Unterhaltungsblatt des Vorwärts

12]

Nr. 76.

Freitag, den 16. April.

( Nachdruck verboten.)

Ein alter Streit.

1897.

" Ja, kommt denn der Herr Pfarrer nit' raus?" brüllt der Haufe ungeduldig. Dder ist's ihm ebba noch z' falt­Roman aus dem bayerischen Volksleben der sechziger Jahre müssen ma noch a bißl mehr einheizen?"

von Wilhelmine v. Hillern.

Ein paar Unholde" springen herzu und werfen aufs neue Bechkränze in die Flammen, daß sie wild emporlodern. Jammer­Der hat g'nuag! Jetzt zieh'n wir um a Haus weiter!" geichrei von allen Seiten des Dorfs:" Dös giebt a Unglück- brüllt der Hause und seht sich in Bewegung.

Lenz ist bei Gemming und dem Habermeister. Geh' nauf zu Dei'm Vater und schau nach ihm"

Gemming ernft.

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löscht doch löscht!"

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Wann der Pfarrer warm g'nua hat Löschen ma icho!" ist die Antwort- und wieder brüllen die Rasenden: ' raus, Pfarrer' raus-" Und das Auflärmen beginnt Ja, wie kann i denn jetzt in der Masken? Da in seiner ganzen Furchtbarkeit. Die Size auf dem Platz thät er ja sehen, daß i bei dem Treiben mitg'macht hab' und in den Köpfen der gereizten, wartenden Menge, der und müßt' mi verfluchen. Morgen geh' i zu ihm und mach' Qualm und der Bechgeruch die Verwirrung wird immer alles wieder gut! Ach Gott der alte Manu wie er größer. Bis zu Dachhöhe steigen die Flammen empor, dag'standen ist-! Habermeister- i fürcht', i hab' mich schon fangen Fenster im Pfarrhaus an zu springen. Das schwer versündigt!" Zögern des Geistlichen facht die Wuth, und die Wuth das hab' Dir g'sagt,' s wird Dich reuen, wärst davon Feuer aut. Bergebens wehrt der Habermeister mit dem blieben- jetzt bist amal derbei und kannst nit desfertiren!" Schwert Raiser Karls ab aus dem Spiel ist Ernst erwidert der Habermeister furz, nimmt Schild und Schwert geworden, auch er hat die Herrschaft über die entfesselten des Kaisers Karl von der Linde und stellt sich wieder an die Geister verloren. Da geht die Thür auf und der Pfarrer Spitze des Zugs. tritt bedeckten Hauptes mitten unter sie hinein: Nun, was Und weiter wälzt sich das Getümmel die Straße entlang. foll's?" Entsezen schreitet vor ihnen her. Wo sie vorbeikommen, Rapp' runter- die Rapp' runter, Pfarrer!" wiebert schließen sich Thüren und Läden alles flieht in die Häuser es ihm hundertstimmig entgegen. die Straße ist wie gefegt, so öde und menschenleer, der Weg Nein! die Müze bleibt auf meinem Haupt", sagt der frei gemieden wie das Bahngeleis, wenn der Zug tommt. eisige Mann, ohne mit der Wimper zu zucken. Glaubt ihr, Go gefürchtet wie jener, ist dieser Bug! Hinter den Läden ich lasse mich auf Eure Kindereien ein?!" betreuzen sich die Leute. Die Haberer! Jesus Maria, bei wem treiben sie noch?" Immer näher kommt das Wuthgeheul und der Fackelschein. Am Ende der Dorfstraße liegt ein größerer Platz, mit Bäumen besetzt und in der Mitte ein steinerner Brunnen. Da machen sie Halt gerade vor dem Pfarrhof- und werfen die Fackeln zusammen daß die Lohe hoch aufschlägt Gebot mehr. - daß die Lohe hoch aufschlägt und den Himmel roth färbt.

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So, jegt find's Kindereien?!" ruft der Habermeister. und heut in der Kirch' waren's Verbrechen? Also wegen einer Kinderei hat man uns zu Schuften g'macht und thuat uns den Herrgott verweigern?!"

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Jetzt ist der Damm gebrochen, die Wuth hört kein Gebot mehr. Sie bringen heran, immer enger, im Kreis um den Unerschütterlichen, der ihnen nichts als Hohn entgegenseit " Um Gotteswillen, die brennen' s Pfarrhaus z'samm'!" und ruhig mit dem Käppchen auf dem Scheitel, die Hände schreit die Haushälterin und läuft die Treppe hinauf, um auf dem Rücken, der Bewegung zusieht, als handle es sich um den Herrn zu rufen. Der aber kommt ihr völlig angekleidet ein Naturschauspiel. entgegen. Schon strecken sich Hände aus, ihm die Kopfbedeckung " Retten Sie sich," sagt er talt. Jch bleibe hier. Der herunterzureißen, er weicht nicht einen Schritt, mit dem Meßner arbeitet längst an der verrammelten Thür zur Schild und Schwert muß ihn jetzt der Habermeister selbst Glockenstube, er muß gleich fertig sein, dann läuten wir Sturm." vor Thätlichkeiten schüßen denn das hieße die eigene Ehre Die Haushälterin will zur Hinterthür hinausfliehen, aber schänden. da tönt ihr ein energisches Halt!" entgegen. Alle Ausgänge sind besetzt, ebenso die Fenster des Erdgeschosses.

Zu Hilf, zu Hilf! Jezt müss'n wir bei lebendigem Leib verbrennen," schreit die Haushälterin aus den Mansarden herunter.

Der Vorsteher und die Gemeindeverordneten kommen ge­rannt: Die Sprigen, um Gottes willen die Sprigen!"

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Aber ein Duhend Flintenläufe starren ihnen entgegen: Wir passen schon selber auf d' Fackeln auf, wenn man uns in Ruh' laßt!" ruft der Habermeister mit seiner ge­bieterischen Stimme. Wir sind verantwortlich, wenu was passirt. Mordbrenner sind wir nit, dös steht nit einmal im Bannbrief, der uns doch alle Schandthaten aufbringt.-Rug­meifter lies!"

Der entrollt sein Papier und lieft:

Jetzt woll'n ma' m Herr Pfarra a wen'g illuminieren, Daß er besser fiecht, wann er Brief schreibt zum Leutdenunzieren, Und seinra Köchin, der thum ma a Habermuß fochen Von dem Haber, der wo sie scho all'weil hat g'stochen. Jeht kommen S' nur' raus, Hochwürden, Herr Pfarrer,

Und bleiben S' nit all'weil so a fchweigsamer, starrer, Bei uns tönnen S' lerna, wie ma ehrliche Leut' Zur Schand' und zum Spott macht für ewige Zeit. Und hat ma ihna d' Ehr' und Seligkeit g'nomma,

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" Zurück!" herrscht er sie an. Seid Ihr noch Haberer oder seid's das wirklich, was man Euch heut g'heißen hat?" Lassen Sie nur," sagt der Pfarrer mit seinem ge= wohnten Lächeln, bemühen Sie sich doch nicht nich schützt mein Amt."

Aber ich lass' mir nit nachsagen, daß wir uns an' ma Geistlichen vergriffen hätten! Dös geht z' weit!" ruft der Habermeister. Rühr ihn keiner an, oder ich bin Eucc Habermeister g'wesen! Seht nach dem Feuer, daß kein Schaden g'schieht, sonst könnt's Euch' n Zuchthäusler zum Meister nehmen aber nicht mich!"

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Dumpfes Gemurmel ringsum. Die scheußlichen Larven schauen dem Priester ganz nah ins Gesicht, aber nichts sicht ihn an er hört die zornigen Herzen pochen, heißer Athem umweht ihn, wie eine drohende Wolfe, seine Haltung bleibt unbeweglich.

Einzelne Rufe werden laut: Schlagt ihn nieder, wir laff'n uns nit verhöhnen!"

" Hochwürden gehen's hinein, jezt kann i für nig mehr stehen!" bittet der Meister."

Aber glauben Sie denn, ich fürchte diese Leute?" sagt der Pfarrer mit sicherer, vernehmlicher Stimme wer seine Bflicht thut, braucht nichts und niemanden zu scheuen und

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Na treibt ma fin d' Höll und hat sei Spiel g'wonna-" muß zu jeder Stunde bereit sein. Wollen sie ihren Muth an

" In der Kirchen, gelt,

War a Haberfeld,

Und dös Haberfeld

Hat der Pfarrer b'stellt,

Aber trieben fei

Hat er ganz allei'

Möcht' halt lieber glei

Selm a Habrer sei!"

Singt jetzt der Chor von ein paar hundert Stimmen und die Lärminstrumente schlagen, blasen und schmettern den Takt dazu.

mir tühlen- nur zu! Ich wünsche mir ja nichts Besseres, als auf Rosten meines Leibes und Lebens, wenn es sein muß, den Beweis zu liefern, daß der Bannbrief vollkommen recht gehabt hat."

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So ist dös g'meint? Na, jeht thun mir ihm den G'fallen grad nit, daß wir' n todtschlagen!", da wotor Der Pfarrer sieht sich ruhig im Kreis um. " Nun?" fragt er mit eisiger Kälte, warum ist alles plöglich so still geworden?"

Aber keine Antwort erfolgt. Statt dessen nimmt ein