Nr. 172 Sonntag, 24. Juli 1038 Sette tf Dichterrevolte gegen Goebbels  DerNeue Vorwärts" bringt- unter Vor­behalt folgenden bemerkenswerten Bericht wie­der, den jüngst ein skandinavischer Journalist ins Ausland mitbrachte, versichernd, daß einer seiner Berliner   Freunde da» betreffende Ereignis per­sönlich miterlebt habe. In Berlin   selbst verbrei­tete sich die Geschichte wie ein Lauffeuer. Sie bil­det dort vor allem in Intellektuellen«Kreisen das Thema erregter Flüstergespräche: Goebbels   hatte kürzlich wieder einmal deutsche Autoren zu einemKameradschaftsabend des Schrifttums" ins Propagandaministerium eingeladen. Die Stimmung dieser Abende pflegt meist reichlich unter dem Gefrierpunkt zu liegen, schon weil der Kreis der Gäste recht uneinheitlich zusammcngefügt ist. Neben ausgesprochenen Btubodichtern, die ihrenRuhm" nur der braunen Meinungsmache zu danken haben, sitzen Leute, die sich lediglich verhaßtem Zwang beugen, wenn sie die Goebbelei mitmachen. Jedes Wört­chen. daß geäußert wird, wird vorher ängstlich und mißtrauisch auf die Goldwaage gelegt... Man saß also wieder an solch einem ,,Ka« mcradschaftSabcnd" beisammen. Etwa hundert Menschen waren zugegen und Goebbels   präsi­dierte höchstpersönlich. Er hielt eine liebenswür­dige Ansprache, in der er die Gäste begrüßte, in üblicher Weis« betonend, wie gut und herrlich es denwirklich deutschen" Schriftstellern im Drit­ten Reich gehe, während die Republik   ihnen nur Schmach und Not bereitet habe. Denn in der Systemzeit" vermochten ja bekanntlich nur jüdisch-bolschewistische Asphaltliteraten Geltung zu gewinnen..» Der Applaus, der dem Goebbels für seine Darlegungen zuteil ward, war auffällig schwach. Die gleiche Rede hatte er am gleichen Platz schon x-mal gehalten und jedesmal hatte dann hinter­her einer der Gäste das Wort genommen, um in devoter Weise dem hohen Hausherrn zu danken für all das, was er den deutschen Dichtern Gutes getan. Aber diesmal meldete sich niemand. Lan­ge», betretenes Schweigen folgte. Schließlich stand Hans Kyser   auf und begann zu reden. Was er, von plötzlichem Bckennerdrang gepackt, da uner­wartet herauösagte, ließ die Anwesenden vor Schrick erstarren. E» habe ihn sehr gefreut sagte Kyser zu hören, daß es den deutschen Schriftstellern heute so gut gehe. Er zweifle auch gar nicht daran, da» dem wirklich so sei. Er selbst freilich müsse von seinen persönlichen Erfahrungen ausgehen und die seien äußerst trübe. Unter, der Zeit der Sy« stemherrschaft habe er, obwohl er doch kein Jude und kein Kulturbolschewist sei, sich nicht beklagen können. Sein Schassen habe Anerkennung gefun­den, sowohl in geistiger wie in marieller Hinsicht. Die Honorare wären, güt.. Heute dagegen, habe er. schwer um» bloße tägliche Brot zu kämpfen, keine Anregung und Förderung werde ihm zuteil, ja er muffe sagen, daß er regelrecht Not leide.« Die Zuhörer saßen wie versteinert vor Schreck. Josef Goebbels   starrte verzerrten Gesichts vor sich hin, vor Wut zitternd. Als Kyser geendet hatte, stand bereits ein Uniformierter vom Stabe des Hausherrn neben ihm und forderte ihn durch eine Geste auf, mit» zulommcn. Kyser wurde abgeführt. Die Zurückbleibenden saßen in eisiger Er­starrung. Kein Gespräch kam in Gang, eBwohl einige Patentnazis sich schließlich lärmend be­mühten, so zu tun, als sei nichts vorgefallen«.. Krampfhaft wurde derKameradschaftsabend" wcitergefiihrt. Endlos schlich die Zeit dahin... Da begann an den Tischen ein Blatt Papier  die Runde zu machen. Unterschriften wurden ge« sammclt. Und plötzlich stand Ernst Jünger   auf, jenes Papier in Händen haltend, und begann vor­zulesen. Jünger, der als Autor nationalistischer KriegSbücher früher von den Nazis hoch geschäht wurde, gilt längst seinerStahlhelm"-Gesin­nung wegen als oppositionsverdächtig. Das Schriftstück, das er verlas, lautete ungefähr so: 'Die Unterzeichneten bitten um die Frei­lassung ihres Freundes Hans Kyser  . Sie werden den Raum nicht eher verlassen, als bis Hans Kyser   zu ihnen zurückgekehrt ist." lieber vierzig der Anwesenden hatten den Mut gehabt, dieses Schriftstück zu unterzeichnen. Einige Beamte vom Propagandaministerium eil­ten hinaus, um ihren Herrn und Meister, der sich bereits zurückgezogen hatte, vom Borgefalle« ncn zu unterrichten. Stunden vergingen. Keiner der Unterzeich­ner machte Miene aufzubrechen. Auch von denen, die nicht unterschrieben hatten» blieb ein Teil an­wesend. ES wurde kaum noch gesprochen. Man wartete, wartete; Schließlich ging die Tür auf und Hans Kyser   kam zurück. Er war von der Gestapo  , bei der er bereits gelandet war, plötzlich auf Goeb­ bels  ' telephonische Order hin freigelassen worden. Geschichtliche Funde in Georgien  . Bei den Ausgrabungen der alten Grabstätten im Polster Rayon von Georgien   wurden 1228 antike Gegen­stände gefunden, darunter künstlerisch bemaltes Tongeschirr aus dem elften Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, eine prachtvoll, erhaltene Trinkschale aus reinem Gold, ein goldener Hals­schmuck von hochkünstlerischer Ausführung, eine goldene Hirschfigur und ein silberner Becher. Diese archäologischen Funde geben zu der Ver­mutung Anlaß, daß auf dem heutigen Terri- tcrium des Palsker Rayons sich einst, der Mittel­punkt einer hochentwickelten' Kultur befand,, von deren Existenz bisher noch»WS belangt Vax- IWfcAwwhdUft und» Wirtschaftliche Fölsen der SdP-Hetze Weitere Betriebsverlegung Verkaufe­gerüchte um Weinmann Wie dieWirtschaft" berichtet, verlegt die WarnSdorfer Baumwoll« und Leinenweberei F. und R. Löwy ihre» Sih von Warnsdorf nach Plumenau   bei Protznih, wo mit der Errichtung eines modern eingerichteten Fabrikgebäudes be­reits begonnen wurde. Diese Betriebsverlegung erfolgt aus ähnlichen Gründen wie die bisherigen und zeigt die ganze Gefahr auf, welche durch die SdP-Hehe hervorgevufen wird. Noch alarmierender find Gerüchte, die im Anschluß an die Transaktion Zivnobank-Petschet verbreitet werden und denen zufolge verlautet, daß auch die Familie Weinmann in Aussig   bereit sei, ihre maßgebliche Beteiligung am Westböhmi- schen Bergbau-Aktienverein in Aussig   und an der Dux-Bodenbacher Eisenbahn   abzustoßen. Auch die Weinmannwerke sollen von einem Konsortium übernommen werden, dem u. a.«ine tschechische und eine deutsche Großbank angehören sollen. WlrtschaftsverhanMngen ÖSRUngarn abgeschlossen Budapest.  (MTJ) Die zwischen den Handels« delegationen Ungarn  » und der Tschechoslowakischen Republik am 7. Juli d. I. in Budapest   aufgenomme- nen Wirtschaftsverhandlungen wurden SamStag ab­geschlossen. Die Arbeiten der Delegationen bezogen sich auf die Prüfung der EnNvicklung de» gegenseitigen Warenverkehr», auf die Feststellung der notwendigen Korrekturen und den Abschluß der entsprechenden Abmachungen. Der einschlägig« Text wurde feiten» der Leiter beider Delegationen paraphiert. 395 Millionen für Arbeitsbeschaffung in der Schweiz  Unter dem Druck der Verhältnisse hat sich die Schweizerische   Regierung entschlossen, einen Kredit von fast 400 Millionen für Arbeitsbeschaf­fung zu bewilligen. Als im Frühjahr 1937 von der Arbeiterbewegung ein Kredit von 800 Millio­nen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gefordert wurde, bekämpfte man die Kriseninitiative mit den .SchlagwortenStaatsbankrott" undInflation". Der jeht in Aussicht genommene Kredit verteilt sich wie folgt: Militär und kriegswirtschaftliche Vorräte 193 Millionen, Eidgenössische Projekte für Arbeitsbeschaffung 37 Millionen, Beiträge an kantonale Projekte 90 Millionen, Ausbau der Al» penstraßen 38 Millionen,-'Bodrnverbefferungen, Wasserbauten, Waldarbeiten 20 Millionen,'wirt­schaftsfördernde Maßnahmen 20 Millionen. Ueber die Finanzierung herrscht noch Unklar« Helt, und es verlautet, daß die Mittel aus einer Umsatzsteuer aufgebracht werden sollen. Die Schweizerischen   Gewerkschaften stehen hingegen auf dem Standpunkt, daß zunächst di« 18 Milliarden unversteuertes Vermögen ersaßt werden sollen und daß weiterhin noch 600 Mil­lionen Franken Aufwertungsgewinn der National­bank zur Verfügung ständen. Ei» Kommentar zum Regrrhgrseh. Die Deutsche Hauptstelle für WohnungS- und Sied- lungsfürsorge hat, um den deutschen Interessen­ten die Kenntnis des Inhaltes und der Tragweite des sonst schwer verständlichen sogen. Regreßge- seheS zu erleichtern, eine deutsche Ausgabe der Erläuterungen der Referenten des Ministeriums für soziale Fürsorge zu diesem Gesetze heraus­gegeben. Die deutschen Gemeinden und Baugenos­senschaften, aber auch Einzelpersonen, die mit staatlicher Unterstützung in Form der Bürgschaft nach den BauförderungSgesehen von 1919 bis 1984 gebaut haben, werden in ihrem eigenen In» teresse, um ihre Rechte wahren zu können, auf die­sen Regrehkommentar mifmerksam gemacht, der zum Preise von 20 KL Mitgliedre haben Er­mäßigung bei der Deutschen Hauptstelle für WohnungS« und Siedlungsfürsorge in Prag   H Närodni 10, bestellt werden kann. Berdoppekte Galanterie-Ausfuhr nach Eng­land. England hat im ersten Halbjahr 1938 die. Bezüge an tschechoslowakischen Galanteriewaren aus Zelluloid, Knochen, Horn etc. stark, erhöht. Es importierte au» der Tschechoslowakei   für 24.488 Pfund gegen 11.820 Pfund i. B. Die Zunahme ist um so bemerkenswerter, al» die Kon« kurrenzländer Frankreich   und Deutschland   den BarjahrSabsatz nicht behaupten konnten. Rückgang der Konkurse. Die Besserung der wirtschaftlichen Lage findet in der Statistik der Ausgleiche und Konkurse ihren Niederschlag. In den ersten sechs Monaten ergibt sich fast durchwegs sowohl für die Ausgleichsverfahren al» auch filr die Koillurfe eine niedrigere Zahl al» in der glei­chen Vorjahrszeit. Konkurse Ausgleiche Jänner 1988 56 1987 54 1938 58 1987 .71 Feber 88 71 68 70 Marz, 62 72 60 76 April. 44 61 54 96 Mai 55 66 85 81. Juni. V W 42 61 62 84 Für da» erste Halbjahr 1938 find demnach 297 Konkurseröffnungen festzustellen, während -hre Zahl in der gleichen Borjahrszeit 875 betrug. Ausgleichsverfahren gwb e» Heuer insgesamt 882 gegen 486 im ersten Halbjahr 1987. Auch die Summe der Passiven hat sich bei den Konkursen erheblich verringert, während sie bei den Aus« gleichSverfahren eine wesentliche Zunahme auf­weisen. Tschechoslowakische Wirtschaftsnachrichten 40 öffentliche Großbauten. Im Juli wurden von den Aemtern und öffentlichen Körperschaften weitere 40 Großbauten, und zwar 20 Gebäude, neun Bauten und Rekonstruktionen von Straßen, sechs Wasserleitung»- und Meliorationsbauten, drei Brückenbauten und zwei Straßenbauten im Nahmen der staatlichen Förderung der Jnvesti- ttonstätjgkeit vergeben. Rückgang bft Schweineeinfuhr, Die Schwei«- neeinführ ist von 95,777 Stück im ersten Halb­jahr 1987 auf 84.740 Stück in der gleichen Zeit de» laufenden Jahres zurückgegangen. Die Fett­einfuhr hat von 54.000 q auf 64.886 q zuge­nommen. Die Exportkonsunktur in Eisen. Tic Aus­fuhr von Eisen und Eisenwarcn machte im Jahre 1929 7.9% der tschechoslowakischen GesamtauS- fuhr au», im ersten Halbjahr 1938 dagegen 17,6 Prozent. Neue» Zwangssyndikat in der Textilindu­strie. Das Syndikat der tschechoslowakischen Stopf-, Strick« und Häkelgarnerzeuger in Warns­dorf hat die Anerkennung als ZwangSsyndikat be­antragt. Erhöhung der Rahrungs' und Genußmittel­preis«. Der vom Stattstischen Staatsamt errech­nete Großhandelspreis-Index ergibt für die Nah« rungs- und Genußmittel am 1. Juli gegenüber dem 1. Juni eine Steigerung von 716 auf 728 (Juli 1914 ist 100)« Ein dringliches Gesetz. E» ist ein Gesetz>tn Vorbereitung, das wirksame. Maßnahmen gegen die- Kapitalflucht vorsieht. Durch.dieses soll die Ausfüllung der bestehenden Lücken erfolgen. Bulgarische Unzufriedenheit mit nazideütschen AeschäftSmethodrn. Wie die bulgarische-Presse be­richtet, herrscht in Bulgarien   mit den von Nazideütsch« land gehandhabten Geschäftsmethoden große Unzu­friedenheit. So hat Deutschland   die gesamte diesjäh­rige Erdbeerernte Bulgarien  » ausgckauft und zum größten Teil nach England Weiterverkaufs. Obwohl Deutschland   von England die bulgarischen Erdbeeren in guten Devisen bezahlt bekam, bezahlt er die bul­garischen Erzeuger in entwerteter Mark oder durch Lieferungen von au»Ersah" hergcstevten Waren. In scharfen Worten tuenden sich die bulgarischen Zeitungen gegen diese AeschästSmethoden Deutsch­ lands  , da» sich als Zwischenglied im bulgarisch  « englischen Handel eingeschaltet hat.(th) Der Rückgang des deutschen  Schulwesens In Polen  (O. E.) Wiederholt ist im Laufe der Lahre über die Schließung deutscher öffentlicher und privater Schulen in Polen   berichtet worden. Ein genaues Bild über die Entwicklung geben die nach­folgenden, von zuständiger deutscher Seite ver­öffentlichten Zahlen über die Entwicklung und den Abbau des deutschen Schulwesens. Im Schuljahr 1922/23 gab cs in ganz Polen   1550 Volksschu­len mit deutscher Unterrichtssprache, die von 93.214 Kindern besucht wurden. Im Schuljahr 1929/80 betrug die Zahl der deutschen Schulen nur noch 768 und die Schülerzahl 62.700. 1984/85 verminderte sich die Zahl der deutschen Volksschulen auf 490 und die der Schulkinder auf 55.700. Im Schuljahr 1936/87 sanken di» Zahlen weiter auf 428 Schulen und 40.700 Kin­der. In dem vorangeführten Zeitraum sind von de» deutschen Volksschulen nur 27.6 v. H. erhalte« geblieben. Bon der Gesamtzahl der 428 deutschen Volksschulen im Jahre 1036/87 waren nur 185 staatliche Schulen, 243 dagegen Privatschulen. Auf die einzelnen Landesteile verteilte sich die deutsche Schulzahl wie folgt: Mittelpolen 84 Volksschulen und 12.200 Kinder, Ostpolen   30 Schulen mit 2000 Kindern, Westpolen(einschließlich Ostoberschlesien) 226 Schulen mit 22.300 Kindern und Süd« und Süd­ostpolen 88 Schulen mit 4200 Kindern. Aus die­sen Volksschulen mit deutscher Unterrichtssprache gab eS im Schuljahr 1030/37 noch 159 Schulen mit deutscher und polnischer Unterrichtssprache, die von 33.900 Schulkindern besucht wurden. Volksschulen mit polnischer Unterrichtssprache und Deutsch   al» Unterrichtsfach gab es in ganz Polen  68. Die Zahl der Vorschulen mit deutscher Unter­richtssprache betrug in dem angeführten Schuljahr 54 mit 1800 Kindern, Eine ähnliche Entwicklung hat da» höhere. Schulwesen, zu verzeichnen. Im Schuljahr 1929/30 gab es in Polen   29 höhere Schulen mit 7700 Schülern, 1036/37 gab cs nur noch 17 mit 2600 Schülern und 14 Schulen alten Typs mit 500 Schülern. Deutsche Berufsschulen bestanden im Schuljahr 1934/35 vier.mit 100 Schülern und im Schuljahr 1936/37 fünf mit 200 Schülern. Die deutschen Schulen werden teils vom Deutschen   Schulvcrband, teils vom Schul­verein, teils als konfessionelle Schulen von den deutschen evangelischen Gemeinden erhalten. Die nüchternen Zahlen, die O. C.   hier an­führt, sprechen nichtsdestoweniger eine deutliche national-kulturelle und politische Sprache. Sie zeigen unwiderleglich, wie rücksichtslos man in Polen   wie in Deutschland   über den Berliner   Pakt von 1986 hinweggcht. Und schließlich dürften diese Tatsachen gerade in der Zeit der nationalpolitischen Verhandlungen in der Tschechoslowakischen Repu­blik auch allgemeines europäisches Interesse finden« Vie Narbe Bon sr. Rolf Der Abend war über die Reich-Hauptstadt hcreingebrochen. Ein leichter Regen fiel auf Straßen und Dächer herab. Direktor Kerner legte die Zeitung beiseite. Er hatte den Vergnügungsanzeiger durchgesehen und sich für denWintergarten" entschieden. Im Programm waren einige ausgezeichnete Kunst­kräfte angekündigt. So etwas mußte er sich unbe­dingt ansehen. Der Platzanweiser riß Kerner den Kontroll­abschnitt der Karte ab. Erste Reihe Mittel Ein Programm ge­fällig?" Geben Sie Herl  " Kerner gab dem Mann ein Geldstück, nahm das Programmheft und be­gab sich auf seinen Platz.. Der guschauerraum war schon dicht gefüllt, auch die Plätze neben Kerner waren schon besetzt. Kerner schlug das Heft auf. Er blätterte es durch. Plötzlich zuckte er zusammen. Als fünfte Nummer war ein Auftreten des amerikanischen   Meister­schützen Tom Hasting vorgesehen. Als crdiesen Namen laS, tauchten blitzschnell wieder die Ge­schehnisse des Jahres 1927 vor ihm auf. Er war damals Buchhalter in einer Textilfabrik. Die Jahresbilanz brachte große Unstimmigkeiten zu­tage. Ihm Vlleb nichts übrig, als in» Ausland zu fliehen. In Brüssel   wurde er mit einem Deutsch­amerikaner, Tom Hasting bekannt. Er hatte ihm .bald alles erzählt und Hasting wußte auch Rat. All Bord eine» Frachtcndampfers träte« sie dir Ueberfahrt nach New Aork an. Von dort wollten sie nach Kanada   und dort ihr Glück als Gold­gräber versuchen, ittn Anfang verfolgte sie daS Unglück, aber eines Tages stießen sie auf große Goldvorkommen und binnen wenigen Woche» hatte jeder soviel, daß er ohne Arbeit ein ruhiges Leben verbringen konnte. Doch das genügte Ker­ner nicht, der Ehrgeiz kam wieder in ihm auf, er wollte allein den ganzen Teil besitzen. In einer Nacht gelang eS ihm unbemerkt Hasting» Teil an sich zu bringen und er machte sich davon. Seither hatte er nie wieder etwas von ihm gehört und jeht tauchte er in Berlin   auf. Kunstschühe, ja, das mußte Tom Hasting sein, denn schon damals in Kanada   hatte er gezeigt, daß es für ihn nichts gab, das er nicht traf. Nur noch eine Nummer, dann kam Tom Hastnyfi Kerner>var nicht imstande, den Vor­gängen auf der Bühne zu folgen. Er dachte nur an Tom Hasting. Wenn er von ihm gesehen wurde, so war er seiner Rache sicher. Eine Mög­lichkeit gab es noch: Der Kunstschühe hier war mit dem Mann, den er kannte, gar nicht identisch. DaS ließ sich schnell feststellen, denn Tom Hasting hatte etwas, das ihn von hunderten unterscheiden mußte, eine breite blutrote Narbe, die sich über daS rechte Auge zog. Das Nummermädchen zeigte die neue Num­mer an. Der Vorhang ging auf, auf der Bühne waren einige Apparate aufgebaut, auf einem Tisch lagen Gewehre und Revolver. Die Kapelle spielte einen schneidigen Marsch. Ein Mann in Eowboyuniform betrat die Bühn,. Ein eisiger Schrecken durchfuhr Kerneri Ueber dem rechten Auge des Schützen bemerkte ec eine breite Narbe, E» war Tom Hatzi nxfi Meine Damen und Herren 1" begann der Kunstschühe, nachdem die Musik abgebrochen war, Ich zeige Ihnen heute einige Kunststücke mit verschiedenen Gewehren und Revolvern. Ich mache Sie aufmerksam, daß ich nur scharfe Munition verwende!" Bei diesen Worten waren Hasting» Augen auf Kerner gerichtet 1 Er nahm ein Gewehr und lud. Der Lauf war auf Kerner gerichtet/ Dieser war weiß geworden, der Angstschweiß trat ihm auf die Stirn. Er hat mich erkanntl" dachte er sich.Und jetzt will er sich rächen. Er wird losdrücken und mich treffen. Ein Unglücksfall, wird cs nachher heißen!" Weiter vermochte Kerner nicht zu den­ken, er verspürte einen heftigen Stich in der Herz­gegend, dann fiel er lautlos zu Boden. Er wurde herausgetragen. Der Thcaterarzt konnte nur noch den eingetretenen Tod durch Herzschlag feststellen. Die Vorstellung ging weiter 1 Nach seiner Nummer ging der Kunstschühe in seine Kabine. Seine Frau erwartete ihn. Was war denn los vorhin?" Ich glaube ein Mann ist ohnmächtig gewor­den. Jetzt müssen wir uns aber tummeln, du weißt doch, daß wir heute bei Müllers eingeladen sind!" Ja, aber zuerst mach dir mal die Narbe über dem Auge weg. Nächstens kannst du sie über­haupt Iveglassen, es glaubt ja so kein Mensch, daß sie echt ist!" An der Tür klopfte eS. Ein Boy trat ein. Dieses Paket wurde für Sie abgegeben!" Er gab dem Kunstschühen ein Päckchen. Ein Brief­chen lag dabei: Für Herrn Thomas Mayer, Kunstschütze, Berlin  ."... V