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Da wäre es also nichts mit der herben Sittenftrenge unseres Bürgerthums.
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„ Ich will Arbeit suchen."
Macht, daß Ihr weiter kommt oder Ihr kommt drei Monate
Ich ging weiter, in die Stadt hinein. Da traf ich wieder einen Blauen, der fragte: Was seid Ihr?"
"
„ Ein armer Mann, der Arbeit sucht."
" Trollt Euch, Landstreicher Ihr! Seid Ihr in einer halben Stunde nicht aus der Stadt, so kommt Ihr auf sechs Monat in den Kasten!"
Wenn nun schon die Männer anfangen, sich zu bemalen und ins Loch!" über fable Züge tünstlich einen Schein rosiger Jugendlichkeit breiten, dann ist es für einen Fabrikanten von Verschönerungsmitteln, wie Herr Leichner ist, allerdings leicht, ein berühmter und angesehener Mann zu werden und Feste von so hervorragendem Glanz zu geben, wie neulich eines in den Spalten des Vorwärts" geschildert war. Das kleine Mißverständniß mit dem bekannten Kunstkritiker, der zu gleich als Renner von Frauenmode und Frauenschönheit gilt, was will das viel befagen. Herr Leichner war stets ein Freund, man kann wohl fagen, ein Wohlthäter jener Presse, die sich so gerne Wohlthaten erweisen läßt. Oft schon habe ich den Namen Leichner gelesen; bei zahlreichen journalistischen Festlichkeiten sprang Herr Leichner mit DamenSpenden, Parfumerien und ähnlichen schönen Dingen hilfreich bei; und weil ein braves Zeitungsschreibergemüth voll von Dankgefühl ist, so vergaßen die dankbaren Journalisten auch niemals, den Namen ihres Wohlthäters recht deutlich zu bezeichnen und ihn so populär zu machen.
Ich verließ die Stadt und begab mich aufs Land. Da sah ich die Kühe weiden und die Schafe auf den Wiesen herumspringen und der Farmer spaltete Holz und sang dazu. Alles war so einladend, ich öffnete das Gatter und trat ein. Da sprang ein Hund so groß wie ein Ochse auf mich los, warf mich nieder und biß mich. Dann fam eine Frau, die goß heißes Wasser auf mich, und der Farmer schrie mich an: Was wollt Ihr hier, zum Teufel?"
"
" Ich suche Arbeit."
"
Was für Arbeit?"
,, Ganz gleich, was für Arbeit!"
" Aber in Jersey hat es schon seit 1860 feine Arbeit mehr gegeben, das solltet Ihr doch wissen! Macht, daß Ihr weiterkommt!" Ich ging weiter und nach einer Weile Weges sah ich einen Mann, der vor seiner Thür saß und rauchte. In seinem Auge war teine Spur von Güte zu entdecken und ich wollte deshalb vorübergehen. Aber er rief mich an:
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"
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Nun, was ist mit Euch los?"
Gar nichts."
Wer sich um Wohlthäter emfig bewirbt, der darf über Mißverständnisse, wie über einen Tausendmarkschein, der an eine falsche Adresse abgeht, nicht allzu erstaunt thun. Es ist doch merkwürdig, daß sich neuerdings die Fälle mehren, in denen, wie im Fall Lieb ling, Kritikern ganz ungenirt Notenscheine angeboten werden, während es sonst die Regel und ganz gemeinverständlich ist, daß der Kritiker in feinem ganzen Leben nichts einheimst, als saftige Grobheiten. Es muß wohl einen Grund haben, daß man so bequeme Zugäng lichkeit bei Kritikern vermuthet; und auch hierin äußert sich der Zusammenhang vom Presse- Kapitalismus und der Reklame: wirthschaft. Da verdreht man mit geheuchelter Feierlichkeit die Augen, wenn Don der hehren Kunst, an die der niedere Schmutz nicht reiche, die Rede ist, und am Ende treibt man die unverschämteste Reklame in künstlerischen Dingen Arbeit geben! Rommt mit mir!" für den, der sich die Reklame erkaufen kann. So setzt sich dann die Meinung fest, auch jeder einzelne Zeitungsschreiber sei zu kaufen und diese Meinung wird bei besonders dreisten Naturen dadurch bestärkt, daß eine Gruppe würdeloser Zeitungsschreiber sie bettelhaft umschwärmt, wenn sie Besitz und Einfluß haben.
Warum kommt Ihr hier vorbei?"
" Ich suche Arbeit."
"
Ei der Tausend! Das kennen wir schon. Ich will Euch
Es war ein Konstabler und er brachte mich vor den Richter nach Elizabeth. Der Richter sah mich an und sagte:
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Hm, ich sehe schon! Junger Mann, habt Ihr tausend Dollars der Tasche?" „ Nein, Herr."
" Habt Ihr Geld in der Bank liegen, habt Ihr eine Farm oder sonstige Güter?"
„ Nein, Herr."
Hm, der schlimmste Fall von Verwahrlefung, der mir seit 5 Jahren vorgekommen ist! Ihr sucht also Arbeit schwere Arbeit?" " Ja, Herr."
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Arbeit, daß der Schweiß Euch vom Körper rinnt?" Das ist mein Fall, Herr!"
" Dann bin ich hocherfreut, Euch zufriedenstellen zu können. Gefangener, steht auf! Nicht um einen guten Trunk zu thun, sondern um das Urtheil zu hören: Neun Monate harte Arbeit!" „ Wofür denn?"
Kleines Feuilleton.
Mit der Kunstschreiberei sind wir ohnedies schlimm genug baran. Es hat sich ein förmliches Kunst- Tartüffewefen ausgebildet. Man schwärmt von Kunst bis zur Verzückung in den ZeitungsSpalten; und auf der anderen Seite grenzt es an blanke Verachtung und jämmerliches Banaufenthum, wie man über Kunst schreiben und berichten läßt. Nicht dem einzelnen journalistischen Glied soll hier ein Vorwurf gemacht werden; der einzelne muß sich dem allgemeinen Mißstand fügen, auch er ihn empört. Kann die moderne Zeitung zur Kunst fein rechtes Verhältniß gewinnen oder ist die jetzige Kunstpflege feiner tieferen Theilnahme werth: Gut, in beiden Fällen fann man bei der Wahrheit bleiben. Nur sollte man nicht so schrecklich viel heucheln. Mir ist das neulich wieder aufgefallen. Es starb der Chefredakteur gesucht habt. Führt ihn ab!" des Börsen- Kouriers", Herr Davidsohn. Die Person des Dahingeschiedenen ist mir gleichgiltig; ibr soll nichts Uebles nachgeredet werden. Nur das eine hat mich furios berührt, daß unter dem Schönen und Edlen, was die Nekrologe vorbrachten, auch der Umstand erwäbut wurde, der Verstorbene hätte gleichiam unsere Kunstkritik reformirt. Er führte nämlich die Nachtkritik in Berlin ein. Ich weiß sehr gut, daß ein anderer spekulativer Kopf diese Reform" eingeführt hätte, wenn Davidsohn nicht auf sie verfallen wäre. Es liegt im Bug unseres kapitalistischen Zeitungswesens, dem Publikum möglichst rasch Sensationen zuzuführen. Aber das eine Reform zu nennen, was, wie die Schnellkritik Stil und Eigenart verdirbt und verflacht, das ist denn doch ein starkes Stück. Leute, die selbst unter dem wahnwißigen Druck senfzen, über eine Unzahl von Bildern etwa, die sie wie im Flug gesehen, in ein paar Stunden ein fertiges Urtheil abzu geben, gehen noch hin und preisen die Kräfte, durch die sie gefnechtet wurden. Denn es ist eine geistige Knechtschaft, was man heute dem Alpha. Kunstkritiker zumuthet.
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Der Landfreicher. ( Nach dem New- Yorker Plumber's Journal".)
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Er erzählte mir, daß er ein Tagelöhner sei und seit drei Jahren vergeblich Arbeit zu erlangen suchte; er leide Hunger und habe kein Geld für Nahrung und Obdach Tag für Tag gebe er durch die Straßen New- Yorts, vergeblich nach Arbeitsgelegenheiten Umschau haltend. Als er leidenschaftlich wurde und erklärte, daß er Selbstmord begehen würde, wenn nicht eine Aenderung einträte, unterbrach ich ihn:
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" Gehen Sie aufs Land, gehen Sie nach Jersey. Jeder Farmer wird Ihnen Arbeit geben. Nachher, wenn die Bausaison beginnt, können Sie wieder zurückkommen."
"
, Sie haben es wohl nie versucht, Herr?" Nein."
Das wußte ich. Aber ich hab's versucht und ich weiß, was dabei herauskommt. Ich bin in Jersey City gewesen. Da tam ein Polizist auf mich zu, schaut mich an und fragt:
"
Was thut Ihr hier?"
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Ein eigenartiger Kronleuchter. In der letzten deutschen Geweihausstellung war ein Kronleuchter zu sehen, der aus Geweihen Zu dem angefertigt war und die Gestalt einer Riefendiestel zeigte. Kunstwerke haben 20 000 jagbbare Thiere das Material in Gestalt von Geweihen, Hörnern, Schalen und Zähnen geliefert. Der Kronleuchter hat eine Höhe von 91/2 Fuß, eine Breite von 61/2 Fuß; der Stamm der Diestel ragt 5, Fuß über den Wurzeln empor. Aus einem Ringe greifen sechs paar riesige Hirschgeweihe von 12 und 14 Enden als. Wurzeln nach außen. Die Blätter am Stamm sind von großen Damschaufeln zusammengestellt. Oben läuft der Stamm in nenn mächtige Blüthen aus, die aus den Geweihen von Spießböcken gefertigt sind. 600 Geweihe bilden die Spitzen zu den Blüthen. Aus der Mitte des erwähnten Ringes ragt ein Bouquet von 2 Fuß Länge hervor. Der ganze Kronleuchter wiegt drei Zentner und foll 15 000 M. fosten.
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Schmuggler Lift. An der italienisch schweizerischen Grenze steht der Schmuggel in böchster Blüthe. Das gebirgige Ges lände erschwert die Ueberwachung der Grenze, und dann ist der Schmuggel gerade von der Schweiz nach Italien sehr einträglich, weil in Italien Zucker, Spiritus und Tabat etwa dreimal 10 thener ist, als in der Schweiz . Die italienische Regierung hat vor einigen Jahren, um den Schmugglern ihr Handwert zu legen, längs der schweizerischen Grenze ein vier Meter hohes Metallnet, eine Art chinesischer Mauer errichtet, das mit zahllosen Glöckchen behängt ist, die laut erklingen, wenn man das Neh berührt. Aber die Maßregel hat, wie aus Prozeßverhandlungen hervorging, nichts geholfen. Wenn die Schmuggler an einer bestimmiten Stelle das Netz durch brechen wollen, so schicken sie einen der ihren an eine andere Stelle des Netzes. Dort schüttelt er den Draht aus Leibeskräften, daß alle Glocken erklingen und alle benachbarten Zollwächter herbeistürzen. Vom Dunkel der Nacht begünstigt, rüttelt er sodann an dem Nezze an einer noch weiter entfernt liegenden Stelle und lockt so die Zollwächter mit sich fort. Inzwischen durchschneiden die Schmuggler mit großen, eigens zu diesem Behufe hergestellten Scheeren möglichst geräuschlos an ihrer Stelle das Nez und bringen ihre Waaren in Sicherheit.