Völkerkunde.— Der aus dem melanesischen Archipel in Sydneyeingetroffene Führer der Brigantine„Meg Merrilies" berichtetenach der.Franks. Ztg." folgendes: An der sogenannten Südwest-bucht auf den Neuen Hebriden war ein alter Insulaner hinfälligund kindisch geworden, weshalb von seinen Verwandten beschlossenivurde, ihn lebendig zu begraben. Zu diesem Zwecke wurde eineGrube gegraben und der alte Mann hineingeworfen und mit Erdebedeckt. Indessen gelang es ihm, nach verzweifeilen Anstrengungenwieder aus dem Loche zu entkommen, freilich nicht für lange,denn die liebenden Angehörigen warfen sich alsbald von neuemüber den Aerinsten her und banden ihn an Händen und Füßen.Dann»lachten sie sich an die Arbeit, das Loch tiefer zu graben, undals dies geschehen war, wurde der Todeskandidat, gebunden wie erwar, zum zweiten Male in sein Grab geworfen. Dieses ivurdeschleunigst zngefüllt und dann mußten sich die Weiber des Stammesauf den Erdhügel setzen, bis die Eingeborenen sicher sein zu könnenglaubten, daß der alte Mann erstickt sei. Am nächsten Tage gab eseinen solennen Todtenschmaus. Auf Tanna, das durch zahlreicheMordthaten der Kanälen eine traurig« Berühmtheit erlangt hat, giebtes einen Vulkan, der, wie die Insulaner glauben, alle bösen Menschennach dem Tode aufnimmt. Kapilän Straßberg hat dann aus de»Himmel gedeutet als den Ort, ivo die guten Menschen hinzukommenpflegen, damit aber nur Gelächter erregt..Denn", sagten ihm dieschlauen Insulaner..Tannamann kann nicht dorthin, er fliegt nicht,zwu hurnbug!" Auf Santa Anna in der Salonionsgruppe wollteein Häuptling seine Unterthanen gegen Gewehre vertauschen. Daihm dies abgeschlagen werden mußte, bat er um ei» Mittel gegeneine Hautkrankheit, an der er litt. Man rieb ihn mit Petroleumund Schwefel«in und dann, fügt Kapitän Straßberg hinzu, mußirgend ein Strolch ei» brennendes Zündhölzchen in seine Nähegebracht haben. Er brannte plötzlich lichterloh, und ohne aufsein Boot und feine Krieger, welche die gegen die Gewehre ein-zutauschenden„Unterthanen" einsangen sollten, zu warte», stürzteer sich kurz entschloffen über Bord und schwamm mit heiler Hautans Ufer. Endlich gab es aus der Insel Isabel noch einen zweitenHäuptling, der sich an Bord mit dem Bemerken vorstellte, er seigetaufter Christ und von den Missionaren in Australien erzogenworden. Auch trug er wirklich einige Gesangbuchslieder vor. Amselben Nachmittage aber versammelte er seine StammeSgenossenum sich und zog ins Gebirge auf die Kopfjagd, wo er sich mitSeinesgleiche» an gebratenem Meiischenfleisch gütlich that. Amnächsten Tage brachte er dreißig abgeschnittene Köpfe mit ans Userzurück.—Medizinisches.is. Der Mißerfolg des Pestserum. Nach einemTelegramm, welches die Londoner medizinische Zeitschrift„Lancet"aus Bombay erhalten hat, hat das Pestferui» von Dr. Dersin einenpraktische» Erfolg bei der Behandlung der dortigen Epidemie nichtgehabt. Bon den auf diese Weise behandelten Personen starben 50 pCl.,während die Sterblichkeit in den Krankenhäusern im allgemeinen aufVO pCl., also nur unwesentlich höher, angegeben wird.—Technisches.b. Telephonverbindung zwischen England undFrankreich. Nach einem Bericht von„Nature" find die Bor-bereitunge» für die Legung zweier»euer Telephonkabel über denKanal vollendet. Das erstere Kabel wird in nächster Zeit durchdas englische Kabelschiff„Monarch", das andere von derfranzösischen Regierung gelegt werden, die Kabel iverdenauch in den betreffenden Ländern verfertigt. Ans der englischenSeite werden dieselben drei Meilen iveftlich von Dover ausgehe». Jedes Kabel wird zwei Leitungen erhalten, so daß mitdem bereits vorhandenen Kabel im ganzen sechs Drähte für denöffentlichen Gebrauch verfügbar sein werden an stelle der zwei bis-herigen. Man nimmt an, daß nach Bollendung der neuen Kabeldie Möglichkeit gegeben sein wird, sämmtliche großen Plätze vonEngland und Frankreich telephonisch zu verbinden, während vor-läufig ein telephonischer Verkehr nur zwischen London und Parisstattfand. Die neuen Kabel eingerechnet wird der Kanal zwischenSt. Margaret's bei Dover im Osten und Beachey Head(auf eng-lischer Seite) von nicht weniger als 34 elektrischen Leitungen durch-laufen.—Humoristisches.— Humor im G e r i ch t s s a a l. Vor dem Jnjurienrichterdes zweiten Wiener Bezirks fand unlängst eine Ehrenbeleidigungs-Verhandlung statt. Die Masseurin Aloisia Höfler figurirte darinals AngeNagte und die Schreibersgatti» Rosalia Kimpolik alsKlägerin. Wie üblich, bemühte sich der Richter, eine Versöhnungder Parteien herbeizuführen, welcher Versuch jedoch bei der Klägerinauf Widerstand stieß.„Was, ich soll ihr verzeihen!" rief sie erregt,„sie ist ja einFräulein, und ich bin achtundzwanzig Jahre verheirathet l"(Heiterkeit.)Richter: Das kann doch kein Hinderniß sein:Klägerin: O, gewiß!Richter: Nun, nach meiner Ansicht ist der Umstand, daßSie schon achtundzwanzig Jahre verheirathet sind, nicht Ihr Ver-dienst, sondern das Ihres Gatten.Verantwortlicher Redakteur: Roberl Schmidt in BeiNach dieser Debatte, durch die sich der im Saal anwesende HerrKimpolik höchst geschmeichelt fühlte, ivurde die als Ohrenzeugiu ge-ladene Frau Anna Maschka in das Gerichtszimmer gerufen.Richter(nach Abnahme der Generalien): WaS ist IhrMann?Zeugin: Acht Jahre krank.(Heiterkeit.)Richter: Das ist doch keine Beschäftigung!Zeugin: Na ja, er war halt Kellner.Richter: Also erzählen Sie uns, was sie von der Sache ge«hört haben. Wo waren Sie damals?Zeugin: Ich war am Anstandsort, der am Gang ist und dieDamen haben bei der Wasserleitung gestritten.Richter: Wie weit waren Sie von der Wasserleitung entfernt.?Schildern Sie uns das.Die Zeugin tritt daraufhin diensteifrig vor den Richter undbenutzt den Gerichtstisch zum Entwurf ihres Situationsplans.(Indemsie aus eine Tischecke zeigt): Hier, Herr kaiserlicher Rath, ist dieWasserleitung, und da, wo der Herr kaiserliche Rath sitzen, ist derAnstandsort.(Schallende Heiterkeit.)Richter(lachend): Ah, gegen diesen Vergleich muß ich denndoch protestiren.Diese heitere Stimmung, die im Publikum lebhaften Nachklangfand, wirkte auch auf die Klägerin versöhnlich, so daß sie bei einemnochmaligen Aussöhnungsversuch seitens des Richters trotz ihrerachlundzwanzigjährigen Ehe die Klage zurückzog. Fräulein Höflermußte zuvor aber fünf Gulden als Buße für die Armen der StadtWien erlegen.—Vermischtes vom Tage.— Mit Beginn des diesjährigen Wintersemesters sind Frauenals ordentliche Zuhörerinne» an der philosophischen Fakultät derUniversität Jena zugelassen. Es stehen ihnen dieselbenRechte zu wie den männlichen Studirenden.—— In A l t e n b u r g wurde am ersten Osterfeiertage einIlljähriger Tertianer, der schon seit einigen Tagen vermißt wordenwar. auf der Bodenkanimer in einem Kleiderschrank erhängt auf«gefunden. In einem Briefe hatte der Junge angegeben, daß ihmnichts weiter übrig bleibe, als sich das Leben zu nehmen, da er beiseiner„Braut"(einem 11jährigen Schulmädchen) keine Hoffnunghabe.—— In T a m s w e g hat sich ein Silberarbeiter vergiftet, weilihm seine Frau mit einem Gesellen davongelaufen ist.—— In Affolterbach(Baden) prozessirt ein Bauer, der dieWirlhschast seinem Sohne übergeben hat, mit diesem, wer vonbeiden das vordere Kochloch des Kochherdes benutzen darf.—— Aus dem Giselaschacht bei O s s e g in Böhmen hat ein starkerWaffereinbruch stattgefunden. Der Wafferzulauf beträgt zwei Kubik-meter in der Minute. Es ist leicht möglich, daß man auch dies«mal wieder, wie vor Jahren, die Teplitzer Thermalwässer angefahren.Der Gifelaschacht gehört der Brüxer Bergbau-Gesellschaft.—— Milzbrandvergiftnng. Der„Frankfurter Zeitung"wird aus Nürnberg unterm 24. April gemeldet: Ein bei einemZinngießer wohnender Schreinergeselle hat mit dem Bruder deSLogiSgebers, einem Borstenzurichter bei den Vereinigten Pinsel-fabriken, verkehrt und mit ihm zusammen gegessen. Plötzlich er«krankte der Schreinergeselle und starb zwei Stunden nach seiner Ein-lieferung in das Krankenhaus, nach amtlichem Sektionsbefund anMilzbrandvergiftung. Der Borstenzurichter selbst ist noch nicht er-krankt. Vielleicht ist die Infektion durch nach Hause genommenesMateriql für Heimarbeit geschehen.—— In Brüssel wurde Sonntag nachts das SpielhanS Thuinausgehoben; 19 000 Fr. fielen in die Hände der Polizei.—— In S ü d a l g e r i e n haben Heuschreckenschwärme kolossaleVerwüstungen angerichtet.—— Ein Wirbelwind hat Theile des Bezirkes Jessorain Bengalen(Indien) heimgesucht. 14 Personen fielen dem Orkanzum Opfer und eine Menge wurde verwundet. Ein Dorf wurdefortgefegt. Ein Brahmine wurde vom Tornado um den Zweigeines Baumes gewickelt und fand einen schrecklichen Tod.—— Ein amerikanisches Kriegsschiffs„Onedia" ist vor etwa30 Jahren unweit des Vorgebirges Kuanonsaki am Eingang zurBucht von Tokio mit 400 000 Dollars Gold gesunken. Seitdemmachten viele Japaner den Versuch, die kostbare Beute heraufzuholen,aber vergeblich, weil dort eine zu starke Strömung herrscht. Nunhat ein Taucher aus Jokohama die Arbeit unternommen und imletzten Jahre bereits 3000 Dollars, Anfang März d. I. zwei werth-volle Edelsteine herausgeholt. Er hofft, die ganze werthvolle Ladungbergen zu können.—k. Die Staatsuniversität in Chicago hat bei dem Konkursder Firnia Spalding u. Co. 823 000 Dollars verloren. Den Pro-sessoren konnte infolge dessen zum Quartal das fällige Gehalt nichtausgezahlt werden.—— Im Lessing-Klub zu C b i c a g o wurde nach dem„New-IorkHerald" am Ostersonntag die jüdische Fahne enthüllt. Seit der Zer-störung des Tempels Salomons soll dies das erste Mal sein, daßder vergessenen Flagge diese Ehre widerfuhr. Auf weißem Grundezeigt sie das bekannte doppelte Dreieck in blau, die Bersinnbildungdes Schildes Davids, und auf der Spitze der Fahnenstange breiteteine Taube ihre Flügel aus.—in. Druck und Verlag von Max Bading in Berlin.