Bolksknnde. Die Maifeier zu Borken   i. 2& Borken ist ein freund- liches Kreisstädtchen im westlichen Münsterlande. Die Reste früherer Befestigungen, der Stadtgraben, alte ZHürme und Mauertrümmer erzählen von seiner Vergangenheil und scheinen auf de» kon- servative» Sinn der Bürgerschaft hinzuweisen. Und in der That giebt es wohl kaum ein Städtchen, wo man am Althergebrachten, an den Gebräuchen der Vorfahren so fest hält, als hier. Zu den alten.Gewohnten", die man Jahrhunderte lang hochgehalten, ge- hört auch die merkwürdige, in ihrer Art einzig dastehende Maifeier unter der Tremse. Im Monat April steht man die Kinder der ver» schiedenen Nachbarschaften von Haus zu Haus gehen, nm die Anzahl der theilnehmenden Kinder festzustellen und den kleinen Beitrag der einzelne» eiiiznfammeln. Auch außerdem fpendet manche freundliche Hand eine Kleinigkeit für das Jugend- fest. Dann beginnt die Fertigstellung der Trenise, wobei die Kinder der einzelne» Straßen oder Nachbarschaften sich gegenseitig in ihren Leistungen zu übertreffen suchen. Etiva drei oder vier hölzerne Reifen werden durch Bindfäden verbunden, woran zolllange Stückchen Schilfrohr abwechselnd mit bunten Läppchen aufgereiht sind. Die Fäden liege» eng aneinander, und das ganze hat etwa die Form eines Reifrockes. Dieses Gestell wird mit Flittergold, Kränzen aus gefärbten Eierschalen, bunten Papierstreifen n. s. w. phantastisch ausgeschmückt. In der Milte hängt, wie der Klöppel in einer Glocke, eine weiße, aus Holz geschnitzte Taube, der Psingst- vogel. Bei einer zweiten Art der Tremse hat das Gestell die Form einer Krone, indem zwei halbe Reifen quer über einander gelegt und mit einem anderen Reifen so verbunden werden, daß eine Halbkugel entsteht. So ist die Tremse fertig. Am 1. Mai, um Mittag, wird sie unter dem Jubel der Kinder an einem zwischen zwei Häusern quer über die Straße ge- spannten Seil aufgehängt. Am Nachmittag der Nachmittag des Maitages ist schulfrei trinken die Kinder der Nachbar- schaft auf offener Straße unter der Tremse Kaffee, wofür der er- wähnte Beitrag gezahlt ist. Alsdann gehen die Mädchen auf die benachbarten Wiesen, um Blumen zu holen, womit die Straße unter der Trents« bestreut tvird, während die Knaben in den nahen Waldungen eine» Maibaum suchen. Eine junge, schlanke Tanne mit schönen Aeste» ist bald gefnnden und wird im Triumphe zur Stadt gelragen. Des Abends wird sie auf der Straße aufgestellt und mit Fackeln behangen. Dann tanzt die Jugend fröhlich singend um den Baum, und die Alten stimmen mit ein, dann kommen die alten Liebchen:.Droben auf grüner Waldheid...",.Jäger wollt' keine Birnen schmeißen...",O Buer, wat kost dien Heu?..." ec. voll zu ihrem Rechte. Die Tremse bleibt, wie man derKölnischen Bolksztg." schreibt, den ganzen Monat hängen, und das Spiel um den Maibaum findet diese Zeit hindurch wöchentlich zwei oder drei- mal statt. Bergbau. Das Etaßfurter Salzlager. Ucber die allmälige Erschließung des Staßfurter   Salzlagers machte Dr. Mertens im Magdeburger Verein für Erdkunde Mittheilungen(Montan-Ztg."). Die Staßfurter   Soolquelle, die zuerst für das Jahr 1227 erwähnt wird, gehörte ursprünglich den Fürsten von Anhalt   und dann einer erst im Jahre 1796 aufgelösten adligen Pfannerschaft. Nachdem der preußische Staat Eigenthümer der Soolquelle geworden war, wurde der Betrieb der Staßfurter   Saline wegen ihres im Vergleich zu anderen Salinen nur geringen Ertrages szu Anfang dieses Jahr- Hunderts eingestellt. 1839 fing man aber an, ein großes Bohrloch zu stoßen, wobei man iu einer Tiefe von 2S6 Metern auf das Salz- lager stieß, das dann durch eine Tiefbohrung(1849 bis 18ö1) und durch das Abteufen zweier Schächte(1851 bis 1857) weiter auf­geschlossen wurde. Daß die beiden Staaten Preußen und Anhalt  , welch' letzteres 1858 den Salzbergbau in Leopoldshall   begonnen hatte, an dem dortige» Saljlager sich eine gewaltige Einnahmequelle ge- schaffen haben, ist ebenso bekannt, wie, daß sich seit Aufhebung des Salzmonopols in Staßfurt   und Leopoldshall eine sehr rege Privat- industrie entwickelt hat. Wie das Staßfurter  , so gehören auch die Salzlager bei Sperenberg   bei Jnoivrazlaw, bei Secgeberg, bei Lübtheen  , bei Schöningen  , bei Braunschweig  . bei Goslar  , bei Lübeck   und bei Altmarsleben i» der Allmark, bei Halle, Arter» und Frankenhausen der oberen Dyasforniation an, und das ganze Gebiet Norddeutschlands stellt sich dar als das ge- waltigste Salzlagcr der Welt. Hierbei ist besonders bcmerkenswerth, daß die meisten Bohrungen auf Salz in diesem Gebiete erst aus den letzten dreißig Jahren stammen, und daß bisher nur wenige dieser Salzlager in wirkliche bergmännische Benutzung genommen worden sind. Technisches. Sine Flachdruck-Rotationsmaschine. die von sogenanntem endlosen Papier unter Benutzung de? gewöhnlichen Schriftsatzes druckt, also die Stereotypie überflüssig macht, hat die Hauun'sche Maschinenfabrik in Frankenthal  (Pfalz  ) gebaut. Der Adirondack. Auf dem Hudsonstrome, im Sommer ei e:n der belebtesten der ganzen Welt, rst jetzt ein Dampfer von mächtiger Größe und Schönheit in Betrieb gesetzt worden, der JSidi.ondack", mit einer Länge von 175 Metern und einer Breite von 27.4 Bistern. Sein Tonnengehalt ist 45 00 brutto, und er ist im stände. 1000 Tonnen Waaren zu befördern. Er zählt, nach La Nature", fünf Stockiverke, das Haupldeck, den Salon, die Galerie, die obere Galerie n»d die Kuppel,»nd hat doch nur einen Tiefgang von 2,4 Meter. Die Ausstattung ist, da der Dampfer in erster Lüne für den Personentransport nach Saraloga, dem George Lake, den Adirondacks, den nördlichste» Ausläufern der Alleghanys, und deni St. Lorenzstrome bestimmt ist. sehr prunkvoll und umsaßt 350 Luxuszimmer, worunter sich 23 Salons befinden. Abweichend von den meisten anderen Dampfern gleicher Größenordnung ist er aus Holz, und zwar Eiche, Kastanie, Rothceder und Fichte, gebaut, was seinen guten Grund in der Ueberwindung der Sandbänke des Flußbettes findet, wobei Stahl brechen oder sich verbiegen würde. Humoristisches. ce. Eine Bill gegen das Tragen von hohen Damen hüte auf öffentlichen Vergnügungs- plätzen wurde am 19. April von der Legislatur des Staates New-Uork mit 31 gegen 47 Stimmen augenomme». Nachdem das Assemblymitglied Koster die Bill zum allgemeinen Gaudium des Hauses erklärt hatte, beantragte der Abgeordnete Roche  , daß Koster jeder anwesenden Dame einen Hut nach seinem Geschmack kaufen sollte. DiesesAmendement" wurde jedoch niedergesnmmt. Nun folgte der Abgeordnete Mazet mir einem neuen Abändennigs- vorschlage, der nichts weniger bezweckte, als die Abschaffung der ganzen modernen Damengarderobe. Puffärmel, Korsel, hoher Kragen alles sollte verboten werden. Auch dieses Amendement wurde verworfen, woraus die fidelcn Herr» die Koster'sche Bill in ihrer ursprünglichen Fassung annahmen. Die Bill lautet wie folgt: Irgend eine Person, die in einem Theater, einer Halle oder anderen öffentlichen Vergnügungsplätzen eine» Sitz einnimmt und einen Hut von solche» Diniensionen oder mit derartigen Verzierungen versehen trägt, daß dadurch hinter ihr sitzende Personen im Sehen be- sinträchtigl werden, und die sich nach erfolgter Aufforderung iveigert, eine derartige Kopsbedeckung zu entfernen, soll für jedes Vergehen dieser Art mit einer Geldstrafe von 5 Dollars bestraft werden, die von derjenigen Person eingetrieben werden kann, welche den Fall vor einem zuständigen Gericht anhängig macht". Vermischtes vom Tage. Der Verein deutscher Gartenkünstler will sich an der nächsten Pariser Welt-Ausstellnng mit einer Kollektiv-Aus- stellung von Gartenplänen, Entwürfen, Aquarellzeichnungen u. s. w. betheiligen, wenn der Staat eine Beihilfe gewährt. Der Kanim des R i e f e n g e b i r g e s ist seit Ende der vorigen Woche wieder mit neuem Schnee bedeckt. U n t e r n e h m e r- W i tz. In Dresden   hat am 1. Mai ein Bauunternehmer an seine Baubude einen Zettel angeschlagen, der folgenden Inhalt hatte: Dresden  , den 1. Mai 1397. An die hochgeehrten Herren Maurer meines Neubaues! Da heute der 1. Mai ist und derselbe allgemein gefeiert werden soll, so fühle ich mich veranlaßt denselben auch zuseiern, und werde das Lohnauszahlen auf Sonntag den 2. Mai vormittags 11 bis 12 Uhr verlegen in meiner Wohnung. Hochachtungsvoll (folgt der Name.) Für 25 jährige treue Dienste hat der Gemeindediener und Nachtwächter von Elsa 20 M. vom herzoglichen Staatsministerium bekommen. Dem Verdienste seine Doppelkrone: Einfach nobel. In Wien   giebt es eine Hebamme, die ihre Geschäftsfahrlen auf dem Zweirad macht. Im Dorfe Lhota bei Horazdowitz(Böhmen  ) brach am Montag in einer Mühle Feuer aus. Während die Feuerwehr mit der Räumung einer Stube beschäftigt war, stürzte die Decke ei» und begrub elf Löschmänner unter den Trümmern. Zwei wurden getödter und die übrigen schwer verletzt. Der Obergarderobier Nagy vom Budapester National- theater wurde todl im Bette gesunden. Das Herz zeigte eine Wunde, wie sie ein Dolchstoß hervorbringt. Die 25jährige Frau Nagy's, die geschiedene Gattin eines höheren Offiziers, wurde verhaftet. Der Sozialist Dr. Delbastee, Mitglied des Gemeinde- raths zu Brüffel, erlitt bei einer Wagenfahrt lebensgesährliche Ver» letzungen. Die Pferde waren scheu geworden und hatten den Wagen umgeworfen. An Leo Taxil  , den Erzlumpen, glauben»och immer einige Katholiken. Wie aus einer Zuschrift an denOsservatore Cattolico" in Mailand   hervorgeht, meinen sie. nicht Taxil habe am 19. April den Parisern von seinen Schwindelstreichen erzählt, der das gethan, sei ein Freimaurer gewesen. Leo Taxil   aber werde von den Freimaurern gefangen gehalten. Adelina Patti   wird in der nächsten Saison einmal in London   austreten. Sie erhält für den Abend, an dem sie drei Lieder singen wird, 21 000 M. Kurzes Verfahren. DieDeutsche Zeitung" von Mexiko   schreibt: In Zautla, Distrikt Cuicatlan(Oaxaea), ist der Bürgermeister an den Pocken erkrankt. Was thut derprssidents" dieses Ortes, um der Ansteckungsgefahr vorzubeugen? Er begiebt sich zu dem Kranken, erschießt ihn und steckt das Haus in Brand! Verantwortlicher Redakteur: Robert Schmidt in Berlin  . Druck und Verlag von Max Babing in Berlin  .