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licher Rohheit ausartet.
theil geworden, die Gesundheit unseres gütigen Jagdgeber bewußtsein dieser Gesellschaft dem heutigen nicht entfernt gleich. ausbringen zu dürfen. Es war ein Tag reich an Ueber- Der Renommist von damals war ein unfrisirter, halbverkommener raschungen, aber wohl noch nie hat sich der köstliche Humor Raufbold, der mit seiner Plempe herumfuchtelte, bald Hiebe ausunseres liebenswürdigen Jagdherrn glänzender gezeigt als theilte, bald sie ehrlich und gedoppelt wiederbekam; von Handwerksheute. Die feinste Blüthe des Wizes ist die Selbstironie, und burschen, mit denen er auf den Dörfern Händel suchte, wie von Nachtwächtern. Der Renommist von heute ist ein geschniegelter und darum, meine hochverehrten Anwesenden, werden Sie mir gebügelter junger Herr. Vom fahrenden armen Burschen ist nichts gewiß beipflichten, wenn Sie auf diese üppige Tafel blicken und mehr bei ihm übrig geblieben. Er ist es, auf den die Würdenträger sich zugleich des schelmischen Schildes erinnern, mit dem der Herr wohlgefällig blicken. Er ist der Stolz und die Zukunft der Nation. Amtsrath uns heute morgen überraschte; ich sage, meine hoch Er ist der Nationalste der Nationalen. Er ist der Hort des Reichsverehrten Anwesenden, Sie werden mir beipflichten, der Herr gedankens, und die Avantgarde des Preußenthums. Was Wunder, Amtsrath, unser gütiger und geistreicher Gastgeber, hat sich daß die Köpfe dieser Jugend sich zu maßloser Ueberhebung verselbst übertroffen an Wiz und Geist. Das Gasthaus zum wirren, und daß diese Ueberhebung leicht zu Ausschreitungen innerhungrigen Lamm wird gewiß weit und breit noch lange in diesem Kreise als ein Ideal der Gastfreiheit richter Rupprecht diefer Tage erst ein bitteres Mahnwort gesprochen. An öffentlicher Gerichtsstätte in München hat der Ober- Amtsund heiterer Geselligkeit in der Erinnerung der Geschlechter Er hat bestätigt, wie die widrigsten Radaufzenen, die von Studenten fortleben. Ich zweifle also nicht, daß Sie, meine hochverehrten Anwesenden, aus vollem Herzen mit mir einstimmen in den Ruf: ,, Unsere gütigen Gastgeber, der Herr Amtsrath Keck und seine Frau Gemahlin, seine Familie, furz das ganze Gasthaus zum hungrigen Lamm, sie leben hoch und abermals hoch!" Mit donnernden Hochs fielen die Jagdgäste ein. Das alte Herrenhaus in Schmertow erzitterte in seinen Grundvesten; ein solcher Beifallssturm war noch nie durch seine Mauern gegangen.
Am andern Vormittage ließ der Amtsrath Keck Nauck in sein Zimmer bitten.
" Ich habe mir die Sache überlegt, Herr Nauck," empfing er ihn, ich will bei Ihnen eine Ausnahme machen; wenn Sie doch durchaus mein Haus verlassen wollen. Hier sind Ihre 400 Mart zurück." Er zählte 20 Doppelkronen auf den Tisch. Sehen Sie, Herr Amtsrath, wer hat Recht behalten?" erwiderte Nauck,„ Sie kennen uns Berliner noch nicht." Lächelnd steckte er sein Geld ein, verneigte sich und ging.
Sonntagsplandevei.
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ausgehen, sich häufen; wie die Gerichte beständig mit häßlichen Aus schreitungen sich befassen müssen, die man, wollte man noch so sehr schön färben, nicht mehr als„ Studentenstreiche" bezeichnen kann. Das Mahnwort war gewiß gut gemeint; an der inneren Blafirtheit dieser Studentenschaaren aber muß es verhallen. Jugendfeuer ers glüht nur an Ideen, die auf die Zukunft weisen. Was soll ein für Tag vorredet, es sei groß geworden und geadelt gleichsam unter Geschlecht beginnen, das für nichts zu kämpfen weiß, dem man Tag den übrigen Geschlechtern?
Was solcher Herrlichkeitsdünkel zeitigt, hat ein grotest- komisches Vorkommniß in der österreichischen Universität Graz in der jüngsten Zeit gelehrt. Dort grassirt besonders der teutonische Herrlichkeits. wahn, und in diesem Wahn gefiel es einem jungen akademischen Bürger, einen Mitstudirenden mit Namen Arlt zu verlegen. Arlt ist ein Nachkomme des berühmten Augenarztes gleichen Namens, der von unzweifelhaft deutscher bäuerlicher Herkunft ist. Der bedeutende Professor Arlt aber hatte die Unvorsichtigkeit, in den vierziger Jahren die Tochter eines getauften Juden, eines Arztes, zu heirathen. Das mußte der Enkel dieses Mannes büßen. Er bleibt ein Judenstämmling", den jeder Teutone dreift beleidigen und kränken darf. Da der junge Arlt Reserveoffizier ist, so meinte er nach den Ehrbegriffen, in denen er befangen ist, den Beleidiger fordern zu müssen. Da tam er aber schön an. Sein Beleidiger gehört einer Verbindung an, die einem Juden oder Juden. stämmling( und reichte Der Stämmling bis ins sechste Auf einer Wanderfahrt im Lande Franken kehrte ich vor Geschlecht zurück) grundfäßlich keine" Satisfattion" giebt. Ob Herr wenigen Jahren in der guten Universitätsstadt Erlangen ein. Arlt nun seinen Offiziersrang verlieren wird? Was aus diesem Müde und gemächlich saß ich im Gasthof vor meinem Krug Bier. lächerlichen Handel noch werden soll, eine Prügelei oder Knallerei, E3 war ein altes Haus mit eng- heimlicher, verräucherter ist an sich gewiß gleichgiltig. Aber als Merkmal besonderer Wirthsstube. Die kleine Bürgerschaft verkehrt gern darin. studentischer Geistesverfassung verdient solches Vorkommniß verDie Leutchen, die sonst friedlich ihren Abendschoppen trinken zeichnet zu werden. Erstarrung, Rückbildung auf allen Linien. und allenfalls fleinen Hänseleien unter einander Spaß Ob dieser Jugendblüthe Deutschösterreichs eine Ahnung davon haben, waren in hellem Aufruhr. Wenn das würzige aufdämmern könnte, in in welch tomischem Mißverhältniß ihr Erlanger Bier Wochen hindurch matt und schaal gelaufen wäre, fie teutonisches Maulheldenthum zu den schöpferischen Leistungen für hätten nicht erboster sich geberden können. Und was war der die deutsche Gesammtheit steht? In Wort und Geberde der überGrund dieser Aufregung? Ein Kapitel aus der örtlichen schwänglichste Nationalismus, in der deutschen Kulturthätigkeit ein Studentengeschichte. Am Tage zuvor hatte Erlangen nämlich Nichts! Hat der Lueger- Rummel das Pfahlbürgerthum aufgerüttelt, sein Ereigniß. Es gab ein großes Wagner- Konzert in der Stadt; es aus seiner Denkfaulbeit geweckt, wie selbst Leute annahmen, die und den Herren Studirenden gefiel es, während der Konzert- wohl tiefen Ekel vor der Wirthschaft der Liberalen empfanden, im Vorträge von ihren Herrenrechten" ausgiebigen Gebrauch übrigen aber durchaus nicht auf seiten der Wiener Antisemiten zu machen; die studentische Jugend amüsirte sich eben. Mit ihren standen? Die Leute athmen diefelbe Stickluft weiter und sie merken Stöcken flopften die feinen Herrchen den Taft, sie pfiffen oder trieben es faum, wie ihre stolzesten Kulturstätten von einst geistig verarmen. ähnliche Kurzweil mehr. Der akademische Jüngling machte einmal Da haben sie vor Jahren im Wiener Stadtgarten das Denkmal den Philister recht gründlich ärgern. Franz Schubert's , der Wiener Nachtigall", errichtet. Heute, Ju fleinen Universitätsstädten läßt sich der Bürgersmann vieles da der hundertste Geburtstag des melodienreichen Liederkomponisten bieten, um des lieben Friedens und des Geschäftes willen. So wiederkehrt, werden sie zu hunderten, gebläht von lokalpatriotischem ließ man denn die rüden Ruheftörer gewähren und warf sie nicht Stolz und die Wiener Abart davon muß man kennen aus dem Konzertsaal heraus. Um so tapferer entrüstete man sich dahin wallfahrten. Sie werden das Denkmal mit Blumen und insgeheim über die„ Rohlinge" und jammerte hernach beim Biere Kränzen überschütten, und der ärmlichste Vorstadt- Philister, über die unausstehliche Wirthschaft, die unter den jetzigen Studenten dessen musikalisches Ideal bisher der rührfelige Gaffenhauer eingerissen sei. Natürlich fehlte es nicht an Stimmen, die die war, wird mit den Festrednern mitschluchzen: Er war Hauptschuld auf den großen Zuwachs von preußischen Studenten unfer!" Gewiß, Franz Schubert war ein Wiener vom Wirbel bis schoben. Derlei bleibt immer ein Troft für ein braves zur Behe. Aber sein Wienerthum war vergeistigt und veredelt; Erlanger Herz. Die ganze Wirthshausrevolte war zu puzig; so wurde er eins der stärksten und fruchtbarsten lyrischen Talente und erst das Gezeter über die preußische Studentenschaft, die in des ganzen Deutschlands . Schubert's Liedermund spricht überall die heimischen guten Sitten die Verwilderung trage. Dabei ist der mit vertrauten, wohlig weichen Klängen; und heute feiern Berliner Lokalpatriotismus in jedem Halbjahre aufs neue gerührt, wenn er Arbeiterkreise sein Angedenken in besonders festlichen Ver erfährt, wie der Glanz unserer Hochschule" in stetigem Wachsen anstaltungen. begriffen sei, wie sich die Frequenz wiederum gehoben habe, wie Wie wird's den Wienern, wenn sie in ihrer jetzigen Armuth
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der Zuzug von außerhalb gestiegen sei; und der Name jedes fich des Reichthums von ehedem erinnern, wo sie in der Musik Studenten aus diftinguirtem Hause" wird im Lokalblättchen 3. B., der deutschesten der Künste, wie sie ein geistvoller Mann gesorgsam verzeichnet. Auf der einen Seite Liebedienerei um die nannt hat, die Führung in der Welt hatten? Fast ist es, als Herren Studenten, auf die freilich so mancher arme Teufel direkt stürbe ihre geistig schöpferische Kraft im täglichen, wüsten Radau angewiesen ist; auf der andern der heimliche Groll, der sich un- ab. Wo ist unter den brüllenden Deutschthümlern der Nachschädlich auf der Bierbank Luft macht. wuchs, der für Deutschland Interesse und Bedeutung hätte?
Es ist wirklich ein frommer Selbstbetrug, wenn der süd- und das wird am Ende auch der bornirteste Student einsehen, daß deutsche Spießbürger, der von studentischen Rüpeleien geplagt ein Mensch, der etwas Tüchtiges schafft, den Nationalwerth mehr wird, dies mit Einseitigkeit auf preußische Invasion zurück- hebt, als der lautefte Schreier, ber beim zehnten Glas Bier die führt. Als ob der hochfahrende Sinn eines großen Theils Echtheit seines Deutschthums verkündet. Es ist wirklich an der Zeit, der akademischen Bürger an Landsmannschaften gebunden daß die österreichische Sozialdemokratie hier mit eisernem Besen wäre. Kaum je zuvor wurde der studentische Dünkel so zärtlich dazwischenfährt und, so groß oder so flein an Zahl sie ins Parlament gepflegt als in unseren Tagen. Selbst in jener Epoche unfäglicher einziehe, dem öffentlichen Geist neuen Aufschwung gebe. Sonst bleibt Berrohung, die uns das komische Heldenepos vom renommistischen dort die Stupidität Trumpf. Alpha.
Studenten als literarisches Denkmal hinterließ, war das Herren