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etwas Schweres vorbereitet. Lenz sieht erstaunt bald auf die Kanzel, bald auf die Leute.

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Was tann er nur wollen?"

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Als aber

Und damit hatte die Sache ein Ende, wobei noch bemerkt sei, daß die jungen Leute dem Vortrag lauten Beifall gezollt hatten. Wie man überhaupt hier die Jugend zur Theilnahme am Es ist der christlichen Gemeinde anzuzeigen," beginnt der öffentlichen Leben erzieht, dafür ist mir ein Beispiel aus einer Pfarrer, daß heute Nacht in unserer Mitte ein furchtbares, Mittelstandes besucht wird. Dort gab eine Schulamtskandidatin öffentlichen Mädchenschule bekannt, die von Töchtern des kleinen fast unglaubliches Verbrechen ein Sakrilegium begangen eine Probestunde in Geschichte, und das Thema war die Anti- Korn­wurde." Er blickt, wie damals bei Verlesung des Bann zoll- Agitation. Die Wahl des Gegenstandes ist bezeichnend genug, briefes, fest nach einer Stelle hin, Lenz folgt dem Blick denn so unschuldig die Gegnerschaft gegen Kornzölle heute ist, war der Herzschlag stockt ihm es ist die Richtung, wo die Agitation doch ein Kampf, wo die Voltsmaffe zur Beseitigung eines Klassenprivilegiums auf die Bühne gerufen wurde. die Kandidatin geschlossen, hielt das mitanwesende Mitglied der Schuldeputation noch eine Ansprache an die Mädchen und ermahnte fie, sich aus dem Gehörten eine Lehre zu ziehen, sich über die Fragen der Zeit zu informiren und sich zu bestreben, nicht gedanken­los nachzuschwatzen, was sie zu Hause hören, sondern eine ſelb­ständige politische Ansicht zu gewinnen, gleichviel ob verstockter Konservatismus oder brandrother Radikalismus ift". Er hoffe, daß wenn sie erwachsen sein würden, die Frauen mittlerweile das Recht erlangt hätten, ins Parlament einzutreten. Und die Welt steht noch.

Wiltraud kniet.

" Ihr wißt alle meine chriftlichen Zuhörer, daß kraft erzbischöflichen Hirtenbriefs vom dreißigsten Oktober vorigen Jahres über alle, welche sich an den sogenannten Haberfeld­treiben betheiligen, sowie über alle, welche dem, jedem gött­lichen und weltlichen Gesetze hohnsprechenden Habererbunde angehören, der große Kirchenbann verhängt ist. Infolgedessen waren wir wiederholt genöthigt, Haberern, welche ohne Buße und Reue starben, das christliche Begräbniß zu verjagen. Unter anderm auch dem Sebald Allmeyer, welcher trotz seiner Jugend und seiner Kränklichkeit sich doch verleiten ließ, dieses schändliche Treiben mitzumachen.

Lenz erröthet und wird unruhig.

Bei dem Worte" Verachtung der Religion" ertönt ein leiser Schrei des Schmerzes von der Richtung unter dem Chor her.

Daß aber bei weitem nicht alles Gold in England ist, zeigt der

gestern vom Senat der Universität Cambridge mit nahezu drei Viertel Mehrheit gefaßte Beschluß, den weiblichen Studirenden keine akademischen Grade zu ertheilen. Der Beschluß ist so ungerecht Alle Angehörigen solcher Unglücklichen haben sich ohne und unlogisch, daß fast die ganze Presse ihn verurtheilt, Murren in die Anordnung unserer heiligen Kirche gefügt. er ist der Ausfluß eines gradezu tindischen Zunftgeistes. es läßt Eine einzige, die Schwester des Allmeyer, hat in einem geradezu Cambridge hat zwei Kollegien für Studentinnen, beispiellosen Sinn der Auflehnung gegen die höchste Autorität die weiblichen Studentinnen zu seinen öffentlichen Prüfungen zu, und gegen mich, eine That verübt, die an Rohheit und Ver- verweigert ihnen aber die Grade, so daß also eine weibliche Person, achtung der Religon alles übertrifft, was man einem weib- auch wenn sie noch so gute Prüfungen abgelegt hat, nicht in der Lage ist, bei Bewerbungen um Lehrstellen 2c. fich als Inhaberin des lichen Wesen zutrauen sollte." entsprechenden akademischen Grades zu bezeichnen. Grund der Ab­lehnung ist die Furcht der männlichen Studirenden, daß die Uni­versität von Frauen überlaufen und ganz deren Einfluß unterworfen werden könne. Das würde die Blüthe der männlichen Studenten­" Ich kann es leider nicht mehr verschweigen, daß diese schaft immer mehr nach Oxford treiben, so daß Cambridge bei den Wiltraud Allmeyer schon seit längerer Zeit in jeder Weise Sport- Wettkämpfen 2c. völlig ins Hintertreffen geriethe. Durch An­entartet ist. Ihr Haus ist zu einer Habererherberge herab drohung von Repreffalien aller Art haben sie einen solchen Terrorismus auf die stimmberechtigten Mitglieder der Universität gesunken. Ihre Sitten sind unzulässig an fein Gebot ausgeübt, daß viele derselben um des lieben Friedens willen, der Kirche bindet sie sich mehr, jedem ermahnenden zu resp. um der geliebten Universität noch größere Schande zu spruch segt sie boshaften Troß entgegen. Ich habe darüber ersparen, wider ihr besseres Wissen mit Nein stimmten. geschwiegen, solange es in privaten Grenzen blieb jetzt Der Oxford - oder Cambridge Mann hängt - nämlich aber nimmt das Gebaren der unglücklichen Gesunkenen seiner Universität mit einer Leidenschaft, von der man im Auslande Dimensionen an, die der Seelsorger einer christlichen Gegar feine Vorstellung hat, und die geradezu den Charakter einer meinde nicht mehr ignoriren darf. Die betreffende Wil - Religion hat. Wer in Oxford oder Cambridge feinen Master of traud Allmeyer hat heute Nacht, als echte Jüngerin der Arts" gemacht hat ein Titel, der unserem Doktor entspricht, habererischen Lehren, das dreifache Verbrechen der Grab- Mitglied des Senats der Universität, und unter den 1713 mit Nein bleibt sein Lebelang, sofern er nur einen fleinen Beitrag zahlt, schändung, des Leichenraubes und des Widerstandes gegen Stimmenden befanden sich eine sehr große Anzahl solcher Titular­die Obrigkeit begangen, indem sie ihren Bruder aus seinem Mitglieder. Ebenso waren indeß auch Titular- Mitglieder gestern nach Grabe riß und denselben eigenmächtig in geweihter Erde neben Cambridge gefahren, um für das Recht der Frauen ihre Stimme seinem Vater begrub!" in die Wagschale zu legen. Der Senatsausschuß hatte mit 14 gegen 5 Stimmen Annahme empfohlen, und um die Sache möglichst unanstößig zu machen, war die Frage auf Zulassung blos zum ersten Universitätsgrad( dem Baccalaureat), womit teine Mitgliedschaft zur Universität verbunden sein sollte, gestellt. Aber die Studenten

100 sid( Fortseßung folgt.)

End

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Dom englischen Schulwefen.

Unser Londoner Korrespondent schreibt uns: Ein hübsches Gegenstück zu den Bestrebungen preußischer Staats­retter, die heranwachsende Jugend in den Universitäten vor dem Gift des Sozialismus zu schüßen, hat sich kürzlich in einem der vor nehmsten Erziehungsinstitute Englands abgespielt. Dulwig- Collega in Dulwig bei London ist eine der ältesten, größten und theuersten Alumnatsschulen für Knaben, die dort zum Eintritt in die Universität oder in technische Hochschulen vorbereitet werden. In dieser Schule nun ließ vor einigen Wochen der Lehrer der höchsten Klasse den Schülern einen Vortrag über den Sozialismus halten, und zwar von keinem anderen als Tom Mann , dem Streitführer und Agitator der Independent Labour Party. Als der Bericht über den Vortrag in der Presse erschien, ließen sich natürlich Leute vernehmen, die das Vorgehen bedenklich

fanden, und einige geängstigte Eltern wandten sich in ihrer Be

drängniß an den Direktor des Instituts mit der Anfrage, wie sich die Sache verhalte. Darauf, und in Antwort auf einen Angriff in der Preffe, hat dieser folgende Erklärung in der Times" ver­öffentlicht:

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an

wollten nach dem Grundsatz Wehre den Anfängen" auch davon

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nichts wissen. Während der Abstimmung und nach derselben be wiefen sie ihre Männlichkeit durch wüstes Gejohle und allerhand anderen groben und selbst brutalen Unfug und feierten ihren Sieg über die Studentinnen es hatten nur 662 Mitglieder mit Ja ge­stimmt durch Prozessionen und Abbrennen von Feuerwerk. Am Schluß überwog ein etivas gutartigerer Humor, aber der ganze Vor­gang fann nur als ein Schandfleck in den Annalen von Cambridge bezeichnet werden.

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Die Frage ist natürlich durch diese Bestimmung nicht aus der Welt geschafft, inzwischen aber sind die studirenden Frauen in Eng­land auf die akademischen Grade von Hochschulen angewiesen, die an Ansehen nicht mit den beiden alten Universitäten fonfurriren tönnen.

Wahrnehmungen eines Arztes

auf dem Kriegsschauplak.

Ein Schweizer Arzt, der zur freiwilligen Hilfeleistung sich nach Volo verfügt hat, sendet dem Bund" einen interessanten Bericht Der Vortrag, der zwar nicht durch meine Veranlassung aber über die dort und auf dem Schlachtfeld von Veleftino gemachten mit meiner Zustimmung gehalten wurde, nachdem Herr Mann eine Wahrnehmungen. eine ihm gewordene Einladung freundlich angenommen hatte, wurde Auf dem Schlachtfeld von Velestino.( 5. Mai.) vor einer Abtheilung der älteren Knaben gehalten. Die Theilnahme Die Hauptarbeit begann am Mittwoch Abend( 5. Mai) am war freiwillig, und es erscheint mir keine Anmaßung meinerseits ersten Schlachttage von Veleftino, welcher Ort mit der Eisenbahn in noch hinzuzufügen, daß,( was die[ Zeitungs- Notiz zu bestreiten 40 Minuten erreicht wird. Ich hatte den Nachmittag auf dem scheint) der Vortrag unanfechtbar und in jeder Hinsicht nußbringend Kampfplatz zugebracht und dort an sämmtlichen sanitarischen Hilfs­war. Ich weiß nicht, was eine Erziehung werth ist, die dem staffeln theilgenommen; zuerst in der Feuerlinie, wo ich zirka 15 Lernenden nur einen Theil und eine Seite der wichtigsten sozialen bis 20 Verwundete nothdürftig verband und die Krantenwärter and ökonomischen Frage der Zeit vorführt; vielleicht sind selbst die nach dem Hauptverbandplay spediren ließ. Hier fand sich fein Sozialisten für die gegenwärtige Ordnung der Dinge nicht so ge- Arzt, und ich wurde durchweg auch für einen Kranten­ährlich wie diejenigen, welche die Erziehung derart einschränken wärter gehalten, bis mich ein Offizier, ein Spartaner, vollen." der sich auf einem Grat befand und hinter demselben seine