schuf Herr Jaruo in der Nolle eines jungen Referendars, der ewig kalt ist, wie eine Hundenase, und alle Empfindungsduselei ver- achtet; ein Kerl, der mit 2S Jahren noch keine Stunde jung war. Das Ostend -Tbeater hat in der letzten Zeit mit der Auf- führung ältererVolksstücke" einige Treffer gemacht. Dies mochte der Direktion den Gedanken eingegeben haben, es auch einmal mit einem ganz neuen Werke dieser verflossenen Gattung zu versuchen. Flugs setzte der Hausdichter Fritz Schäfer, der schon unter der Direktion Samst die ersten Gehversuche auf dem Wege zur Un- sterblichkeit unternommen hat, sich hin und dichtete das WerkAus der Millionen st adt". Ein Titel, bei dem man sich alles mögliche und garnichls denken kann. Es behandelt nach altem Rezept das rührende Thema von dem durch Spekulation, Leichtsinn und Hochmuth zu Falle gekommenen Handelsherrn, dem die treue, wenn auch oft schlecht behandelte Dienerschaar durch Hergabe ihrer Ersparnisse wieder aus die Beine hilft. Nebenher noch allerhand Krimskrams, dessen Bedeutung uns nicht klar zum Bewußtsein gekommen ist; flotte Söhne zeige» sich vielseitig in der Liebe, ein Künstler muß de» Doktor Peschke kopire», eine rührende Geschichte von einem ver- stoßenen Bruder und dessen Tochter spielt mit, die Soubrette Fräulein Müller segelte mit einer Metella-Rolle in die Szene und außerdem erscheinen noch Heilsarmee und Echippanowski durch- einander auf der Bildfläche. Ein derartiges Kunterbunt ist nun ja auch älteren Volksstücken vielfach eigen; aber es kommt doch auf das Wie an. Auch unter den bedenklichsten Machwerken dieses Genres ist uns keines in Er- innerung, i» dem so nnangebracht wie in der Millionenstadt auf eine völlig ernst gemeinte Verzweiflungsszene plötzlich die Soubrette mit einem Kauplet einsetzt. Wir müßten den Geschmack des Publikums»och tiefer einschätzen, als wir bisher getha», wenn dem allcrneuesten Volksstück trotz der über die Maßen guten Darstellung im Ostendtheater, ein langes Leben bescheert wäre. Kunst. Gustav Freytag über das National-Denkmal. Im August des Jahres 1893 schrieb Gustav Freytag an eine» junge» Wiener Bildhauer:Es ist gut, daß Du Dir einige Wochen der Ruhe gönnst, und ich bedauere nur, daß Du die frühe Sonnen- gluth dieses Jahres fast ganz in dem heißen Rom zu überstehen hattest. Um die Ausführung der großen Arbeit in Marmor habe ich keine große Sorge mehr. Die Hauptsache ist getha», mein sehnlichster Wunsch für Dich ist jetzt, daß sich die Vollendung nicht über längere Zeit hinziehen mußte, damit die Seele ganz frei wird für neue Aufgaben. Das aber ist, wie ich meine,«ine de- sonders gute Borbedeicknng, daß Du in den ersten Jahren Deiner Vollkraft nicht veranlaßt warst. Zeit und Kraft auf eine der zahlreichen Porträtstatuen der letzten deutschen 5taiser mit und ohne Pferd zu ver- wenden. Diese Aufträge, die ja für besonders rühmlich gelten, sind doch nicht Aufgaben, die dem Künstler die höchste Befriedigung und die beste Bürgschaft für seine Freudigkeit im Gestalten verschaffen. Sie kommen mir vor, wie die Bilder der Schlachtenmaler, und sie werden vollends undankbar bei den großartigsten Projekten, wo die Architektur ihre Linien herumzieht und den Bildhauer zu einem Diener ihrer Ansprüche machen will... Meteorologisches. !o. U e b e r S o n n e n st i ch w e t t e r, das heißt die Wiiterungsverhältnisse, ivelche zun, Sonnenstich Veranlassung geben, bat der amerikanische Meteorologe Phillips ein« umfangreiche Untersuchung angestellt. Im August vorigen Jahres herrschte über dem östlichen Zweidrittel der Vereinigten Staaten ein ungewöhnlich heißes Welter, während dessen Dauer, soweit Ermittelungen vorhanden sind, nicht weniger als 2038 Todesfälle an Sonnenstich eintraten. Phillips hat»u» die Gelegenheit benutzt, um zu ermitteln, welches Witterungselement am meisten zur Erzeugung dieser Krankheitsfälle bei- trägt. Danach folgt die Zahl der Erkrankungen an Sonnenstich fast ausschließlich dem Steigen des Thermometers über die normale Temperatur, während der Grad der Feuchtigkeit kaum von Einfluß dabei zu sein scheint. Die Neigung zum Sonnenstich wächst um so mehr an, je mehr sich die mittlere Temperatur des ganzen Tages der in normalen Fällen nur zur Mittagszeit erreichten Temperatur nähert. Diese Untersuchung ist in der Hinsicht von Interesse, als man bisher einer zu hohen Luftfeuchtigkeit ebenfalls einen mit- wirkenden Einfluß aus den Eintritt von Sonnenstich zuschrieb. Humoristisches. Der Herr Stadtrath Pech hatte so erzählt man derTägl. Rundschau" seine Wohnung im alten Stadttheil auf- aegeben und ein mehr den niodernen Bedürfnissen entsprechendes Quartier bezogen. Dieses geschahauf Wunsch" feiner theneren Gattin, welche ihrem guten Leopold erkenntlich zu sein versprach. Die erste Dankes-Ratenzahlung war dem Glücklichen heute in Gestalt eines Hausöffners geleistet worden, d. h. es hatte eine außertermin- liche Verleihung des Hausschlüssels stattgefunden. Als der gute Stadtrath jedoch, nachdem er sich mit Wein vollgesogen, sich zum Heim- gang rüstete, da trübte sich sein Auge sehr, den» die erprobten Stützen seiner gewichtigen Persönlichkeit, welche Alle in der Nähe desAltmarktes wohnten, fehlten ihm, weil keiner der lieben Freunde dem so vornehm Gewordenen bis in die weitläufige Vorstadt das Geleit geben wollte. Und gerade in dieser Nacht vermißte er die treuen Seelen, deren sichere Arme ihn schon so oft nach Hause gebracht hatten! Das Alleingehen fiel ihm merkwürdig schwer und ein beklemmende? Gefühl bemächtigte sich seiner. Sollte heute der Wein stärker ge- wesen sein als sonst? Eigenthümlich! Ja, dieses war die richtige Straße von so schwin schwindelerregender Länge! Ein Haus sah aus wie das andere; nur d.ie Nummern waren verschieden! Wer aber ko konnte sie denn le lesen? Am Ma Markt, ja am Ma Markt, glich kein Haus dem andern und feine liebe alte Hauslhüre hatte ein Schlüsselloch so weit wie ein Trichter. An- genehmes Schlüsselloch! Ha, ha! bst! Sollte er gar beschwippst sein? Dies wäre eine nette Bescheerung! Er suchte und suchte, aber er fand sein Haus nicht. Etwas schwankend tanzt sein Schatten vor ihm her. Fatal! Das mußte erforscht werden! Die Zungenschlagprobe hatte sich bei ihm stets bewährt; Jnkompta bi lität!' er sprach das Wort ohne Störung. Zweiter Grad:Exterri terri Exterr riola Exterriori Exterri tori ali tät!" Ha! hm! Merkliche Schwierigkeiten verursachte das verflixte Wort; sollte er am Ende doch--? Himmel­donnerstag! vielleicht war sogar der dritte Grad erreicht! Wie hieß nur gleich das Prohewort? Es war ein weiblicher NameEnge, nein. Eule auch nicht! Richtig, der ihm ja so vertraute Name seiner besseren Hälfte, seiner sanften Eu Eulalia; er lallte das Wort»lit schwerer Zunge. O, weh! da war er schon am großen Ring, also über's Ziel hinaus. Seufzend kehrte er um, mit weinmüden Augen die Häuser musternd. Nichts verrieth ihm, wo sein Heim sei. Seufzend stolperte er weiter, während er vor sich hin murmelte: Nicht nicht einmal eine Kneipe! Kein Schi Schild! Exterriti Ex Exterriti Exkom Eu Eu laaalia lallia lalalaf lalala! Da löste sich vom Häuserschatten eine vertrauenerweckende Gestalt. Hurrah! es war ein Nachtwächter.Guten Abend, Eula Herr! Könne» Sie mir nicht sagen, Exkoin wo der Herr Stadtrath Pech wohnt?" Eine scharfe, eine ivohlbekannte Stimme gab Antwort, aber vom offenen Fenster eines nahen Hauses her:Komm' nur herauf. Alter! die Nummer sag' ich Dir später!" Verständnißinnig drückte der Nachtrath dem Stadtrath die Hand, nachdem die Haus- thür geöffnet war und sagte:Die Gnädige da oben scheint in Ihnen ihren Herrn Gemahl zu vermuthen; schade, daß sie nicht schöner und jünger ist. Aber diese Stimme, diese na ich danke! Brrr!" Spruchs, steckte den Nickel ein und verschwand. Vermischtes vom Tage. Im Drewenz-See(Ostpreußen ) ertranken am Sonntag sieben Soldaten, die eine Vergnügungsfahrt unternommen hatten. Die Leute gehörten zu dem neugebildelen 175. Regiment. Geistreiche Ausdrucks weise. Das Sprichwort: Die dümmsten Bauern bauen die größten Kartoffeln", hat ein Ganz- gescheidter folgendermaßen wiedergegeben.Die am wenigsten Instruktion erhallen habenden und sich ihrer Naivität nicht voll und ganz bewußt seienden Oekonomen ernten bisiveilen aus Versehen zufälligerweise, ohne ein Verschulden ihrerseits, die allerumfang- reichsten Erdfrüchte." Der frühere ungarische Abgeordnete v. L a t i n o w i e 3, der sich in Monte Carlo erschossen haben sollte, lebt noch. Es scheint sich jemand eine» dummen Scherz erlaubt zu haben. In Rappolts weiler(Pfalz ) hat ein Schlächter eine an Milzbrand kranke Kuh tödten helfen. Er beging dabei die Un- Vorsichtigkeit, das Messer in den Mund zu nehmen. Daraufhin erkrankte er und starb ebenfalls an Milzbrand. Eine Ehrung Nansen's. Das britische Schatzamt hat dem Nordpolfahrer Nansen den Bericht über dieChallenger"» Expedition, an welcher bekanntlich Darwin theilnahm, geschenkt. Ter Bericht besteht aus 50 Qnartbänden. Durch die M i s s i s s i p p i- U e b e r s ch w e m m u n g sind nach einer Meldung des Bundeskommissärs 80 000 Personen unter- stützungsbedürftig geworden. Eine Riesen-Uhr besitzt die Stadt Philadelphia. Das durch elektrisches Licht beleuchtete Zifferblatt dieser Uhr hat einen Durchmesser von 10 Metern. Der große Zeiger, welcher bequem als Balken für eine Decke verwandt werden könnte, ist 4 Mieter lang und der kleine 2,50 Meter. Die Glocke, auf der die Zeiten an« geschlagen werden, wiegt 25 To. Eine in dem Keller aufgestellte Dampfmaschine dient zum Aufziehen der Uhr nnd eine zweite Maschine sorgt für die Beleuchtung derselben. Diese Riesen-Uhr schmückt das Ralhhaus und ist von allen Theilen der Stadt aus gut sichtbar. io. Die Opfer der i u d i s ch e n H u n g e r s n o t h er- reichten nach einer Nachricht aus Delhi in dem Bezirke von Sirsa, wo die Noth freilich anl allergrößten gewesen zu sein scheint, die Zahl von im ganzen 40 000 Menschen, von der gesanimten Be- völkerung sollen 23 pCt., also nahezu der vierte Theil, um- gekommen sein. Verantwortlicher Redakteur: Robert Schmidt in Berlin . Druck und Verlag von Max Babing in Berlin .