ßr.isr Mittwoch, 25. Mal 1938 Gelte 3 Wahlbetrachtungen DaS»Prager Tagblatt" meint in seiner Würdigung der Wahlergebnisse, die tschechi­schen traditionellen großen Parteien hätten Mr fast durchweg-, zum Teil recht ansehnliche, Erfolge erzielt, aber da diese Parteien in der Re­gierungskoalition Zusammenarbeiten und über die nichtigsten jetzt zur Tf-kussion stehenden Fragen einig sind, erübrigten sich Betrachtungen darüber, ob die bisherigen Wahlen mehr zugunsten der Rechten oder der Linken ausgefallen sind. Diese Betrachtungen wären unfruchtbar, da diese Unter­scheidung angesichts der vorliegenden Probleme nicht die gleiche Rolle spielt wie in ruhigen Zeiten. Doch! ES spielt eine Rolle und eine große, ob die tschechische Bevölkerung sich der politischen Richten oder der Linken zuwendet l Daß die rechtsradikalen Nationalisten mit so überwältigen­der Mehrheit abgelehnt wurden, ist von großer Bedeutung. ES beweist, wie realpolitisch das tsche­chische Volk denkt. Ein Anschtvellen der rechtsradi­kalen stimmen tväre eine bedenkliche Erscheinung, gerade jetzt, da es für die Regierung von großer Bedeutung ist, daß ihre Bemühungen um die Lösung des nationalen Problems vom tschechischen Bolt verstanden werden, daß der nationale Radi­kalismus sich nicht hemmend und störend der na­tionalen Verständigung entgegenstellen kann. DaS Erstarken der Linken, besonder- in Prag , dar auch durch die Erwägung, e» komme jetzt gar nicht darauf an, auch nur zu fragen, ob die Linke oder die Rechte gewonnen habe, nicht verkleinert werden kann, diese- Erstarken der Linken ist doch sichtbare Bestätigung de- Willen-, die Demokratie zu verteidigen, unter allen Umständen, und da er auch im tsche­chischen Volk Parteien gibt, deren Liebe zur De­mokratie nicht übermäßig heiß ist, ist der gewaltige Stimmenzuwachs der linksstehenden Parteien gleichbedeutend mit einer Festigung des StaatS- gedankenS, also durchaus erfreulich. DieBohemia" sagt bei Betrachtung der Situation der deutschen Sozialdemokratie, die Er­gebnisse seien natürlich lokal sehr verschieden,in den kleinen Landgemeinden hat sie(die deutsche Sozialdemokratie) teilweise erst gar nicht kandi­diert, in den Industriestädten ist der Anteil ent­sprechend größer". Bleibt nur noch zu melden, warum die deutschen Sozialdemokraten teilweiseerst gar nicht kandidierten": weil der Naziterror so stark war. daß in vielen kleinen Orten Arbeiter es nicht wagen konnten, sich als sozialdemokratische Kan­didaten aufstellen zu lasten. WaS aber selbstver­ständlich niebt beweist, daß eS in diesen Orten keine Sozialdemokraten mehr gibt. Ult 6er Gleichschaltung klappt es nicht ganzl Zwischen Henlein und Sttibrnh ist eine kleine' freundschaftliche Unterhaltung über die Raffenlehre und ihren wahren Sinn im Gange. Herr Stkibrnh beweist was zu bewei­sen nicht notwendig war, weil eS ja außer Zwei­fel steht, daß die diversen ObrlikS und Kra« litscheks, die der SdP anhängen, tschechischer Ab­stammung sind. Wenn er dann weiterbeweist", daß infolgedessen 98 Prozent der Sude­ tendeutschen slawische Vorfahren haben, ist das natürlich ein Stumpfsinn, über den man nicht diskutieren muß. DieRundschau" belehrt nun Herrn Stkibrnh, daß es eben in den Sudeten­ländern so manche Rastenmischung gab, ohne damit die mangelnden Deutschlenntniste von Sebekowskh- Vater aufzuklären und ohne darauf­zukommen, wie lächerlich die ganze Rastenlehre ist, wenn sie trotz zugegebener Rastenmischung jeden Krezal und Branezik, der ihr Mitglieds­buch in der Tasche trägt, als Urgermanen aner­kennt. ES braucht geraume Zeit, ehe ihr die nahe­liegende Retourkutsche einfällt, daß es auch tsche­chische Politiker mit deutschem Namen gibt, die man nach dem Rezept StkibrnhS dem Deutschtum zuzählen könnte. Im Eifer, mit der sie der Be­lehrung ihre- Freundes obliegt, weist sie auch auf die deutschen Namen der tschechischen So­zialdemokraten Robert Klein, Dr. Meißner Unterhaltsbeitrag für die Familien Eingerückter Anmeldung beim Gemeindeamt Prag . Auf zahlreiche Anfragen teile» da- Rotionalverteidigung-ministerium und da- In­nenministerium mit, daß die Familienangehöri- f en der dieser Tage zu einer außerordentlichen Aaffeniibung einberufenen Soldaten nach st 22 del Wchrgesetze- insofern sie mittellos sind und ihr Leben-Unterhalt durch den Militär» dienstantritt ihre- Ernährer- bedroht isi nm die Zuerkennung eine- Unterhaltsbei­trages ansuchen können. Zu diesem Zwecke Mögen sie sich bei dem Gemeindeamte ihre- zu ­ständigen Wohnorte- melden, da- ihre Anmel­dung entgegennimmt, über welche die Bezirk-» ErnährungSkommiffion entscheidet. Der Anmel­dung hat der Gesuchsteller ein« Bestätigung beiznschlieften, welche der zum Dienst antretende Reservist von seinem Truppenkörper erhält. Die Bezirkb-Ernährung-kommistiouen haben bereit- Weisungen erhalten, die Anmeldungen in kürzester Zeit und mit größter Beschleunigung zu erledigen. Der Unterhalt-beitrag wird durch die Poslsparkasta angewiesen. würden. Und waS schreibt das kluge Blatt jetzt? Lesen wir: Die Gemeindewahlen haben den unwiderleg­baren Beweis dafür erbracht, daß sich da- Su­detendeutschtum nahezu in seiner Gänze zur deut­ schen Volksgemeinschaft, welche die SdP darstellt, und ihrem Führer, Konrad Henlein , bekennt. Die in dieser Richtung gemachten Voraussetzungen haben sich nicht nur erfüllt, sie wurden erfreu­licherweise manchenorts noch übertroffen. Die SdP hat gegenüber den Parlament-Wahlen in vielen Gemeinden über die Stimmen hinan-, welche ihr durch-die übrigen deutschen Parteien die sich In der richtigen Erkenntnis der Notwen­digkeit de- vollständigen Zusammenschlusses in die SdP eingegliedert haben zukamen, einen Zu­wachs erhalten, so daß sie in den Gemeindestnben über 99 v. H. der deutschen Bevölkerung vertritt. DaS mit denüber 90 v. H." stimmt zwar auch nicht. Aber immerhin ist die politische Mathe­matik, nach der 90 v. H. mehr sind al- 99, lehr­reich und interessant. Ausbreitung der Vlphtherle DieAerztlichen Nachrichten" berichten in ihrer letzten Folge: Nach den Veröffentlichungen der Staats« gesundheitSanstalt ist ein neuerlicher Anstieg der Diphtherie-Erkrankungen zu verzeichnen. In Böhmen stehen in den Monaten Jänner bi- März 1988 8900 Erkrankungen 8421 Fällen der gleichen Zeit de- Vorjahres gegenüber. Im Monate März 1988 entfielen in Böhmen auf 100.000 Einwohner 811.8 Fälle von Diphtherie gegenüber 177.8 Fällen im März 1937. Dem­gemäß ist mit einem weiteren Ansteigen der Diphtherieerkrankungen zumindest in Böhmen zu rechnen.(Auch in Deutschland stehen in den ersten 14 Bericht-Wochen de- Jahres 1988 81.814 Erkrankungen an Diphtherie 40.938 solchen der gleichen Zeit des Vorjahres gegen­über.) Den Aerzten fällt daher die Aufgabe zu, die Bevölkerung auf diese drohende Gefahr auf­merksam zu machen und die Dnrchimpfung der Kinder gegen Diphtberie überall zu fördern. Der Alnrmbote. In der Nacht von Sam-tag aus Sonntag, nach Mitternacht , erschien, wie der KarlsbaderVoltswille" berichtet, in den Ort­schaften P r ö l e S und Böhm-KillmeS ein Motorradsahrer, der angab, von der.Kreis­leitung der SdP in Karlsbad zu sein und der die SdP-Mitglieder in diesen Dörfern davon in Kenntnis setzte, daß es in etwa einer halben Stunde Alarm geben werde, der durch Hornsig- nale und Glockenläuten verkündet werden wird und daß sich die Leute also zur Flucht vorbereiten mögen. In aller Eile suchten die Weiber ihre Kittel und die Männer ihre Hosen und machten sich zum Auöreißen bereit. Aber die halbe Stunde verging und noch eine weitere Stunde, doch kein Hornsignal und kein Glockenton war zu hören und nun dachte man daran, daß man von dem SdP-Boten doch hätte eine Legitimation verlan­gen oder die Nummer. des Motorrades notieren sollen. Seither zerbrechen sich die Pröleser und Killmeser den Kopf darüber, ob sie einem Spaß­vogel ausgesesten sind, oder ob der Bote lorge- schossen hat, bevor man den Gedanken an einen Alarm ausgegeben hat. Der Präsident der Republik besuchte Diens­tag vormittag- mit Gemahlin die Prager Land­ wirtschaftliche Ausstellung, wo er vom Landwirt- fchaftsminister Dr. Zadina empfangen wurde. Während feines Besuche- auf der Ausstellung wurde der Präsident auch von der anivesenden Schuljugend und den Erwachsenen begeistert be­grüßt. Beim Haupteingang zum Industriepalast standen Mitglieder der Bauernreiterei und Schü­ler der landwirtschaftlichen Schulen Spalier. Unerschütterliche Freundschaft mit Rumänien Antrittsaudienz des neuen Gesandten Prag . Angesichts der gespannten außenpoli­tischen Situation erhielten die bei der Antritts­audienz des neuen rumänischen Gesandten in Prag . Radu C r u tz e S e u, gewechselten Reden eine besondere Bedeutung. Der Gesandte hob in seiner Ansprache an den Präsidenten die unerschütterliche und brüderliche F r e u n d s ch a f t der beiden Länder hervor, die er, tuen» dies möglich sei, noch enger gestalten solle. Die im Rahmen der Kleinen Entente begrün­dete und dazu bestimmte tschechoslowakisch-rumä­nische Freundschaft, daS Ideal der Ordnung, der Eintracht und des Frieden» zu verfolgen, der das Wesen diese- internationalen Organismus ist, har bisher viele Prüfungen durchgemacht. Wenn sie aber aus der Glut der Geschichte immer fester und reiner hervorgeganyen ist, so deshalb, well sie nicht das Ergebnis einer vorüberaehenden Kom­bination, sondern die logische, ständige und klare Resultante der solidarischen Interessen und der gemeinsamen Grundsätze ist. Deshalb können wir mit ruhigster Sicher­heit aus die Entwicklung unserer Beziehungen in der Zukunft blicken. AuS Präsident Dr. Bene) Ivies auf die un­zerstörbaren Bande der Freundschaft hin und gab der Hoffnung Ausdruck, daß es in Zukunft keine Hindernisse geben wird, die die enge Solidarität der beiden Nationen nicht überwinden könnte. Die Konsolidierung und der wahrhafte interna­tionale Frieden werde besonders unter den jetzi­gen Berhältniffen die erste und größte Sorge und das Hauptziel aller Bestrebungen der tschechoslo­wakischen Republik bleiben. Vas unruhige Vien Die am Montag verzeichneten Gerüchte über U n r u h e n i n W i e n werden, Ivie der Züricher Sonderberichterstatter der HavaS -Agentur meldet, durch Reifende au» Wien bestätigt, welche erzähl­ten, daß am Montag durch die Gasten Wien - Gruppen von Demonstranten zogen, die riefen:Gebt uns Brot!" Die durch eine Militärbereitschaft verstärkte Polizei stellte die Ruhe wieder her. Fünfhundert Personen sollen in Konzentrationslager verschickt worden sein. Die Gleichschaltung Oesterreichs ist also eine erzwungene. Mit Polizei und Militär kann man die äußerliche Gleichschaltung in weitem Maße er­zwingen. Die Gesinnung vieler zehntausende sozialistischer Arbeiter wandelt man damit nidit, ja, man macht durch die Anwendung von Ge­walt auch die unpolitischen Menschen nicht zu Nazi, wenn die ErnährungSverhältniste sich rapid ver­schlechtern, wenn die Wiener in Wien nicht- mehr zu sagen haben und überall Preußen kommandie­ren, wenn dem Oesterreicher plötzlich seine Heimat fremd gemacht wird. Tie rauschenden Feste und der Propagandarummel konnten einige Zeit hin­durch betäubend wirken, aber nicht für die Dauer... Schweizer Investitionsprogramm genehmigt Bern . Der Bundesrat hat da» Programm für den Ausbau der Landesverteidi­gung und für die weitere Bekämpfung der Ar­beitslosigkeit grundsätzlich gutgeheißen. Ta- Pro­gramm siebt u. a. für Militärauswendungen mit Einschluß der kriegswirtschaftlichen Versorgung einen neuen Kredit von 198 Millionen, für Ar- beitSbeschasfungSmaßnahmen 202 Millionen und für den Ausbau der Alpenstrahen 38 Millionen Franken vor. Ivvo verhaftete Falangisten entflohen Hendove.<Ag. Esp.) Mehrere schwere Schlä­gereien zwischen Falangisten und Italienern hotten dazu geführt, daß rund 1900 der ersteren im Fort E h r i st o b a l bei Pamvloua eingefp-rrt wurden. Bor kurzem haben diese Häftlinge, unter denen einige bereit- zum Tode verurteilt waren, gemeutert, gewaltsam die Türen aufgesprengt und mehrere Wächter ermordet, worauf sie alle entflohen. Man nimmt an, daß ihnen die Waisen von außen gelie­fert und daß sie von diesen Mitverschioorenen ver­borgen und weggebracht worden sind. In den Bergen der Provinz Navarra jagt nun die Zivilgarde hinter den Flüchtigen her. Die Grenzposten sind verstärkt worden, um eine Flucht der Falangisten nach Frank­ reich zu verhindern. Die Affäre hat im ganzen Re­bellengebiet große Aufregung hervorgerufen. Kardinal Pacalll In Budapest Budapest . Der zur Eröffnung de- Eucharisti­schen Weltkongresse» nach Ungarn entsandte päpst­liche Legat, Kardinal-Staatssekretär P a e e l l i, hielt Montag vormittag» seinen Einzug in, die un­garische Hauptstadt. In der festlich geschmückten Halle de» Ostbahnhose» hießen Reichsverweser Horthy mit Kardinal-FürstprimaS Svtti sowie sämtlichen Mita gliedern der Regierung den Gast willkommen. Der Empfang vollzog sich unter Feierlichkeiten, wie sie sonst nur Staatsoberhäuptern gewährt werden. und Ing. Winter hin. Hier geht die gute Rundschau" in ihrem Jnformation-drang ent­schieden zu weit, ja, sie stellt sich geradezu in Gegensatz zu.nationalsozialistischen Grund» auffaffung d. en-", zu denen sich Konrad Henlein in Ka...oad bekannt hat. Juden haben für da- Deutschtum nicht reklamiert zu werden. Daß sich da- dieRundschau" erst von un- sagen lasten muß! VieVeutsche presse" korrigiert des Wahlergebnis DieDeutsche Presse", die, nach der Gleich­schaltung der Christlichsozialen, überhaupt eine recht merkwürdige Entwicklung mitmacht, schreibt in ihrem dienstägigen Leitartikel über den Wahl­ausfall in Prag , daß hier im tschechischen Lager die Sozialdemokraten mit einem Verlust von 2000 S t i m m e n sich noch behaupten konnten." Die- angesichts der Tatsache, daß die tsche­chischen Sozialdemokraten bei den letzten Ge­meindewahlen 60.000 Stimmen und jetzt 77.000 hatten. Mit einem Zuwachs von mehr als 10.000 konnte sie sich gerade noch behaupten... Wie lange wird dieDeutsche Presse" mit solcher Uebung christlicher Wahrhaftigkeit vor ihren ka­tholischen Lesern sich noch behaupten. Im reichen der Volksgemeinschaft"' Der Herrschaftsbesitzer N o st i z in PerglaS bei Daßnitz ist ein strammer SdP»Kamerad, wa» er am 1. Mai mit einigen seiner Angestellten be­wiesen hat, die mit in Reih' und Glied im SdP- Zug marschierten und den Sprechchor:Ein Volk, ein Reich, ein Führer" zur Kenntnis nahmen. Jetzt hat die Herrschaft Nostiz die Reife­prüfung für die wahre Volksgemeinschaft abge« legt. Auf dem Meierhos dieser Herrschaft ist die­ser Tage ein ganzer Trupp slowakischer Arbeiter eingetroffen, die die landwirtschaft­lichen Arbeiten dort verrichten werden. Um neben der Würdigung des deutschen ArbeitS- Platzes auch die soziale Eindeutigkeit in Erscheinung treten zu lassen, zahlt diese Herr­schaft den slowakischen Arbeitern einen Stun­denlohn von sage und schreibe neunzig Hellern, da- sind KL 43.70 wöchentlich. Noch übertroffen" DieBrüxer Zeitung" schrieb noch vor wenigen Tagen wir haben es seinerzeit festgehalten daß die Wahlen 9V Prozent der sudetendeutschen Stimmen für die SdP ergeben Vas sudetendeutsche Führerprinzip ein Wunder der Dressur