«Belte 2 Freitag, 18. April 1938 nahmSgerichteS, das die Dollfuß» Mörder berur» »eilte. Die Nationalsozialisten mögen aus den Hingerichteten jetzt nationale Märtyrer machen jeder wählt sich die Heiligen, die er braucht, die ihm entsprechen. Daß sie Dollfuß   getötet ha» den, kann nicht bestritten werden. Ebenso wenig, daß sie den Gchwerverwundeten stundenlang hilf» los liegen ließen, bis er verblutet war. General Zehner konnte als Mitglied des Gerichtshofes gar nicht anders, als auf Grund der bestehenden Gesetze, an die doch jeder Gerichtshof sich halten muß, für die Hinrichtung der Schuldigen stimmen. Und wenn er mit ihnen sympathisiert hätte, hätte er nicht anders gekonnt! Welche Verfolgungen drohten ihm nun, daß er freiwiUig gezwungen aus dem Leben schied? Man kann sogar waS aber ganz gewiß keine nationalsozialistische Auf« fassung ist ein Gesetz, das die Todesstrafe für Mörder vorsteht, für grausam halten, aber man kann doch nicht den Richter, der nach diesem Be» setz handeln muß, dafür des Todes schuldig er­klären! Schuschnigg   ist nach Dachau   gebracht worden, in das große Dauergrab. Warum? Worin besteht sein Verbrechen? Er stand dem Anschluß im Wege. Nie waren wir Freunde Schuschniggs. Mer un» sere Ablehnung der Politik Schuschniggs kann nicht hindern, daß wir darin, daß er seines Lan» deö Unabhängigkeit aufrecht erhalten woUte, Er­füllung einer von ihm übernommenen Pflicht sehen. Denn wer sonst als ein Regierungschef ist zur Verteidigung der Unabhängigkeit seines Lan­des verpflichtet? Daß einige Ultimaten und daß fünfhundert deutsche   Flugzeuge und eine starke Armee ihm die Erfüllung dieser Pflicht unmög­lich machten, macht doch sein Bemühen nicht zum Verbrechen! Und wenn man den Anschluß bejaht und wenn man selbst als Anhänger des Macht­prinzip», als deutscher   Nationalist, die Methoden, mit denen er herbeigeführt wurde, billigt als Deutschnationaler sogar müßte man, wenn man nicht aUe Anstandsbegriffe, alle» Gefühl für Rechtlichkeit verloren hat, Schuschniggs Jnternie» rung in Dachau   als peinliches Unrecht empfinden. Aber e» gibt keine deutsche   Stimme, keine!, die auch nur ein bescheidenes Wörtlein der Mißbilli­gung wagt. Sie haben aUe, alle, in diesen großen Tagen derBefreiung" Oesterreichs  , ihre innere Freiheit verloren, sie haben ihr Gewissen verlo­ren. Sie sind, und da» sagt aUe», gleichgeschaltet. Vie evangelische Kirche der Tschechischen Brüder Für Freiheit und natiomJe Gerechtigkeit Der Synodalrat der evangelischen Kirche der Tschechischen Brüder, als höchste» administrative» Organ dieser Kirche, die Wer 390.000 Personen in 16» Gemeinden und 24» Filialen und Statio­nen in der ganzen Republik einschliestt, hat für die Osterfeiertage eine von den Kanzeln aller Ge­meinden und Stationen dieser Kirche zu verlesende Kundgebung beschlossen. In der e» unter anderem heißt: Wir glauben, daß das tschechoslowakische Volk die staatliche Unabhängigkeit al» ein dauernde» Los erhalten hat und daß es auch Vie Schwierigkeiten der gegenwärtigen Feit be­stehen wird. Die Erhaltung der erworbenen Freiheit hängt natürlich vor allem von dem Boll selbst ab, von der Treue zu den Ideen, aus denen die Republik   entstanden ist, sowie von seiner Fähigkeit, sich selbst zu ver­teidigen, weil seine Freunde und seine Feinde ihr weiteres Vorgehen danach richten werden... Als bewußte Vertreter des Friedens treten wir für unseren Staat ein, der keinerlei kriegerischen Ziele hat und niemanden auf der Welt bedroht. Weil wir nicht wollen, dtß unser Volk wegen eines Zieles, das im Gegensatz zu seinen Idealen steht, sich aufs neue opfert, rufen wir in dieser Notzeit alle zu einheitlichem Den­ken und WoUen und zu tapferer Entschlossenheit auf, mit aller Kraft die hart erworb'ne Frei­heit zu verteidigen... Nur in einem freien Staate kann gesellschaftliche und individuelle Gerechtigkeit zur Geltung kommen. Die Erhaltung des Friedens und der Frei­heit hangt auch davon ab, wie die Frage der sprachlichen und nationalen Minderbeiten geregelt werden kann. Wir begrüßen deshalb die Kundgebung der Regierung, daß das Minder­heitenrecht kodifiziert wird. Wir hoffen, daß die Tschechoslowakei   ein sprachliche» und nationales Recht schaffen wird, da» allen Staaten ein Muster der Gerechtigkeit bietet... Wir wün­sche» jeder Minderheit daö» wa» ihr nach Recht und Gerechtigkeit gebührt. ein« nickt nun politische, sondern auch moralische Frage In einer Polemik gegen denSlovenM hla»" schreibt die.Ptitoinnost. Wem ist ihre sver deut­ schen   Sozialdemokratie) Treue zur Demokratie und zum Staate unbequem? Wir hoffen, daß keinesfalls dem.Slovem'th hla»", denn diesem kabn. soweit wir sehen, keine Gefahr au» der Regierungsbeteiligung der deutschen   Sozialdemokratie entstehen. Wir be­greifen auch nicht, wie diese Beteiligung da» Volk oder den Staat gefährden könnte. Eher scheint e», daß der.Slovenskh hla»" jemandem dienen will, der schon lange nicht verheimlicht, daß ihm die deutsche  Sozialdemokratie mehr al» alle» andere wider:vär- tig ist und daß er mit Marxisten nicht an einem Tisch sitzen wolle. Ast e» die Aufgabe de»Sloven- skh hla»", die Ansichten und Wünsche diese» Hasser  » zu vertreten? In dieser ganzen Sackte geht e» um etwa» Grundsätzliche». Hier ist eine Partei, gleich­gültig wie groß ste ist und gleichgültig, ob sie deutsch  ist oder nicht, die sich zur Demokratie, zum Grundsatz der Koalitionsarbeit meldet und absolut loyal zum Staate ist. Hat eine solche Partei, ebenso wie jede andere, die dasselbe politische Glaubensbekenntnis hat,«in Recht, in der Koalition zu sein oder nicht? Verneinend zu antworten ist durchaus nicht so leicht, wie cs demSl. hl." scheint. Da» fühlten auch die tschechoslowakischen Koalition-Parteien und deshalb überließen sie e» dem Willen der deuffckien Sozial« d-moftmie. stch so eiinurichtcn, wie sie e» für gut hält. Die Partei entschloß sich, in der Koalition zu bleiben und gab die» offentttck durch den Mund ihre» Vorsitzenden bekannt. Praktisch sieht di« Slwation so au», daß die tschechoslowakischen Koalitiontpar- teien formal beschließen müßten, daß sie die deut­ schen   Sozialdemokraten in der Koalition nicht haben wollen. Wer wollte sich zu einer derartigen Hand­lung erniedrigen? Da geht e» doch nicht nur um Politik, sondern auch um ein Stück Moral. Dia Form des Minderheitsstatuts ist nach einer Meldung der.L. N." noch nicht be- stinunt worden. Di« Ressorts, welchen die vorberei­tenden Aufgaben zufallen, sind nach diesem Bericht eifrig mit der Fusammentragung de» Materials be­schäftigt, die sie In vierzehn Tagen beendigt haben sollen. Erst dann soll darüber entschieden werden, ob das Statut die Form eine» Gesetze», einer Rechte- sammlung. oder einer internationalen Publikation haben wird, die ein Dokument darstellen würde, wel­che» der internationalen öffentlichen Meinung zu­gänglich wäre. Hllnkas politisches Testament Der.Sloväk" veröffentlicht da» bereits anae- kündigte politische Testament Hlinkak, welche» die Forderungen der Slowakischen Volkspartei wieder­holt. Hlinka   sagt einleitend, daß er diesen Ausruf deshalb veröffentliche, weil ihn die Kräfte immer mehr verlassen und er nicht mehr in der Lage sei, selbst auf» Kamvffeld zu treten. Sonst unterscheidet sich der Aufruf weder durch die Form noch durch den Inhalt von früheren Kundgebungen der Partei. Zwangsverwaltung für jttdlsehe und ausländische Betriebe Wien  . In derWiener Zeitung  " wurde ein für das Land Oesterreich   geltende» Gesetz veröf­fentlicht, welches bestimmt, daß für Handels» und Wirtschaftsunternehmungen, welche in Oesterreich  ihren Sitz haben, vom Reichsstatthalter»in Wah­rung wichtiger öffentlicher Interessen" mit Gül­tigkeit bis zum 1. Oktober 1V88 kommissa­rische Ben Walter und Ueberwachung»- personen bestellt werden können, welche im Be­darfsfälle ihre Tätigkeit aber auch über den angegebenen Termin hinaus auSüben können. DaS Gesetz bezieht sich auch auf in Oesterreich   befindliche Niederlassungen aus­ländischer Firmen. Die DerwaltungSkom- missäre sind zu allen Rechtshandlungen sür die ihnen unterstellten Unternehmungen befugt. In dieser Zeit ruht die Befugnis der Inhaber dec Unternehmungen. WeiterS wird angeordnet, daß die bestellten Aufsichtspersonen entsprechend der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Unterneh­mungen deren Inhaber in»angemessener" Weise zu entlohnen haben. Britische Anleihe für China  ? London.(Reuter.)' Im Unterhau» wurde an den Finauzminister die Frage gerichtet, ob da» Schatzamt die Gewährung langfristiger Kredite an die chinesische   Regierung erleichtern würde, wobei der Fragesteller auf die von der Völkerbundversammlung am 8. Oktober de» Vor­jahre» in Angelegenheit der Hilfeleistung ffir China   angenommene Resolution verwie». Der Finanzsekretär des Schatzamtes Colville ant­wortete, falls unter den gegenwärtigen Verhält­nissen die chinesische   Regierung Möglichkeiten für die Gewährung langfristiger Kredit« bei den bri­ tischen   Finanzinstituten sind«, werde ein jede» dem Schahlanzler vorgelegte Gesuch sympa­thisch in dem Sinne geprüft werden, daß er zu einer solchen Operation seine Zustim­mung ausspricht. Waltere Fortschritte der Republikaner Barcelona.(Havas.) Nördlich de» Ebro setzten die Republikaner   die Offensive fort und bemächtigten sich nach heftigen Kämpfen der Hälfte de» südlich von Balaguer liegenden Dorfes Ballapogona. In den Straßen entwickelte sich ein heftiger Kampf, an dem auch Dvnamiteroü teilnahmen. Auch an den Usern de» Segre-Flusse» östlich von Rio und aus den Höhen, von denen au» da» Elektrizitätswerk in llama- rasa beherrscht werden kann, fanden den ganzen Tag über schwere Kämpfe statt. Die Republi­ kaner  , die läng» der von Balaguer nach Seodurbel führenden Straße eine Front bildeten, griffen, gestützt auf die Höhenzüge in der Um­gebung der Stadt, von drei Seiten zugleich an. Die republikanische Infanterie wandte sich gegen Balaguer und nähert sich allmählich der Sierra Demonroig, wodurch sie die Verbindun­gen der im Abschnitt Balaguer operierenden Aufständischen mit den nordwestlichen Positionen bedroht. Gewerkschafter an die Front Madrid  . Die beiden Gewerkschaftsorganisa­tionen Spanien  », der Allgemeine Arbeitewer» band(UGT) und der Nationale Arbeitsverband (DMT) haben der von der Regierung angeord­neten Mobilisierung der Männer im Alter von 17 bis 4S Jahren zugestimnft. Vertreter der Gewerkschaften werden di« Einreihung ihrer Mitglieder in die Truppe kontrollieren. In der Industrie werden die eingezogenen Männer durch Frauen erseht werden. Sämtliche bisher zu Hilfsdiensten herangezogenen Männer werden an die Front abgehen. Franco nahe der Küste? Saragossa  . Die Franrotruppen haben San Matfo, drei Meilen südlich von Chrrta und elf Meilen von der Küste entfernt, eingenommen, begleichen die Ortschaft L a j a n a, die vier Meilen östlich von Eherta und vierzehn Meilen von der Küste entfernt ist. Vie Chinesen dringen weiter vor H a N k a N.(Reuter.) Rach dreitägigen heftigen Kämpfen bemächtigten stch die Chinesen der beiden strategisch wichtigen Städte Schujuan und Pinln am Rordufer de» Gelben Flusse». In der Umgebung dieser Städte sollen die Japaner noch Widerstand leiste«. Die Chinesen haben Don­nerstag vormittag» im Angriff auch die Befesti­gungen der Stadt I i h s i e a genommen, wo etwa 10.000 Japaner eingeschloffen fein sollen. Ihr Schicksal sei, chinesischen Meldungen zufolge, bereit» besiegelt. An der Schantung-Küste sind japanische Verstärkungen gelandet und auf Last­auwmobilen sofort an die Front geworfen wor­den. Japanische Greueltaien Die chinesische   Gesandtschaft in Prag   teilt mit: Der Sprecher der chinesischen Regierung dementiert kategorisch die von der japanischen PresseagenturDomei" verbreitete Nachricht, daß bei dem sonntägigen Anflug japanischer Flugzeuge auf die Hauptstadt der Provinz Hu­ nan  , Tschanschu, Marschall Tschankai- s ch e k und Minister T. B. S u n g, die sich an einer angeblich dort stattfindenden.Verstmmlung beteiligt haben sollten, getötet worde-. seien. Marschall Tschankaischek weilt gegenwärtig in Hankau und Minister T. B. Sung befindet sich in Hongkung. Die japanische Meldung über den Tod der beiden hervorragenden chinesischen Staatsmänner sollte hauptsächlich dem Zwecke dienen, die Auf­merksamkeit der Welt von den Greueltaien abzulenken, deren sich die Japaner bei dem An­griff auf Tschanschu schuldig machten, wo durch ihre Bomben zweiUuiversitätenver» nicktet und etwa 600 Menschen getötet oder verwundet«nrden. Zn derselben Zeit bombar­dierten japanische Flugzeuge die Spinnerei in Konto«, wodurch 600 Arbeiterinnen ihr Leben einbüßte«. vor ewige Schatten Roman won Max Hochdorf  Nun, die hätte er weit und breit suchen können, und hierzulande hätte er jetzt noch keine ausfindig gemacht. Der Herold sprach nicht viel, und er ließ kein Sterbenswort davon verlauten, ob er selbst in die Synagoge der Papisten eingeschrieben sei oder dem Profes» sor verschworen. Aber er ließ seinen Trompeter das Neisewägelchen deö Professors umschmettern. ES war ein offenes Wägelchen ohne Fede» runq. Hart waren die Kissen, und die Stroh­polsterung guckte vorwitzig durch den Bezug» und sie stach sogar durch die Kleider. Doch so schien eS das Rechte für die Fahrt hinunter zum Rhein  auf den Reichstag   nach WormS  . Unterwegs hielt aufgeregte» Volk, Bauern und Städter, das Wägelchen an. Trübseligen Eindruck machten ste auf den Reisenden. ES faß auf ihrem Gemüt ein Aussatz, unter dem sie nur beschwerlich atmeten. Die Verlegenheit, mit der sie lächelten, bewies, daß ein Rätsel von unauf­lösbarer Unheimlichkeit ihre Gedanken peinigte. Vorsichtig, al» wenn sie gleich Maulschellen wegen ihrer Aufdringlichkeit kriegen könnten, Huben sie zu stottern an:Sagen Sie uns doch, ehrwürdiger Bruder Professor, ist es wahr, daß die Apostel Peter und Paul un» absolvieren von allen kirchlichen Zensuren, von allen Sünden, Uebertretungen und Ausschweifungen, wegen derer wir das Fegefeuer gewärtigen, wenn der Sparstrumpf magerer und magerer wird, toenn wir den ganzen Inhalt den Ablahmönchen in den Rachen stecken?" -Haben sie euch, ihr liehe« OMenköpfe, ordentlich gerupft, die Dominikaner  ?" fragte la­chend Martin Luther  . Zutraulicher und nur mit einem scheuen Blick in die Runde, ob nicht der prächtigbunte Herold, ob nicht ein gallensüchtiger Nachbar sie gleich beim Kragen fassen würde, antworteten sie:«Beeidet haben sie, kein Sakrament wird uns jemals bitter schmecken, rein werden wir sein alle Zeit wie bei der Taufe, zufallen werden die Tore der Hölle, aufspringen werden die Pforten de» Paradie­se»" Der Bruder Petzensteiner und der Bruder Prter Swaven au» Pommern  , die gebeten und ge­barmt hatten, daß Professor Luther   sie als Pro­viantmeister und im Notfall auch al» Genossen für die Flohhatz auf die Reise mitnähme, wußten, wa» e» bedeutete, wenn sich die dreieckige Falte in die Stlrn de» Professors von der Nasenwurzel bi» zum Haaransatz eingrub. Der Vulkan drohte. Sie ka­men dem Vulkan zuvor und schrieen im Chorus: «Aufspringen werden die Paradiespforten, wenn 'hr mit vier Groschen die Seele eures Va'erS miS dem Fegefeuer holt. Und ihr seid so undankbar daß ihr euren Vater nicht aus der Qual retten wollt! Und hättet ihr nur noch einen einzigen Rock, ihr müßtet ihn verkaufen, um die Gnade zu er­schachern! O. die unübertrefflichen Gotteshunde, die verdammten Teufelshunde!" Zu Gnaden, ehrenwerte Kanonici, wir ha­ben nicht vier, sondern viermal hundert Groschen gegeben, nicht bloß den letzten Rock verkauft, sind gelaust bis aufs Hemd, das auch nur noch geflickt ist. Aber es meinten die hochehrenwerten Domi­ nikaner  * AuS Professor Luther   kochte es hervor: Und ihr habt die Heuschrecken nicht auS- ge räuchert? O, ich sag' euch, sie sind nichts anderes als Räuber und Betrüger! Und der Papst, der sie ausschickt, der Antichrist sel­ber ist er! Bin unterwegen», um eS Seiner Maje­stät, dem Kaiser Karl  , anvzudeuten, das Greuel der römischen Maßkrämer. Er wird die schwä ­rende Wunde in ganz Germanien auöbrennen. Vortrefflich sein wird die Sach', Ivo Karl, daü edle Blut, sich ihrer annimmt. Er wird dem Papst an die Krone greifen und an den Bauch den Mönchen, die euch auözuweiden kamen. Laßt sie nicht in eure Straßen. Fürchtet euch nicht vor den Wölfen, nicht einmal vor dem Papst. Er kann euch nicht richten. Er kann euch nur rufen, ihr Lieben!" Da hätten sie am liebsten gewollt, der Pro» fessoc nähme jeden von ihnen einzeln am Ohr, um ihm das eben Gesagte als Sonderbefehl einzubla« fen. Er sagte alles ohne Maulkorb. Er sprach, so dachten sie, aus, was in ihnen alles gegärt hatte. Ban den Lippen nahm er ihnen das Wort, daS sie sich zuzuraunen nicht gewagt hatten. Und sie er­stickten nicht mehr in Angst, daS Fegefeuer brenne schon für sie, um Vater und Mutter, die armen Verstorbenen, züngle und lecke eS schon herum.Der Stein, der ihnen auf der Seele lag, war weg. Gott  sei Dank, daß die Gäule vor dem Wägelchen des Professors die Schnauzen noch so tief im Hafersack hatten. So würde er den Tieren ihren Schmaus nicht stören und seinen Zithörern noch weiter die Scheuklappen von den Augen nehmen. Aber des Kaiser» Herold ließ feinen Trom­peter wieder blasen:Die Straße frei!" Sie trugen dem Professor Luther   Grüße für daS junge und edle Kaiserblut nach Worin» auf: Keine Unze weniger Wahrheit fiir den Kaiser al» sür unSl" Der Herold fuchtelte mit der Plempe. . Je südlicher sie kamen, desto mehr hatte sich der Frühling beeilt. Und da blühten sogar Mandekbäume mit rosaweißemKelch unterm zierli­chen Stern. Das war ein Duft, der streichelte so fein und zart, daß die Sinne sich an die Ober­fläche der Haut legten. Professor Marttn Luther spürte diese weiche, schwebende Erquickung, wie sie «hm die Schwermut erleichterte. Denn das war das Merkwürdige: Je heiterer das Volk vor den Dör­fern und Stadttoren ihm zuwinkte, das Volk, über das sich im voraus schon der Widerhall seiner freu ­digen und befreienden Worte ergossen hatte, desto dunkler grub sich die Falte in seine Stirn. Er fühlte sich abgespannt und schlaff. So viel Reden und Rumoren mit Zunge und Zähnen, ach. du» paßte ihm gar nicht! Andere Worte, die pom­pösen, unmittelbar ans Gottevmund gequollenen Worte der heiligen Bücher, sie durchwanderten feilt Inneres mit ihrer magischen Melodie. Ja seiner deutschen Sprache suchte er Worte, ebenso stark, ebenso beschwingt, um steilaufwariS Phantasie und Empfindung zu schleudern. Er sehnte sich danach, sie zu verewigen in wiedererwcckter, heiliger Sprache und sollte sein die deutsche  , ihn: gesun­gen an der Wiege. Und jetzt hatte der Kaiser ibn wieder aus dem Bau getrieben, und er mußte sich auf Finten und Zanken vorbereiten, anstatt an seinem Wort zu formen und zu feilen. Die Brüder Petzensteiner und Peter Swaven sahen, wie er in Einsilbigkeit versank, da» Schau­sviel der Zujubelnden eher grimmig als befriedigt verfolgte, wie er im vulkanischen Gemüt kochte. Nach einem Stück trockener, sonniger Straße kam ein langes Stück schlammigen Weges durch dämmrigen Wald, und die Wagenräder drehten sich mühselig. Herold und Trompeter urd Kut­scher mühten sich, sie zu schmieren, und Professor Luther   stand dabei. Und plötzlich verschwand die dreieckige Falte von seiner Stirn. Sein Gesicht wurde ganz hell, und er sagte:Wenn der kaiser­liche Richter und die Wagenräder nicht ordentlich geschmiert werden, dann quietschen sie. Schniieren, schmieren, schmieren, meine Brüder." Bon jetzt ab brachte ihn nichts mehr au» der guten Laune. XlX. De» Kaisers pausbäckigste Trompeter und adleräugigste Fernseher standen auf de» sieben Kirchtürmen von WormS  , verteilt über Sankt Jo­hanne» bi» zur Karmeliterkirche van Sankt Sixtus. .(Fortsetzung folgt.)!