Anterhaltungsblatt des Vorwärts

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Nr. 66.

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Ein alter Streit.

Freitag, den 2. April.

1897.

( Nachdruck verboten.) hätt ihm taugt! und i hätt mei Dirndl zur Stiefmutter kriegt i bedank mich schön!" Er nimmt die Pfeife, die er eben Roman aus dem bayerischen Volksleben der sechziger Jahre angezündet hat, aus dem Mund und schleudert sie zu Boden, daß sie klirrend in Stücken geht." Habermeister, braucht's worden von Wilhelmine v. Hillern. no mehr?" id g

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' s war eh' scho g'nua! Im Namen des Kaisers, cuf Kameraden trefft's Gure Vorbereitungen. Um halb zwölf ist Zusammenkunft auf der Malstatt ."

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Eine wilde Freude antwortet ihm, es bedarf der lang geübten strengen Gewohnheit des Schweigens, um nicht laut aufzujuchzen.

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Des tönut's denken, daß ich das nit so hab' hingehen laffen. Ich bin zu mei'm Vater und hab' ihm g'jagt, was i von ihm halt und daß i die Wiltrand gern hab' und heirathen will und an ihr und ihrem Bruder gut machen werd, was er am alten Müller verbrochen hat. Da hättet Jhr's hören sollen, wie mir der kommen ist. Gher enterbt und verstoßt er mich, eh' er mich unter dös Lumpeng'sindel Hinsel lad' sie alle z'samm,- auf halber Zwölfe. Sorg hinein heirathen laßt, und die zwei Waisen jagt er erst recht für d' Masken und womöglich Posaunen! Diesmal soll's ein von der todten Mühl, daß sie' naus müssen und in der Um- Treiben werden, wie feins erlebt war," befiehlt der Haber­gegend Dienst nehmen, damit mir der Appetit vergeht meister. Ja, auf Buab'u! Schlagt d' Kirchenfenster ein,- und derlei mehr-!! Da bin i fuchtig word'n und los holt die Posaunen vom Chord' Stußen her, a dreihundert brochen und hab' ihm g'sagt, wann er dös thut, dann bin ich Stuten tönne ma z'samm bringen! Dem sollen d' Ohren sein Sohn nimmer aber er- nit faul haut mir ins klingeln. Hullerjoh die Hatz geht los-" G'sicht und sagt:" Dös woll'n wir sehen, ob Du mein Sohn nimmer bist!" Da ist's mir's Feuer zu die Augen' raus a'fahren und' s Blut aus der Nas'u und' n G'schmack im Mund hab' i kriegt, wie lauter Salzwasser. A paarmal hab' i in d' Luft griffen, wie wann in packen wollt, und beutelu -aber's ist mir doch noch eing'fallen, z'erst, daß i viermal so start bin wie er und dann, daß er mei Vater ist! Da hab' i ihn stehen lassen und bin daher zu Euch. Wenn wir nit so schnell wie möglich das Treiben ansagen, 30 laßt er am Montag nach' m Begräbniß denen arme Waisen alles ver­siegeln. Der G'richtsvollzieher war ja schon eh' b'stellt, ehvor der Allmeyer g'storben ist! No, i mein' dös langt!"

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Du, Tilly, komm Du mit, daß' s g'schwinder geht, wann mir zu zweit sind," flüstert Hinsel indem er davon eilt. " I hilf Dir!" stimmt dieser bei.

Jm Augenblick, wo die beiden das Gemach verlasse haben, fommt unbemerkt ein Fremder herauf und betrachtet stillstehend die Gesellschaft.

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Aber noch eins hätten wir bald vergessen," sagt der Habermeister:" Die Vers, wir haben ja noch keine Vers, wer macht die noch so g'schwind?"

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Die mach ich!" ruft der Fremde mit volltönender Baß­stimme, und eine Riesengestalt in Kniehosen und Wadel strümpfen schafft sich Platz zum Habermeister hin.

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" Jesus , ja, Herr Lieutenant! Wo tommt's denn Des her?" rufen alle überrascht und schaaren sich begeistert um den bildschönen, gewaltigen Manu.

" Ja, dös langt! Jetzt versteh i', daß D' uit anders fannst," sagt der Habermeister und klopft dem Burschen auf die Schulter: Da ist freilich kei Zeit zu verlieren! Das ist a Fall, wo nur wir helfen können. Das G'richt muß" Ihr wißt's, daß ich alleweil derbei bin, wo's a Gand nach' m G'set urtheilen und 3 G'sez giebt ihm Recht, giebt, oder a Wagstückt. Heut scheint's mir beides zu sein aber wir, wir rütteln ihm' 3 G'wissen wach, daß er auf folglich ist der schwarze Gustl da!" sagt der Ankömmling ' s fei Recht freiwillig verzichtet. Wir wollten so auch noch lachend: Also grüß Gott bei einand'! Und womit kann ich vor' m Sonntag treiben eh' der Hirtenbrief verlesen dienen? Zu was tönnt's mich brauchen?" wird, daß mir nit grad so unmittelbar drauf rebellen." Er geht langsamen Schrittes zu einem in der Mauer ver­steckten Schränklein schließt es auf und nimmt den Meister stab und drei Haferähren heraus. Ein feierliches Schweigen empfängt die wohlbekannten Insignien, die in ihrer stummen tausend Jahre alten Sprache verkünden:" Jetzt wird's Ernst!" Der Habermeister schlägt dreimal mit dem Stab auf den Tisch: Im Namen des Kaisers zum Gericht!" Papier !" d add Alle treten zusammen.

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melden!"

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" Zu allem, zu allem, Herr Gemming, aber heut, jetzt grad, wär's uus recht g'holfen, wann's nur g'schwind d' Bers machen thäten' s bringt ja doch keiner so fernhafte G'sangeln und Sprüch z'weg'n wie Sie!"

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Nur her," sagt der Gemming, und ein Strahl von Lebenslust und Schelmerei sprüht unter den buschigen, schwarzen Brauen heraus, Tinte und Feder her und' n Bogen

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Der Wirth bringt alles Befohlene und der schwarze Wer unter uns noch eine Beschwerde hat, gegen den Guftl", wie er sich selbst nennt, läßt sich geräuschvoll auf einen Clemens Bissinger, genannt Hochbräu, der thu' sich Sessel nieder. Aber wenn ich Euch die Vers fabrizier', nacher dwill ich auch' s Treiben mitmachen. Wann ich auch kein Haberer bin, man darf ja überall als Volontair eintreten, wenn man nichts dafür verlangt und ich thu's auch umsonst! Ihr wißt, daß Ihr Euch auf mich verlassen könnt wie auf' n G'schwornen wann Ihr mich aber drum bringt's, nacher zeig ich Euch an!" doctor

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Ich," ruft es von mehreren Seiten. " Was er mir than hat, dös wißt's schon" ruft der Tilly. Mir hat er heuer die einzig Kuh abpfändt," sagt ein bleicher krant aussehender Mann schaut's mei preßthafts Weib an und meine sechs hungrigen Kinder und d'" Ja natürlich, Herr Lieutenant, wir haben's Ihnen ja MiIch kaufen müssen, mehr kann i nit sagen!" der Mann für' n Ehr, wann f' mitthun mögen! Sie machen überall schweigt.ad schweigt. ad nou ale collzognis' n Ausnahm. Sie sind kei Spielverderber in nig und hab'n o Andre drängen herzu, jeder hat eine Verwünschung auf a Herz wie Gold." den Lippen es ist als verdichte sich der Haß immer mehr" Ja, ja," brummt der Gepriesene mit einer Art Galgen­und der Schatten des armen Mannes, der in der toten humor: Das ist auch' s einzige Goldene au mir, ich wollt', Mühl" auf dem Schragen liegt, geht mit bleichent Antlitz als ich hätt's im Beutel statt im Herzen, wär' mir lieber!" stummer Ankläger durch den Raum. Da schiebt sich eingehen' s weiter," lächelt der Habermeister. Im alter Vetter des Verstorbenen, der sogenannte Schilway, durch Beutel blieb's doch nit bei Ihna , aber im Herzen, da hab'n s' die wüthende Schaar bis zum Gerichtstisch vor: St, St!" immer dran!" macht er: will's Ent sag'n, warum der Hochbrän den Allmeyer so g'haßt hat: D' Wiltraud hat er no heirathen woll'n, der glaßkopfete Sünder. Alle Anträg' hat er dem Alten g'macht, wann er's unterstützen that und wann er's nit that, hat er' m droht, er bringt ihn von Haus und Hof.- Aber d' Wiltraud hat halt partu nit g'wollt, und der Vetter hat g'fagt, zwinge thuet er's nit, nachd' is halt so temma!" So! Also darum die Wuth, wie i g'sagt hab', daß i's Madel gern hab', so hängt das z'samm?" bringt der Marlrainer jetzt mit gepreßter Stimme hervor: Noch Kinder, zum Donnerwetter, ich versteh' ja kei Wort!" heirathen die Prachtsdirn. so' n alter Mann!" Das

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Gemming taucht die Feder ein und macht sich schreibfertig: Jezt, also! Wem wird trieben und was hat der Mann ge­than, um den sich's handelt? Das muß ich ja wissen, wenn So das Gewöhnliche- g'logen, betrogen ich's reimen soll. oder noch was extra's?" do?

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Jetzt beginnt wieder das wilde Gemurmel, was die Da­zwischentunft des beliebten Gastes einen Augenblick unter­brochen hatte, jeder drückt sich an den Stuhl und Tisch des Schreibers, den Schuldigen anzuklagen.

ruft Gemming. Komm Du her Bissinger Lenz

oder wenn