Kleines Feuilleton.
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Theater.
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Jugendlich pathetisches Wollen und geringfügig bildnerisches Können, das sind die Kennzeichen des Hamburgischen Drama's Illusionen" von Karl Möndeberg. Das Schauspiel, dessen Berfaffer einem Hamburgischen Patriziergeschlecht angehört, hat in Hamburg einiges Aufsehen erregt, und ist am Sonntag vor dem Publikum der Freien Voltsbühne" im Friedrich Wilhelm fiädtischen Theater ebenfalls mit lebhaftem, an einer Stelle fogar mit demonstrativem Beifall aufgenommen worden. Der Beifall indeffen galt wohl mehr der gutgemeinten Zendenz, die sich gegen ein wüftes Lokalpotentatenthum tehrt.
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Seine Frau ist ihm gleichgiltig, aber ihr jetziger
eine Gesellschaft zu meiden, in der er Demüthigungen aus gesetzt ist. Natürlich wird der Jude beleidigt, und Alfred Dependorf Deutschlands Bahnhöfe. Einer fürzlich veröffentlichten züchtigt den Staatsanwalt, der das in bureaukratischem Hochmuth Zusammenstellung über die in den letzten 20 Jahren vollzogenen gethan hat. Der ist aber ein heimtückischer Gefelle und brütet Umbauten von Bahnhöfen in Deutschland entnehmen wir, daß hier- Rache. Er übt sie auch in schmutziger Weise. Daraus nun wird für ganz außerordentlich hohe Summen verausgabt wurden. So für all das Weh und schließlich des Helden Selbstmord erklärt. Das den Umbau des Zentralbahnhofs in Frankfurt a. M. 35 Millionen, sind die innerlichen Lappalien, an denen der Freiheitsschwärmer zu des Bahnhofs Köln 241/2 Millionen, Hannover 20 Millionen, Mainz Grunde geht; und hätte man ein Bataillon, ein Regiment solcher 18 Millionen, Düsseldorf 16 Millionen, München Zentralbahnhof Freiheitsschwärmer, auch nicht von einem Atom des Drucks, der auf 16 Millionen, Halle 10 Millionen, Hof( Gemeinschaftsbahnhof für uns lastet, würden wir befreit. Sachsen und Bayern ) 62 Millionen, Erfurt 6 200 000, Münster Gespielt wurde im allgemeinen herzlich schlecht, so daß 31/2 Millionen, Hildesheim 2 600 000, Meg 1 100000, Hamm 1 Mill., vielleicht manches feinpointirte fatirische Wort nicht volle ein Der Held wurde wie Dortmund 700 000 mt. Für den Umbau des Bahnhofs Dresden , Geltung erlangte. netter, nur der auf 35 Millionen Mark veranschlagt war und der erst im manchmal verärgerter Junge gegeben. Die Salonszenen tamen ganzen unbeholfen heraus; die Routine nächsten Jahre vollständig fertiggestellt werden dürfte, erwachsen im des Gaftes 56 Millionen Mark Kosten. Die meisten Personengleife( 18) hat der Per Fräulein Krause allein( vom Schauspielhause) wirkte schon ersonen- Bahnhof Frankfurt a. M., nach ihm fommt München mit quicklich. Die Schauspieler werben nichts dagegen haben, ungenannt 16 Gleisen; hierzu kommen jedoch, seitdem der provisorische Starn- zu bleiben. berger Sommer- Bahnhof angebaut ist, noch weitere fünf Gleise für Anzengruber'3 vieraftiges Trauerspiel Hand und den Starnberger Verkehr und den Vorortsverkehr nach Basing und Herz", das am Sonntag von der Neuen Freien VoltsPlanegg; der Stuttgarter Bahnhof hat acht, der Düsseldorfer zehn, bühne" zur Aufführung gebracht wurde, ist eine Polemik gegen die der Kölner acht Personengleife. Im Bahnhof Mainz find vier, Unlösbarkeit der fatholischen Ehe. Görg Friedner war es vor Jahren Hannover neun, Straßburg fünf Personengleife. Die Länge der drei gelungen, die reiche Erbin Katharine zum Weibe zu bekommen. Auch Frankfurter Bahnhofshallen beträgt 186, die Breite 178 Meter; die in der Ehe führt er sein gewohntes Lumpenleben fort, säuft, spielt vier Münchener Bahnhofshallen haben eine Breite von 150, die und läuft den Weibern nach. Bald ist der von der Frau mitLänge jeder Halle ist 140 Meter. Die Mainzer Bahnhofshalle hat gebrachte Besitz so verschuldet, daß er nicht mehr zu halten ist. Görg eine Breite von 80 Metern, die Länge der Halle in Düsseldorf be- brennt bei Nacht und Nebel durch, wird der Diener eines reichen trägt 167 Meter. Engländers, bestiehlt ihn und wird dafür ins Zuchthaus gefchickt. Auch seine Frau hat die Heimath verlassen. Sie ist in ein anderes Thal gezogen und bei dem Bauer Weller in Dienst getreten. Bald merkt sie, daß der Bauer ihr gut sei. Er, dem sie bei dem Antritt des Dienstes ihren Mädchennamen angegeben, hält sie für ledig und begehrt fie zur Frau. Lange zögert fie. Sie hat all die Jahre her nie etwas mehr von ihrem Manne gehört, er muß gestorben wird zur Hoffnung, die Hoff sein. Und diese Annahme nung zur Ueberzeugung, Glückessehnsucht komunt hinzu, fie giebt ihr Jawort und verlebt mit Weller glückliche Jahre. Aber der Zodt. geglaubte lebt noch. Sofort, nachdem er seine Strafe abgefessen, er. scheint er wieder in seiner früheren Heimath. Und er zieht aus, Zur überwuchernden Fülle jener Jugenddramen, in denen die seine Frau zu suchen, und findet sie. Aus dem„ naiven" Lumpen, Söhne sich gegen die Enge der Familie und der nächsten der er früher war, ist im Buchthause ein berechnender geworden, ein Umgebung fehren, zählen auch Möndeberg's Illusionen". Für die Haderlump. ganze literarische Epoche unserer Tage war diese Erscheinung Mann ist wohlhabend, und so macht er Ansprüche auf sie, um Geld überaus charakteristisch, und charakteristisch für das gesammte, an zu erpreffen. Es gelingt ihm. In Katharina erwachen GewissensZahl so üppige Dichtergeschlecht bleibt es, daß man saft nie über strupeln, fie muß zugeben, daß sie in einer Doppelehe lebt und ein gewisses, rührsames Mitleid mit sich selbst hinauskam. Das auch vom weltlichen Gesetze Strafe zu erwarten hat. Der ahnungsmacht den lyrisch- fnabenhaften, weinerlichen Ton aus, dessen Spuren lose Weller ist ganz zerschmettert, als er den Sachverhalt erfährt; Görg selbst in den besten Werten unserer deutschen Zeitliteratur wieder tommt in den Bauernhof und verlebt hier als Schwager" gute Sie flingen. Gewiß, Lyrisch- Knabenhaftes, unreife Schwärmereien find Tage. Aber Katharina hält es vor Angst nicht mehr aus. auch Merkmale der Sturm und Drangperiode des vergangenen beichtet, und der Priester absolvirt sie nur unter der Bedingung, Jahrhunderts. Nur gab man sich da nicht mit Kleinigkeiten, mit daß sie Weller verläßt. Endlich verspricht sie es, in einer ergreifenden dem ärmlichen Familienjammer ab, man winfelte nicht wegen einiger Szene nimmt sie von Weller Abschied, ehe sie wieder in die Fremde Nackenschläge, denen Reiner im Leben entgeht. Dem Kerl, der wandert. Kaum ist sie hinaus, erscheint Görg, ruft nach ihr und rebellirte, mußte schon etwas Tüchtiges widerfahren fein, mahnt sie in der Tcunkenheit und aus Uebermuth an ihre ehelichen Das treib Weller, der es gehört, das es mußte ihn ein starker Weltekel, wie den Karl in den Räubern" Pflichten ihm gegenüber. ins Hirn, ec erfaßt haben. Dann aber trat er bei allem knabenhaften Troß mit Blut stürzt dem Schamlofen nach und nieder. Der Mord ift umsonst geschehen. heißer, leidenschaftlicher Energie für die ganze große Menschheit ein, schlägt ihn die in ihm selbst mißhandelt wurde. Es war das ausbegehrliche Während noch die Leiche des Görg im Hause ist, wird Weller Wesen einer emporgekommenen Generation, und was sich heute in die Kunde, daß Katharina im nahen Gebirge den Tod gefunden. den Klagerufen der Mönckeberg und Genossen vernehmen läßt, sind Jezt hat sein Leben keinen Werth mehr für ihn, er überliefert sich die wehleidigen Betrachtungen einer Dichterschaar, die Unwürde selbst dem Gerichte; nicht als gebrochener Sünder, sondern als wohl empfindet, aber unmächtig ist, mit einem stürmischen Donner - Trotziger, der Gott fragen will, was er damit gewollt habe, als er wefter drein zu fahren, sondern lieber weichlich verzagt. Wer diese die Welt erschuf." Herz und Hand", das nicht zu wurde Art von kleinen Dichtermelancholien jahrelang über sich ergehen besten Stücken Anzengruber's gehört, vor Jahren Es hat sich damals ließ, der ist durch Erfahrung genug gewißigt und weiß, daß es meist bei im Deutschen Theater" aufgeführt. fönnten, und es hat auch am Sonntage dem einen Jugenddrama, bei dem einen Wehschrei bleibt. Schwäch nicht halten Das Drama felbft enthält zu viel lich brennende Lichter erlöschen bald; und aus unserer gesammten nicht besonders gefallen. revolutionirenden Literatur, die so sehr in die Weite und so schmächtig Episches und es sind speziell fatholische Anschauungen und Einnach der Höhe hin gedieh, will sich kaum ein einziges Werk los richtungen, gegen die es feine Spitze fehrt. Daß die Akustik des ringen, von dem man hoffen möchte: es sei ein großzugiges, Thalia- Theaters nicht besonders weit her ist, mag noch nebenbei bleibendes Denkmal, ein Spiegel, aus dem einem ein tiefumfassendes erwähnt werden. Gespielt wurde ganz ungleich. Während der Bild unferer Zeit, ihres Wähnens und ihrer Sehnsucht wiederstrahlte. Görg des Herrn Rücker vor Leben schrie, waren die Herren In Mönckeberg's Illusionen" gestaltet sich die jugendliche Weh- v. Friede und Ballentin ihren Rollen fin keiner Weise flage eher rednerisch, deklamatorisch, als in fünstlerischer An gewachsen. Die Neue Freie Boltsbühne" wird während der Abschaulichkeit durchgebildet. Jm entscheidenden Moment, da der junge wefenheit Wille's von dem Echriftsteller Ludwig Jacobowsti Held sich wider das gesellschaftliche und sittliche Broßen geleitet. thum Hamburg 'scher Großtöpfe am lautesten empört, spricht Das Goethe Theater( im Vorjahr, Theater des Westens ") das er geradezu einen liberalisirenden Leitaufsatz, und in wurde am Sonnabend mit Goethe's " Faust" eröffnet. Am Sonntag einer Situation, die geradezu nach ein paar fnappen, träftigen bereits brachte Herr Prasch, der jezige Direktor, die erste Novität, Naturlauten drängt. So jugendlich, wie diese Manier, sich alles zu das Schauspiel Im Dienst der Pflicht" von Ernst Wich ert. unrechter Zeit vom Herzen zu sprechen, sind auch die Gründe ge- Es giebt feinen größeren Hohn auf den Namen, den das Theater faßt, um derentwillen das ganze Zamento entsteht. Der junge im Westen sich beigelegt hat, als dieses loyal- pädagogische Drama Patrizier Alfred Dependorf ist nach Hamburg zurückgekehrt, nachdem Wichert's; und nur das Kleinkinderbewußtsein eines Publikums, er in Berlin eine Tragödie zugleich erlebt und gedichtet hatte. Er wie das vom Sonntag im Goethe- Theater, erklärt es, Stück einigen Beifall fand. So harmlos, müßte das Knabenhafte eigentlich von sich geftreift haben, da einer das Stück feiner ehemaligen Gymnasialkollegen bereits Staatsanwalt geworden, Schulbuch Erzeugniß, sich Wichert's Schauspiel giebt, es doch nicht ohne der andere als Arzt in Hamburg lebt. Trotzdem und troß einer ist einen gewissen zeitgeschichtlichen herben Lebenserfahrung benimmt er sich, wie ein findisch- überreizter Werth, als besonderes Merkmal nämlich vom Byzantiner eigenfinniger Mensch. Einen jüdischen Freund, den Dr. Marcus, geift. Friedrich Wilhelm I. , der Held der langen Rerle" und drängt er nahezu feiner übrigen, feudalen Kameradschaft Freund" der Künfte und des Wissens, steht im Mittelpunkt des auf; und diefer Marcus selbst hat nicht Taft genug, Schauspiels, und sein absolutistisch- patriarchalisches Regiment wird
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