu einer parlamentarischen Aufrollung des Die Randgeblete lichkeit, im Ausland Arbeit, Eristenz und Zukunft ganzen Arbeitsbeschaffungsproblemes zu geben. Wir immer noch Elendsgebietenden zu können. Es muß zugegeben werden, daß haben uns dabei von den Erfahrungen der Weltleider in all den zurückliegenden Jahren für die friſe leiten laffen, die vor allem eines lebren: Diese immerhin noch beträchtliche Meſtarbeits- arbeitslose Jugend zu wenia geschehen ist und daß Daß die Finanzpolitik des Staates bier im Namen meines Klubs und der 300.000 Ar- oftaleit hat sich entscheidend in den Randge. von der Ernährungsaktion, die schon bei ihrer Ein- als Motor des wirtschaftlichen Auftricbeiterinnen und Arbeiter, die wir zu vertreten die bieten des Staates feftgelebt, in jenen Randnebieten, die Gegenstand eines politischen und propagandistischen Ringens ohnegleichen geworden sind. Darauf müssen wir namentlich die Aufmerksamkeit der tschechischen Kolleginnen und Kollegen lenken. Wie sehr das Ausmaß der Arbeitslosigkeit noch immer in nationaler und territorialer Beziehung differenziert ist, wurde am Samstag auf der Tagung
Ehre haben:
Es ist ein Trost für uns, wenn wir mit verbrennen, sobald das Fener ausgebrochen ist! Wir wollen nicht, daß das Haus, das wir nun einmal gemeinsam mit den Tschechen und Slowaken bewohnen, in Flammen aufgehe. Wir bejahen vielmehr die Aufgabe, es freundlich und wohnlich einzurichten, für alle seine Bürger ohne Unterschied der Nationalität.
Die deutsche Sozialdemokratie ist und bleibt eine Vorfämpferin der Verständigung zwischen freien und Aleichberechtigten Völkern. Darum find wir in eminentester Weise daran interessiert, daß im Zuge der mit dem 18. Feber 1937 aufgenommenen Bemühun nen und der nunmehr auf breiterer Basis vorgefehe nen Verhandlungen eine umfassende und danerube Regelung des taufenbjährigen Nachbarverhältnisses der Tschechen und Sudetendeut fchen erzielt werde. Soft das Werf gelingen- und wir wünschen es von ganzem Herzen, dann ist vor allem eine Veruhiguna und Entgiftung der Atmosphäre notwendig! Die Wirtschaft
hat den Vorrang! Es wäre ein verhängnisvoller Feh ' ler, wenn wir in den nächsten Monaten unsere ganze Aufmerksamkeit nur na tionalpolitischen Fragen zuwenden und dabei übersehen würden, daß im Interesse unseres Landes und seiner Völker auch wirtschaft. liche und soziale Probleme von allergrößter Dringlichkeit zu lösen sind. Ueberhaupt muß heute mehr denn je die fundamentale Tatsache in den Vordergrund gerückt werden, daß ein
führung eine bescheidene Form der Fürforge darstellte, im Zuge geradezu sadistischer Sparma- bes eingeschaltet werden muß. Das lehnahmen nur ein Torio übriggeblieben ist. Geren das schwedische Beispiel und die wiß ist so manches auf dem Gebiete der Arbeits- Erfahrungen, die in Amerika , England beschaffung und der produktiven Arbeitslosenfürsorge unde Belgien gewonnen wurden. Die geschehen. Aber was geschah, war zu wenig toordiniert, ist nicht rechtzeitig und nicht plan Automatik der Wirtschaft allein genügt mäßig actan worden Nun aber vocht die eiserne nicht mehr, um uns aus dem Tal der
Der Wortlaut des Antrages
Am Dienstag hat Abgeordneter I aksch in Namen der Parlamentsklubs der deutschen und tschechischen Sozialdemokraten im Abgeordnetenhaufe einen Antrag überreicht und begründet, der großzügige staatliche Kreditmaßnahmen zur Belebung der Wirtschaft in den Notstandsgebieten verlangt. Wir geben den Antrag und seine Begründung nachstehend vollinhaltlich wieder:
,, Die Regierung wird aufgefordert, mit der größten Beschleunigung durch Kreditoperationen einen Betrag von mindestens 500 Millionen Kronen für die Durchführung volkswirtschaftlich nützlicher Arbeiten bereitzustellen, und zwar insbesondere zu folgenden Zwecken:
1. Ausbau und Rekonstruktion des Straßenneges.
2. Ausbau der Elektrifizierung und des Telephonnetzes auf dem fla
chen Lande.
3. Erweiterung und Umbau der Bahnhöfe, z. B. in Karlsbad , Boden. bach, Auffig, Troppau , Swittau, Gablons, Kreibit- Teichstatt und Trautenau. 4. Bau von Krankenhäusern.
5. Errichtung von Amtsgebäuden.
6. Flußregulierungen, Wildbachverbauungen und Kanalisierung, vor allem Bau der Talsperre Kreuzberg .
und
7. Landwirtschaftliche Meliorationen, Wasserleitungen, Düngerstätten dergleichen.
Bei der regionalen Verteilung der Arbeiten ist den Gebieten mit außer gewöhnlich großer Arbeitslosigkeit der Vorrang einzuräumen."
Begründung:
Trotz der Vefferung der wirtschaftlichen Lage find zahlreiche Gebiete, insbesondere in den dentschen Randgebieten des Staates, zurückgeblieben, die am wirtschaftlichen Aufschwung nicht partizi vieren. Aber auch die: and wirtschaft. liche Bevölkerung ist, insbesondere in den Gebirgsgegenden, noch von schwerem wirtschaftlichen Notstand betroffen. Deshalb ist es nicht nur aus rein wirtschaftlichen Gründen, sondern auch im staatspolitischen Interesse notwendig, daß unverzüglichs grozügige Maßnahmen getroffen werden, um mit Hilfe der öffentlichen Arbeitsbeschaffung diese Gebiete in den allgemeinen wirtschaftlichen Aufstieg einzugliedern. Diese Maßnahmen setzen eine entsprechende öffentliche Finanzie rung voraus. Der technisch einfachste Weg ist die Ausgabe von Staatskassenscheinen. Die Antrag steller schlagen daher, unbeschadet ihrer grundiän. lichen Auffassung über die Fragen der Kreditpolitik, diesen Weg als vorläufige und fofort zu verwirklichende Maßnahme vor. Die beantragte Verwen dung des Kredites ist einerseits in den sachlichen schaftlichen Bevölkerung begründet, andererseits in sozialen Bedürfnissen der industriellen und landwirt.
der Notwendigkeit, vor allem folche Investitionen zu begünstigen, bei denen die meistmögliche Arbeiter. zahl beschäftigt werden kann,