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Kleines Feuilleton.

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glattes, eng anliegendes Untergewand, der rechte, herrlich ge= formte nackte Arm, lang herunterhängend, wird von demselben Aus Anton Rubinstein's Gedankenkorb". In der frei gelassen, der linke bleibt versteckt bis auf die Finger, Halbmonatsschrift Bom Fels zum Meer" werden Aufzeichnungen die sich um das Manuskript legen, aus dem sie vorliest; von der des vor Jahr und Tag verstorbenen Klaviervirtuosen und Kom- linken Schulter nach hinten und um den Leib herum schlägt sich ponisten Anton Rubinstein   veröffentlicht. Wir setzen einige der das Obergewand. Die Muse des Trauerspiels stützt den rechten aphoristisch gehaltenen Aussprüche hierher. Das Wort Gedanken- Ellenbogen auf die Lehne des Sessels, die Hand an die Wange; forb" stammt vor: Rubinstein selbst.

Die Künstler haben eine besondere Art, ihre Kollegen zu loben. Kennen Sie?"" D, ein wundervoller Künstler! Aber an dem Abend, wo er mit mir in*** wirkte, war er wahr scheinlich schlecht disponirt und machte ein vollständiges Fiasko." Besonders den Sängern und Sängerinnen ist diese Art zu loben geläufig."

Das Klavier ist mir das liebste Instrument, weil es etwas ganzes Musikalisches ist, alle anderen Instrumente, die mensch liche Stimme nicht ausgenommen, sind doch nur musikalisch Halbes." Wenn die musikalischen Gedanken fehlen, stellt ein Leitmotiv zur rechten Zeit sich ein."

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Unerträglich sind lebende Freunde verstorbener großer Männer, besonders auf musikalischem Gebiete feine Auffassung, feine Nuance, fein Tempo ist ihnen da recht, denn sie haben es ja vom Komponisten selbst gehört! Besonders in der Tempofrage würde auf sie der Urtheilsspruch gegen Shylock   passen: so man uns eines Tropfen Blutes mehr oder weniger u. f. w."

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Man schickt mir Gedichte zum Komponiren ein, das kommt mir vor, als stellte man mir Mädchen zum Verlieben vor. Man sieht zufällig ein Gedicht, es regt einen an, man seht es in Musik. Man sieht zufällig ein Mädchen, es gefällt einem, man verliebt fich in es. Aber beides aus eigenem Antrieb, nicht auf Fürbitte." " Ich hatte mir vorgenommen, eine Komposition zu schreiben: Liebe, Thema und Variationen, habe es aber unterlassen, denn in früherer Zeit fonnte ich wohl das Thema finden, zu den Variationen aber fehlte mir das nöthige Wissen; jetzt könnte ich wohl die Variationen schreiben, aber zum Thema fehlt mir das nöthige

Können."

Die Photographie verhält sich zur Malerei, wie sich der Klavier­auszug zur Partitur eines musikalischen Orchester- oder Vokalwerkes verhält." " Nicht die Monarchen haben die Hofetikette, die Hofchargen, die großen Zeremonien erfunden, sondern deren Bediente, die sich dadurch in höhere Stellung zu bringen trachteten Diener bleibend, vor dem Volte aber als Würdenträger sich gerirend."

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dem Monarchen

der linke halb gebogene Arm drückt die tragische Maste gegen den Busen; sie ist in reiches alles bedeckendes Gewand ge= fleidet, das trotzdem die edlen Körperformen erkennen läßt, von der linken Schulter hängt ein schwerer Mantel gerade nach unten. Die Einfassung wird durch quadratische Felder von einfachster Zusammen­fetzung gebildet, der Hintergrund durch glatte weiße Steine, von denen sich die Gestalten wirkungsvoll abheben. Das aus der Römerzeit stammende Kunstwert wird der Louvre- Sammlung in Paris  einverleibt werden. Sprachwissenschaftliches.

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B

K- ff. An dem Sprachleriton eines im Aussterben begriffenen Volkes, arbeitet seit einer Reihe von Jahren Professor Albert Grünwedel   vom Museum für Völkerkunde in Berlin  ; es ist ein Lexikon der Leptscha- Sprache. Ursprünglich hatte man geglaubt, in der Sprache dieses interessanten Bergvolkes im Himalayagebirge eine Ursprache" gefunden zu haben, von der man annahm, daß sie viel älter noch als Hebräisch und Sanskrit sei. Aber wenn sich diese Annahme auch nicht bestätigte, so hat man doch erkannt, daß es sich in der Leptscha Sprache um eine der wichtigsten Sprachen der transgangetischen Gruppe handelt, deren Kenntniß für die Anthropologie und Sprachwissenschaft von großem Werthe iſt. Die Leptscha sind ein sprachlich wie ethnologisch hochinteressantes Volf, und man hat alle Ursache anzunehmen, daß teine zwanzig Jahre vergeben werden, bis dieses Bolk vollständig ausgestorben ist. Professor Grünwedel hat zur Er­forschung seiner Leptschaterte vielfach thibetische Uebersehungen be­mugen müssen, um in ihnen den Schlüssel zur Entzifferung der Leptschaleyte zu finden.

Geographisches.

Alle diese

pols schließt man aus gewaltigen zerbrochenen Eisbergen, die das -Auf ein heftiges Erdbeben in der Nähe des Süd­Fahrwaffer Die gegen Süden versperren. Eismassen, die den Südpol   umgeben, ist bekannt. Mächtigteit der ungeheuren Eismaffen vermehren sich noch regelmäßig von Jahr heben sich die Eisfelsen empor. zu Jahr, und gleich Bergen von mehreren hundert Fuß Höhe In letzter Zeit hat man unerhörte Massen dieses Eises, die von dem Eiswall los: gerissen wurden, im südlichen Eismeer angetroffen. Manche Theile davon sind 800-1000 Fuß hoch und haben oft eine Ausdehnung von mehreren Meilen. Die unaufhörlich arbeitenden Kräfte, die als Ursache des Vorkommens der Eisberge auf der nördlichen Halbkugel betrachtet werden, reichen nicht hin, um die jetzt beobachteten Eis­verhältnisse in den antarktischen Gebieten zu erklären. Nur Erdbeben fann die Ursache dieser Umwälzungen sein. Die Antarktit" stieß auf eine Eisbarrière von etwa 100 Kilometer Länge und bis zu

b. Ein Schwabenstreich. Vor einiger Zeit verunglückte auf dem Bahnhofe in G. ein Postsekretär. Der auf dem Bahn perron stehende Postwagen wurde von einer heranfahrenden Lokomotive erfaßt, die Deichsel des Poftwagens verletzte den Postsekretär. entstand nun zwischen der Post und Eisenbahnverwaltung eine Meinungsverschiedenheit, wer für den Schaden aufzukommen habe. Um eine Entscheidung herbei zuführen, wurde der Vorfall nochmals praktisch durch eine Probe­fahrt vordemonstrirt. Der Post Gepäckwagen wurde genau 600 Fuß Höhe. wie am Unglückstage aufgestellt, drei Briefträger da: neben poftirt und ein Güterzug langsam in den Bahnhof gelassen. Und das Resultat? Wieder wurde der Postwagen von der Lokomotive erfaßt und umgeschleudert. Aber auch ein Brief­träger wurde umgeworfen und verletzt. Welche der beiden Ver­waltungen entschädigt nun den verwundeten Briefträger?

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Ueber das Alter der Blutwurst wird uns aus gelehrten Schlächterfreifen geschrieben: In einer der letzten Nummern des Vorwärts" brachten Sie die Mittheilung von dem tausendjährigen Alter der Blutwurst. Dieses von Ihnen angegebene Alter der Wurst ist nicht ganz richtig. Schon Homer   berichtet, daß die Griechen bei den Opfern, die sie den Göttern brachten, die Eingeweide als be­fondere Leckerbiffen verzehrten. In der Odyssee" erzählt derfelbe Dichter, daß die Phäaken den Magen eines Opferthieres mit Blut und Fleisch" gefüllt hatten und denselben am Fener brieten.. Homer   hat ebenso wie Kaiser Leo nur die Zubereitung dieses eigenartigen Effens angeführt, da wohl eine Benennung da für nicht bestanden haben mag; doch darf mit Bestimmtheit an genommen werden, daß jene leckere" Speise identisch ist mit unserer heutigen" Wurst". Dieselbe weist also ein Alter von nahezu 3000 Jahren auf. Tausend oder dreitausend Jahre, wenn die Blutwurst nur gut ist. Und am besten schmeckt sie, wenn sie noch einmal aufgebraten, und zu ihr Sauerfohl gegeben wird.

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Technisches.

Ueber einen automatischen Zeitungs- Ver­täufer berichtet ein New- Yorter Blatt: Die neueste Erfindung auf dem Gebiete automatischer Maschinen ist der Zeitungsverkäufer.. Die Maschine besteht aus einem sehr hübsch ausgestatteten metallenen Kaften. Der Apparat ist so eingerichtet, daß er irgendwelche täg­liche oder wöchentliche Zeitung von irgend welcher Dimensien oder irgend welchem Preise ausliefert. Dieselbe Maschine tann so gestellt werden, daß sie ein 4- oder 6- oder 8 feitiges Blatt bis hinauf zu einem 50seitigen verkauft, und aus derselben Maschine fann ein ein oder zwei oder drei oder fünf Gent kostendes Blatt verkauft werden. Dabei faßt der automatische Zeitungsverfäufer mit absoluter Sicherheit jedes falsche Geldstück ab und weigert sich, ein solches anzunehmen.

Eine neue Pflastermasse wurde kürzlich zwei Amerikanern patentirt. Diese Erfinder haben eine Pflastermasse zusammengestellt, welche mit Leichtigkeit geformt werden kann, und welche direkt in Form von Steinen, Platten 2c. verlegt oder auch gestreut und dann gestampft oder endlich gewalzt werden kann. Diese Masse besteht aus Theer, Pech, Kalk, Del und Sand in be stimmten Verhältnissen und wird in der oben angegebenen Weise behandelt. Diese Pflastermasse ist nach der Mittheilung eines Patent- und technischen Bureaus widerstandsfähig genug, während der Sommertage gegen Zerschneiden und Ausnußung Wider­stand zu bieten und elastisch genug, um im Winter nicht zu springen, wenn sie gefroren ist. Humoristisches.

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Kunft. Ein Mosaitgemälde: Virgil  , die Aeneis   dichtend, ist vor einiger Zeit bei Susa( in Tunis  ) aufgefunden worden. Die dargestellte Gruppe ist, nach der Boff. 3tg." sehr ausdrucksvoll. Kinder und Narren reden die Wahrheit. Jn. Birgil, in ein faltiges Gewand gehüllt, sitzt auf einem Sessel mit breiter Rückenlehne, er schaut aufhorchend und sinnend in die einem Wirthshause waren Gäste. Da sprach einer unter ihnen zu Ferne, einem Töchterlein der Wirthin:" Bring mir ein Gläslein mit die Füße ruhen nebeneinander auf dem Boden, zwischen den auseinandergebreiteten Knieen hält die Wasser, ich will es in den Wein thun!" Das Töchterlein sprach: Schriftrolle, auf deren Anfang man den Vers der Aeneïs Ihr bedürft seiner nicht! Meine Mutter hat erst heute einen in griechischer Uebersetzung und in griechischen Buchstaben großen Zuber voll in das Faß geschüttet!"

er

liest, mit der linken Hand; die rechte hält das Gewand ober.

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( Baulis Schimpf und Ernft". Erster Druck 1522.) halb der Brust zusammen. Die beiden Musen zeigen hohe Die nächste Nummer des Unterhaltungsblattes erscheint Sonntag, schön gebaute Gestalten. Die der Geschichte, frei stehend, trägt ein den 10. Januar.

Verantwortlicher Redakteur: Angust Jacobey in Berlin  .

Druck und Verlag von Max Bading in Berlin  .