darin über alle Maßen verNärt. Wie dieser Fürst im Dienst der Pflicht sich als erhabener Landesvater erweist, wie er Räthsel löst und schwere Prozesse schlichtet, wie er als Gerechtigkeilsspender überall auftaucht, wie seinen Falkenaugen nichts entgeht, das ist der Inhalt des Dramas, das mit Schulanekdoten-Kram vollgepfropft ist. Schade mir, daß Herr Wichert nicht auch den Stock, mit dem Friedrich Wilhelm den ungehorsamen Unterthan höchst eigenhändig zu züchtigen pflegte, als geheiligte Reliquie besungen hat. Schau- spielerisch bietet das Stück niemandem recht eine Aufgabe. Die Leute auf der Bühne, Kinder und Erwachsene, haben nur ihr Sprüche! herzuleiern und Hurrah zu rufen. Musik. er, Linden-Theater. Die Operettenherrlichkeit, für deren Glanzzeit im Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater Berlin nur mehr eine wehmuthsvolle Erinnerung erübrigt«, ist in der letzten Fledermaus"- Aufführung des Linden- Theaters zu neuem, fröhlichem Leben erwacht. Das Strauß'sche Meisterwerk, das ja in seinem melodischen Schatzüberflnsse, seiner feinmusikalischen Lustspiel- grazie und echt wienerischen sinnlichen Wärme nicht seinesgleichen in der Bandeville-Literatur hat, erschien in einer Darstellung, welche der feinen Aumuth und dem sprühenden Witz dieser lebendigen Musik nichts schuldig blieb. Frl. C o l l i n entfaltete alstalentirte" Kammer­zofe eine prächtige, von aller Aufdringlichkeit freie Drollerie im Spiele und eine schöne, große Stimme, deren tadellose Triller und Staccati im Spielkouplet des 3. Aktes eine ungewöhnliche Gesangskunst erkennen ließen. Eine gleich vortreffliche Leistung schuf Frl. Zimmer- mann aus derRosalinde". Bon den Herren verdienen Steiner als flotterEisenstein", S i e g m u n d als Gefängnißdirektor und T a ch a n e r als nachNordhäuser" duftenderFrosch" Anerkennung. Der neue Tenor, Herr Sturm, der tags zuvor alsBettelstudent" debütirt hatte, verfügt über jenen Ueberschuß an Bühnensicherheit, der mit Werth und Lage der Noten, sowie mit dem Rhythmus sehr selbstherrlich umgeht. Kapellmeister Koro lanyi gebührt für diesen vollgelungenen Abend reiches Lob. Erziehung und Unterricht. Der Mainzer Stadtvorstand hat beschlossen, in den obersten Mädchenklassen der Volksschulen den K o ch u n t e r r i ch t obligatorisch einzuführen. In einem von der Stadt ge- mietheten großen Saale werden sieben Herde mit sieben vollständigen Kücheneinrichturgen ausgestellt werden, sodaß an allen Nachmittagen der Wochentage sieben Gruppen zu je sechs Kindern dort den Koch- Unterricht genießen. Jedes Kind soll während des 40 Wochen dauernden Unterrichts in allen in der Küche vorkommenden Arbeilen vollkommen ausgebildet werden. Die Einkäufe werden von den Kindern selbst besorgt. Mit dem Kochuntcrricht wird eine Maaren- lehre verknüpft. Das gekochte Essen werden die kleinen Köchinnen selbst verzehren, wobei sie die nöthigen Unterweisungen über das Benehmen bei Tische, die geschniackvolle Herrichtung der Speisen für den Tisch u. f. w. erhalten. Meteorologisches. Ein Mondregenbogen wurde am Montag der ver- gangenen Woche, abends kurz nach 9 Uhr. am nördlichen Himmel in jt l. Ruhr (Ostpreußen ) beobachtet und ivar zirka fünf Minute« deutlich zu sehen und zwar als weißer Lichtbogen, dem die bunte» Farben fehlten. Als dann wieder dunkle Wolken den Mond über- zogen, verschwand derselbe alsbald. Auch aus I o d l a u k e n wird über das Phänomen berichtet; man schreibt von dort: Ein wunder- bares Phänomen am abendlichen Himmel haben wir beute beobachten können. Tags heulte ein gewalliger Sturm, am Nachmittags waren sogar einige Schneeflocken gefallen. Gegen Abend legte sich der Sturm, doch bedeckten dunkle Wolken den Himmel. Allmälig brach der Mond durch die Dunkelheit und leuchtete hell und klar. Da plötzlich um 8 Uhr erschien im Nordosten ein prächtiger Regenbogen bis zu etwa 4S Grad Höhe über die finstere Wolkenwand sich spamieud und deutlich alle Farbe» erkennen lassend. Bergbau. Ein altes B r a n d f e l d. DerKönigshüttener Zeitung" entnehmen wir folgende Ausführungen: Wenn schon der Anblick eines gewöhnliche» Bruchfeldes einen traurigen Eindruck macht, so wird dieser noch im höchsten Grade gesteigerl, wenn sich hierzu der Grubenbrand gesellt, wenn größere Flächen im Sommer nicht die geringste Vegetation zeigen und im Winter ohne Schneedecke kahl daliegen. Auch in unserer Stadt haben wir in der Nähe des Reden- berges im Winter solche kahle Stellen, wo unten in der Grube ein fortwährender Brand wüthet. An der Chaussee kurz vor Laurahütte befindet sich jedoch eine mehrere Hunderl Morgen umfassende Fläche. das alte Fannygruben. Brandfeld, welche infolge des Mangels aller Vegetation sofort in die Augen fällt. Dort steigen noch heiße Dämpfe aus zahllosen offenen Rissen auf, welche sich weit umher verbreiten. Je nachdem das unterirdische Feuer hier und da stärker wüthet oder sich von einer Stelle zur anderen verbreitet. erhitzen sich manche Theile des Feldes so, daß in den Ritzen des Erdbodens die Gluth sichtbar wird oder aus denselben sogar die Flammen herausschlagen, während andere Punkte sich allmälig wieder ab- kühlen. Der Anblick dieses alten Brandfeldes ist äußerst interessant, nnd ebenso fesselnd ist die Umwandlung der an mehreren Stellen des Brandseldcs zu tage liegenden Gesteine durch die Hitze. Das Fanny- gruben-Brandseld bei Laurahülte ist das älteste Brandfeld Ober- schlesiens. Der erste Grubenbrand wurde dort im September 1828 beobachtet. Er war entstanden durch das Hereinbrechen einer zirka 40 000 Tonnen haltenden brennenden Kleinkohlenhalde bei dem Ausrauben eines Pfeilers ans dem Faunyflötze am Pfeilerschachte. Da man damals meistens nur die Oberhand des Flötzes aushieb, die schieferreiche und viele Kleinkohle» schüttende 1 Lachter stark« Niederbank aber überall anstehen, auch vieles angebaute Firsten- kohl, sowie fast alle Kleinkohleu. welche damals keine Verwendung fanden, in der Grube ließ, so verbreitete sich der Brand ungemein rasch, alle Schranken, die man ihm durch Kohlenpfciler und Mauern setzen wollte, überschreitend. Im Jahre 1344 hatte derselbe nicht nur das Glücksflötz ergriffen, sondern wüthete in selbständiger Er- zeugnng auch schon auf der angrenzenden Carlshoffnnngsgrube. Der Versuch, den Brand ans Fannygrube durch theilweis« Be- Wässerung zu bekämpfen, war nicht ganz ohne Erfolg, wurde aber vielleicht nicht in genügendem Umfange ausgeführt und so besteht der Brand noch heule. Humoristisches. Das Kukuk sei!" In derBresl. Morg.-Ztg." erzählt Benno Jacobson: Beim Dramaturgen desNeuen Tbcaters" er- schien vor einigen Tagen eine junge, nette Dame, welche ein kleines Packet in den Händen hatte. Sie wünschen, Fräulein?" Ach, ich war hier amNeuen Theater" engagirt, bin aber ent- lassen worden." Weshalb?" Wegen absoluter Talentlosigkeit!" So!'{ Und was wollen Sie nun?" Ich habe ein Stück geschrieben, ein vieraktigeS Lustspiel nnd möchte es Herrn Direktor einreichen!" Wie heißt es?" Das Kuknksei!" Gruppe!! Vermischtes vom Tage. EinW u n d e r"! DasOberschl. Tagebl." schreibt: Eine Nonne des Willwenhauses in R u d a war mit der Reinigung der Heiligenfigur an der auf dem Wege nach Carlshütte befindliche» Kapelle beschäftigt. Dort spielende Kinder erkundeten sich neugierig nach dem Vorhaben der Schwester. Die Antwort:Die heilige Mutter weint über Eure Ungezogenheit", übermittelten die Kinder ihren Eltern, welche nichts Eiligeres zu thu» hatten, als dies alsWunder" zu ver- breiten. Sofort fanden vor der Kapelle starke Ansammlungen von Leuten statt, welche die Thränen der heiligen Mutter sehen ivollten. Die Polizei sah sich geuöthigt, einzuschreiten und die Volksmenge auseinander zu treiben. Dies jclang jedoch erst, als auf Verlange» des Amtsvorstehers und Generaldirektors Pielcr die Nonne den Bor» gang mit den Kindern vor versammeltem Volke erzählt hatte. Aus Neisse wird derKöln . Ztg." unterm 11. September gemeldet: Auf dem Artillerie- Schießplatze bei Thor» brach in der 6. Kompagnie des hiesigen 6. Fnßartillerie-Regiments der Typhus aus. Die Mannschastcn sind hierher zurückbesördert worden. Von einer Lokomotive überfahren und geiödtet wurden, wie deniO. A." gemeldet wird, auf der Schmalspur-Bahn- strecke Morgenrot Benthe» fünf Arbeiterinne». Aus Stettin , Belgrad und Jaroslaw(Rußland ) werden Eisen bah»-Unfälle gemeldet. In Jaroslaw wurden neun Passagiere verwundet, darunter zwei schwer. An den anderen Orten gab's nur Materialschaden. Seinen Vater durch drei Revolverschüsse t ö d t l i ch verletzt hat in B r u a h bei Gelsenkirchen ein 27 jähriger Arbeiter. Er hatte Geld verlangt, aber keines erhalten. In der Nähe von U r a l s k(Rnßland) hat sich ein fanatischer Laienbruder eines Klosters bis zu den Achselhöhlen ein- graben lassen. Als man ihn auffand, war er todt. Neben ihm lagen und standen sechs Stücke geiveihles Brot, Heiligenbilder, an- gezündele Lampen nnd eine Flasche Wasser. Kopenhagen , 13. September. Die in auswärtigen Blättern verbreitete Nachricht von dem Ausbruch einer Ruhr- epideinie in Kopenhagen wird vonRitzan's Bureau" auf grund der vorgenommene» ärztlichen Untersuchungen für vollkommen uu- richtig erklärt. In S a n t a g a t a M i l i t e l l o. Provinz Messina(Italien ) hat eine Bäuerin eine» Bauer, der ihr in Abwesenheit ihres Mannes nachstellte, niedergestochen. Eine D y n a m i t- E x p l o s i o n fand bei den Arbeiten zu einem Tunneldurchstich auf der Strecke der Eisenbahn Pontevedr a C a r r i l(Spanien ) statt. Zwei Personen wurden getödtet, fünf andere schwer verletzt. In Prien am Chiemsee wurden zwei Engländer verhastet; sie hallen im kgl. Schlosse Quasten von den prunkvollen Vorhängen abgeschnitten. Die Nachricht, daß der Dampfer P o l y p h ani n s' bei D j a b o l T a i r Beschädigungen erlitten und mehrere Mann- schasten verloren habe, hat sich als unrichtig herausgestellt. Der Dampfer wurde von einem andern Schiff« am Sonntag gesehe». Anscheinend war an Bord alles in Ordnung. In Japan hat am 9. September ein T e i f u n große Ueberschwelunlunge» verursacht. Viele Menschen sind zu gründe ge- gangen. Berantivortlicher Redakteur: Angnst Jacolxtz sti Berlin. Druck und Verlag von Max Bading in Berlin .