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Sonntagsplandevei.

finitlerisches Bermächtniß das fleife, talte Repräsentationsgemälde binterläßt. Eine aufgetakelte Kunst, so zu sagen. Anton von

Wiederum einmal wurde fürchterliche Musterung gehalten. In Werner, mit dessen Namen diese Kunst verwoben ist, hat inzwischen den Neujahrsbetrachtungen der Blätter ging es schrecklich ernsthaft Bertrauensstellungen und Würden, Titel und Orden aller Art er­zu. Man hielt Bußpredigten, man wimmerte und wehklagte, wann langt und der altvenetianische Purpurmantel, der vor einigen den Mitgliedern des akademischen Senats ver= denn eigentlich die heißersehnte Befferung der Zustände" eintreten Jahren Aber was nüßt das werde. Am ernsthaftesten geberdeten sich die Weisen des Liberalismus. liehen wurde, steht ihm nicht übel. in seinem geistigen Schaffen selbst Das Jammern diefer Philosophen machte erschüttern. Die Jahresbilanz alles, wenn man sich in für das freie Bürgerthum" fiel auch zu kläglich aus. Nichts als Prügel, überlebt hat? Wenn die Jugend nicht mehr auf die Worte des Prügel, Prügel ringsum. Da famen die Duellwütheriche, da kam die Meisters hören mag? Wenn das Samenkorn, das man ausgestreut Brüsewißerei; da tamen die Enthüllungen über die politische Polizei hatte, sich als unfruchtbar erwiesen hat? Da soll dann einer nicht und was derlei schöne Dinge mehr sind; und nun noch die argen ergrimmen! Und wenn Herr v. Werner auch als Künstler nicht Geschichten mit der Produktenbörse, die jeden ehrlichen Handels- viel Temperament hat, als betheiligte Person ist er tempera mann verärgern müssen. Wenn den Allzudreiften nicht einmal mehr mentvoll. So gab er denn in diesen Tagen wiederum seiner leidenschaft­das merkantile Geschäft heilig ist, wenn man schon zu bezweifeln wagt, daß jeder Kornhändler ein Wohlthäter der Menschheit ist, lichen Erbitterung über eine antinationalistische Künstlerische Jugend Er seufzt: Wo sind die alten Götter geblieben? Er was soll dann noch aus der Welt werden? Und nicht nur Schläge Ausdruck. bekommt das gute Bürgerthum von den Leuten der übermächtigen, klagt die respektlose Modernität an, genau wie ein nationalliberaler fleinen Rafte; die fügen zur Gewalt noch den Hohn hinzu. Ist es Politiker alter Schule über das Schivinden der nationalen Idee" da nicht berechtigt, wenn man aufftöhnt: Soll ich mir das gefallen jammert. Dazu mußte dem Maler der neupreußischen Gloire noch das Lassen? Es ist zu puhig, dies weinerliche: Soll ich mir das gefallen betrübendste widerfahren: An die geweihten Pforten der National lassen, wie es durch die empfindsamen Neujahrsbetrachtungen hindurch- gallerie pochen die Revolutionäre und selbst ihre fremdländischen zieht. So lamentiren Kinder, wenn sie Hiebe bekommen haben und Vertreter, ihre Constans , Manet , Segantini haben Zutritt in den ohnmächtig sind, sich an ihrem Beiniger zu rächen. Die Leute jener heimischen Kunstpalast erhalten. Zwar handelt es sich vorerst um fleinen übermüthigen Kaste, über die das liberale Bürgerthum heute Geschenke reicher Privatleute, von denen kürzlich an dieser Stelle solch Lamento erhebt, sind höchst reell denkende Menschen. Die die Rede war. Allein, ginge es nach dem Rückwärtsstürmer Anton wiffen zu wohl, wie sie ein flehentliches Gewinsel einzuschätzen v. Werner, hätten diese Geschenke zurückgewiesen werden müssen. haben. Ihrer Macht muß Macht gegenübergestellt werden können. Schon wegen des Schußes der nationalen Runft. Herr v. Werner ahnt, daß seine und seiner Genossen Größe Sonst sagen sie:" Dor lach' ick äwer!" Und sie lachen über die Der Nationalist wie der Künstler tiefsinnigften Deklamationen vom geistigen Niedergang in Deutsch - auf thönernen Füßen ruht. lend und über die herzbeweglichsten Lamentationen getränkten ist gleicherweise wider Schotten und Franzosen " in ihm Bürgergefühls. aufgeregt. Da fommt die Verwaltung der Nationalgallerie, die doch Dies Bürgergefühl! Heute ist es klein und demüthig und ver- nicht meilenweit hinter ähnlichen Anstalten zurückbleiben kann, und zagt und spielt sich als die verfolgte Unschuld auf. Wenn aber wo thut ihm den tiefsten Lebensschmerz an: sie nimmt einige Werfe ein Handelsgeschäftchen riskirt werden soll, dann wird der magere von Ausländern auf, die vorbildlich waren auch für die neue Kunst­Klepper Bürgergefühl" sauber aufgepuyt und ausstaffirt und man bewegung in Deutschland . Die Geschenke, die der Nationalgallerie paradirt lustig mit ihm. So war es, als das Heilsunternehmen überwiesen wurden, bedeuten nichts weniger, als eine ideale Auslese von Treptow entstand, das man heute bei den Rückerinnerungen meist- charakteristischer Werke der Modernen. Aber schon das macht all die Ortsgeschichte Berlins nur schüchtern zu erwähnen unseren Nationalisten bange und empört sie. Und Herr v. Werner, wagt. Damals aber wußte man den Mund voll zu nehmen. ihr Hauptmann und Wortführer ruft aus: Sollen wir uns das Die ganze Phrasenherrlichkeit vom selbstbewußten Bürger- gefallen laffen?" Er wird es sich eben gefallen laffen müssen. ftol; wurde aufgeboten. Nicht Staat, nicht Bureaukratie, der kraft- Da wird das Wehgefchrei nicht viel ausmachen. Alpha.

Kleines Feuilleton.

volle Gemeinfinn des Bürgerthums hatte die Pappendeckel- Wunder von Treptow geschaffen. Jetzt ist es sein still davon geworden. Jetzt reitet man einen anderen Paradegaul. Jetzt stellt sich der trozig protestirende Bürgermuth des Kaufmanns dar, der unter dröhnenden Bravorufen eines befeuerten Gefolges einen feierlichen - Neujahrskarten. Noch immer schwillt die Fluth. Eine zeit­Auszug aus den Börsenhallen veranstaltet. Und die übrige Welt ist lang hatte es ja den Anschein, als sollte die Bewegung, die sich über diese Heldengröße durchaus nicht außer Rand und Band ge­rathen. Kein allgemeiner Entrüstungssturm fegt die kleine, über- gegen die Neujahrskarte richtete, Erfolg haben, aber das ist vorbei. Die blödsinnigen Jurkarten" müthige Kaste" weg und die Helden des feierlichen Proteftes werden noch ärger ist es geworden. haben sich zwar etwas vermindert, dafür ist die Zahl in der nächsten Minute abermals jammern: Sollen wir uns das " jener Karten, welche man aussendet, weil es das Ge gefallen laffen?" so mit sich bringt, ganz enorm gestiegen. Am All' das mußte die freie Bürgerschaft" nach einem Viertel- mittag des 1. Januar traf ich einen Bekannten. Der jahrhundert stolzen Reichsprangens erleben. Wie hatte sie sich damals Mann er ist Kutscher in einm Eisengeschäfte- griff in die Tasche in Hoffnungen gebläht und eins ihrer Ideale um das andere preis- und brachte eine ganze Hand voll Neujahrsfarten hervor. És gegeben, ein Opfer für die blutig errungene Reichswürde. Nun ihr werden noch mehr kommen", meinte er achfelzuckend. Die Leute faft nichts mehr zu opfern übrig bleibt, überströmen ihre Augen von müssen das Geld rein zum Wegwerfen haben." Ein kleiner Budifer Thränen und sie ist im Innersten verzagt. Lange Zeit war es in Deutschland Mode, über das Gloire: nurrte: Zwei Mark tostet mich diese Geschichte bald an Porto. geschrei des gallischen Hahnes zu spotten und zu wizeln. Heute ist der Aber ich muß es thun, die Stammgäfte könnten sich sonst beleidigt fühlen." So treibt ein Keil den andern. Schon ruhinträhende Hahn aus den Wizblättern so gut wie verschwunden; Kinder schicken heutzutage einander Neujahrstarten. Es ist eine sehr statt seiner ist der revanchedurstige Franzose eingekehrt. Der Gloire­taumel war viel mehr auf deutscher Seite genährt worden und unschuldige Sache. Gewiß. Aber sie hat auch eine andere Seite. Bei den letzten Reichstagswahlen sind in Berlin über 150 000 sozialdemo trotz der allgemeinen Beklommenheit, die das Bürgerthum erfaßt fratische Stimmen abgegeben worden. Rechnet man für den Kopf im hat, finden sich immer noch Nachzügler, die den versinkenden Gloire: Durchschnitt nur zehn Pfennige, die für Neujahrstarten ausgegeben taumel neu beleben möchten. In den gloirewüthigen Tagen durfte wurden, so kommt ein Sümmchen von 15000 m. heraus. Glaubt man, selbst ein Dubois- Reymond vor die enthusiasmirten akademischen daß die Hamburger Hafenarbeiter dieses Geld nicht genommen Bürger hintreten und gleichsam als Entschuldigung stammeln: Ver­hätten? Nun ja, da rede ich und krittle ich, und doch habe geffen Sie meinen französischen Namen! zu solcher Verblendung ich selbst Neujahrsfarten empfangen und abgesandt. Der eine Gruß fonnte ein Mann kommen, der in den Naturwissenschaften von Be- tam aus München . Ein Ueberängstlicher bat mich inständigst, bei deutung war. Als ob es eine spezifisch preußische oder gar meinen Schreibereien nur ja den Herrgott und die Religion aus Berlinische Wissenschaft gäbe, und als ob der Forscher nicht die dem Spiele zu lassen. Die zweite Karte stammte von gemeinsame menschliche Erkenntniß bereicherte, sondern vielmehr den einem Hosenhändler. Der gute Mann hatte meine Hinter­vaterländischen Ruhm zu erhöhen hätte. um mit Frau von Suttner zul reden Nicht wenige Menschen sind im vaterländischen Gloiretaumel prangosschläuche" verpfuscht, daß ich dastand, stelzenbeinig wie Adebar, der zu Ansehen gekommen, die in sich selbst nicht die Kraft, den Fonds Kinderbringer. Mit der Karte wollte er sich wahrscheinlich wieder von Wissen und das können besaßen, wie sie der verstorbene einschmeicheln. Ich selbst sandte einen Neujahrsbrief an einen Onkel. Dubois- Reymond trotz seiner Irrthümer besaß. Manch einen trug Wenigstens weiß er jetzt, daß ich noch lebe. Gut durchgeschwefelt die Gloire hoch, der selber keiner Trunkenheit fähig und nüchtern wird er das Blatt schon haben, ehe er las, was drauf stand: Es war bis in den Kern seiner Seele. Die Klasse tann es nun nicht fam ja aus dem Lutherischen. Wie seit fünf Jahren packte ich auch verwinden, daß die Wellen, durch die sie hochgehoben wurde, sich heuer eine Neujahrskarte in einen Briefumschlag und schrieb folgende zu verlaufen beginnen. Einer ihrer Häuptlinge und typischen Ver­

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treter ist Anton v. Werner, der allbekannte Maler der Berliner Gloire nach Adresse: An die Birke an der Waldspik, 25 Schritte vom Häust 1870. Nicht einmal das trunkene polternde Pathos eines Wildenbruch des Hans- Girgel- Toni. Postamt X. Wer die" Birke" ist? Eine lebt in seiner künstlerischen Art. Selbst fühl bis ans Herz hinan wirkliche Birke, mit Hängezweigen und leuchtender Rinde; Detlev war dieser Maler berufen, Haupt- und Staatsaktionen einer be- v. Liliencron hat sie besungen.

wegten Zeit der Nachwelt zum Gedächtniß darzustellen. Weil er- Pariser Blumenlugus. Der Blumenlurus in Paris ist felber schwunghafter Wärme bar ist, wurde er der vornehmste Ver- ganz ungeheuer. Ueberall erscheinen die Blumen auf den gedeckten treter einer Epoche, die in Ruhmrederei sich brüstete und als Tafeln in den Salons, und große Farnkräuter beschatten in