ö ist der wirklich echte französische weiße Knoblauch, wie er jetzt so viel für Kränze verbunden wird. Sehen S'. mei Lieber, wenn S' sich solche Bündel von kaum zehn Köpfen aus Frankreich kommen lassen, kost Sie das mindestens a Markel und ich exportire Ihnen"— er schien die Bedeutung dieses Wortes nicht genau zu kennen— .das ganze Bund, die fünfzehn Köpfe für'n Zehncrl. Daß meiner nu a wen'g mehr stinkt wie der französische, das ist nur Einbildung. was a richt'ger Knoblauch sein will, der muß fein stinken. Den brock ich drei Meilen von hier, drüben." Er wies mit der Hand, als ob es ein Katzensprung wäre.„Da steht so viel, da kann man ordentlich drin grasen.——— Wo wollen'S denn heut noch hin?" „Ich will vielleicht»ach dem Schwanenkrug." „Ach. den Weg geh' ich auch. Mitkommen thu ich, wann's sich nicht meiner schänien." Er begann den Epheu, nachdem er von den Fasern sorglich die Erde geklopft, behutsam in seinen Sack zu stecken. „illber ich muß fei» noch weiter, nach Wustrow . Maiglocken brauch' ich." „Wollen Sie in Wustrow übernachten 1" „Nein. Wann's»it regnen thut, schlaf' ich im Freien." Währenddessen hatte er sich mit den drei Säcken belastet, Epheu- ranken fielen ihm aus dem obersten über Kopf und Schüller, Ameisen und Gewürm kroch ihm an Haaren, Hut und Nock. Gebückt schritt er neben mir her. „Sie sind Gärtner?" „Ja, sehen S'. jetzt will ich in Felchow einem Großbauern'ne Gärtnerei einrichten. Mit dem Mann ist noch was zu machen. Tr hat ein schönes Grundstück, safl'ger Boden, a bisset bergan, Süd- seile, wie g'schaffen für'ne Gärtuerei. Sehen S', da könnt' ich meine eigenen Idee» durchführen. Ich würd's im englischen Stil anlegen und doch anders. Treibhaus, Blumenzucht und eine große Abtheilung für Baum- und Spalierobst. Da wollt' ich's schon'mal zeigen!" „Haben Sie eine Gartenbauschule besucht?" Er sah mich beleidigt an.„Das lernen S' auf keiner Garten- bauschule, das Hab' ich alles ans mir selbst. Eigentlich bin ich Schuster von Prosession, aber, da ich durch's viele Sitze» auf der Brust schwach geworden bin, wurde ich Gärtner , das heißt, in einer Gärtnerei gearbeitet habe ich nicht, ich bab' alles ans mir selbst ge- lernt. Zum Erd- und Mistkarren ist meine Brust zu schwach, da samml' ich eben Pflanzen und verkauf' sie an Händler— natürlich nur bessere Sachen—" „Und wie lange sind Sie oft unterwegs?" „Ach, an die ein, zwei Wochen meist, da ruh ich mich dann wieder a wenig aus, bis ich kan Geld mehr Hab—,»a, da muß ich dann wieder«aus. Und wissen S', draußen fühl ich mich auch am wohlstcn, da kenn' ich jede Pflanz', jeden Vogel, jedes Thier, aber mit den Menschen kann ich mich nicht verlragen, wir verstehen uns ninimer." „Sie sind kein Norddeutscher?" „O doch! Ich bin hier aus der Gegend, aber ich war lang in München in Stellung, mei» Valer selig war Schulz in Brezow.--- Ja, das hat er auch nit gedacht, daß ich'mal Gärtner iverd', der hält am liebsten an Advokaten oder'nen Herrn aus mir machen wolle».--- Seh'n S'! seh'n S'! da ist die Lausband schon wieder!" Er zeigte mit der Hand waldeinwärts, nach einem kleinen birkenumstandenen Platz.in dessen Mitte eine Fasanenhütle stand. „Die stehlen mir meine ganzen Maiglocke»!"--- Ein trauriges Bild!—— Zusammengekauert unter dem niedrige», zweiggedeckten Dach saß, in erbärmliche, schmierige Lumpen gehüllt, eine Familie, Mann, Frau, Tochter, zwei Jungen. Vor ihnen standen niehrere kleine und größere Körbe. Der Mann mit einem struppigen, rothblauen gedunsenen Gesicht, starrte stumpf vor sich hin. Seine Frau kauerte am Boden, hatte die Knie angezogen, mit den Armen umspannt,— bloße, magere, wie abgenagte Füße; das Gesicht mit den schmalen, fleischlosen Zügen vornübergeneigt, schien sie zu schlafen, wenigstens waren die Augen geschlossen. Ein halbwüchsiges, ivohl sechzehn- jähriges Mädchen, mit blassem, aber nicht häßlichem Gesicht, braunen, wirren Haaren, halblangen Kleidern, die sie um die Kniee festgezogen, lehnte an der Mutter und schlief. Zwei zerlumpte, nur mit Hose und Hemd bekleidete Jungen zankte» und balgten sich um ein Stück Brot.— „Sehen S', dieses Lumpenpack! Die ganzen Maiglocken stehlen st mir. Wenn man jetzt wirklich»och welche finden will, muß man bis nach der Haide von Wustrow'nüberlatschen.--- Ich muß doch jetzt hier'nunter, es würde anders zu spät werden, adjüs!" „Adieu!" Noch einmal blickte ich mich um. Unter der Last gebückt, schlich er vorwärts, taklmäßig seinen Stecken tief in den Boden ein- bohrend. Es war indeß Spätnachmittag geworden. Im Walde dunkelte es schon, nur die Wipfel lagen noch im Sonnenschein. Aber vor mir, am Ende des Weges, auf der Wiese der leuchtende helle Tag. Ich schritt rüstig vorwärts, mit meinem Stock weit aus- greifend, ins Helle, der Sonne entgegen! In den Wagenspure» des Weges werden schon die schwarzen Nacklschnecken lebendig, eine unförmige Kröte springt plump über den Weg, zeitweise zwitschert ein verspäteter Vogel, tönt ein scharfer, langgezogener Habichtsschrei, oder das Schackern einer Elster.-- Georg Hermann . Nleines JTemllekon. — Neugriechische Volkspoesie. Im neuesten Hefte der „Deutsch . Rundschau" veröffentlimt Professor Thunib-Freiburg i. B. eine Studie über die heutigen Griechen.„Alle Versuche, ein nationales Drama zu schaffen," schreibt er.„sind gescheitert. Athen besitzt ein stattliches Thealer, aber es spielten darin bis vor kurzem aus- schließlich französische oder italienische Schauspieler ihre eigenen Dranien und Opern, es fehlen eben noch fast ganz Schauspieler, welche mit der Technck ihrer Kunst vertraut sind; es fehle» vor allem volkslhümliche Schauspieldichler. Nur die„Fausta ". eine Tragödie des Philologen und Historikers Bernardakis halte einen dauernden literarischen und dramatischen Erfolg. Charakteristisch ist, daß vor einigen Jahren das Erstlingswerk eines poetisch angehauchten Barbiers ebenfalls einen durchschlagenden Erfolg erzielte; es besaß eben zwei Eigenschaften, die univillkürlich einen gewissen Zauber ausübten: es behandelte einen echt nationalen Stoff in nationaler Form; die Sprache war nicht jene hochtrabende, künstlerische Aus- drucksweise der Philologen, die selbst, wenn sie meisterhaft gehand- habt wird, doch ohne wirkliches Lebe» ist, sondern die natürliche Sprache der Volkslieder, die jedem zu Herzen spricht. Mir scheint der Erfolg des poetischen Barbiers ei» Symptom der Auflehnung des Volksgeistes gegen die Herrschaft einer Geistesrichtung zu sein, welche das natürliche Leben der Sprache unterdrückt und die tobten Formen längst entschwundener Zeiten einem lebenden Körper aufzwingt. Wen» ich die frische Lebendigkeit und Anmuth volks- thümlicher Kunstpoesie mit den meist langweiligen, zun, mindesten kalte» Versen der Schriftsprache vergleiche, so sehe ich dort allein den Weg zu einer neuen Literalurblüthe. Glücklicherweise ist wenigstens für die lyrische Poesie jene Zeit vorüber, wo es Mode, ja durch Preisrichter sanktionirles Gesetz war, seine Empfindungen in der Schriftsprache auszudrücke». Tie heutige poetische Literatur lehnt sich an die Volkspoesie an, deren reicher Schatz das kostbarste Erzengniß des neugriechischen Volksgeistes ist. Das Lied begleitet den Griechen überall, von der Wiege bis zur Bahre; der Säugling schläft ein unter dem süßen Klang der Wiegenlieder; im Liede singen Jungfrau und Jüngling von der Liebe Lust und Leid; Hochzeits- gesänge begleiten das junge Paar in ihr Heim; der Schmerz des Abschiedes, das einsame Leben in der Fremde finden rührenden Ausdruck; der Scheidende versichert die Zurückbleibenden seiner ewigen Anhänglichkeit, diese warnen ihn vor den Ver- lockungen der Welt, die leicht die Erinnerung an die Heimath, die Mutter, die Geliebte verivische». Der Klefie, der Hirte, der Matrose hat seinen eigenen Liederschatz; jedes Fest ist im Liede gefeiert; der Schwalben Lied verkündet die Ankunft des Frühlings, der wie überall mit Freuden begrüßt wird. Und wenn der Tod eine Lücke reißt, dann jammern die Frauen in leidenschaftlichen Todesklagen um den theuren Hingeschiedenen. In düsterer Ballade wird der unheimliche Leonorenritl geschildert, ein Stoff, der uns durch Bürger's Bearbeitung wohlbekannt ist; vom Reiche der Unter- weit, vom Zuge des Todes, vom Ringkampfe des Todesgottes Charos niit dem jugendkräfligen Hirten erzählen wieder andere Lieder; am mannigfaltigsten und anmuthigsten ist aber das Lied, welches das ewig menschliche Thema der Liebe in immer neuen Variationen behandelt, bald scherzhaft, bald ernsthaft, bald in drerlem Fluß, bald in epigrammatischer Kürze. Zahllos und immer- fort wachsend sind die kleinen poetische» Momenlbilder ans dem Liebesleben; unter diese», am ehesten mit den Schnadahüpfeln zu vergleichenden Liedchen sind Perlen von höchstem Werth. Denn selbst Homer vermochte weibliche Schönheit nicht wirkungsvoller zu schildern als der Dichter folgender Verse: Wandelt mein Liebchen über die Flur, Wundert mich immer das eine nur, Daß nicht im Sande Blumen erblüh'», Felsen sich überzieh'n mit Grün. Theater. ti. Die in Wien vor kurzem abgehaltene General- Versammlung des Deutschen Bühninvereins be- schloß: In den zukünftig abzuschließenden Engagementsverträgen für männliche Bühnenmitglieder unter 25 und weibliche untrr 20 Jahren ist der Beitritt zur Pensionskasse der Genossenschaft deutscher Bühncnangehöriger obligatorisch zu gestalten. Weiter wurde die Probezeit, innerhalb deren Kündigung zulässig ist, auf 3 Wochen herabgesetzt, ein Klagerecht gegen böswillige Handhabung des Rechtes der Bühnenleitnng, über die künstlerische Thätigkeit des Bühnenmitgliedes zn verfügen, eingeräumt, eine Verbesserung der Lage der letzteren im Falle der Krankheit und für verheirathele Damen für gewisse Fälle eingeführt, die Rechte der weiblichen Bühnenmitglieder für den Fall der Heirath reformirt, eine Konventionalstrafe für die Bühnenleiter im Falle ungerechtfertigter Vertragsbruchanmeldung festgesetzt, die Höhe der vertragsmäßig von den Bühnenmitgliedern zu fordernden Konventionalstrafe auf einen mäßige» Höchstbetrag beschränkt:c. Es ist ferner eine Vereinbarung zu stände gekommen, wonach die Provisionen der Agenten wesentlich herabgesetzt sind; der höchste noch zulässige Satz sind ö pCt. Der deutsche Bühnen- verein hat die Durchführung dieses Abkommens dadurch gesichert, daß er beschlossen hat, in Zukunft diese ermäßigten Agenten- Provisionen vom Gehalte abzuziehen und den Theateragenten direkt zuzusenden. Die nächste Generalversammlung soll im Frühjahr 18!)S zu Franksurt a. M. stattfinden. Eine Kommission ist damit be-
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14 (13.5.1897) 94
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