Seite 4 Mittwoch, 20. April 1038 Nr. 92 AAesneuigLelkir Wandel der Volkskunst? Wer ein klein wenig nur das Wesen des „christlich-deutschen Ständestaates" Oesterreich kannte, muhte die vielen Tollfuh-Ehrungen richtig einzuschähen. Er muhte, wie die Tollfuss- Denrniäler und Tollfus,-Kirchen zustande kamen und muhte, dah die Benennungen vo.i Plätzen und Gassen in den Gemeinden, deren Leitungen obrigkeitlicher Eritennung ihr Dasein verdankten, nichts anderes als Akte der Servilität waren. Und jetzt werden diese Gassen umbenannt. Trugen sie bislang den Namen des ermordeten Kanzlers, den die Schuschnigg -Leute zu einem Märtyrer des— Friedens zu machen versuchten, so müssen sie nun schleunigst diesen Namen deS Ermordeten mit dem Namen dessen, der ihm zum Märtnrertod verhalf, vertauschen. Wandel der Volksgunst? Aber nein! So umfangreich und allumfassend die zweckmähige Bekehrung zum Nationalsozialismus im ehemaligen Oesterreich auch sein mag. dah die Bevölkerung plötzlich in Planetta einen Märtyrer oder Helden sieht, ist doch nicht zu glauben. Tie paar Leute, die in den Gemeinden„anschaffen", haben nach der Annexion zu ihrem Entsetzen erkannt, dah sie in der falschen Gasse waren, in der Dollsuh-Gasse, und haben sie schnell in die derzeit richtige, in die Planetta-Gasse umgewandelt. Mit dem Wandel der VolkSgunst hat daS gar nichts zu tun. nur mit der Wandelbarkeit und Anpassungsfähigkeit der Gemein d:beherrscher. UebrigenS wird die Bolksgunst sich nur solange nicht neuerlich zu wandeln brauchen, solang.' die nationalsozialistische Herrschaft und mit ihr die anbefohlene Planetta-Derehrang dauern wird, und das soll, zuverlässigen Nachrichten zufolge. nur die nächsten fünftausend Jahre sein. Oer Velgoorozefi vor dem Obersten Gericht Frau Belgo schreibt an ihren Anwalt. Dr. Lorio. der für sie beim Obersten Gericht die Nichtigkeitsbeschwerde überreicht hat, die am SamS»J tag, den 23. April verhandelt werden wird, u. a.: dah ich in dieser Sache nie wieder vor die Oeffent« lichkeir treten muh. Ach habe mich mir meinem Schicksal abgefunden, jetzt sehne ich mich nur nach Frieden und Alleinsein." Ta der Staatsanwalt seine Nichtigkeitsbeschwerde zurückgezogen hat, kann das Oberste Gericht entweder daS Urteil der Geschworenen bestätigen, oder aber der Nichtigkeit der Verteidigung stattgeben und eine Neuverhandlung vor den Geschworenen anordnen. Frau Belgo wird in der Untersuchungshaft mit Näharbeiten beschäftigt, für die, sie keine Entlohnung erhält, weil eö sich noch nicht um das ordentliche Abbiihen der Strafe handelt. Sobald aber das Urteil Rechtskraft erwirkt, verliert Frau Belgo den Pensionsanspruch nach dem G.-R. Belgo. hingegen soll da? Kind eine Wai- senpeusion von monatlich KC 300.— lVelgo hatte ein Monatseinkommen von Kö 1000.—) zuge« sprachen erhalten, Das Töchterchen Ivird die Belgo erst knapp vor der Ueberführung in die Frauenstrafanstalt sehen. DaS ist anch der Hauptgrund für den Wunsch nach endgültiger Rechtskraft des über sie verhängten Urteils. Arbeitsgemeinschaft für beschäftigungslose Jugendliche. Tie Ansuchen einer Reihe von Gemeinden. die Asyle für unbeschäftigte Jugendliche in Arbeitslager umzuwandeln. hat das Arbeits- ininisrerimn bisher in k>0 Fällen günstig erledigt. Tie Arbeitslosen werden bei Arbeiten in öffentlichen Anlagen und bei der Markierung von Wegen für den Touristenverkehr beschäftigt. Für die Kosten der pädagogischen Beaufsichtigung konnnt daS Fürsorgeministerimn auf.(TND.) Antounfälle in aller Welt. In B oh da n e C bei Pardubitz ereignete sick Sonntag früh ein Unglück. Die 61 jährige Häuölerin Marie P i s o v ä ans Eernä bei Bohdanet, Witwe und Mutter von sechs Kindern, wurde auf dem Wege zur Kirche von dem in entgegengesetzter Richtung fahrenden Auto des Jng. K o m ä r e I aus Svo- bodnt bei Königgrätz ersaht und getötet.— Bei Schwa z i» T i r o l fuhr Sonntag ein von einem geivissen Lenk aus Wien gelenktes Personenauto in einein Alleebaum, wobei Leuk sowie der Chauffeur Heider getötet und ein dritter Mitfahrer lebensgefährlich verletzt wurden.— In der Nacht aus Sonntag stürzte unweit von Rot terdam em mit sieben jungen Leuten besetzter Krastivagen in den Kanal. Füns von ihnen ertranken.— Bei Oran stürzte ein mit zehn Eingeborenen besetztes Personenautomobil um und fing Feuer. Fünf Insassen verbrannten bei lebendigem Leibe. Die anderen fünf Insassen wurden gerettet, erlitten jedoch lebensgefährliche Verletzungen.— Bei S a Paulo stürzte am Ostersonntag ein vollbesetztes Personenauto in den Fluh Tiete. Sämtliche sieben Insassen ertranken. Schaljapin - Begräbnis. Sonntag vormittags fand in Paris die Beerdigung des berühmten russischen Sängers Schaljapin im Beisein seiner Gattin, des Sohnes und der Tochter des Künstlers statt. Ter Trauergottesdienst fand um halb 10 Uhr in der russischen Kirche in der Rue Daru statt. Auf dem Kirchenchor sängen Mitglieder deS j russischen Chors und der rustischen Oper. Der t Trauerzug bewegte sich sodann auf den Friedhof in AatignolleS. Ein Schnellzug entgleist. Wie aus Algier gemeldet wird, ist der Schnellzug, welcher Algier um 22 Uhr in der Richtung nach Oran verläht, in der Nacht auf Sonntag bei der Stadt Orleans« Ville entgleist. Fahlreiche Waggons wurden schwer beschädigt. Sieben Personen kamen ums Leben, zahlreiche wurden verletzt. Unter den Toten befinden sich auch der Gouvernements-Direktor Rozier, dessen Gattin und Kinder. Die Katastrophe soll von einem Schwachsinnigen verursacht worden sein, der die Weiche verstellte- Rekord eine- Verkehrsflugzeuges. Ein holländisches Flugzeug mit zehn Passagieren an Bord stellte auf dem Gebiete des BerkehrSflugwesenS I einen neuen Rekord auf. Es legte die Strecke | Alexandrien— Croydon in 12 Stunden 30 Minu« | ten mit einer DnrchschnittSgeschwindigkeit von 310 Kilometer zurück. Hubermann und ToScanini in Palästina- Der Begründer der Palästinensischen Philharmonie. H u b e r m a n n, ist in Palästina eingetrosfen, wo er gemeinsam mit Tosea- I n i n i, ber sich hier bereits seit Anfang April auf- | hält, eine Reihe von Konzerten veranstalten wird. Schrecklicher Selbstmord. In den Wäldern von Baueasa, unweit Bukarest , beging ein Handelsschüler, der von der Schule verwiesen werden ^sollte, weil er nicht in der Lage war. daS Schulgeld zu bezahlen, auf folgende Weise Selbstmord: Er begoh seine Kleider mit Petroleum und zündete sie dann an. Wie eine lebende Fackel lief er, vor Schmerzen schreiend, im Walde umher, bis er tot zur Erde fiel. Polen bat 34.k Millionen Einwohner. Nach einer Fühlung des polnischen Statistischen Amtes hatte Polen zum 1. Jänner 1938 84,534.000 Einwohner. Seit der letzten Volkszählung im Jahre 1931 hat sich die Bevölkerungszahl Polens um 2,4 Millionen, d. i. um 7.5 Prozent erhöht. Weltkriegsgranate tötet sieben Personen. Unweit von Tarvis wurde auf einem Felde eine ans dem Weltkriege stammende Granate gefunden. Die Finder hantierten so unvorsichtig mit der Granate, dafz sie explodierte. Durch die Explosion wurden sieben Personen, darunter zwei Knaben, gelötet und zwei Personen verletzt, davon eine schwer- Bier Bergsteiger abgestürzt. Bei einem schwierigen Ausstiege durch die Nordwand deS 3052 Meter hohen Pizzo ScaiS, in den Berga« masker Alpen stürzten am Ostermontag vier Alpinisten aus Bergamo in die Tiefe. Drei von ihnen fanden den Tod. Der vierte Alpinist wurde mit gebrochenen Beinen und anderen schweren Versetzungen am Fuße der Wand aufgefunden. Ein drrimotorigeS italienische« Flugzeug, daS sich auf dem Wege nach Rumänien befand, ging in Flammen auf und stürzte bei dem Dorfe Puklek in Slowenien ab. Die dreigliedriger Besatzung, zwei italienische Offiziere und ein rumänischer Offizier, kamen umS Leben. Ein Wagner-Denkmal abgebrannt. Die historische zum Richard-WagnerhauS in Graupa < Sachsen ) gehörende Scheune, in der der Komponist seinerzeit an der Oper„Lohengrin " gearbeitet hat, wurde am Ostermontag durch ein Feuer restlos zerstört. Das benachbarte Richard- WagnerhauS, in dem sich auch das Wagner- Museum befindet, konnte glücklicherweise erhalten Iverden. Man vermutet Brandstiftung . Segelboote kentern. Bei einer Segelfahrt auf der Weichsel kamen am Ostermontag vier Personen umS Leben- Die übrigen acht Insassen des BooteS konnten rechtzeitig gerettet werden. 20 Waggons Pappe verbrannt. In einer Kartonfabrik in Marburg brach ein Feuer auS. welches die Magazine mit 20 Waggons Pappe vernichtete. Der Brand konnte lokalisiert und auf diese Weise 80 Waggons Pappe und Zellulose vor der Vernichtung gerettet werden. „Die verlorene Frau" bleibt sitzen— eS wird gestreikt. Tie Streikbewegung, die Ende der vergangenen Woche in den Londoner KinoS begann, hat sich nunmehr auch auf die Filmvroduk« tion ausgedehnt. Die Elektrotechniker der GainS- borough-Film-StudioS-Gesellschaft in JSlington im Norden Londons haben eS Dienstag abgelehnt, die Arbeit beim Drehen des Film„Die verlorene Frau" aufzunebmen. D»e Arbeiten wurden eingestellt. Mit Ausnahme der Hauptdarsteller haben mehr als 200 Angestellte die Arbeit niedergelegt. Erdbeben in Kleinasien . In Ankara hat sich'am Dienstag ein heftige« Erdbeben ereignet, dessen Epizentrum im zentralasiatischen Hochplateau lag und da» 18 Sekunden dauerte. Auch mehrere andere türkische Städte wurden durch da» Erdbeben in Mitleidenschaft gezogen. In Vozgat und Grapsun stürzten 12 Häuser ein. Todesopfer sind bi» zur Stunde nicht gemeldet worden. verschärfte Kontrolle de« Wildbret- und Fischhandel». Die Kontrolle de« Wildbrethandel« wird insoferne verschärft, als bei der tierärztlichen Untersuchung eine Bescheinigung über den Ursprung deS Wilde» wird beigelegt werden müssen. Den mit der Kontrolle des Fischhandels beauftragten Stellen wurde auferlegt, strenge darauf zu achten, dass der unerlaubte Handel, der in der Regel mit unbefugtem Fischfang verbunden ist, auSgeschaltet bleibt. Ter VH. Kongreß de» verbände» der tschecho- slowakischen Arbeitertheater mit dem Sitze in Pilsen fand am 16. und 17. d. M. in Prag statt. SamStag abends fand eine Festvorstellung unter dem Protektorat deS FentralexekutibauSschuffe« der tschechoslowakischen Partei und deS Verbandes der Arbeiterturner und der Arbeiterakademie statt. Da» BolkS- theater in Pilsen führte Romain Rollands „Wölfe " mif. Bei den am Sonntag begonnenen Kongress- beratungen war die sozialdemokratische Partei durch Abgeordneten S t i v i n vertreten. Tie Versammlung ehrte in pietäwoller Weise da» Andenken des Präsident-Befreier». Das Hauptreferat„DaS Theater von heute und insbesondere da» Theater der Arbeiterdileitanten" hielt Wenzel P a tz a k. Der Kongress brachte wertvolle Anregungen für die künftige volkSerzieherische Arbeit der Arbeiterdilettanten. Kältewelle flaut ab. Die Gesamiwetterlaae beginnt sich nunmehr umzugestalte». Die Kaltlust, welche einen grossen Teil de» Binnenlandes überflutet, hatte, und auch im Flachlande Nachtfröste bi» zu minu» 5 bi» minu» 6 Grade brachte, ist bi» zu den Karpathen vorgedrungen und dort zum Stillstand gekommen. In Rumänien wurden Dienstag nachmittag» pluS 20 bi» 21 Grad verzeichnet, in Böhmen und Bayern betrug die Temperatur bei Schneeschauern gleichzeitig stellenweise um VluS 1 Grad. Im Zusammenhang mit einer über dein Mittelmeer liegenden Druckstörung dürfte nunmehr die warme Luft au» SO-Europa gegen das Binnenland vorrücken.— Wahrscheinliche» Wetter Mittwoch: In den böhmischen Ländern wechselnd bis vorwiegend bewölkt, strichweise leichte Niederschläge, kühl, jedoch im ganzen ein wenig wärmer. Im Karvatbenaebiet veränderliche Bewölkung und in GevirgSnäbe einzelne Schauer. Bei nächtlicher Aufheiterung vielfach Frost. Auch tagsüber kühl. Später vom SO her zunehmende vss heutige Programm der deutschen Sendung Mittwoch Prag . 13.40—13.50: Deutscher Arbestimarli- berichr.— 14.00,„Auch kleine Dinge können uns entzücken." Eine Folge klassischer Lieder. Gesang: Adolf Michalka; Klavier : Heinrich Berg. Lieder von Hugo Wolf , Franz Schubert , Roberr Schumann und Johanne» B r a h m s.— 18.05: Tr. Anton Moucha:„Neue Bücher."— 18.20: Deutsche Arbeitersendung: Anton Steinberg,„Tem Gedm- ken eine» Grossen."— 18.40: Sozialiniormanonen. Brünn : 17.40—17.55: Selten gesungene Lieder von Johannes Brawns. Milwirkende: Friedl Peham(Sopran), am Klavier: Franz Zubal. riehung der ILlassenlotterle (Ohne Gewähr.) Prag . Bei der Dienstag- Ziehung der der V. Klasse der 88. tschechoslowakischen Klassen- lorierie wurden nachstehende Gewinste gezogen: 80.000 X« 47580. 50.000 KC 79444. 40.000 K6 49093? 20.000 K6 35995 62755 53511. 10.000 K« 253" 1 12068 1838 102149 8242049552 33497. 5000 K6 38689 66512 106692 15506 63566 35955 42442 97562 39718 114449 41661 79114 29007 70281 84798 61637 6500 89704 18375 96270 110225 26907. 2000 K6 73736 115310 7766 59821 58566 115491 116483 105133 114414 45743 95500 14117 97308 102946 45412 105790 24347 45680 110523 76433 61350 111856 59094 16988 44832 69865 4166 82445 68689 101996 52246 59471 70389 24881 35145 64138 91859 21727 27864 109624 45722 108239 27718 84549 19221 48971 67173 79070 82461 8128 66848 91198 111355 3698 82284 72513 46906 111070 290 41643 91311 95859 23526 32982 2233 54609 45645 51845 110122 26131 87189 76525 43890 16208 118361 107739 38986 85391 71601 27823 76844 48978 8247 39441 94590 25560 568$ 62541 7428 111656 17909 76419 80389 8509 114802. NiederkchlagSneigung. Prognose unsicher.— Welter- auSsichten für Donnerstag: Unbeständig, namentlich in der O-Hälfte de» Staate» Niederschläge und etwas wärmer, im Westen Temperatur ohne grössere Aenderung. „Lassalle“ Krochwitz— Turniersieger in Genf Ter Arbeiter-Sportklub Genf veranstaltete zu Ostern ein grosses internationale» Fussballturnier, an welchem zebn Mannschaften— u. a.Lassalle" Krachwitz,„Roode Fon" Antiverven,„Etoile" Lausanne — teilnahmen. Ter Endsieg fiel an.Lassalle" Krochwitz, welche» damit, nach langer Unterbrechung wieder erstmals im Auslande spielend, einen neuen internationalen Erfolg für unsere Arbeiierfussball- bewegung in der Aius-Union errang. Die Ausnahme, welche die Krochwitzer und die anderen Gäste bei den Genfern fanden, war überaus herzlich und die bewiesene Gastfreundschaft lässt sich kaum in Worten schildern. Bor Beginn des Turnier» hielt der ebesiialige Präsident deS Kanions Genf, Löou Nicole, vor 8500 Zuschauern eine herrliche Begrüssungsansprache, wie die Veranstaltung überhaupt zu einer erbebenden internationalen Manifestation für Frieden, Freiheit und Demokratie sich gestaltete. Arbeiterivortler dreier Länder haben sich am dem Boden der schweizerischen Demokratie ein Stelldichein gegeben, lvaren Sportler und Abgesandte der Arbeiterschast zugleich und alle gaben ibrer tiefen Sehnsucht im Namen von Millionen kund. Ein Frenndschatlsabend am 17. Avril beschloss diese» internationale Arbeiierfnssballtreifen.— Die technischen Berichte sind bis zur Stunde noch nick» eingelangt und tragen wir sie bei Erhalt nackt. Ein Sudetendeutscher in Südtirol „Nein, ich möchte mich nicht änssern; ich habe einige Woche» als Erholungsreisender ir. Me ran und in den benachbarten Tälern gelebt, das ist alles." Immerhin, es ist ein deutsches Minderheits« gebiet, und in Anbetracht dessen, was jetzt im Namen der deutschen Minderheiten aukgeführt wird, wäre es vielleicht nicht uninteressant, wenn Sie als gebürtiger Reichenberger... „Quälen Sie mich nicht. Ich gehöre der SdP an.-wenn auch nur, loeil ich muh. Schliesslich, man hat Frau und Kinder nyd ein Geschäft..." Ich verstehe Ihre Zurückhaltung und Hemmung. Aber wenn Sie ein Deutscher sind und dennoch die Wahrheit lieben— „Beides, beides. Aber ich kann mich nicht exponieren. Wenn man erfährt, dass ich in Süd- : tirol Ivar, liegt die Gefahr nahe, dah n>nn die Beobachtung und Parallelen zur„H e u ch e l e i der Minderheitenfrage", wie Sie es '< nennen, mit mir in Zusammenhang bringt." Und ist das gefährlich? «Und Wiel" Und Sie können solchen Gewissensdruck ertragen? „Man muss. Manchmal möchte ich aufschreien: Schickt zehnReichenverger nach Bipiteno, das früher Sterzii'.g hiess, und zehn Deutsche aus Bip'teno nach Reichenberg, das auch Liber/c heisst! Sie sollen vergleichen! Sie würden Augen machen, die Sterzinger...„Wie, Jhl habt in Reichenberg deutsche Schulen, deutschen Gottesdienst, ihr dürft deutsche Opposition machen und das ist überall so, bis ins kleinste Dorf? Ihr habt deutsche Beamte und Richter und deutsche Zeitungen soviel Ihr wollt? Wir haben von all dem nichts und sind auch Deutsche. — das heisst wir sind eS schon nicht mehr, wir sind durch daS Joch der Entnationalisierung gegangen. Müssen Eure Kinder hier oben auch in eine fremdnationale Ballila gehen?" So etwa würde der Mann auS Bipiteno reden." Und was würde der Mann auS Reübenberg in Bipiteno sagen? „Nichts. Denn e r d a r f n i ch t. Er gehorcht einem obersten Befehl... Er winde, wenn er sagt, IvaS er denkt, aus der Volksgemeinschaft auSgestossen werden. Und dann würde er zu einer ungeschützten Minderheit gehören, zu den preisgegebenen Schwachen, wie— etwa lvie die Süd tiroler . Wir haben im sudetendeutsch -a Gebiet ei» heimliches Südtirol , aber nicht eines, das von den Tschechen bedrückt wird, sondern eine uugeschühteMinderheitjener, die s i ch n i ch t u n t e r d a S I o ch derTota- lität beugen wollen. Die Deutschen der Tschechoslowakei sollen Nationalsozialisten■ werden, oder sie stehen geächtet ausserhalb der Volksgemeinschaft. Die Deutschen Südtirols mussten Italiener werden, sonst wurden sie zerbrochen. DaSistderBergleichSpunkt. Alles andere ist einfach unvergleichbar." Ein grosses Unrecht, begangen an einem Kleinen, ist keines, sondern ein staatsmännisches Faktum, basta. „Die Südtiroler haben es nicht verstanden, ihren echten, legitimen Schmerz zu einer Angelegenheit der Welt zu machen. In London . Ber lin , Wien und Reichenberg wird eS nicht gehört, wenn eine Bäuerin lrgendivo im Bintschgau, der nicht mehr so heissen darf, weint, weil in ihrer Kirche nicht deutsch gebetet werden darf. Die Henleiuleute hingegen möchten mit ihren masslos übertriebenen Leiden nach echter Hysteriker-Ari die Welt in Atem halten. Die Südtiroler haben nicht geschrien, als italienische Lehrer in ihre Schulen einzogen und die deutschen Lehrer weg- ziehen mussten; sie haben es stumm erduldet, dass ihnen der Sieger den völkischen Tod diktierte: „Seid froh, dass Ihr gewürdigt werdet, die Sprache Dantes zu sprechen!" Sie mussten es ertragen, dass man selbst den Toten die deutschen Namen entzog und die Grabsteine der Friedhöfe von Fortezza (Franzensfeste ) bis Bolzano (Bo zen ) zum höheren Ruhm des Faschismus italic- nisierte." DaS ist gründliche Arbeit. «Diese OpportiiuitätS-PreiSgabe eines Minderheits-Deutschtums gehört wohl zu den abstossendsten politischen Heucheleien aller Zeiten. Wenn aber eine totalitäre Partei im Namen des Deutschtums von einer demokratischen Republik verlangt, sie möge einer deutschen Minderheit eine Art autonomen Nationalsozialismus geben, denn nur nationalsozialistisch sei deutsch , dann ist die Nichterfüllung einer solchen Forderung Unterdrückung und.schweres Leid'." Lieber Freund, Sie sind noch nicht dahintergekommen, dah deutsch und deutsch , Minder- heii und Minderheit nicht identisch sind, sondern jeweils das bedeutet, was man politisch, vielleicht sogar weltpolitisch damit bezweckt? Sie verkennen das hohe Glück einer Freiheit, die darin besteht, andere unterdrücken, anderen seine Grundsätze auszlvingen zu können; eS ist ein typisch neudeutsches Glück; seine Nichterfüllung ist eine typisch neudeutsche Qual. Bon diesem Qual- Schrei ist die eingeschüchterte Welt voll. Hingegen hat Ihnen eine deutsche Bäuerin im Bintschgau, der jetzt anders heisst, heimlich-ängstlich zugeflüstert, was deutsches Minderheiten- Leid wirklich ist, Zett.
Ausgabe
18 (20.4.1938) 92
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