Anterhaltungsblatt des Vorwärts

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Nr. 37.

Sonntag, den 21. Februar.

( Nachdruck verboten.)

Jakob der Tekte.

Eine Waldbauerngeschichte aus unseren Tagen. Bon Peter Rosegger .

Da wäre nichts zu machen, als abzuwarten, meinte der Jakob. Wenn das Wasser abgelaufen, müsse scharf an die Arbeit gegangen werden. Es würde dann, wenn der Schutt nicht gar zu maffig liege, ein fruchtbares Heujahr geben, denn, wenn unser Herrgott mit Schlamm dünge, so wisse er

marum.

"

Du weißt einem immer ein gutes Wort," sagte der Rodel. Besser als mein Wort sollen Dir meine Knechte dienen, als mein go wenn Du fie brauchst," versetzte der Jakob.

Die Sandach wurde zwar bald wieder kleiner und zahmer, das Wasser auf der Wiese klärte sich, so daß man auf den grünen oder sandigen Grund sehen konnte; aber es verlief sich nicht. Es rann immer noch von der Sandach herein und es floß unten in einem Bächlein ab; aus der Wiesenthalung, die, wie fich's jetzt zeigte, niedriger lag als die Sandach, war ein wahrhaftiger See geworden. Und in diesem See spiegelte sich gar lieblich der blaue Himmel, und in seinen klaren Tiefen schwammer unzählige Forellen hin und her.

1897.

meiner Wiese liegen bleiben und zu stinken anheben, und da wird der gnädige Herr auf einmal keinen Anspruch darauf machen."

Der Herr Doktor blätterte fortwährend in Büchern und Schriften um; der Rodel hatte immer zu wenig Urkunden bei der Hand, heute fehlte dies, morgen das. Es zog sich schon in die Monate hinein, die Protokolle gingen hin und her, auf und ab, und die Gesetze wurden gedreht über und über. Es schien von Anfang an klar zu sein, daß der Rodel an den Fischen fein Anrecht hatte, aber der Bauer tam immer wieder mit neuen Einwänden, die der Richter zu beachten hatte. Er sah es wohl, nach dem Buchstaben des Gesetzes war seine Sache verloren, doch der Jakob hatte ihm gesagt, daß das Gesetz nicht allein einen Leib, den Buchstaben, sondern auch einen Geist habe, und nur der Geist des Gesetzes könne unter Gottes Namen entscheiden über Recht und Unrecht. Unbegreiflich blieb es allen in Altenmoos, daß der Rodel auf seinem Wiesengrund, wo er das Wasser nicht verkauft und nicht verpachtet hatte, nicht sollte fischen dürfen! Daß bei dem großen Unglück der Ueberschwemmung ihm nicht ein­mal der winzig kleine Vortheil, den ihm Gott zugewandt, ge­gönnt werden sollte! Es wäre himmelschreiend! Und lieber den ganzen Hof verprozessiren, als von der Sache lassen!

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In einer der vielen schlaflosen Nächte, da der Rodel über den Handel nachsann und grübelte, fiel ihm etwas ein. Ist auch gut, dachte der Rodel, Fleisch ist feiner wie Ja, dachte er, wenn der Rampelherr nicht Eigenthümer Hen. Und richtete sich Angeln her, baute ein schwimmendes des Wassers ist, wieso darf er seine Fische drin schwimmen Brücklein und begann zu fischen. Da kam denn einmal der lassen? Und wenn er Eigenthümer des Wassers ist, so muß Waldmeifter Ladislaus gegangen. Der blieb hier stehen und er mir doch den Schaden vergüten, den mir sein Wasser schaute dem Fischer eine Weile zu. Endlich steckte er zwei angerichtet hat! Alsogleich stand er auf und ging in Finger in den Mund, pfiff auf den See hinaus, der Bauer eitler Nacht hinaus nach Krebsau zum Gericht. Er wartete solle ans Land tommen. Der Bauer fam ans Land, der ungeduldig am Thore, bis die Herren ins Amt kamen, schon Waldmeister nahm ihm die Angel und die Fischlagel weg und von weitem schmunzelte er ihnen entgegen: Ich hab's! Wir goß diese sammt den Forellen in den See aus. Der Rodel Bauern sind nicht so dumm, als wir ausschauen. wehrte sich nicht, sondern sagte: Beim Gericht werden wir's erfahren, wem die Fische auf meiner Wiese gehören."

Ganz schön", entgegnete der Waldmeister und ging seines Weges. Weil er aber lieber Ambos als Hammer war, so verklagte er den Fischdieb.

Jetzt hub ein Prozeß an.

Der Rodel ging zum Gericht und brachte folgendes vor: Die Sandach hat meine Wiese überschwemmt. Das Wasser rinnt zu und ab, und es ist ein See. Jetzt will des Kampel­herrn Jägerknecht die Fische von meinem See haben. Ich sage aber: Der Rampelherr hat in der Sandach das Fischrecht und nicht auf dem See. Für meinen Wiesengrund zahle ich Steuer. Das Heu ist hin auf Jahr und Tag, ich nuße die Fische und will sie zugesprochen haben."

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" Heute", sagt er, mit Berlaub, heute komme ich mit einer neuen Geschichte." ist eine zuwidere Sach'! Wollt' sie vorbringen, wenn's verstattet wäre."

ft verstattet."

Ich hab' einen Hund", gab der Rodel an, ein böses Rabenvieh, aber ich hab' ihn an der Kette. Da reißt er gestern los und beißt die Nachbarin. Jetzt will mich die Nachbarin verklagen, ich tann aber nicht dafür, daß das Best die Kette abgerissen hat."

Ja, lieber Bauer, da wird Euch nichts helfen", sagte der Beamte, Ihr müßt der Nachbarin den Schaden ersetzen, Schmerzensgeld zahlen und noch die Strafe. Ihr seit ver­antwortlich für Euren Hund und hättet eine stärkere Rette haben sollen."

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und mich gebiffen, der Kampelherr muß mir Schaden, Schmerzensgeld zahlen und noch die Strafe. Gottlob, daß wir endlich einmal fertig find!"

Der Kampelherr hatte drei Advokaten zum Prozeßführen, Bergelt's Gott für das Urtheil!" sagte der Bauer und denn bei dem gab's fortwährend an allen Enden zu thun. verneigte sich. Wenn der Herr Christus in Gleichnissen ge­Einen davon schickte er nun zum Gericht gegen den Rodel. sprochen hat, so wird's einem armen Bauern auch erlaubt Der Herr Doktor läßt sich's nicht nachsagen, daß er seinen sein. Der Kettenhund, mit Verlaub, ist die Gandach. Die Brotgeber läffig vertrete und gelernt hat er auch etwas. Er Sandach ist des Kampelherrn Kettenhund; der hat losgerissen stellte bei Gericht folgendes:" Wir bauen das Fischwasser der Sandach gepachtet, ob es jetzt im Bette rinnt oder über das Ufer tritt, wir haben es gepachtet. Das Gesetz hat der Sandach keinen Weg vorgeschrieben, auf dem es rinnen muß und die Bauern sollen Schuhwehren haben, wenn ihnen das Wasser nicht recht ist. Sei das Wasser der Sandach flein oder groß, rinne es nach rechts oder lints, wir haben in ihm das Fischerrecht und der Bauer Rodel, der uns die Forellen ent­wendet, soll bestraft werden."

Hierauf entgegnete der Bauer Rodel: Wer jetzt die San­dach messen will, sie hat in ihrem Bett so viel Wasser, als immer. Der See ist etwas Neues, ist im Regen vom Himmel gefallen und wenn der Kampelherr das Seewasser haben will, so soll er es pachten."

Es handele sich ja nicht ums Wasser, sagte hierauf der Herr Doktor sehr glatt, es handele sich um die Fische. Und die Fische seien nicht vom Himmel gefallen, sie seien aus der Sandach, seien dort mit Sorgfalt und Kosten gehegt und ge­pflegt worden, es sei an ihrem Eigenthum kein Zweifel.

Gut!" rief der Rodel, dem der Muth wuchs, je stärker sich der Feind zeigte, und wenn der See austrocknet, was geschieht? Werden die Fische so brav sein und in ihr Revier, in die Sandach, zurückschwimmen? Ich denke, sie werden auf

Der Amtmann klopfte dem Bauer auf die Achsel und sagte: Lieber Alter, laßt Euch nicht auslachen und geht ruhig heim. Ist über Jahr und Tag das Wasser auf Eurer Wiese nicht verlaufen, so wird Euch für den Fleck die Steuer ab­geschrieben werden. Achtet Ihr auf Euere Felder und Halden; Wasser und was drin ist, geht den Bauern nichts an."

Der Rodel entgegnete schneidig: Wenn Wasser, und was drin ist, den Bauern nichts angeht, so geht den Fischer das Land und was drauf ist nichts an. Und wenn er das Gras zertritt, so wird er sehen, was geschieht!"

Basta!" sagte endlich das Gericht, die Fische gehören dem Kampelherrn."

" So soll er sie haben," knurrte der Bauer zweideutig, und nun erinnerte er sich wieder einmal des alten Sprich­wortes: Herrenwill' ist stärker als Bauernrecht.

Unterwegs nach Hause begegnete ihm der alte Pechöl- Naz. " Rodel!" rief dieser ihm zu, Du kommst mir heute. jämmerlich für."

"

Der Bauer erzählte, was ihm geschehen war. Was meinst Du?" fragte er zum Schluß.