-
- 39
-
Unter solchen Seelenqualen begrüßte sie das Glocken- und Pictet auch die gewöhnliche Luft in den flüssigen Zustand überzeichen zum Frühstück als eine Erlösung. Sie war die erste führen konnten.
vom Boden herunter und sah sich im Sudraum um. Sie hörte Etwas anders und wesentlich einfacher ist die Methode, durch Wenzel lachen und das freute sie; denn da er gut aufgelegt, welche es vor nicht ganz einem Jahre dem Münchener Prof. Linde ist's wohl nicht so arg, wie sie befürchtet hatte. Sie beugte welches zu jener Zeit gerade die Röntgen'sche Entdeckung vergelungen ist, flüssige Luft darzustellen. Bei dem großen Aufsehen, sich über das Geländer vor und sah ihn im Kreise seiner ursachte, hörte man im großen Publikum von diesen Versuchen so Kameraden stehen und just einem von ihnen den Bierliter gut wie gar nichts. Es ist daher sehr anerkennenswerth, daß die reichen. Da vernahm sie die Stimme jenes Mannes, von dem Urania die gute Gelegenheit ergriffen hat, da Professor Linde damals am Feiertag, als sie Wenzel mit dem Mädel auf der gerade in Berlin weilt und seine Erfindung in der Polytechnischen Waldlichtung traf, der häßliche Zuruf herrührte. Jetzt rief Hochschule zu Charlottenburg demonstrirt, sie einem größeren Zuhörerer mit lauter Stimme: freis in der Invalidenstraße vorzuführen. Leider bleiben die Apparate nicht bier, sodaß es Herrn Dr. Spieß nicht möglich sein wird, die interessanten Vorführungen, die gestern und vorgestern veranstaltet wurden, zu wiederholen. Hoffentlich gelingt dies später einmal.
" Hradil, schau' mal hin, das Kruschina- Mädel hat ein Aug' auf Dich."
Gleich darauf sah sie Wenzel rasch den Kopf heben; er rief ihr zu:
Lena, komm'! Willst trinken?"
( Fortsetzung folgt.)
Flüssige Luft.
Linde's Methode beruht in Folgendem:
Anstatt andere Substanzen zu verflüssigen und durch deren Verdampfung allmälig niedrigere Temperaturen zu erzeugen, preßt er die Luft selbst zusammen und gewinnt die Temperaturerniedrigung durch ihre Ausdehnung, indem sie von dem Drucke entlastet wird. Allerdings ist die Luft bei der Zusammenpressing erwärmt worden, Wem fällt, wenn er von flüssiger Luft hört, nicht die und falls sie diese Wärme behalten hätte, würde sie sich bei der launige Schilderung von Immermann's Münchhausen ein, Ausdehnung nur wieder bis zu der früheren Temperatur abkühlen. der den alten Baron in seinem verfallenen Schlosse mit der Aussicht, Daher muß sie schon beim Zusammenpressen bis auf die gewöhnliche Steine aus Luft herzustellen, begeistert und zu weiterer Gastfreund- Zimmertemperatur abgekühlt werden, was man ja leicht, z. B. durch schaft bestimmt, damit der Plan der neu zu gründenden Umfpülen mit faltem Waffer, erreichen kann. Die Luft von gewöhn Luft- Steinfabrit gründlich durchgesprochen und dann in Angriff ge- licher Temperatur, welche auf etwa 200 Atmosphären Druck gebracht nommen werde. Und doch, ist denn der Gedanke, die Luft in worden ist, läßt Linde durch ein doppeltes Röhrensystem streichen, festem Zustande, also gleichsam versteint, herzustellen, so gar münch- von denen das eine vom andern umschlossen wird. Im inneren hausisch, daß er nur mitleidiges Lächeln erregen kann? Wir wissen, Röhrensystem ist sie auf dem hohen Drucke gehalten; tritt sie aber daß beispielsweise das Wasser bei genügender Kälte zu Eis erstarrt, durch ein Ventil in das äußere System über, so sinkt der Druck bis und zwar ist das Eis an Festigkeit den härtesten Granitblöcken ver- auf etwa 16 Atmosphären, so daß die sich mächtig ausdehnende Luft gleichbar; erhitzen wir aber das Wasser, so geht es in einen luft- eine Temperaturerniedrigung von 40-50 Grad erfährt. Da das artigen Zustand über. Wie das Wasser, so können wir auch die äußere Röhrensystem das innere umgiebt, so wird auch die Luft von meisten andern Körper in allen drei Aggregatzuständen, dem hohen Druck start abgekühlt, welche dann in das äußere System dem festen, flüssigen und gasförmigen, darstellen; wir müssen dem und unter niedrigen Druck gelangend, zu noch tieferen Temperaturen Gase Wärme entziehen, um es flüssig zu machen, und die kommt. Von dem äußeren Röhrensystem gelangt die Luft wieder Flüssigkeit bringen wir durch weitere Wärmewegnahme zum in den Kompressionsapparat, wo sie noch einmal, natürlich unter Frieren, wie wir umgekehrt feste Körper durch Erhitzen schmelzen, möglichster Wegleitung der dadurch entstehenden Wärme, auf hohen und die geschmolzenen durch weitere Erwärmung zum Verdampfen Druck gebracht wird, worauf ihr Kreislauf von neuem beginnt. So bringen. wird die Luft bei jedem Durchstreichen der beiden Röhrensysteme erEin weiteres Mittel, Gafe flüssig zu machen, liegt in der Er- heblich abgekühlt und kommt dadurch bald auf eine Temperatur von höhung des Druckes; Kohlensäure zum Beispiel wird bei gewöhn- etwa 200 Grad unter Null. Läßt man sie dann in die Atmosphäre licher Zimmertemperatur schon flüssig, wenn man sie unter einem austreten, so wird sie flüssig und kann in beliebigen Gefäßen Druck von fünfzig Atmosphären bringt. Da der Druck der stundenlang stehen, bevor sie völlig verdampft ist. Denn bei der Atmosphäre etwa 1 Rilogramm auf den Quadratzentimeter Verdampfung entzieht sie ihrer Umgebung Wärme, verhindert sich beträgt, so muß die Wandung eines Gefäßes, das flüssige dadurch an rascher Erwärmung und bleibt demgemäß flüssig. Kohlensäure bei gewöhnlicher Temperatur enthält, auf jeden Quadrat zentimeter einen Druck von 50 Kilogramm aushalten. Freilich ist diese Methode nur bei bestimmten niederen Temperaturen anwend bar; denn für jedes Gas existirt eine sog. Eritische Tempe ratur, oberhalb deren es durch noch so hohen Druck nicht verflüssigt wird. Bei Kohlensäure beträgt dieselbe 320, so daß man fich für gewöhnlich unterhalb dieser Temperatur befindet; aber bei andern Gasen liegt sie viel tiefer, und die Aufgabe liegt dann wesentlich darin, unter die kritische Temperatur zu gelangen.
Was bei so vielen Tausenden von Substanzen geschieht, sollte das nicht auch bei der Luft möglich sein?! Zahlreich waren die Versuche, die unternommen wurden, um dieses Ziel zu erreichen, das abgesehen von einer Reihe technischer Verwerthungen schon ein großes wissenschaftliches Interesse beansprucht. Doch stets widerstanden einige Gase, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenoryd, Stickoryd, sowie Luft, die ja im wesentlichen ein Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff ist, den Bemühungen der Physiker. Man belegte sie daher, an ihrer Kondensirung( Verflüssigung) verzweifelnd, mit dem Namen der permanenten ( immerwährenden) Gase.
Herr Spieß hatte mehrere mit flüssiger Luft gefüllte Gefäße zur Verfügung, an denen ihre Eigenschaften gezeigt werden konnten. Sie präsentirte sich als eine milchig getrübte Flüssigkeit; denn da die atmosphärische Luft etwas Kohlensäure enthält, diese aber schon bei 78 Grad Kälte zu einem schneeartigen Körper gefriert, so war sie in der 200 Grad falten Flüssigkeit zu kleinen Flocken gefroren, die dem ganzen ein milchiges Aussehen gaben. Wurde die Luft durch einen Filter von Fließpapier gegossen, so blieb die feste Kohlensäure auf dem Filter zurück, während die Luft als eine durchaus flare, wasserhelle Flüssigkeit in das Gefäß floß. Uebrigens ist diese Flüssigkeit sauerstoffreicher, als die gewöhnliche Luft, da der in ihr enthaltene Stickstoff rascher verdampft, als der Sauerstoff; es zeigte sich dies unter anderem daran, daß ein glim mender Holzspan in einem mit der 200 Grad falten wasserklaren Flüssigkeit angefülltem Teller mit außerordentlich heller Flamme verbrannte.
-
-
Kleines Feuilleton.
Bt.
Die kleine Käthe. Als ich sie zum ersten Male sah, Da ging vor 20 Jahren die Kunde durch die wissenschaftliche fonnte sie noch nicht laufen. Von einem Stuhl zum andern schob Welt, daß es gleichzeitig zwei Forschern, Cailletet in Paris und sie sich, richtete sich mit unendlicher Mühe an einem Tischbein empor Pictet in Genf , gelungen sei, die permanenten Gase zu verflüssigen. und blickte dann um sich, als erwarte sie allgemeines Lob. Da verDie Methode, welche sie anwandten, um die nothwendigen tiefen ließ die Händchen die Kraft, es gab einen Ruck, und mit ganz verTemperaturen zu erreichen, ist in fürze folgende: duktem Gesicht saß die kleine Käthe auf dem Fußboden. Weinen Zum Verdampfen einer Flüssigkeit gehört, wie jedermann that sie aber nie und mochte sie auch über und über weiß, Wärme. Hat man nun ein Gas durch starke Druck purzeln. Nach acht Tagen verstand fie es schon, fich her. Da vermehrung verflüssigt, und hebt man den Druck wieder auf, aufrecht am Schanttisch fortzukrabbeln, hin und so wird die Flüssigkeit stürmisch in den gasförmigen Zustand zurück- hielt ihr einmal der Vater die Hände entgegen, sie wagte tehren. Die hierzu nöthige Wärme wird sie ihrer Umgebung entziehen, die drei Schritte, es gelang, und sie lachte und trähte vor Verund dadurch eine gewaltige Temperaturerniedrigung hervorbringen. gnügen. Bald wanderte sie von Stuhl zu Stuhl. Stand ihr einer So kann man, indem man flüssige Kohlensäure verdampfen läßt, im Wege, dann rüttelte sie ihn und schimpfte in Lauten, die nur fie leicht eine Temperatur von 70 bis 80 Grad Kälte erreichen. In verstand. Sie drückte ihr Näschen an die große Scheibe des Ladeneinen so abgekühlten Raum, also in eine Röhre, die von den fensters und blickte auf die Straße. Und draußen famen kleine Dämpfen der siedenden Kohlensäure umspült wird, preßt man unter andere Kinder, Diese machten e3 ebenso wie hohem Druck Aethylengas und macht dadurch auch dieses flüssig. die Käthe, und es verzogen die Gesichter zu Grimassen, draußen und Entlastet man es von seinem Druck, so wird es unter weiterer trähte drinnen. Die Mutter hatte der Temperaturerniedrigung verdampfen, so daß man Räume von 130 fleinen Käthe einen Wagen gekauft, der lief auf kleinen eifernen bis 150 Grad Kälte bekommt, und in diesen gelingt es, auch die perma- Rädern und konnte auch als Kinderstuhl gebraucht werden. Den nenten Gase, die bei so hoher Kälte endlich unterhalb ihrer kritischen schob die Kleine halbe Tage vor sich her. Aber der Wagen war Temperatur fich befinden, durch vermehrten Druck flüssig zu erhalten. dumm. Wenn er an eine Ecfe tam oder an einen Tisch, dann Läßt man nun flüssigen Sauerstoff in ähnlicher Weise verdampfen, wollte er auf einmal nicht weiter. Da mußte die stäthe natürlich so sinkt die Temperatur bis nahe an 200 Grad Kälte, wobei Cailletet schelten und das Ungethüm drehen und wenden, rund herum, bis es