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Die Ruinen des Ramstein glänzten im legten Sonnengold, Nichts, so scheint es, läßt sich heute leichter betäuben, als der gierige, das Freudenfähnlein im obersten Fensterbogen wehte, sauber lechzende Nationalismus. und weiß blinkten die Mauern des Pächterhauses. Drunten Er fürchtet nicht einmal den Fluch äußerster Lächerlichkeit, und die Wiese glänzte wie Smaragd  , übergossen von buntem Ge- vor Ausbrüchen roher Bestialität schreckt er nicht zurück. Ins flimmer, rothe, blaue, schwarze, weiße Punkte wirbelten durch die Streichholzschächtelchen des deutschen mit deren des czechischen Schul­deutsche Kafino zu Prag   dringt eine Czechengesellschaft ein, vertauscht einander; das war eine Lust, ein freudiges Gewoge! Die vereins, geht stolz von dannen; und das erleichterte Nationalgewissen hüpfenden jugendlichen Gestalten, das Lachen heller Kinder- meint, mit dem Max- und Moritstreich eine Heldenthat begangen stimmen, darüber ein harmlos blauer Himmel, mitten hindurch zu haben. Prügeleien, blutige Ausschreitungen sind heute in den das filberne Band der Kyl, rund umher sanfte, schön belaubte Städten Böhmens   eine alltägliche Erscheinung. Auf der einen Seite Berglehnen alles verschlang sich zu einem Bild der Anmuth wird das alte Hussitenblut geflissentlich entflammt und überhitzt; und des Friedens.

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Der Einfame seufzte. Mitten im Freudenschimmer tauchte ihm die Nachtseite des Lebens auf. Bu oft hatte ihn sein Beruf in düstere Zellen geführt, Sonnenlicht und freie Luft blieben draußen; hinter den Gitterstäben hatte er eine Welt voll Pein und Schuld gesehen. Die Daseinsfreudigkeit, der nicht reflektirende Genuß des frohen Augenblicks waren ihm Bismarck  , das alte Desterreich mit rücksichtsloser Kraft ( Fortsetzung folgt.)

verkümmert.

Sonntagsplandevei.

Anlasses willen!

auf der anderen Seite reizt und drängt man das Deutschthum. Kaum je zuvor ist ein Staatsmann" so schmählich in seiner Absicht edlen Bolen alles nachgerühmt, als er sein Amt antrat! Nun fei gescheitert, als der österreichische Graf Badeni. Was wurde diesem die feste, die eiserne Hand gefunden, die mit schweren Hammer­schlägen der Wirrsal in Desterreich ein Ende bereiten werde. nun sei der sei der Einheitsmann Einheitsmann gekommen, der, ein zweiter einrenten werde. Und heute ist der Hammer den zittrigen Händen des fleinen polnischen Gernegroß entfallen; Provinzen, die fraft ihres natürlichen Reichthums, ihrer intelligenten Bevölkerung mit den fultivirtesten Gauen der Erde wetteifern fönnten, stehen im hellen Aufruhr; und der ewig vermittelnde Graf Badeni lächelt und am allerwenigsten lächelt immer wieder zu dem Unheil, das er beschwören kann.

deuten habe.

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Die

" Wann wird, zur Sonne blickend, ein freies Volk, Ein Volk von Starken sprechen: D, leuchte nicht zu Müßiggang   und Fürsten­triegen, Nur zu der redlichen, frommen Arbeit!?" Mit dieser Frage Als Badeni's Polizeisoldaten mit dem zarten Taktgefühl, das schloß einst Giosuè Carducci  , der Italiener, eine seiner den. Und heute läßt sich des Dichters leicht entflammte Phantasie mit ihnen eigen, zum ersten Male die deutsch  = böhmischen Wirren reißen, das Duell- Abenteuer des Grafen von Turin  , wie ein natio: Deutschböhmen, noch lange nicht so polizeifromm, wie man in schlichten sollten, fam es zu erbitterten Zusammenstößen. nales Heldenstück in schwungvollen Bersen zu feiern. Wenn der Taumel jene nationalistischen Leute erfaßt, die ihre Müßen eben- Preußen Deutschland   zu sein pflegt, das diefelben Deutschböhmen in vergöttern, wurden darüber tückisch. sowohl jauchzend in die Höhe werfen, wenn ein nationales Renn ihrem Nationalismus Sie waren an die Absperrungen im großen Stile, an pferd gefiegt hat, als wenn der nationale Prinz seinem Gegner die schneidigen Attacken wider eine unbotfame Menge und an ähn= den Unterleib aufgerigt hat: so fann man das immerhin wohl verstehen. Ein Massenrausch hat sie befallen. Aber den liche Aeußerungen polizeilichen Eifers, mit denen man andersivo Carducci   hätte ich gerne auf höherer Warte gesehen. Um den Einen längst vertraut ist, noch nicht gewöhnt. thut's mir leid. Er feiert den fieghaften Rämpen" und um welchen zu bringen. Die langjährige Polizei Erziehung der Bürger, von Unser Bürgerthum ist da im allgemeinen schwerer aus der Ruhe Die Tapferfeit der beiden fürstlichen Duellanten war mit weiß- denen jeglicher nach Bismarcks jüngstem, bitteren Ausspruch bei dem licher Vorsicht gemengt, mit so weislicher Vorsicht, daß selbst die Gedanken an die Treffen befeligt ist, hat dafür gesorgt. Das war leichte Verwundung des orleanistischen Fürsten   fast wie eine übrigens ein böser Streich, den der Alte von Friedrichsruh" da Programmverlegung erscheint. Hat doch der Unparteiische, der unseren heimischen Nationalisten spielte. Nach so vieler Größe, Er. über den Duellanten zu wachen hatte, die Kämpfenden immer zur hebung und Herrlichkeit, wie sie in den ungezählten Erinnerungs­rechten Zeit getrennt, wenn sie einmal in der Hiße zu hart an- festen des vergangenen Jahres gefeiert wurden, die beschämende einander geriethen. Beim fünften Gang hat er's verpakt und so Wahrheit, daß das Unteroffiziervolk geblieben fei, was es war, daß endete das Komödienspiel doch noch mit einem kleinen Mißgeschick. das Bewußtsein freierer Menschlichkeit, der Drang nach erhöhtem Die Bürgerschaft Italiens   aber hat willkommene Gelegenheit, im Taumel selbständigen Leben im deutschen Bürgerthum blutwenig noch zu bes über die nationale Heldenthat ihres Prinzen, der die verletzte Ehre" Manchmal freilich will es scheinen, als ob dies Bürgerthum der Armee vertheidigt hat, für eine Weile das liefe, schwere, über gewisse polizeiliche Bevormundungen besonders unwirsch werden jammervolle Elend zu vergessen, unter dem die große Mehrzahl des tönnte. Man hat Sudermann's neueste Tragödie Johannes" ver­hochbegabten italischen Boltes schmachtet. Noch immer haben es die boten. Sudermann's Name übt einen starken Zauber auf den Theil Fürsten leicht, als die glanzvollen Vertreter ihrer Nation zu gelten; der Bourgeoisie zumal, der sich gern feiner aufgeklärten Lebens­nur sollte auf diesen Wegen der echte Dichter nicht mit dem Fürsten   anschauung rühmt. Sudermann hat über Reservelieutenants und Dichter und Phantasten, die jähen Stimmungen leicht unter: Bureaukraten gespottet; er hat soziales Mitgefühl bewährt bis zu worsen sind, verlieren sich nicht selten in Träumereien, in denen dem Maße, daß es die Ruhe der Besitzenden nicht aufschrecke; sein das reale Leben ganz merkwürdige Gestalten annimmt. So geht es sehnsüchtiger Johannes empfindet religiös bis in die innerste Seele. dem Franzosen Bourget, wenn er sich die deutsche Sozialdemokratie Das gäbe eine theatralische Erbaulichkeit. Und um den neuen theatralischen Reiz ist das Publikum gekommen. Dieses Publikum, vorstellt. Und Bourget   gilt den Franzosen von heute nicht, das bis ans Herz fühl bliebe, fäme vielleicht ein neuer Kant und als der erste beste. Unsere gewerbsmäßigen Sozialistenwürger würden dessen Werte polizeilich verboten, wird fofort verärgert, handelt tönnten ihre helle Lust an Bourget haben. Bourget war über die Maßen gerühmt und das wegen seiner Romane mit ihrer es sich um sein Theater". Nicht die geistige und fünstlerische Freiheit feinpsychologischen Wissenschaftlichkeit. Und diesem so sensiblen so sehr vertheidigt es; man laffe ihm seinen Lieblingsluxus, das Seelentündiger erscheint die deutsche Sozialdemokratie wie ein blau- Theater. Richard Wagner   hat recht, wenn er das niedrige Publikum äugiges Ungeheuer, etwa wie ein erschreckend finsterer Dämon. Von anklagt und ihm die Schuld an der Niedrigkeit des Theaters bei­der hellen Zukunftsfreudigkeit, die im Sozialismus steckt, merkt der mißt. Er meint, und was er ausspricht, ist heute erst recht aktuell: große Pfychologe Bourget   fein Atom. Unheimlich falt, hart und Unser schlechtes Bewußtsein stellt unser Theater selbst so tief in düster erscheint ihm der deutsche Sozialisurus; unheimlich, wie jede darf, dem Theater alles Befaffen mit religiösen Gegenständen zu der öffentlichen Achtung, daß es die Angelegenheit der Polizei fein Größe, die man nur undeutlich begreift. Freilich verwirrt den Dichter Bourget der heimliche Chauvinismus, der ihn dazu be- verbieten." wegt, den deutschen Sozialismus, der heute wie ein ent setzlicher Vampyr am Blute der Menschheit sauge, für die anarchischen Bestrebungen in Frankreich   und den romanischen Ländern verantwortlich zu machen. So spricht Bourget genau, als hätte er den Stumm'schen Katechismus erlernt. Im heiteren, sonnigen Frankreich   wird die unheimlich kalte", nordische Lehre, so träumt des Dichters Phantasie, zum anarchistischen Wahnwiz.

gehen.

Kleines Feuilleton.

Alpha.

Die letzten Stunden eines Verurtheilten. Mein Schicksal ist besiegelt," sagte er, und für mich giebt es keine Hoff­nung mehr, ich muß abschließen mit meinem Leben. In wenigen Stunden ist alles vorüber, aber seid versichert, meine Freunde, daß ich niemals geglaubt hätte, es könne so weit mit mir kommen." Wir haben ja auch nie an Deiner Unschuld gezweifelt," sagten wir, und Du siehst, es verläßt Dich feiner von uns in dieser schweren Stunde, darum zeige Dich als ein Mann

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" D," unterbrach er uns, ich fürchte mich ja nicht. Db früher oder später, einmal muß es ja doch sein, und auf das wie" fommt es nicht an! Nein, es ist also nicht Furcht, aber ein seltsames Ge fühl, eine schauernde Frage, wie wird es dort sein, in dem andern Leben?" Und er fiel in dumpfes Brüten.

Wenn die bedeutsamen Intelligenzen der franzöfifchen Bourgeoisie zu solchen Anschauungen gelangen, so darf man sich über den lächer lichsten nationalistischen Taumel nicht mehr verwundern, wie er aus Anlaß von Felix Faure's   Reise losbrechen könnte. Jene unheim­liche nordische Kälte, die einft gerade in Frankreich   als typisch galt für das räthselhafte gewaltige Zarenreich, bat auf einmal ihre Schrecken verloren. Die Einbildungskraft der französi­fchen Bürger umgiebt das weite, stolze Rußland  " heute mit einem verklärten, rofigen Schimmer. Jezt schon jauchzt man auf, weil der Festschmuck von Petersburg   ganz gewaltige Ausdehnung gewinnt, weil die Triumphbogen sich häufen und weil das Russen thum für die sehr reale Schuld, in der es bei Frankreich   steht, mit farbenglänzendem Pomp und lärmend lautem Enthusiasmus bezahlt. I was

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Wir thaten alles Mögliche, um unseren Freund, der so jäh und auf fo grausame Art uns entriffen werden sollte, wieder aufzu richten. Jeden Wunsch suchten wir ihm förmlich von den Augen abzulesen.

Romm", sagten wir, sieh', wir haben Dir das Beste gegeben, wir Dir bieten tönnen", und wir zeigten auf die Speisen,