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( Nachdruck verboten.)

plant al die Die Hungerkur.

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Die Frau des Werkmeisters Neumann neigte zu Uebertreibungen auf der Sparfeite, und da sie eine junge und hübsche Frau war, so fügte sich Neumann schmunzelnd ihrem Pantoffel, den sie mit Au muth zu schwingen verstand. Er fügte sich aber nicht immer, und es machte ihm manchmal sogar Vergnügen, irgend einen unnüßen Gegenstand nach Hause zu bringen, der vielleicht nur fünfzig Pfennig gekostet, den er aber nach Ansicht der Frau viel zu theuer gekauft hatte. Diese Meinungsverschiedenheit trat besonders zu tage, wenn sie Sonntags ausgingen. Auf dem Ausgehen bestand der Werkmeister, weil das feine einzige Erholung" sei, und dann trant er seine fünf bis sechs Glas Bier, weil das sein einziger Genuß" sei, und er bestellte immer zwei Portionen warmes Abendbrot, weil das feine einzige Freude" sei. So blieb es auch, als der Klapperstorch bei Neumann's eingekehrt war, nur mit dem Unterschiede, daß nun mehr der kleine Ferdinand in einer Equipage, die abwechselnd von Vater oder Mutter geschoben wurde, an den Sonntags- Ausgängen theilnahm.

Nun tras es sich, daß eines Sonntags der kleinen Rarawane der Arzt begegnete, welcher Frau Neumann behandelt hatte. Nun, wie geht's?" fragte der Medikus, aber," fuhr er fort, Was brauche ich zu fragen, Sie sehen ja alle wie die blühende Gesundheit selbst aus, das heißt, Sie, Herr Neumann, sehen mir zu gesund aus, bei Ihnen setzt sich ja ein ordentliches Bäuchlein an. Bedenten Sie, Sie haben eine Familie zu ernähren, eine kleine Hungerfur wäre Ihnen sehr zuträglich."

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Wahrhaftig, Herr Doktor, das habe ich auch schon gesagt," fiel Frau Neumann ein. Sie hatte das zwar noch niemals gesagt, aber sie erinnerte sich sogleich an den schrecklichen Appetit ihres Gatten, der ihre Wirthschaftskasse so sehr schädigte.

Und dann," fuhr der Arzt fort, nicht zu viel Bier trinken. Bier ist von allen Speisen und Getränken den Fettsüchtigen am ge­fährlichsten."

Damit empfahl sich der Arzt.

Siehst Du, stehst Du, was sagt' ich Dir immer

Aber Frau, mach' mich doch nicht dumm, Du hast mir nie so etwas gesagt

H

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Du wirst doch nicht bestreiten, daß der Doktor recht hat? Ich ahnte es nur nicht, daß die Gefahr so groß ist. Aber ich werde von jetzt an über Deine Gesundheit wachen. Es ist zu schrecklich, daß ich mit dem Kind allein zurückbleiben muß. Was werden wir be­ginnen Aber, liebe Marie, noch bin ich nicht ganz todt. Ich fühle mich ungeheuer wohl, außer daß ich mitunter Kopfschmerzen habe." Siehst Du wohl, mit Kopfschmerzen fängt es immer an!" So laß mich doch ausreden. Ich habe nur Kopfschmerzen, wenn Du mir den Kopf vollbrummst, sonst niemals. Aber um Dich zu beruhigen, will ich von jetzt an im Essen und Trinken etwas mäßiger sein."

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" Ja, ja, wir beginnen heute noch mit der Hungerfur." Na, ja, meinetwegen."

Das unbedachte Zugeständniß war gemacht, die Folgen blieben nicht aus. Neumanns hatten in einem Restaurationsgarten Platz genommen.

,, Wo nur der Kellner wieder bleibt! Die Zunge flebt einem am Gaumen. Ha! Dort hinten läuft er. Kellner, zwei Glas Bier! Heda! Er hört nicht. Ein Standal! So eine Wirth schaft!"

So hab' doch nur Geduld. Du hast ja die Zeitung mit­genommen." " Ja, wenn Du erlaubst-

" Gewiß, Du brauchst mich nicht zu unterhalten. Ich muß jekt dem Kleinen die Milchflasche zurechtmachen."

Neumann vertiefte sich in feine Zeitung. Plöglich fuhr er auf. Was war das? Sagtest Du nicht eben: einen Kaffee und eine Flasche Selterwasser?" " Ja," gab Marie erröthend zu, das habe ich beim Kellner be­stellt. Auf Bier habe ich keinen Appetit-" Aha

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die Reihe der gebotenen Genüsse zu prüfen schien, in der That aber immer, wenn sie sich von ihrem Manne unbeobachtet glaubte, nach allen Seiten hin schielte. Der Zweck dieses Willens wurde offenbar, als sie sich plötzlich nach dem Kellner, der eben hinzutrat, umwandte und mit der tödtlichsten Sicherheit laut sagte:

3weimal Rettig mit Butter!"

Neumann versagte vor Schreck die Sprache, so daß er rubig zu sehen mußte, wie der Kellner mit einem dienstfertigen ,, Sogleich!" sich entfernte. Dann aber konnte er einen derben Fluch nicht unterdrücken. Ghe er jedoch Zeit hatte, die Erklärung zu dieser Einleitung zu geben, begann Marie in bittendem und überredendem Tone ihm die unermeß­lichen Vortheile einer solchen Sparsamkeit auseinanderzusehen, und da er einen kannibalischen Hunger hatte, und der Kellner gerade den appetitlichen arten Rettig auf den Tisch setzte, verzehrte er mit Behagen seine Portion und noch die halbe seiner Gattin, da diese erklärte, von der anderen Hälfte vollständig gesättigt zu sein. Und als Neumann im stillen berechnete, wie viel er heute gespart hatte, theilte er ein wenig das Triumphgefühl Marie's, als sie den Heimweg antraten. Nach ihrem Uebereinkommen schob Marie so lange den Kinderwagen, bis Neumann seine Zigarre aufgeraucht hatte. Dann versah er das Amt bis zur Wohnung. Während nun Neumann an seiner Zigarre sog, wurde er von einem elementaren Durstgefühl ergriffen. Jetzt ein oder zwei Glas Bier, das wäre eine Wonne gewesen. Da seine Frau etwas langsam ging, hatte er einen Vorsprung von etwa zehn Schritten. Neben ihm schritt gerade ein älterer Mann. Entschuldigen Sie", wandte er sich an diesen, ist Ihr Name

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nicht Holz?"

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Nee, da sind Sie irr'."

" So, so, aber diese Aehnlichkeit! Vor zehn Jahren hatte ich einen guten Freund, der hieß Holz, er fah Ihnen ähnlich, wie aus den Augen geriffen. Aber sagen Sie mal, möchten Sie ein paar Glas Bier auf meine Kosten trinken?"

Der Mann sah ihn mißtrauisch an. Neumann beeilte sich, ihm feine Lage zu erklären, und der Mann willigte ein.

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" Licbe Marie", sagte Neumann zurückkehrend, der Herr, der dort vorne geht, ist ein alter Jugendfreund von mir, namens Holz. Er hat mich dringend gebeten, mit ihm irgendwo einzukehren und Selterwasser meine Erlebnisse zu erzählen. ibm bei einem Glase Fahr Du den Kleinen nach Hause, in einer halben Stunde bin ich bei Dir.". Meinetwegen", erwiderte Marie mit trüber Miene, aber wenigstens tönntest Du mich doch mit Deinem Jugendfreund bekannt machen." " Sehr gern! Heda, Freund Holz!- Hier ist meine Frau, die gerne Deine Bekanntschaft

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Er hielt inne, als er vernahm, daß Marie einen Schrei ausfließ und" Holz" verlegen auflachte.

Ach das ist ja Puhlke, unser Rohlenmann!" rief Marie. ,, Schäme Dich, Karl, solche Geschichten zu machen. Zur Strafe gehst Du gleich mit Puhlfe hin in die Destille, trintit ein Glas Bier und zahlst auch für Puhlte eins."

Damit war die Sache erledigt. Später wurden die Grenzen der Hungerkur" durch Nachgeben von beiden Seiten zu allgemeiner Mitian. Befriedigung festgesetzt.

Kleines Feuilleton.

- Zu einer Banernhochzeit, die unlängst im hannoverschen Dorfe Volzendorf gefeiert wurde, waren 600 Personen geladen, für die 1000 Flaschen Wein bereit standen. Bei einer anderen Hochzeit in Schentau, an der 300 Personen theilnahmen, wurden 2 Rinder, 4 Kälber, 3 Schweine und viele Hühner verzehrt und 400 Flaschen Wein, 12 Tonnen Lagerbier und 3 Tonnen Braunbier getrunken.

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ie. Unsere Preißelbeere und der Berg Jda. Theophrastus beschreibt in seiner Geschichte der Pflanzen" eine Beere, die auf dem Berge Jda wächst, und Linné war der Meinung, daß diese mit unserer Preißelbeere identisch wäre, weshalb er letterer den lateinischen Namen Vaccinium vitis idäa gab. Zimné hat aber aller Wahrscheinlichkeit nach einen Irrthum begangen und unsere geschätzte Preißelbeere trägt seitdem einen falschen Namen. Nach allem, was wir

" Ja, ja, ich kann mir's denken. Sobald Du nicht mehr so ent- von der Pflanzenwelt des Berges Jda und seiner Umgebung wissen, kann fehlich dick bist, sollst Du wieder Dein Bier haben."

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Da soll doch gleich " Ich bitte Dich, Karl, verstör mir nicht den Sonntag. Dein Gewissen wird Dir sicher feine Ruhe lassen, wenn Du Dich mit Bier. trinken zu grunde richtest."

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es sich nämlich bei der Angabe Theophraft's nur um unsere Heidel beere( Blaubeere) handeln. Auch den Gattungsnamen Vaccinium tragen die dahin gehörigen Pflanzen nach den neuesten Unter­uchungen von Saint Lager mit Unrecht, mindestens hatte derselbe im Alterthum eine ganz andere Bedeutung. Er wurde für eine Hyacinthenart gebraucht, deren Blüthen zum Purpurfärben von Der Werkmeister fab an dem Zucken im Gesicht seiner Marie, Kleidern und Stoffen dienten, niemals aber wurde er in botanischem daß sie dem Weinen nahe sei, und da er aus Erfahrung wußte, Sinne für eine bestimmte Pflanzenart verwandt, noch weniger für daß die erste Thräne seine Niederlage besiegelt hätte, gab er fofort einen Strauch mit beerenartigen Früchten. Wahrscheinlich sind nach. Er trant mit Schandern das laue Selterwaffer, fand aber übrigens das Wort Vaccinium und das griechische Hyakindos einigen Ersatz in dem Entzücken, das sich auf Mariens Gesicht lautlich identisch. Am richtigsten wäre es, die Preißelbeere mit dem Spiegelte. Er begnügte sich damit, im Stillen alle Aerzte der Welt zu ver. Namen Myrtillus   ruber und die Heidelbeere mit Myrtillus niger wünschen. Gegen Abend ließ er sich vom Kellner die Speisekarte 3 belegen. geben, die er eingehend studirte.

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Da ich heute so viel am Bier spare", sagte er endlich, will ich mal ganz besonders üppig sein: Kotelette mit Erbsen werde ich effen. Und Du?" Er reichte die Speisekarte seiner Frau, die ebenfalls sorgfältig

Bt. Optische Telegraphen. Mit bezug darauf, daß Oberst Vaffos aus Kreta   nach Athen   ein optisches Telegramm gesandt habe, sei daran erinnert, daß schon 22 Jahrtausende vor Christi Geburt Nachrichten durch Feuerzeichen schnell über weite Strecken hin ge­fandt wurden, besonders im alten Persien   wurde unter der Herr