furrcnten in Frage kommen. Daß einzelne Ausnahnien vorkommen mögen, soll nicht bestrillen iverden. Aber der Unterschied liegt nicht i» der Sache selbst; es giebl auch noch andere Geschäfte, die aus irgend einem Grunde ihre Angestellten halbwegs anständig bezahlen. Ein weiterer Umstand, der Kritiker für Geldspenden empfänglich machen kann, ist der ans dem Kunstmarkt tobende Konkurrenzkampf. Kunst ist heute ein Geschäft, zu dem ein Betriebskapital erforderlich ist. Wer die meisten Thaler hat, kommt am schnellsten empor, oder kann es wenigstens am längsten aushalten. Je weniger einer kann, desto lieber wird er etwas springe» lassen. Eine jede gute" Kritik ist aber so gut wie baares Geld. Auch das wurde in dem angezogene» Prozeß mit aller Deutlichkeit auseinandergesetzt. Der betreffende Kritiker schloß so: Ich verhelfe durch meine Empfehlung dem Manne zu einem Geschäfte, folglich will auch ich ein Geschäft mache». Und vom kapitalistischen Standpunkt aus ist das nur folgerichtig. Nun wurde aber alle Empfehlung nichts nützen, wenn es nicht Leute gäbe, die ans die Worte eines Kritikers schwören. Was kann denn ein solcher Mann? Im gründe genommen, nichts andere?, als erklären: Das hat mir gefallen, jenes hat nur nicht gefallen. Und wenn er gewissenhaft ist, wird er anzugeben versuchen, aus welche» Gründen ihm das eine gefallen, das andere mißfallen hat. Nur so iveit handwerksmäßiges Können in einem Kunstwerk steckt, kann der Fachmann sagen: Das ist gut gemacht, das ist schlecht gemacht. Wenn man seinen Leibkritiker selbst zum unfehlbaren Götzen macht, kann man sich dann wundern, wenn auch andere diesem Götze» opfern, daß er ihnen schönes Wetter schicke?' Wer sich als Kritiker von anderen Dingen beeinflussen läßt es braucht nicht allein Gold und Gold zu sein als solchen der Kunst, von der Wahrheit und seiner Ucberzeugnng, ist ein Lunip. Mit Wunderdingen aber müßte es zugehen, wenn eine kapitalistisch betriebene Press« Kritiker hätte, an die man diesen Maßstab anlegen könnte. Wohin diese Soldknechtschast führt, das hat unlängst Max Nordau bewiesen, als er in derNeuen Freien Presse" in einem Epilog zum Pariser Bazarbrande Folgendes schrieb:Die Frauen- beweguug führt mit schlichter Folgerichtigkeit zu den Stockhieben und Fußtritten des Bazarkampfes. Wem diese Wirkung nicht gefällt, der übe seine Kritik an den Ursachen. Wer die voll- kommene Gleichstellung beider Geschlechter fordert, der rechne mit der Niedertrampelung der Frau in Feuersgefahr und Wassernoth, überhaupt jedesmal. wenn das Weib dem Mann ein wenig im Wege ist." So lange die Frau also reines Hausthier bleibt, hat sie Anspruch auf Galanterie, wie sie aber Gleichberechtigung fordert, gebühren ihr Fußtritte und Stockhiebe. Das ist wohl dieHerrenmoral"? Die tapferen Proletarier, die so vielen der brennenden Frauen ins Freie verholse» und sie gerettet haben, haben sich nicht daran gehalten. Warum wohl der gebildete, feine Nordau solche Brutalitäten vertheidigen mag? Sollte er viel­leicht dahintergekommen sein, daß die"Unternehmer die Gleich- berechtigung der beide» Geschlechter deshalb so verabscheuen, weil sie furchte», es könnten ihnen dann die so billigen iveiblichen Ar- beitslräste entgehen?--- Nleines Ispnillokon Ist das der Leithaiumcl? Der alte Revierförster G., so erzählt einüllter Praktikus" inWild und Hund", saß eines Abends im Kreise der Stammgäste des WirlhshansesZum wilden Jäger" beim Gerstensafte und erzählte allerlei aus seinem an Er- inuerilligen so reiche» Waidmannsleben. Namentlich der erst kürzlich in das Städtchen versetzte Gerichtsreserendar wurde nicht müde, dem Alten zuzuhören; hatte er doch kürzlich seinen ersten Hase» geschossen!Bitte, Herr Revierförster", sagte er,thun Sie mir einen Gefallen: nehmen Sie mich einmal mit zur Hirsch- jagd."Herr Referendar", antwortete der Alte, und ließ seiner Pfeife mächtige Daiupfwolken entströmen,alles können sie von mir haben; selbst eine von meinen drei Töchtern würde ich Ihnen zur Fra » geben, ja, wenn Sie Türke wäre», alle drei aber einen Anfänger im Waidwerke mitnehme», das habe ich einmal gethan und nie wieder. War da vor dreißig Jahre» ein Hanslehrer beim Oberamtmann in L. Na, der quälte mich alle Tage, ich sollte ihn doch einmal mitnehmen. Er sagte, daß er in der Naturgeschichte jetzt gerade bei den Hirschenhielte", aber er hätte noch nie so ei» Thier gesehen. Na, ich ließ mich endlich erweichen und ver- sprach. ihn am nächsten Nachmittag abzuholen. Ich traf den Kandidaten mit einer grünen Botanisirtrommel ausgerüstet schon vor seiner Hauslhür, wo er mich schon lange erwartet halte. Na, das grüne Ding mußte er nun natürlich zu Hause lasse». Mir ahnte aber schon nichts gutes daß er es überhaupt nur mitzunehmen beabsichtigt hatte. Wir schnürten also nach dem Walde. Unterwegs gab ich ihm genaue Verhaltungsmaßregeln. Ich sagte ihm: Ich setze mich an eine Eiche, an einer Stelle, wo das Wild voraussichtlich vorbeiwechselt; Sie setzen sich an einen anderen Baum, einige Schritte von mir entfernt. Dort sitzen Sie wie angegossen; nicht gemuckst, keine Bewegung gemacht, auch wenn ich schieße; nichts gesprochen, nichts gefragt. Hinterher können Sie nach allem fragen. Er gelobte strengsten Gehorsam, und so ging es denn in den Wald hinein. Endlich hatten wir den Wechsel erreicht. Vor uns lag eine Dickung und daneben «in junger Schlag Buchen. Der Kandidat, dem ich wiederholt die genaueste Befolgung meiner Vorschriften eingeschärft halte, saß vier bis fünf Schritte von mir an einer Eiche. Eine Stunde verstrich; er saß wie leblos; ich war zufrieden. Es ließ sich nichts sehen noch hören. Plötzlich hörte ich, daß sich Wild nahte. Der 5kandidat merkte noch nichts. Er sah nicht, daß ein starkes Rudel Wild, das alte Thier voran, durch den Stangenort nach uns hin langsam heranzog. Das Rudel kam näher. Jetzt sah es der Unglücksmensch undHerr Revierförster", schrie er in höchster Aufregung, Herr Reviersörster, das vorderste, ist das der Leithammel?" Na, Herr Referendar, Sie können sich denken, wo das Rudel im nächsten Augenblick ivar! Wie gesagt, einmal einen zur Hirschjagd mitgenomnien, aber nie wieder." Der Autlasiritt in Brixenthal. Ans Innsbruck wird der Frankfurt . Ztg." geschrieben: Wie alljährlich fand auch dies Jahr in Brixenthal, östlich von Wörgl , zu Frohnleichnam der merkwürdige Antlaßritt statt. 4 Priester und 128 Brixenthaler, alle hoch zu Roß, zogen, obwohl der Regen niederströmte, von Westendorf aus durch die Felder, welche infolge eines am Vorabend niedergegangene» Hagelwetters leider fast vollständig zerstört waren, über Brixen und Kirchberg zu der eine Viertelstunde außerhalb der letztgenannten Ort- schafl gegen Kitzbühel zu liegenden Antlaßkapelle. Dort wurden die vier Evangelien gelesen und hieraus ritt man nach Brixen zurück. Der Anblick, den diese reitende Prozession bietet auch der Priester, der das Sanctissimnm trägt, und die ihn begleitenden Geistlichen sind zu Roß ist namentlich für den Fremden sehr interessant. Leider weicht die Brixenthaler Tracht der Reiter immer mehr der halbstädtische» Kleidung. Der Antlaßritt wird auf eine» angeb- licheu Schwedeneinsall im dreißigjährigen Kriege zurückgeführt. Ein Bild in der Kapelle versinnlicht den Moment. Von Kitzbühel her kamen die Schweden . Jenseits des Bäch- leins steht ihre lanzenbewaffnete Reiterei. Diesseits halten die Brixenthaler Bauern zu Pferde, an ihrer Spitze im weißen Chorrock ein Priester, der in der Rechten den Säbel, in der Linken das Kruzifix hält. Darunter stehen die Worte:Bis hierher und nicht weiter kamen die schwedische» Reiter." Von dieser Vertreibung der Schweden nun stammt nach der Legende der Ursprung des Antlaßrittes. Thalsächlich geht derselbe in eine weit frühere Zeit zurück. Es ist offenbar eine jener uralten Flnrumritte, bei denen man das Gedeihe» der Saaten erflehte. Musik. re. Heinrich Böte! im Theater des Westens . Wenn wir die für Direktor Morwitz gewiß recht angenehme That- sache mittheilen, daß sich für sein sommerliches Opernunternchmen die fast traditionell gewordene, kassenmagnetische Kraft des Herrn Bötel wieder glänzend erweist, so ist damit anch das, freilich mehr für die Direklion als für Publikum und Kritik Erfreulichste über das Gastspiel der Hamburger Lokalberühmthcit ausgesprochen. Voreilige, erinnerungsschwache Enthusiasten verglichen einst Bölel mit Wachtel und waren glücklich in der Maß- losigkeit ihrer Uebertreibung. Wohl sind die hohen Töne, gc, des Erstgenannten von seltener, leuchtender Schön- best und angenehmer Klangfülle, aber diese echte, in den oberen Lagen mühelos aus voller Brust schmetternde Tenorstimme ist»och immer von rührender Unschuld als Instrument für den dramatisch bewegten Ausdruck und einen seelisch erregten Vortrag. Die an- gesichls tragischer Situationen fast räthselhafte Tonfröhlich- keir, welche für die absoluten Bötel-Schwärmer natürlich blos erquickliche Gesangsfreudigkeit bedeutet, läßt Wirkungen tieferer, als rein materieller Natur kaum aufkomme». Das Reise- repertoir des Sängers hält sich ja, vielleicht bis auf denRaoul" von seelisch aufregenden Partien frei, aber selbst die Schablonen- leidenschaft einesMaurico" läßt sich kaum' mit dem hohen l der Stretla, und wenn es auch dreimal(leider immer detonirender) in das tonexplosionslüsterne Publikum geschleudert wird, aus- schöpfen. Uebrigens scheint dieses Zutief-Singen, dem sich Herr Böte! besonders im 1. Akte desPostillon" mit großer Bravonr hingab, eine zärtlich gehegte Spezialität seiner Berühmtheit zu werden; er denkt wohl, große Leuchten werfen große Schatten. Die Blumen und der Beifall, die ihm von der Majorität vorurtheilsfrei gespendet werden, geben seiner liebens- würdigen Kleingröße recht. Aus dem, künstlerisch dem Gaste mindestens ebenbürtigen Solo-Ensemble der Morwitz- Oper ragte Frl. S e d e l e hervor, derenAzucena" eine tadellose Leistung an lebendigem Gesaugsvortrage und feuriger Schauspielkunst war. Frl. Triebe! verlieh derMadeleine" imPoinllon" ihre schöne Stimme und etwas anspruchsvolle Koketterie. Auch als Gräfin Latour darf diese Madeleine nie vergessen, daß sie die Frau des PostillonsChapelou" ist. Kunst. Berliner K u n st- A u s st e l l u n g. Beide Bilder hängen in demselben Saal(27.), beide sind in Tempera-Farbe» gemalt, beide stammen von demselben Künstler: Adolf Männchen in Danzig. Aus st e i n i g t e m Pfade" heißt das Eine. Die Großmutter ist mit ihrem Enkelkinde im Bergwald gewesen, um dürres Klaubholz und Reisig zu holen. Jetzt sind beide ans dein Heimwege. Am Rande eines schmalen steinigten Steiges raste» sie. Die alte Frau, die die Föhren» Reisig- Hucke vornüber drückt, stemmt sich gegen den