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Verband und rückte ihn zurecht; während er eingeschüchtert die Augen| alte, hohle Weide steht hier. Wende ich den Blick zurück, liegt vor auf die elende Herdflamme richtete.

" Ihr müßt wissen, ich habe mit meinen Kindern davon ge­sprochen," sagte die Wittwe schließlich.

mir die Stadt, mit ihren Thürmen und Essen, wie Käseglocken in Reih' und Glied erscheinen die Gebäude der Gasanstalt. Drüben, über der Straße, duckt sich ein Häuschen, Giebel und Dach epheu­Der Bewerber wagte teine Silbe zu sprechen und wartete. umsponnen. Ein kleiner Garten schüßt es vor dem Staub der Sie sind nicht einverstanden," fuhr sie in ruhigem Tone fort. Straße. Mit Buchsbaum eingefaßt sind die schmalen, sauberen Und der Grund?" fragte er mit heiserer Stimme, mit gefentten Steige, am Drahtspalier rankt die Rebe. Und vom Frühling bis Augen, infolge seines beständigen Unglücks bei den Frauen tief ge- zum todten Herbst blüht es hier; Krokus und Hyazinthen, kaum daß demüthigt. der Schnee geschmolzen, Rosen den ganzen Sommer bis in Der Grund,." erklärte die Wittwe zögernd, und suchte ihre den Herbst hinein, Georginen und Astern zum Schlusse. Weigerung nach Möglichkeit zu mildern, ist, Ihr könnt nicht wenn nirgends mehr eine Rose blüht, in dem kleinen Garten arbeiten; und mein Aeltester, der als einzige Stüße seiner ver- glühen sie noch, dunkelroth, fast schwarz. Wirft die sinkende wittweten Mutter vom Dienst freigekommen ist, sagt, er tönnte teine Sonne ihre Strahlen über sie, erscheinen sie wie frische Blutflecken. unnügen Mäuler gebrauchen; wenn Ihr so viel verdientet, Und so oft ich vorbei ging, faß im Garten ein frischer Greis mit um die Familie unterstüßen zu können, so läge die Sache anders, weit über die Brust reichendem, weißem Barte, offenem Hemde und aber so. gesundrothem Gesichte. Auszuruhen schien er von der Arbeit eines langen Lebens, mit ruhigen Angen blickte er der Sonne nach. Ich habe ihn niemals angesprochen. Einmal sah ich ihn nicht. Da fragte ich den Nachbar, der vor seiner Thür stand, nach dem Herrn der Rosen. Der lachte und meinte:" Ist ein Drehorgelspieler." Und was war er früher?"-Jmmer Dreborgelspieler! Seit vierzig Jahren zieht er am Vormittag mit seiner Orgel umher, nach. mittags ist er zu Hause. Haus und Garten gehören ihm, er hat feine Kinder..."

Als der Hausirer aber unbeweglich, stumm wie eine stehen blieb, hatte sie Mitleid mit ihm und sagte:

Statue Hört, Ihr müßt die Sache nicht so schlimm nehmen. Ich, für meinen Theil, wäre ja ganz einverstanden. Nicht um durchaus einen Mann zu haben. Das nicht, das schwöre ich Euch Aber ein Lebensgefährte ist immer angenehm."

Ihre Troftesworte wirkten auf den abgewiesenen Freier halb lindernd, halb bitter. Darum fühlte er auch den Muth, auf seiner Werbung zu bestehen und fragte:

Nun, wenn ich Euch gefalle, was geht das denn Euren Sohn an?"

Er hatte seine Worte mit einer so heftigen Bewegung begleitet, daß die Wittwe erschreckt zurückwich und ängstlich nach ihrer schlimmen Hand fuhr.

" Habe ich Euch wehe gethan?"

" Nein, aber ich habe so große Schmerzen! Das schlägt wie ein Hammer." Aus seinen Jugenderinnerungen holte er folgende Phrase hervor, die ihm recht glücklich gewählt schien.

Es giebt viele Leiden, die Schmerzen verursachen und wie Hämmer schlagen. Ihr solltet das doch wissen, denn br gefteht ja selbst, daß ein Lebensgefährte stets angenehm ist. Sagt lieber, ich bin nicht nach Eurem Geschmack, sagt..

Doch die Wittwe wollte die Unterhaltung nicht auf dieses Gebiet fallen lassen und versette, ihn unterbrechend:

Mein Sohn ist das Haupt der Familie, seine Gründe sind für uns alle giltig. Ein guter Christ wie Ihr fann noch eine bessere Frau finden.

"

Vielleicht aber unterdessen gab sie einen Rorb.. Das fleine Feuer, das die Wittwe angefacht hatte, um ihre Hafergrüße zu erwärmen, erlosch nach und nach. Das Zimmer

wurde dunkel.

Ach wie das brennt! Wie das brennt!" wiederholte sie, auf die Wunde drückend. nichts?"

"

Es ist... also

" Nein, was wollt Ihr? Wir sind einmal nicht für einander bestimmt."

Eine andere Phrase, ebenfalls eine Erinnerung aus der Jugend, stieg dem Haufirer auf die Lippen; doch der Mißerfolg der ersten nahm ihm den Muth, sie auszusprechen.

,, Dann, lebt wohl!"

" Lebt wohl! Der Herr behüte Euch!"

Zum Gruße erhob sie die franke Hand mit der gefunden. Versucht doch gefautes Brot!" sagte er.

" Ich werde es versuchen."

Der Hausirer stand bereits auf der Thürschwelle, plötzlich drehte

er sich mit einem Saße um und rief:

Und fagt doch Eurem Sohn, daß er sich vielleicht irrt!"

"

Wenn ich alt werde, mögen mar Rosen erblühen, dunkelrothe Rosen, bis in die stillen Herbsttage hinein, an denen kein Hauch über die Erde zieht, nur ab und zu der helle Ton einer Gabelzinke ertönt, die nach Kartoffeln wühlt.-

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Die bulgarische Kleiderordnung. Die N. Fr. Pr. schreibt: Das bulgarische Handels- und Ackerbauministerium hat zu dem Gesetze über das obligatorische Tragen von im Lande vers fertigten Kleidern und Schuhen ein Reglement ausgearbeitet, welches mit 26. September d. J. in traft treten wird. Im Sinne dieses Reglements bezieht sich das obligatorische Tragen auf alle Beamten und Diener der Staats, Stadt- oder Kreisämter während der Aus­übung ihres Dienstes sowie auch auf die Abgeordneten, wenn sie in der Sobranje fizen. Die Kleider und Schuhe müssen im Lande ver fertigt und aus im Lande erzeugten Stoffen, beziehungsweise Leder sein. Alle diese Materialien müssen bestimmte Zeichen, Marken, Aufschriften 2c. tragen. Auch die fertigen Kleider und Schuhe werden die betreffende Marte tragen. Fälschungen, sowie das Vers faufen ausländischer Stoffe, Kleider oder Schuhe für heimische, sowie die Anbringung inländischer Marken auf ausländischen Erzeugnissen wird als Betrug verfolgt. Die Beamten sind verpflichtet, beim Kaufen oder Bestellen von Kleidern und Schuhen sich mit einer Fattura zu versehen, die ihnen ihren Vorgesetzten gegenüber als Nachweis dienen soll. Außerdem werden sie verpflichtet, jedesmal, wenn sie in neuen Kleidern erscheinen, dies dem Chef des betreffenden Amtes mitzutheilen, der die Kleider selbst zu kontrolliren hat. Ja Uebertretungsfalle drohen den Beamten Geld- und Disziplinars strafen.

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Literarisches.

wandert wieder aus Berlin . Vom 1. Juli an wird es im Verlage Bom, Magazin für Literatur". Das alte Magazir von Emil Falber in Weimar erscheinen. Die Redaktion des Blattes bleibt in Berlin . Als Redakteur wird Dr. Rudolf Steiner fungiren, der seit 1890 im Goethe- Schiller- Archiv in Weimar bes schäftigt war.

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Kunst.

- Ein Bild von Nansen's Nordpolreise. Julius v. Payer beabsichtigt, das erste Zusammentreffen Nansen's mit Die Wittwe erhob statt jeder Antwort mit gefaßter Miene die Jackson im Franz Josephlande in einem großen Gemälde zu schildern und wird sich in der folgenden Zeit, einer Einladung Nansen's nach Augen gegen den Himmel. tommend, für einige Tage nach Chriftiania begeben, um die nöthigen Informationen für das Bild einzuholen.

Der Horizont wurde in der reinen Kälte des Märzmorgens kaum merklich hell. Der Wind wehte stärker; er wurde jetzt scharf und schneidig. Die gerade Landstraße erschien zwischen den tahlen Bäumen wie endlos. Die Zweige, die vereinzelten Gräfer, die Oberfläche der Steine, der Rand der Gräben, alles war von dem Nebel bedeckt, der in diesem Augenblick herniederfant und wie ein düsteres Leichentuch die Kälte der Luft und der Stunde noch ver­

mehrte.

Die Thür der Wittwe schloß sich hinter dem Manne. " Immer dasselbe Bech!" murmelte er, wüthend mitten auf die Landstraße spuckend, verfluchtes Leben!"

Ort

Ueber den gefrorenen, vom Winter gehärteten Boden geht frösteind der Hauſirer mit seinem Rasten; ruhelos zieht er von zu Ortelend... einsam... verlassen..

-S.

Kleines Feuilleton.

Die Rosen des Leiermanns. Dreimal im Jahre geh' ich den Weg: Im Vorfrühling, wenn der erste farbige Hauch den Hain überkommt; gegen den Sommer, wenn durch den wellenden Roggen das Kornmännchen" springt; und im Herbst, zur Zeit der fallenden Blätter. Es ist kein Weg, der den Leuten gefällt. An Müllstätten zieht er hin, drückt sich an der öden Mauer eines Fried­hofes vorbei, durch die Felder steigt er zu der mäßigen Höhe. Eine

Medizinisches.

ie. Ueber einen Vergiftungsfall dur eine Primel berichtet ein englischer Arzt an das British Medical Journal ". Am 9. April v. J. besuchte denselben eine jung verheirathete Dame und befragte ihn wegen eines Hautausschlages, der sich am Tage zuvor plöblich auf Gesicht und Händen gebildet hatte und sich durch startes Jucken und Brennen bemerkbar machte. Auf dem Gesichte war der Ausschlag nefselartig, an den Händen aber und besonders zwischen den Fingern erinnerte er an Kräge. Der Arzt verfiel zunächst auf den Gedanken, daß in der von der Dame benutzten Seife ein Reizstoff vorhanden wäre, und als sich dies nicht bestätigte, dachte er an die ihm nicht un bekannte Wirkung durch die Blüthen der Primula obconica, die Patientin bestritt aber, mit solchen in Berührung gekommen zu fein. Durch die Anwendung mildernder Umschläge besserte sich der Ausschlag in Gesichte bald, dagegen wurden die Hände ungemein schmerzhaft. Die Handrücken wiesen rothe Pusteln auf, während die innere Fläche der Hände und Finger steif und zum Gebrauch unfähig war. Zwei Tage darauf war das Geficht völlig geheilt, auch von den Rücken der Hände waren die Pusteln im Verschwinden begriffen, dagegen zeigten sich auf der Spize jedes Fingers und über und unter jedem Fingergelent tiefsigende Büschen. Es wurden nun Waschungen in vet..ftzirtem