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nieder. An fich wäre gegen solche Poeten- Wildheit nichts einzu-| von Königsberg bis nach Augsburg . Vielleicht war das ewig wenden, zumal fie höchst unblutig verläuft. Man braucht auch von zeternde, ewig bängliche Kleinbürgerthum dazu geschaffen, den einem Feftpoeten nicht die Weisheit zu erwarten, daß er einen schaffenden Künstler zu originellen Ideen zu begeistern. Das wäre Todten nach dem Maß geschichtlicher Erkenntniß messe. Er tritt das Denkmal einer quengeligen Nation geworden; jeder raisonnirende einfach vor und deklamirt, während seine Augen rollen: Ich bin Dreier- Rentier hätte seine Lust daran gehabt. ein Wildling. Weil ich ein Wildling bin, bin ich ein Wildling. Aber das ist hart, wie solch entfesselter Dichter Rhytmus und Klang der Sprache martert. Mit leidenschaftlich zuckenden Fäuften wird der Vers behandelt, daß ihm alle Glieder im Leibe fnacken. Was sich nicht fügen will, wird niedergestampft. Zum Glück ist unsere Muttersprache so fest gefügt, so viel föftliche Schäße, an Form reich, wie an Inhalt reif, find in ihr aufbewahrt, daß fie auch diesen wilden Tanz, den jüngsten Ausbruch teutonischer Raserei wohl überstehen wird.
Ein Schwärmer hat es freilich gut. Der verlangt mystische Wunder vom Künstler. Der denkt sich die Kunst losgelöst von den übrigen geistigen Ausstrahlungen der Zeit. Da schwebt sie in den Lüften und nun braucht blos das Genie zu kommen und fie einzufangen. Dann kommandirt der Philifter: Jetzt fang' an und schaff mir mein Nationaldenkmal. Daß es aber fein sei und recht majestätisch zugleich. Liebenswürdig und erhaben! Auf ein paar Thälerchen mehr oder weniger soll es mir gewiß nicht an tommen, Du mein liebes Genie!
Vergleiche sind heutzutage wohlfeil. Ich habe neulich irgendwo Der Gedanke mit dem unerhörten, noch nie dagewefenen Nationalgelefen, wie Herr v. Wildenbruch der treue Fiedler Volker des denkmal hatte sich bis zu grotesker Höhe verstiegen; aber die ErBreußenthums genannt wurde. Bolfer war mit den Mannen nüchterung tam folgerichtig. Die Herrschaften sollten sich dessen Gunther's die Donau abwärts gezogen zum großen Sterben in König lieber nicht rühmen, daß sie der deutschen Kunst zu einem neuen Ezel's Land; und ich mußte an die großartige Elegie im Nibelungenlied Aufschwung hätten verhelfen wollen. Dazu braucht es ein Geschlecht, denken. Die Mannen haben sich zu nächtlicher Ruhe gelagert, das nicht blos am Gemeinen klebt. Ihnen geschah, wie's ihnen indeß sie das Grauen umschwebt. Da erhebt sich noch einmal zukam. Alpha. Volker, der Spielmann; und er begann milder und fanster zu geigen, so daß bald die Helden Trost und Schlummer umfing. Nun denke man an Wildenbruchs schrillen Pfeiffentlang und ver gleiche ihn mit Volker, dem Herrlich- Süßen!
Kleines Feuilleton.
- Ein Blick ins Jenseits. Im Jahre 1681 erschien eine Man foll ja auch jetzt Reinhold Begas , den Schöpfer des Schrift des spanischen Jesuiten Henriquez: Ueber die Beschäftigung Kaiser Wilhelm- Denkmals, als unseren Michel Angelo schätzen. der Heiligen im Himmel". In diesem Buche heißt es:" Jeder Nun war Michel Angelo einer der männlichsten Künstler aller Heilige hat sein eigenes Haus im Himmel, und Jesus Christus selbst Zeiten. Das Wort„ Michelangelest" ist in die Kunstsprache über: besitzt dort einen herrlichen Palast. G3 giebt sehr breite Straßen gegangen; es bedeutet den grandios wuchtigen Zug, die eherne und große Pläge und feste Häuser, die von Mauern umgeben und Bestimmtheit. Es liegt mir fern, Begas mit Wildenbruch geschützt sind. Die Engel haben kein eigenes Domizil, für ihr zu vergleichen: den fenfiblen, feinen, geistreichen Künstler Amusement ist es besser, bald hierher, bald dorthin flaniren zu tönnen. Die Straßen sind mit Rasenplägen und Teppichen mit dem gröberen Draufgänger. E2 wäre auch thöricht, verlangen zu wollen, daß gerade unserer Epoche ein Michel Angelo geschmückt und in die Wände der Häuser sind durch geschickte erwachſe. Gewiß hat Reinhold Vegas, als die Berlinische Bild- Stulpteure alle Neuigkeiten der Welt eingegraben. Ein hohes Verhauerei völlig in Nachahmung und in akademischen Formeln erstarrt gnügen ist es dort, die Körper der Seligen zu umarmen und zu tüffen. Es ist für angenehme Bäder Sorge getragen, worin die war, einen belebenden Hauch hierher getragen. Er hat einen weichen Sinn für malerische Grazie, für anmuthigen Liebreiz, aber michel- Seligen sich vor einander baden und wie die Fische schwimmen. angelest ist nichts in ihm. Das wäre ein seltsamer Irrthum, wenn Auch singen fie so schön wie die Lerchen und Nachtigallen. Die das Schlagwort vom michelangelesken Begas bei uns Eingang Frauen fingen aber schöner als die Männer, damit diese um so mehr fände, weil dieser Begas der Schöpfer des Kaiser Wilhelm Dent Bergnügen haben. Die Engel stecken sich in weibliche Kleider und erscheinen in solcher Vermummung den Seligen als Damen( die ja mals ist. bienieden schon unsere Engel find) mit frisirtem Haar, gebauschten Röcken und in reichstem Anzug. Männer und Frauen ergößen sich an Maskeraden, Gastmählern und Ballets . Die Frauen stehen mit sehr langen Haaren zum seligen Leben auf und putzen sich auch im Himmel wie auf Erden mit Bändern, mit Coiffüren. Und wie in diesem Leben, so tüssen auch in jenem die Gatten sich und ihre
wird
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Wenn unser Spießbürger zum sentimentalen Kunstschwärmer so verliert er gewöhnlich die Fähigkeit, ruhig zu überlegen. Ja, wenn man mit Schwärmerei monumentale Runst hervorzaubern fönnte! Was war es denn mit dem Traum von einem Nationaldenkmal? Ob irgend jemand eine deutliche Borstellung von dem geplanten Nationaldenkmal gehabt hat?
Kinder."
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Theater.
Wir verfügen eben nicht über große monumentale Kraft. Das Kaiser Wilhelm- Denkmal ist nun einmal auf dem Plage der Schloßfreiheit errichtet. Wie es zu stande tam, damit hat sich unser Bürgerthum abzufinden. Noch ist es nicht enthüllt. Aber schon jetzt sind die Bedenken von früher bestätigt, so weit es die Wirkung im großen anlangt. Das Reiterstandbild ist offenbar der monn mentalen Westfaffade des Schloffes zu nahe gerückt; und die architektonische Deckung. im Rücken des Denkmals, die Hallenanlage Im Schiller Theater ist gestern, Maria Stuart " Halmhuber's, eines Mitarbeiters am Wallot'schen Reichstagspalast, ist dürftig gerathen. Im Hurrahpatriotismus dieser Tage wird man zum ersten Male aufgeführt worden. Ueber die Vorstellung läßt der Entstehungsgeschichte des neuen Monumentes nicht ge- sich nur das bei früheren Gelegenheiten gefagte wiederholen: Viel denken. Im Phrasenschwall wird die Bourgeoisie sich be- guter Wille bei dem ernstgemeinten Streben, dem Dichter gerecht zu täuben und vergessen, daß sie tein Recht habe, zu jammern, werden; hier und da auch ein beachtenswerther Erfolg, im ganzen weil es nicht nach ihrem Willen ging. Sie wird aber aber eine Leistung, die auf das Prädikat klassisch wohl kaum Andennoch kommen, wenn sie wieder ernüchtert ist, und dann wird sie spruch erheben fonnte. Eine Erkrankung des Fräulein Detschy winselnd flagen, daß aus dem Nationaldenkmal, für das man machte es nothwendig, in Frl. Stefanie Salta vom Theater des Westens anfangs fchwärmte, ein einfaches Fürsten - Standbild und das noch Ersatz herbeizuschaffen. Die Dame spielte die Rolle der Elisabeth dazu an ungeeigneter Stelle aufgerichtet wurde. Goldene Berge schlecht und recht, ohne sich allzusehr im Ensemble hervorzuthun und hatte man sich für die deutsche Künstlerschaft versprochen; und nun hatte im Zusammenwirken mit Frl. Barth als Maria feinen allzu leichten Stand. Die letztgenannte Künstlerin, die erst neu ins Schiller- Theater dieses Ende! eingetreten ist, wußte mit einfachen Mitteln eine sympathische, ergreifende Gestalt zu schaffen. Nur überhaftete sie sich zuweilen etwas im Sprechen. Herr Froböse war als Leicester ein ganz braver Charakterdarsteller, jedoch ein schneidend kühler Liebhaber; einen wilden Mortimer fehrte Herr Bach heraus. Als ehrwürdiger Shrewsbury war Herr Pategg vollauf am Plate. Schade, daß sich über die ersten Atte im ganzen eine frostige, nüchterne Stimmung Die Baufünftler zumal hatten zahlreiche Ideen in ihren legte, die den Anschein erweckte, als ob mit einer„ realistischen" Entwürfen niedergelegt. Manches war schwunghaft, von reicher Auffassung des Stückes totettirt werden sollte. Einbildungskraft getragen. Woher sie aber immer ausgegangen b. w. c. George Sand auf der Bühne. Die Pariser waren, sie dachten in einer Formensprache vergangener Epochen. Strafkammer hat auf das Gesuch der Wittwe Maurice Sand' s Sie dachten an den großen Karl oder an den Rothbart Friedrich. sowie der Wittwe de Muffet's die Aufführung von„ Une nuit Sie dachten an alte, bewehrte Burgen, an hohe tempelartige Ruppel à Venice "( Eine Nacht in Venedig ) von Mongerolle verboten. In räume, an weit ausladende Säulengänge und an hochaufstrebende dem Stücke treten als Hauptpersonen George Sand , deren einstiger gothische Bauten. Viel Variationen, geiftvolle Variationen sogar. Geliebter der Arzt Pagello und Muffet auf. Der Autor sowie das Wäre eine von ihnen ausgeführt worden, es hätte wohl eine künstlerische Théâtre Mondaine haben gegen das Verbot rekurirt, find Bereicherung gegeben. Aber wo wäre das zutreffende Wahrzeichen und Sinnbild eines Nationaldenkmals geblieben? Der Geist, der einheitliche tieftonzentrirte Geist, der da oben gläubig Troft suchte, hat die hochaufstrebenden gothischen Dome geschaffen. Die erhöhte Kraftfülle, die Sinnenfreude starter Naturen hat die Gebilde der Renaissance geformt. Was vermochte unsere Bourgeoisie dem ähn liches entgegen zu stellen? Wo ist denn die fräftegebärende einheit liche Gemeinschaft? Sollten die Kriegsthaten abermals verherrlicht werden? Was sollte der monumentale Künstler etwa aus den Schächern machen, die aus dem deutschen Gründungswerk woh! Fett und Kapital gesogen haben, im übrigen aber nichts sind als fleißig gezüchtete, trockene Geldleute? Schlotbarone und Großtonfektionäre tönnen den Bildner wahrlich nicht zum feurigen- Der Kampf gegen den Alkohol in den fran Enthusiasmus begeistern, und wenn sie ihre Handelsfilialen errichten zösischen Schulen. Die französische Unterrichtsverwaltung hat
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abgewiesen worden. Der Autor und das Théâtre Mondaine hatten in ihrem Returs als Hauptentschuldigung angeführt, daß nur Privatvorstellungen" geplant waren. Der Gerichts. hof bestätigte jedoch das erstrichterliche Urtheil mit der Begründung, das es trotz einzelner Ausnahmen unstatthaft sei, zeitgenössische Persönlichkeiten auf die Bühne zu bringen. Auch betonte der Gerichtshof, daß der Titel, mehr aber noch der Untertitel, den Mongerolle gewählt hat(„ Histoire irreverencieuse"), was vielleicht mit eine heitle Geschichte" übersetzt werden kann, die Absicht des Autors, Sensation zu erregen, deutlich erkennen läßt.-
Erziehung und Unterricht.