W. 143 «önttfnj», 10. Juni 1938 Seite 3 Vergebliche Anfragen In Berlin  L o» d o n.V o r k s h i r e P o st" be­richtet, das, der britische   Botschaster in Berlin  , Sir Henderson, am Donnerstag zum viertenmal im Auswärtigen Amte angefragt hat, ob die deutsche   Regierung ausländische Staatsange­hörige in die Neuordnung betrefsend die Regi­strierung des nkchtarischen Besitzes im Deutschen Reich einbeziehe. Bisher wurde darauf noch keine Antwort erteilt. Mißbrauch der Jugendfürsorge Sudetendeutsche FUrsorsearbelt auf Abwesen Die Deutsche   LandeSlommission für Kinder- Mih und Jugendfürsorge in Böhmen   hat durch ihren Beschlich, sich in denSudetendeutschen Verband" ciiizuglicdcrn und sich der Führung gonrad Henleins zu unterstelle», aufgehört eine . unpolitische Organisation zu sein und ist zum Werkzeug einer politischen Partei geworden. Da­durch wird den deutschen   sozialdemokratischen Funktionären in der Jugendfürsorge die weitere Mitarbeit unmöglich gemacht. Wir stellen ausdrücklich fest, daß die deutsche  Sozialdemokratie der Jugendfürsorge diese Mit­arbeit keineswegs aufgedrängt hat, daß sie viel­mehr nach dem Zusammenbruch des Weltkrieges, als die Jugendfürsorge in eine außerordentlich schwierige organisatorische und materielle Lage geraten war, von der damaligen, den deutsch­bürgerlichen Parteien angchörenden Sachwaltern der deutschen   LandeSkommissionen und Bezirks­jugendfürsorgen um ihre Mitarbeit gebeten wor­ben ist. Die Deutsche sozialdemokratische Arbeiter­partei hat, obwohl sie angesichts des Verhaltens der deutschbürgerlichen Sachwalter in der deut­ schen   Jugendfürsorge gegenüber den sozialistischen  Arbeitern Grund genug zu ernsten Bedenken ge­habt hätte, dieser Aufforderung bedingungslos entsprochen und eine Reihe von sachlich in feder Hinsicht befähigten Funktionären der Jugendfür­sorge zur Verfügung gestellt. Sie hat diese Mit­arbeit durch nahezu zwei Jahrzehnte aufrecht­erhalten und sich auch durch die bereits seit länge­rer Zeit unternommenen Politisierungsversuche in ihrer der Sache dienenden Haltung nicht be­irren lassen. Die deutsche sozialdemokratische Ar­beiterpartei ihrerseits hat niemals auch nur einen leisesten Versuch unternommen, die deutsche   Ju­gendfürsorge in ihrem" Sinne parteipolitisch zu beeinflussen, sie hat sich vielmehr ausschließlich in den Dienst der Fürsorgearbeit und ihrer organi­satorischen rind finanziellen Sicherung gestellt. Daraus leitet sie ihre Berechtigung ab, dem fetzigen Kurs in der deutschen   Jugendfürsorge nicht nur ihre Gefolgschaft zu versagen, sondern auch gegen ihn die Anklage zu erheben, daß er alle Grundsätze einer parteipolitisch neutralen Fürsorgearbeit verletzt. Es hätte daher der satzungSwidrigen und unwürdigen Aufforderung an Funktionäre, vor Ablauf ihrer Amtsdauer die Mandate niederzu­legen, keineswegs bedurft, uni uns zur Ableh­nung der weiteren Mitarbeit zu veranlassen. Wir protestieren durch diese Ablehnung nicht nur ge- Einem erschütternde» Briefe, der un», unter Angabe des Namens und der Adresse des Absen­der«, aus dem unglücklichen Rothau zukam, ent­nehmen wir folgende Stellen: Die Not bei uns in Rothau   steigt derart, daß wir amRande der Verzweiflung angelongt sind... Wenn es nicht bald anders wird, müsien wir mit'unseren sünfKin- d e r», die wir derzeit bei uns haben, a u s dem Leben scheiden. Die SdP hat uns schon manchmal Hilfe angeboten, wenn wir zu ihr über­träten aber dazu bringen sie uns nicht I W i r sind feste, deutsche   Sozialdemokrat ten. gen die unverdiente Kränkung zahlreicher treuer und selbstloser Mitarbeiter, sondern auch gegen den Mißbrauch der Jugendfürsorge zu Zwecken, die ihr absolut fremd sind. Die Jugendfürsorge hat bedürftigen Kindern und Jugendlichen ohne lkntcrschied der Weltan­schauung und des politischen Bekenntnisses ihrer Eltern zu dienen. Schon das schließt ihre Unter­ordnung unter eine politische Partei begreiflich aus. Die Jugendfürsorge ist mit der Detrennng einer ganzen Reihe von Aufgaben der öffentlichen Fürsorgcverwaltung betraut und dadurch zur Zu­sammenarbeit mit den öffentlichen Behörden ge­nötigt. Auch diese halbamtliche Stellung der deutschen   Jugendfürsorge ist mit ihrer Unterord­nung unter parteipolitische Prinzipien durchaus unvereinbar., Die Unvereinbarkeit ist jedoch nicht bloß eine formale, sondern auch eine sachliche. Unterstellung unter die Sudetrudentsche Partei bedeutet Bekenntnis zur nationalsozialistische» Weltanschauung. Die Elemente dieser Weltanschauung: der Rassenfanatismus, die Verwerfung der Humani­tät gegenüber erblich Belasteten und als minder­wertig Angesehenen, die Uebcrwertung eugenischer Maßnahmen bei Vernachlässigung individueller Hilfe für Schwache und Fürsorgebedürstige und da» Fühcerprinzip stehen im Widerspruch nicht nur mit den Grundsätzen, auf die wir als deutsche  Sozialdemokraten niemals verzichten können, so»- dem auch mit der Verfassung und den demokra­tischen und Humanitären Grundlagen de» Staates. Mit der Anerkennung der nationalsozialisti­schen Grundsätze begibt sich die Deutsche Jugend­fürsorge in der Tschechoslowakischen Republik auf einen gefährlichen Weg. Er mag augenblicklich als Triumph über eine Minderheit erscheinen, er be­deutet für die Zukunft eine ernste Gefährdung unserer hilfsbedürftigen deutschen   Jugend. Wir wollen an dieser Entwicklung nicht mit­schuldig werden und lasten jenen, die diesen Weg betreten haben, die volle und ausschließliche Ver­antwortung für alle Folgen auf. Diese Erklärung haben die sozialdemokra­tischen Mitglieder deS HauptauSschuffeS der Deut­schen Jugendfürsorge der Sitzung dieses Aus­schusses, welche am SamStag stattgefunden hat, überreicht. mal gefragt, waS sie denn eigentlich getan hätten, dah rS ihnen so schlecht geht... So geht eS in einer sozialdemokratischen Familie in Rothau   zui Wir hoffen, daß man unS helfen wird.. Daß die DSAP da zum Rechten sehen wird, versteht sich von selbst. Aber in Rothau   und an- dcrSwo ist da» nicht die einzige Familie, die so SchlvereS zu ertragen hat; Hunderte wenden sich in ähnlichen Fällen an uns. Und sie alle sind tapfere, aufrechte Demokraten, die sich auch im llnglück nicht von der SdP ködern lassen. Ist die tschechoslowakische Demokratie sich betvußt, daß eS nichts gibt, was sie nicht für diese Menschen tun müßte? Vie SdP-Propaganda unter Tschechen  Ein gescheiterter Versuch Seinerzeit wurde darüber berichtet, daß von SdP-Leuten der Versuch gemacht wurde, unter den Tschechen Flugblätter zu verbreiten, die den Zweck haben sollten, die Bevölkerung gegen die MehrhcitSparteien und die tschechoslowakische Staatspolitik aufzuwiegeln. DieLidovö Noviny" bringen nun in ihrer Samstagnummer einen ileberblick über diese(völlig gescheiterten) Ver­suche. Die Flugblätter wurden in der Nacht vom 11. auf den 16. Mai verbreitet und es war gleich von Anbeginn ersichtlich, daß eS sich um eine gesamtstaatliche Aktion handelte. Die Be­hörden kamen aber bald den Plänen auf die Spur und haben ihnen schon am 16. Mai ein Ende gemacht. wurden insgesamt zehn Arten von Flugblättern auSgegcbcn, von denen sich jedes an eine andere Klasse der tschechischen Be­völkerung wandte. Woher die Flugblätter kamen, lehrt folgender Fall: Am 13. Mai wurde an der Grenze bei Groß«Kunzendorf im Bezirk Frei- Waldau durch die Finanzwachc der Mechaniker Willibald K a r b st« i n aus Freitvaldau ver­haftet, als er auf dem Fahrrade zwei Ballen sol­cher Flugblätter über die Grenze brachte. Karb- stein floh nach Deutschland  , das belastende Ma­terial aber blieb in den Händen der tschechoslo­wakischen Behörden. Die Flugblätter wurden also von Deutschland   In die Tschechoslowakei   ge­bracht und sollten von besonderen Zentralen auü verbreitet werden. Eine solche Zentrale war in Reich enbeög, der Organisator der Pelz­händler Alfred P i e t s ch, der zwei Expeditionen aussandte. Die ein« fuhr über Jungbunzlau  , Nymburl und NiemcS zurück nach Reichenberg, die andere arbeitete auf der Strecke Reichenberg, FiLin, Äöniggrätz, Trautcna», Hohenelbe. Alle Beteiligten Ivurdcn verhaftet. Eine ander« Gruppe arbeitete von Böhm.»Leipa aus. Auch da konnte man der Täter habhaft werden, so daß eS im ganzen 27 Verhaftungen in der Angelegenheit gab. Die ganze Aktion ist, wie man sieht, rasch gescheitert. Nackter Terror In JngelSberg(Schlesien  ) haben SdP-Leute an Lichtleitungsstangen, auf Zäune und Bretterwände einen auf der Schreibmaschine geschriebenen Ausruf geklebt» dessen Wortlaut un» vorliegt und der, in einem jämmerlichen Deutsch, die deutschen   Eltern ausfordert, ihre Kinder in deutsche   Schulen zu schicken. Diese an sich untade­lige Mahnung schließt mit folgender Androhung von Masscngewalt gegen Einzelne: Sollte diese Mahnung bei manchen deut­ schen   Eltern wirklich kein Gehör finden, so wer­den wir diese betreffenden Lumpen gut notieren und werden mit jenen Mitteln die Verräter der eigenen Nation zu verfolgen wissen, und finden selbe niemals mehr in unseren eisernen festen deutschen   Reihen Ausnahme. Für die Verräter und Gesinnungslumpen Schmidt, Bogel  , die Weiber Kryncs, Sobotka, Vogelin sind bereits di« Galgen fertig. Wir grüßen unseren überaus geliebten Füh­rer mit dem Treuschwur:Nieder mit den Ver­rätern der eigenen Nation I Es lebe unser Führer! Sieg Heil!!!" Also im Namen desFührers" Nennung von Namen, deren Träger» mit dem Galgen ge­droht ivirdl Nun wir hoffen, daß den Galgen­vögeln, nämlich den Autoren und Verbreitern die­ses Aufrufs, das Handtverk gelegt wird! Sudetendeutsche Nationalkirche Auch innerhalb des Sudetendeutschtums macht sich ähnlich wie in Deutschland   eine Absait- betvegung von der katholischen Kirche   bemerkbar. WieBeLerni Ceskö Slovo" aus H o ch p e t s ch bei Brüx   meldet, fand dort zum ersten Male seit langer Zeit leine Fronleichnamsfeier statt, weil diese von der SdP boykottiert worden ist. Die Folge davon war, daß die Prozession abgesagt und der Altar wieder abgetragen werden mußte. Gleichzeitig wurde in der Gemeinde eine Aktion begonnen, um die Anhänger der SdP zum Aus­tritt aus der Kirche zu bewegen und eine sude­tendeutsche Nationalkirche nach reichsdcutschcm Muster zu gründen. Es wird ein massenhafter Austritt von Deutschen   aus der katholischen Kir­ che   erwartet. Mit der Gründung der deutschen  Nationalkirche soll man bis nach den Gemeinde­wahlen gewartet haben, nm katholische Wähler nicht abzuschrcckcn, für die SdP zu stimmen. Faschistische Methoden Lleblegs Wie der Deutsche Nachrichten-Die st schreibt, befaßte sich der Deutsche Hauptverband der Industrie»nach der Neuordnung"(d. h. ins Deutsche überseht: nach der Gleichschaltung) mit dec vom Deutschen Turnverband betreute» Ar­beitslager-Bewegung. Es besteht, so heißt cS in der Mitteilung,die grundsätzliche Absicht, alle jugendlichen Arbeiter des deutschen   Gebietes nach Erreichung des 18. Lebensjahres für etwa drei Monate in die A r b e i t s k a g c r des Turn« Verbandes zu schicken". Wenn diese Absicht de» Haupwerbande» tatsächlich besteht, so ist das eine Unverschämtheit, die man sich von feiten dec neuen Führung nicht gefallen lassen wird. Den Haupt­verband geht eS einen Schmarren an, was die Ar­beiter, die das 18. Lebensjahr erreicht haben, machen! Es gibt ein Gesetz gegen den Terror, und das wird seine Anwendung finden können, wenn Herr Liebicg versuchen wird, derartige faschistische Methoden zu gebrauchen. »Taktische Fusion". Di«Z r i t" spricht von eineram Mittwoch erfolgten taktischen Fu­sion der dcutschsprechenden Sozialdemokraten mit ihren tschechischen Genossen, womit sich die Partei Falsch' praktisch de» letzten Restes ihrer Be­wegungsfreiheit begeben habe". Nun, die DewegungSsreiheit der sudetendeutschen   Sozial­demokratie ist nach der gemeinsamen Beratung mit den tschechischen Sozialdemokraten genau io groß wie vorher. Diese Beratung war nicht die erste, cs sind ihr seit dem Smichover Kongreß viele vorangegangen und es werden ihr noch viele folgen. Daß sie in der tschechoslowakischen Sozial­demokratie eine eng befreundete Partei sieht, hat dir deutsche   Sozialdemokratie nie geleugnet, und nichts ist selbstverständlicher, als daß die beiden Parteien, die so viele gemeinsame Interesse» haben, unter anderen auch das der nationalen Befriedung, sich über die Vereinheitlichung ihrer Politik verständigen. Solche Bemühungen, mit tschechischen Klassengenosscn, zum Beispiel mit den Agrariern, zu einer Verständigung, also zu einertaktischen Fusion" zu kommen, hat ja auch die SdP gemacht, und den Hlinka  -Slowaken Ivirst sie sich geradezu an den Hals. Auch die Chauvinisten können sehr international sein! Auch da» ist wohl selbswerständlich, daß wir deutschsprechendr Sozialdemokraten höher ein­schätzen als Nazi, die nicht richtig deutsch   sprechen können. Aber eS wird schon die Zeit kommen, da auch mit diesen Leuten ein Deutsch gesprochen werden wird, da« sogar sie verstehen! Wie lange noch? Ein Notschrei ans Rothau Unser Vater ist seit der Stillegung der Eisen­werke ohne jeden Verdienst. Wir selber sind Eltern von sieben Kindern im Alter von sieben bis 24 Jahren. Unser ältester Sohn steht im zweiten Militär-Dienstjahr, unsere Zweitälteste Tochter ist seit zehn Monaten im Dienst bei.. Die fünf Kleinen haben wir bei uns. Unser Vater bezieht als Werkinvalide eine Monatsrente von 97 KC, unsere Mutter, die fast erblindet und also beinahe arbeitsunfähig ist, be- lcmmt monatlich 16 XL von der Prager   Blinden­anstalt. Dazu kommt die halbjährige Unter« siütznng durch die Gelverkschaften im Betrage von 72 XL wöchentlich. Mit diesen Einkünften müs« il» wir den ganzen Haushalt für neun Köpfe be« streiten. HungerundElendsindunser l ä g l i ch c r G a st. Wir haben uns bis jetzt noch tapfer gehalten aber nun geht eS wirklich nicht mehr. Jeder zweite Tag ohne Mittagessen und daS Brot ist sehr knapp. Wir all« sind unter­ernährt. Unsere Kinder haben unS schon manch- Geheimnisse des Samenkornes Jedes Frühjahr bringt von neuem das Wun­der allen Wachsens und Werdens in der Natur. Ein Same leimt im Erdboden und aus einem scheinbar ungegliederten Gebilde entsteht eine viel­gestaltige Pflanze. Teile der sich entwickelnden Pflanze streben nach oben und lassen sich in keiner Weise von ihrem Drange nach dem Licht abbrin­gen, kleine, feine Wurzeln dringen nach der ent­gegengesetzten Richtung immer tiefer in das Erd­reich hinein. Befragen wir einen Fachniann, so wird er uns sagen, der Keimling sei schon in der Samenschale vorgebildet gewesen, nur sei er jetzt aus seiner Ruhe aufgeschreckt worden.'Seine Grö- ßcnzunahme bestreitet er aus aufgesogener Bo­denfeuchtigkeit und aus Stoffen, die er als Mit­gift von der Mutterpflanze einst bekommen hat. Die Mitgift, diese Wegzehrung, besteht aus Stärkestoffen, Eiweißkärpern, Mineralsalzen und Fetten. Wenn die Keimung eines Samens beginnt, dann fangen all diese Stoffe«», sich in charakte­ristischer Art zu verwandeln. Doch wo sitzen die Dirigenten dieses wunderbaren Spieles? Es sind die sogenannten Enzyme, die drei großen Stoff­gruppen, den Amylasen, den Proteasen und Li­pasen angehören. Der zuerst genannten spalten die Stärkestoff«, die zweiten die Eiweißstofse'und die dritten machen dies mit den Fetten. Die Mineral­stoffe nehmen wahrend dieser Prozesse die ihnen zukommenden Plätze beim Werden eines Samen­kornes ein. Auch die Enzyme gehören zur LebenS- mitgift eines Keimlings. Sie gehören nicht zu den I Nährstoffen, aus denen der Keimling seine Ent»| Wicklung bestreitet. Sie sind im Keimling in derart geringer Menge vorhanden, daß eS bis heule nicht möglich war, sie mengenmäßig zu bestimmen. Sie gehören jeder großen Gruppe von Stossen in der lebenden Materie an, die man als Reiz- oder Wirkstoffe zu bezeichnen pflegt. In dem Wachs­tumsprozeß, den sie leiten und lenken, werden sie selbst nicht verbraucht. Schon in einer unvorstell­baren kleinen Menge sind sie in der Lage, eine Wirkung herbeizuführen. Sie entstehen nur in le­benden Gebilden, aber sie können aus diesen her­ausgelöst und chemisch für sich untersucht werden. An der Keimung eines Samenkornes sind ferner noch eine Art besonderer Reizstoffe beteiligt, die erst seit wenigen Jahren näher bekannt geworden sind. Sie werden vom OrganiSnius gleichfalls in unvorstellbar kleinen Mengen hergestellt, sind je­doch an lebende Zellen gebunden und entfalten nur im Zusammenhang mit diesen ihre Tätigkeit. Reiz­stoffe dieser Art werden Horinone genannt. Keimt ein Same, so treten sie zusammen mit den Enzy­men in Aktion. Sie sind die Lenker jener Prozesse, die uns am augenfälligsten beim Wachstum eines Samenkornes erscheinen. Sie bringen die im Keimling in bestimmter Weise angeordneten Zel­len dazu, sich zu teilen. Jedes kleine Zellengebilde, das bei der Teilung entsteht, wird von ihnen ver­anlaßt, seine Substanz durch Stoffaufnahme zu vermehren, sich zu strecken und sich von neuem durch Teilung zu vervielfachen. Zellteilung, Plasmawachstnm und Zellstreckung werden durch eigene Hormone angeregt und gesteuert. Die Stoffe, die die Zellteilung und das PlaSmawachS- tum lenken, bezeichnet man mit einem Sammel­namen als sogenannteB i o f a k t o r e»" oder LebenSfaktore n". Die den Zellstrecken­vorgang beherrschenden Hormone werden hingegen A u x i n e" genannt. Der chemische Aufbau die­ser Stoffe ist bisher nur zum Teil entschleiert worden. Die Wirkung der Auxine ist zum Beispiel ungeheuer. In einer Verdünnung von ein fiinszig- millionstel Milligramm erzeugt eines dieser Auxine die WachStumSstrcckung des Hafcrkcim- lingS. Auch an allen Reizbewcgungen der Pflanze, die durch einseitige WachStumSveränderungcn ihrer ober- und unterirdischen Organe hervorgebracht werden und bereits in der allererste» Zeit des Keimlingswachstums eine bedeutende Rolle spielen, sind die Auxine beteiligt. Die einen Teile streben unter ihrem Einflüsse zum Lichte und die anderen senken sich als Wurzeln in die Tiefe herab. Ame­ rikanische   Forscher vermuten, daß die Auxine an der Bildung der für den Menschen so wichtigen Reizstoffe,der Vitamin e  ", mitbeteiligt sind. Die Geheimnisse der lebenden Natur werden immer mehr entschleiert. Immer mehr zeigt eS sich, welch wunderbaren Bau eine Pflanze oder ein Lebewesen anderer Art darstellt. All diese wunder­baren Bauten haben innctvohncnd als die ihnen eigene Gesetzmäßigkeit, dasjenige, was wir als Lebenserscheinungen zu bezeichnen pflegen. Dies« Erscheinungen sind mit dem Wunderwerk, den ein Lebewesen darstellt, nach aller wissenschaftlichen Erfahrung untrennbar verbunden. Sie entstehen und vergehen mit der Geburt und dem Tode di-keS Wesens. Martin