Nr. 215
Dienstag, 13. September 1938
Seite 5
ebenfalls passieren sollte, hatten sich gleichfalls etwa -2000 Mitglieder angesammelt, die„Deutschland . Deutschland über aller..." und das„Horst-Wessel- Lied" sangen. Senator Frank verlangte die Zurückziehung der Polizei und versprach, sich um die Ordnung zu bekümmern. Seinem Ansuchen wurde zwar entsprochen, aber die Demonstration dauerte weiter an und die Polizeiwache wurde angefallen. Bei den Demonstrationen wurden dreizehn Polizeiorgane und drei Tschechen durchweg- leicht verletzt. Nach bisher unbeglaubigten Berichten wurden auch etwa zehn bis zwölf SdP-Mitglieder leicht verletzt, im Krankenhause wurden jedoch nur drei Fälle gemeldet. Zusammenrottungen, bei denen Ruse auSge« stoßen und deutsche Lieder gesungen wurden, ereigneten sich Sonntag auch in Aussig , Mähr.- Trübau. Teplitz-Schönau,Joachim-- thal, Müglitz, Hartmanitzund Winterberg. In der Nacht auf Sonntag wurden in einer Reche von Gemeinden Hakenkreuze an die Häuser gemalt und verschiedentlich wurden, so z. B. in Bischofjeinitz, tschechische Orientierungstafeln üderstrichen. In der Gemeinde Muttersdorf wurden in der tschechischen Schule drei Fenster eingeschlagen. Sonntag kam es zu Zusammenrottungen inKonstantinsbad, Rumburg , Klo» ftergrab und in Benisch. In der Nähe von Troppau wurde von einem unbekannten Täter auf einen Soldaten geschossen. In Triebendorf kamen in der Nacht SdP-Mitglieder zu dem römisch- katholischen OrtSpfarrer I. B a r ä k und forderten ihn auf, die Gemeinde zu verlaffen. Der Pfarrer ist nach Olmütz abgereist. Trotz der größeren Anzahl der Fälle, die ein Beweis einer beträchtlichen Ner« dofität in unserem national gemischten Gebiete find, muß betont werden, daß sich keine ernsteren Störungen der öffentlichen Ordnung ereignet haben, die die Anwendung der levten Mittel erfordert hätten. Das menschliche Leben wurde nirgend- gefährlich bedroht. Die Sicherheit-organe haben von der Schußwaffe keinen Gebrauch gemacht und nut in einigen wenigen Fällen den Gummiknüppel benützt.
In GrasHtz und Falkenau Prag.(Amtlich.) Bon den Zwischenfällen am Montag ist der bedeutendste in G r a- t r tz, wo etwa -00 Mitglieder der Sudetendeutschen Partei vor dem Gebäude des Polizeiamtes demonstrierten und die Freilassung von vier Funktionären de- dortigen Turnvereine-, die zum Verhör vorgeladen worden waren, durchsetzen wollten. Da begann der Postbeamte Bartl, xtn überzeugter Kommunist, sich der Menge gege/iber in spöttischer Weise zu benehmen und rief dadurch Erregung hervor. Daraufhin gab Barrl zwei Schüsse au- seinem Revolver oib, wobei er die beiden, SdP-Angohörigen Windhöfer schwer und Lorenz leicht verletzte. Dann wandte sich Bartl -ur Flucht. Bartl wollte sich auf dem Postamt in Sicherheit bringen, wurde jedoch von der Menge ver« oflgt und am Kopfe verletzt. » Aus Brüx wird gemeldet, daß Sonntag abend- zu einer Demonstration von etwa 8000 Henlein - leute, die jedoch ruhig verlief. In Kloster- g r a b versuchten am Sonntag SdP-Leute in da- Hau- de- tschechischen Grossisten Macek einzudringen. Die Menge wurde von der Polizei zerstreut. Macek wurde von der SdP vorgeworfen, daß er für dir Demokraten Waffen aufbewahrt habe. In vielen Orten des Teplitzer Bezirkes wurden tschechische Firmentafeln, ZeitungStafeln der„Freiheit", Postkästen, Häuser, Schulen und Aemter mit Teer beschielt und mit Hakenkreuz bemahlt.
Zwei Reichenberger Polizisten verletzt Am Sonntag kam«S in Reichenberg zu Zwischenfällen. Zwischen 8 und 6 Uhr wurde das Gerücht verbreitet, daß Henlein komme, woraufhin SdP-Leute die Straße so füllten, daß der Verkehr ins Stocken kam. Als die Polizei zum Auseinandergehen aufforderte, kam ei zu Zusammenstößen. Ein Polizist ist gestochen worden, ein and e« r« r wurde vom Mowrrad gerissen und von unseren Genossen verbunden, da er eine Kopfverletzung hatte, und in Zivilkleidern zur Polizeiwache geschafft. Unter der Menge wurde der Amts» birektor Dr. S ch o l z e bemerkt.
Ungeniert Horst Wessel -Lied I Rumburg. Hier war von einer demokratischen Gemeinschaft, die Deutsche und Tschechen umfaßt, ein Vortrag einberufen, der von etwa 1-0 Leuten besucht war. Vor Beginn aber kamen SdP-Leute auS allen Gassen und wollten da- Lokal stürmen. Unsere Leute hinderten sie daran, bei der Tür kam es zu Reibereien. Die SdP zog eine doppelte Kette um das Haus, um niemanden heraus oder hinein zu lasten.
Daraufhin kamen Gendarmen und die SdP verlangte von ihnen eine Durchsuchung unserer Leuten Das geschah auch, es wurde aber bei den Leuten nicht- gefunden. Die Versammlung wurde noch vor Beginn aufgelöst. Insgesamt hatten sich 2000 SdP« Lente angesammelt, die auf den Marktplatz zogen und dort das„Horst Wessel -Lied" sowie„Deutsch land , Deutschland über alle-" sangen. Sie zogen dann nach OberhennerSdorf weiter, wo sie Rufe ausstießen wie:„Wir wollen heim ins Reich" und „Adolf Hitler mach' uns frei". Daraufhin zogen sich die Masten wieder zurück.
Schmierer am Werk Komotau. (E.-B.) In der Nacht auf Montag wurden im Saazer und im Kaadener Bezirk die tschechischen Aufschriften an den staatlichen und öffentlichen Aemtern mit Oelfarben überstrichen, so daß nur die deutschen stehen blieben. In Saaz wurde die Aktion beim Bezirksgericht, beim Bezirkskrankenhaus, bei der Gewerbeschule und auf den Trafiken durchgefichrt. Im Kaadener Bezirk wurden darüber hinaus auch tschechische Aufschriften auf Gasthäusern überstrichen.
10.000 Arbeiter demonstrieren Das RW-Treffen des Kreises Teplltz in Dux
Die alte Bergarbeiterstadt Dux stand am Samstag und Sonntag im Zeichen eines gewaltigen Aufmarsches der„Re Publikanis ch en Wehr", die ihre dienstfreien Mitglieder zu ernster Arbeit und einer politischen Manifestation einberufen hatte. Aus dem Appell der RW wurde eine hinreißende Kundgebung, die ungefähr 10.000 Teilnehmer umschloß; wenn wir das ganze Spalier, von ungezählten Tausenden gebildet, dazuzählen würden,- wäre die Zahl der an diesem Tage in Dux aufgebotenen Demokraten vielleicht noch höher. Die Stadt hatte reichen Flaggenschmuck angelegt und die Bevölkerung stand der Veranstaltung sehr sympatisch gegenüber. In den Straßen standen deutsche und tschechische Demokraten; ein kleiner Teil auch Bürgertum und Pas« .sanken, aber, fast keine, Menschen mit.einem SdP- Abzeichen, Aus diesem Grunde gab es auch weder störende und provozierende Zurufe, noch sonstige Zwischenfälle. Das Programm der Veranstaltung bestand in einem sehr wichtigen Teile aus ernster, stiller Arbeit, während daneben die Idee des Kampfes ihren sichtbaren Ausdruck fand. Am Samstag sand der Appell statt. Obwohl es sich hier nur um eine, im allgemeinen Dienstgebrauch übliche Zusammenkunst der Formationen aus den Gebieten handelt, der anläßlich des Festtages einen feierlichen Rahmen erhielt, wurde dieser Abend zu einer beachtlichen Kundgebung, die viele hundert Zuschauer sah. Um halb 9 Uhr abends bewegte sich der Zug mit hunderten Fak- keln durch die belebten Straßen auf den Platz, wo nach einem Bläserchor und der Entgegennahme der Meldung durch den Reichsführer, der Kreisführer Hegenbart eine kurze Ansprache an die Männer der RW hielt. Er stellte fest, worum es geht und rief zu Disziplin und Entschlossenheit auf. Der Sonntagvormittag brachte ein Platzkonzert auf dem Republikplatz und Beratungen und Ausmärsche der RW. Rach der Mittagsstunde formierte sich ein gewaltiger Demonstrationszug. An der Spitze die Staatsflaggen und eine Ehrenabteilung der RW. Dann kamen die Legionäre und Deputationen der tschechoslowakischen Sozialdemokratie. An sie schlossen sich im leuchtenden Dreifarb die Turnerinnen und Turner der DTJ. Dann folgten, geführt von der Repräsentanz der Kreisorganisation und den ausländischen Journalisten, den Bürgermeistern der Stadt und einem offiziellen Delegierten der Bezirksbehörde, die Formationen der RW. Einheitlich adjustiert, in mustergülfiger Ordnung und erfüllt von entschlossenem Ernst reihte sich Hundertschaft an Hundertschaft. Es war ein prachwolles Bild. Nun gliederten sich die s o« zialistischen Jugendlichen im Blauhemd mit roten Sturmfahnen an. Dann eine endlose Kolonne des Atu s. Zuerst der starke Spielmannszug mitTrommeln undFanfaren, dann die Atus-Jugend und schließlich die Turnerinnen und Turner. Grau und weih; alle im Gleichschritt. Auch hier Ordnung und Einfühlung. Den Abschluß bildeten die Frauen und Männer. Es war ein endloser Zug. Aus allen Orten des Kreises starke Gruppen oder Delegationen. Die ersten hatten längst auf dem Platz Ausstellung genommen, als die letzten noch vor dem Bahnhof standen; ein bunte- Band durch die ganze Stadt.. Der Einmarsch dauerte eine halbe Stunde; der Platz war dicht gefüllt, aus allen Häusern schauteli die Menschen auf das imponierende Bild. Fanfaren erklangen, die Banner des Staates marschierten durch die Massen, ungeheurer
Jubel erklang. Dann ertönte die Staatshymne. Schweigend verharrten die Tausenden. Hegen« bart grüßte die Vertreter der Partei und Behörden, die ausländischen Gäste und die tschechischen Delegationen. Dann sprach der Vorsitzende der RW, Paul-Prag. In formvollendeter Rede nahm er zu den bedeutungsvollen Aufgaben der Wehrformation Stellung, entbot der sschechoslowa- kischen Armee und ihrem obersten Kommandanten die herzlichen Grüße(wobei die Kundgebung in minutenlangen Beifall und nicht endenwollende Hoch-Rufe ausbrach) und wies an diesem Aufmarsch die Kampfbereitschaft der deusschen Demokraten nach. Paul warnte jedoch auch vor Konzessionen an die faschistische Totalität und betonte die Unteilbarkeit der Freiheit. Dr. Carl Heller weiht« dem vor einem Jachre verstorbenen Prästdenten-Befreier eine Minute stillen Gedenkens und beschäftigte sich dann eingehend mit dem zur Verhandlung stehenden Nationalitätenproblem. Er zeigte aber auch an Hand der Rede Görings auf, mit welchen'Mitteln und Methoden man den Kampf gegen Völker und Na« tionen führt." Turmhoch überragt die kluge staatsmännische Botschaft des Präsidenten Benes.(Der Massen bemächtigt sich eine ungeheuere Begeisterung. Brausende Jubelrufe hallen über den Platz.) Dugdale aus London grüßte die Kundgebung im Namen des demokratischen England. Nach jedem Sah ein Beifallssturm I England werde an der Seite der Demokratie stehen! Die Tschechoslowakei wird kein zweites Oesterreich! Di« Demonstranten entbieten dem Vertreter der englischen Arbeiterpartei, der deussch sprach, lebhafte Ovationen. Senatsprästdent Dr. Soukup entbot ebenfalls in deutscher Sprache den Gruß der sschechosiowakischen Sozialdemokratie und sagte, daß wir den Frieden wollen. Aber wenn man uns attackiert, dann werden wir bis zum letzten Blutstropfen um unsere Heimat kämpfen. Wiederum lebhafter Beifall, Freiheit-Rufe und stürmischer Jubel. Pichl entbot der Kundgebung die Grüße des Parteivorfitzenden I a k s ch und des Kreisabgeordneten C z e ch, die herzlichst ausgenommen und erwidert wurden. Wieder bewegte sich der Zug durch ein dichtes Spalier von Menschen zum Arbeiterheim, wo ein Volksfest mit sportlichen Darbietungen der RW und unserer Atus-Mädeln die Festtage beschloß. Es waren Kundgebungen von hinreißender Gewalt, getragen von sittlichem Ernst und beherrscht von einer bewundernswerten Disziplin. Tausende bekundeten ihre Treue zur Demokratie, zur Republik, zur Freiheit und den ewigen Menschenrechten. Sie stehen auf entschlossener Grenzwacht für den Frieden, aber auch bereit zur Verteidigung ihrer Lebensgrundlagen.
300 sozialistische Jugendliche in Predlifc Vergangenen Sonntag fand in Predlitz bei Aus sig ein gelungener Werbemarsch unserer sozialistischen Jugendlichen statt, der in dem Ort beträchtliches Aussehen erregte. Den 300 blaugekleideten jungen Burschen und Mädel- schloffen sich viele Partei« fteunde an, so daß auf dem Turnplatz fast 700 Menschen beisamen waren, zu denen dann der Sd« Verband-sekretär Josef Kleiner, Prag , stzrach. Nach der Kundgebung blieben die Teilnehmer noch bi- in die Abendstunden auf dem Platze beibamen, den vielen Darbietungen der einzelnen Jugendgruppen interessiert zusehend. Die SJ hat auch mit dieser einen von unzähligen ähnlichen Veranstaltungen der letzten Wochen den Beweis erbracht, daß es überall im sudetendeutschen Gebiet eine fteie Jugend gibt.
Lord Rundmans Wochenende Den vergangenen Sonntag verbrachte Lord Runciman auf dem Schlöffe des Grafen C z e r« nin in Petersburg , empfing dort eine Abordnung der SdP unter Führung Wollners und mußte sich bei dieser Gelegenheit nicht nur von Wollner anstrudeln laffen, der den Lord als „Befteier" der Sudetendeusschen ansprach, sondern zeigte sich der SdP-Maffe, die sich vor dem Schlosse ängesammelt hatte, samt Gemahlin und Herrn Wollner. Dabei ließ er eine Demonstration von bekannten Sprechchören und Liedern über sich ergehen und ließ den Versammelten miüeileN, daß er an die Ueberbrückung der Kluft zwischen Tsche chen und Deutschen glaube. Er selber sprach dann die Hoffnung auS, daß dem schönen Lande, in dem wir leben, der Friede erhalten bleiben möge.
Deutsch -trehechlfcheKundgebungen In Teplitz-Schönau veranstaltete der Bezirksbildungsausschuß im kleinen Saale des Theaters eine Gedächtnisfeier für T. G. Masa« ryk, an der sich Deutsche wie Tschechen in überaus großer Zahl beteiligten. Gedächtnisreden hielten in deutscher Sprache Redakteur Franz Seidel, in tschechischer Inspektor Nemecek. Die Feier wurde mit der Staatshymne abgeschlossen. "In I e ch n i tz fand zur Feier des zwanzigjährigen Staatsjubiläums eine BolkSkundge« bung statt, bei der sschechisch Sekretär Kräl, deutsch Abgeordneter Katz sprachen. An der Kundgebung nahmen etwa 3700 Personen teil. Nachmittag fand ein Flugtag statt. In Sternberg in Mähren veranstalteten am 11. September die deusschen und tschechischen Demokraten eine Manifestation für die Republik . In Anwesenheit von 4800 Personen sprachen Abgeordneter Z i s ch k a deutsch und Oberst Randal tschechisch. Die Kundgebung klang in ein Treuebekenntnis für die Republik und Demokratie aus und brachte die Bereitschaft zum Ausdruck, die Republik zu verteidigen. In LandSkron fand eine Kundgebung der tschechischen Sozialdemokratie statt, an der sich 8000 Personen, Anhänger der tschechischen und deusschen sozialdemokratischen Partei, beteiligten. Bei der Kundgebung sprachen Abgeordneter Laus« man tschechisch und Redakteur T r e m l deussch.
Als Wollner 1918 die Waffen streckte... Der SdP-Abgeordnete Wollner sagt« in seiner Ansprache an Runciman unter anderem: „Als wir 1618 im Glauben an die 14 Punkt- Wilsons die Massen streckten und in die Heimat zurückkehrten..." Um den ssefen sfttlichen Ernst des enttäuschten Fronthelden Wollner der sudetendeusschen Oeffentlichkeit, aber auch der englischen Mission aufzuzeigen, konstatieren wir: Georg Wollner wurde am 15. Dezember 1903 geboren. Als er„1918 die Waffen streckte und in die Heimat zuruckkehrte", war der tapfere Georg noch ein kleiner Schorschi, der gerade die Schulbank verlaffen hatte und am Tage der Gründung unseres Staate- 14 Jahre, zehn Monate und dreizehn Tage zählte. Diese Feststellung dürfte genügen» um das Gerede dtzS Herrn Wollner gebührend zu kennzeichnen.
Aussiger sozialistische Jugend für di« demokratische Republik . Das Fest der sozialistischen Ju« gend des Bezirkes Aussig am Samstag und Sonntag nahm einen prächtigen Verlauf und war ein wirkungsvoller Auftakt für den Schutz der demo- krassschen Republik. Die Abendfeier am Samstagabend war außerordentlich stimmungsvoll. Der Sonntagnachmittag vereinte in einem Fcstzug von Kleische nach Predlitz reichlich 300 Teilnehmer. Auf dem Festplatz in Predlitz sprach Ver« bandsserkretär Kleiner, Prag , zu den Jugendlichen über die gegenwärtige politische Situation. Sein Bekenntnis zur demokratischen Republik wurde mit großer Begeisterung ausgenommen. Spielscharwettbewerbe, Wetttämpfe und Spiele unterhielten die Jugend.