Eo sind«S Fragen mannigfaltiger Art, die sich an die jüngstenElementarereignifle tnüpfem Noch lange Zeit hinaus werden sie dieGemüther beschästigen. Schwere Versäumnisse staatswirthschastlicherNatur sind grell ausgedeckt worden; und der vielgenihmie moderneVerkehr hat sich nicht in der Glorie bewährt, mit der seineVerherrlicher ihn sonst zu umkränzen pflegen. Voll vorbereitetkann man gegen so ungeheuerliche Naturgewalten, wie sie uns dies-mal trafen, nicht sein; das ist gewiß. Aber bessere Bereitschaftkann man halten, wenn nicht das äußerste Ausnutzen von Menschen-arbeit und das Geizen mit Werkmaterial zum obersten Prinzip derProfitanbeter gemacht würde. Das empfindet jeder. Manchmalfreilich nimmt diese Empfindung phantastisch> komische Ge-stalt an. So hat auch die düstere, fürchterliche Wocheder Ueberschwcmmungen manches absurd> lustige Stücklein ge-zeitig». Im goldenen, slavischen Prag war es, da warenzwei Herren vom böhmischen Landeskulturrath darüber höllisch erbost, daß es der Präger Slatthalterei noch immer nicht gelungenwäre,„die Ursachen der Unwetter mit Hagelschläge» zu erforschen.damit aus diese Weise den Hagelschlägen begegnet werde". DieNamen dieser Herren sind Dr. Vischkowsky und Nedema. Beiderichteten einen Dringlichkeitsantrag an die Etatlhallerei. So schöneS ist, daß in unsere» Tage» sich noch Männer finden, die derWeisheit einer hohen Behörde so unbedingt vertrauen, so ist anderer-seits von den ehrsamen Bürgern Vischkowsky und Nedema doch allzuviel verlangt worden. Alxlra.Nleinrs Isenillvkan— Tie deutschen Mädchciuiamen bilden ein bunteS GemischanS alle» möglichen Sprachen; von fremde» Sprachen haben Haupt-sächlich die hebräisch«, griechische und lateinische Sprache Beiträgedazu liefern müssen. Aus der griechischen Sprache stammen z. Ä.folgende Namen: Dorothea(das Geschenk Gottes), Doris(die Reich-begabte), Eleonore und Laura(die Mitleidige), Helene(die Leuchtende),Katharina(die Züchtige), Melanie(die Dunkele) u. s. w. Derlateinischen Sprache sind entnommen: Beate(die Selige),Benedikta(die Gesegnete), Desideria(die Erwünschte),Esperauza(die Hoffnung), Angelika(die Engelhaste),Auguste(die Erhabene), Aurora(die Morgenrötke), Klara(die Reine), Clementiue(die Sauste), Emilie(die Artige), Fraucisca(die Freie). Leonie(die Muthige), Lucie(die Erleuchtete), Margarethe(die Perle), Natalie(die Lebensfrohe), Ottilie(die Glückliche),Pauli»«(die Zufriedene), Nosalie(die Rosenschöne), Sabine(dieGeraubte), Ursula(die Bärenstarke), Felicia(die Glückliche)«. s. w.Der morgenländischen und hebräischen Sprache entstammen dieNamen: Anna(die Liebliche), Alme(die Erhabene), Elisabeth(dieGottgelobtc), Gabriele(die Göttliche), Johanna(das Gnaden-lind, auch Gollliebe), Martha(die Betrübte), Maria(dieHerbe), Rebekka(die Wohlgenährte), Sara(die Herrschende),Esther(die Sternenylänzende), Susanne(die Lilienreine),Sidonie(die Fischerin), Ruth(die Freundliche). Schließlichsind folgende Namen aus dem Alldeutschen: Albertine(die Edelberühmte), Bernhardine(die Bäreukühue). Bertha(dieGlänzende), Brigitta(die Strahlende), Emma(die Häusliche),Fredcrika oder Frieda(die Friedreiche), Gertrud(die Speerjungfra»),Hedwig(die Kriegerische), Hulda(die Holde). Mathilde oder Mechthild(die Heldin), Minna(die Zierliche), Selma(die Besitzreiche), Wilhel-mine(die Schützerin), Heiurike(die Wirlhschaslliche). Dazu komme»noch die gleichfalls aus dem Altdeutsche» stammenden Namen Hilde-gard(des Hauses Schutz), Luitgard(der Leute Schutz), Edelgard(desEdeln Schutz). Irmengard(der Götter Schutz) u. s. w.—— Ter Telegraph und die Spinne. Der in Shanghai er-scheinende„Ostasialische Lloyd" schreibt: Es ist bekannt, ivie in derNatur oft scheinbar äußerst geringe Ursachen ganz ansehnliche undund einstußreiche Wirkungen hervorbringen. Wer aber sollte jemalsdaran gedacht haben, daß die kleine Spinne im stände wäre, denelektrischen Strom, der die mächtigsten Thier« zu lähmen vermag,zu unterbrechen und dadurch den arme» Telegraphisteu fortwährendAergerniß z» bereiten. Und dennoch ist die Thatsache nicht ausder Welt zu schaffen. Unlängst berichtete man aus Japan, daßes dort bisweilen nicht möglich sei, den elektrischen Draht zur Be-förderung von Depeschen zu benutzen, sobald die Spinne denDraht in de» Bereich ihrer industriellen Thätigkeit gezogenhabe. Diese industriellen Thicrchen benutzen zur Befestigungihrer zarten Gewebe nicht nur die Acste der Bäumeund Sträucher, sondern sie verwenden auch die verhällnihmäßigniedrigen Telegraphenstangen und Drähte, die Isolatoren und denErdboden als Stützpunkte, so daß die Netze, wenn sie vom fallendenThau befeuchtet worden sind, als vortreffliche Leiter dienen, indemsie den elektrischen Stroui der Erde zusühren und dadurch dieLinien mißer Dienst setzen. Wohl hat man in Japan bald nachEntdeckung dieses eigenthümlichen Hindernisses des allgemeinen Ber-kehrs auch daran gedacht, den kleine» nchtbeinige» Widersacher durchdas geeignetste Mittel von seiner Lieblingsneigung abzubringen.Mit Bambusbesen bewaffnete Arbeiter wurden ausgesandt, dieTelegraphendrähte und Pfähle von den lästigen Gewebe» zu be-freien. Doch die kleinen Arbeiterinnen zeigten sich weit thätigerin der Reparatur ihrer Netze als die Besen im Zerstören der-selben. Und so mußten die Japaner erfahren, daß es leichter>», China zu besiegen, alS diese meist verachtetelen winzigenThierchen.—Theater.—„Der Judas von Tirol" betitelt sich ein Volksstückvon Langtammer, das im Theater an der Wien, für das derAutor als Regisseur engagirl ist, zur Aufführung kommt.—— Das dreiaktige Drama„Grethe's Glück" von E in i lMarri o i ist von der Direktion des Deutschen Volkstheaters inWien zur Aufführung angenommen worden.—Musik.—er— Aus der Woche. Neues Opern-Theater-Die zarlpoetische und zugleich tragisch ergreisende Figur der„Elsa"in Wagner's„Lohengrin" ist von jeher für die Gastspielbedürfiuffejugendlicher dramatischer Sängerinuen energisch ausgenützt worden.Auch Fräulein G a d s k y vom New-Iorker„Metropolitan-Opera-House" ließ sich zuerst in dieser Rolle die liebenswürdigen Er-iunerungen quiltiren, die ihr vom Berliner Publikum alsAnerkennung für ihre fast verjährten Darbietungen im allenKroll-Tbealer bewahrt wurde». Die Künstlerin hat sich vonihrer Stimme, die nie durch sieghafte Kraft und vielseitigeAusdrucksähigkeit, sonder» durch seelischen Klang und einemehr als moderne Gesangöluust wirkte, eine Oktavein unberührter Keuschheit des innigsten Timbre's erhalle».In den höheren Lage» klingen die Müdigkeit der Wanderjahre undals Tribut zahlreicher Theatersiege die Schärfe an, welche sich au,besten mit dem Klange einer gesprungenen, früher edellöuigen Glockevergleichen läßt. Im Spiel soll die Elsa de» Takt einer Fürstinund die Natürlichkeit eines Kindes besitzen; mit ihrer gefällige» Er-scheinung und lebendigen mimischen Antheilnahme wird Frl. Gadsky'sRoutine, so lange sie nicht nach Klügeleien des, jede poetische Ehr-lichkeil verletzenden, aufdringlich nüancirende» Geistreichthums sucht,besonders der sanft entzückten Weiblichkeit der Wagner'schen Lichtgestaltgerecht.In völliger Neubesetzung wurde Puccini's„Bohöme" heraus-gebracht, ohne über die Bescheidenheit verdienstvoller Mittelmäßigkeitim künstlerischen Werthe hinauszugehe». Frl. E g l i besitzt für diekranke Zärtlichkeit der kleinpoetischen Griselte„Mimi" viel WärmedeS Tones und verführerische äußere Mittel; beherrscht sie erstsouverän das rein Stoffliche ihrer Aufgabe, dann wird ihrznkunflsicheres Talent eine rührende und bezwingende Figuri» dieser„Mimi" ausgestaltet haben. Herrn B u r r i a u' s(„Rudolph") war ganz Operntenor, der nach effektvollenstarken und zarten Klangwirkungen strebt; auf seine Seele undCharakterisirungskunst hatte er stolz vergeffen.— Als„ M a r g a-reihe" iu Gonnod's gleichnamiger Oper erschien wieder FräuleinP r e v o st i vor dem Berliner Publikum, welches dieser genialenPersönlichkeit seit Jahren die dankbarste Bewunderung weiht. Deräußeren Erscheinung, welche bis aus zwei, die reichste Empfindungs-welt widerspiegelnde Augen, wenig sinnfälligen Reiz be-sitzt, sowie dem in altitalienischer Schule prächtig heran-gebildeten zarten Organ der KÄnftlerin kommt die„Marga-rethe" Gruuod's, welcher dem Ideale deutsche» Mädchen-thnms mehr das Kokette und Rührende, als das Keuscheund Tragische verlieh, wenig entgegen. Und doch, welcheWirkungen weiß die Prevosli mit dem Duste ihres, ausseelischen Schwingen getragenen Piano, mit den Aus-brüchen ihres tiefen Liebesglücks- und Leids, die nichts vondem eitlen und prahlerischen Primadonnenstyle an sich haben,zu erzielen! Hie und da stören vorübergehend kleineSpielmätzchen, aber«ine feine Diskretion läßt sie kaumals beleidigend empfindend; auch das allzuhäufige Hinab-portainentiren in die nationalitalienische Breite der' Brust-läge des Organs befleckt manchmal ihre seltene Gesangs-kunst. Aber über all diesen kleinen Schatten strahlt die Sonnedie Vielseitigkeit ihres Könnens, die Gewissenhaftigkeit ihrerCharakterisirungskunst und die lebensvolle Wahrheit ihrer Gestaltungskraft. Ihr Partner, Herr Kraus, geht dem seelische»Gehalte selbst des Gouuod'schcn Faust mit erzwungener Selbst-genügsamkeil aus dem Wege und beschränkt fich aus die tonUche»Wirkungen seines generösen Organs, dem man vorläufig noch Nach-lässigkeiten der Bildung und des mechanischen Theils der Kunst ver-zeiht. Der„Valentin" des Herrn W n z e l und der„Mephisto" deSHerrn Gillmeister würden jeder Provinzbühne zur Ehre ge-reichen. Der„Siebel" der Frau Gradl ist eine sorgsame undanmuthige Leistung.—Kunstgewerbe.— Unter dem Titel„Deutsche Kurist und Dekoration"wird vom 1. Oktober an im Verlag von Alexander Koch inD a r m st a d l ein« neu« kunstgeiverbliche Zeitschrift erscheinen. DerVerlag erläßt«inen Aufruf an die deutschen Künstler und Kunst-freunde, in dem er die ersteren auffordert, durch Einsendungen vonSkizzen, Entwürfen und Photographien nach ausgeführten Slrbeite»sei» neues Unternehmen zu fördern. Beiträge, die eventuell noch inder ersten Nummer erscheine» sollen, müssen bis zum IS. August anden Verlag eingeliesert werden.—Aus der Urzeit.— Ueber das Alter der älteren und jüngerenSteinzeit. Unter dem Titel„Das Schweizerbild, eine Nieder-lassung aus paläolilhischer und neolithischer Zeit" hat Dr. JakobNüesch in Schaffhaufen unter Mitwirkung der namhaftestenGelehrten und aus Koste» der Allgemeine» Schweizerischen Gesell-